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a es eine so große Menge Bearbeitungen der Logik gibt, so stellt man sich nicht selten vor, daß dieselben auch innerlich sehr von einander abweichen müßten; ja man scheint sogar öfter anzunehmen, daß die Logik in's Unendliche hin unbestimmt vieler Modificationen fähig sei.

Sollte aber diese Unendlichkeit nicht ein Irrthum sein? Sollte der Begriff des Denkens nicht selbst eine Mannichfaltigkeit der Willkür unmöglich machen? Sollten nicht aus ihm mit Genauigkeit alle die verschiedenen Standpuncte sich entwickeln lassen, von denen aus die Wissenschaft des Denkens in einer besonderen Weise bestimmt werden kann? Sollte demnach nicht, statt einer unbestimmten Vielheit, nur eine gewisse Anzahl solcher Verschiedenheiten möglich sein? Sollte nicht, was über sie hinauszugehen, was nicht mit ihrer Eigenthümlichkeit zusammenzuhängen scheint, in die Bedeutungslosigkeit einer blos formalen Umordnung, einer nur stylistischen Variation fallen? Etwa so, wie viele Mathematiker in

ihren Lehrbüchern die Euklideischen Elemente nur ober= flächlich verändert haben. Und warum soll man es nicht sagen? Oft ist die Differenz bei den vorhandenen Darstellungen der Logik wirklich in einer bloßen Verwirrung, in der Unlogik der Darsteller oder gar in ihrer Eitelkeit begründet, aus einem Begriff etwas Anderes zu machen, als andere ehrliche Leute darunter verstehen.

Daß verschiedene Auffassungen der Logik eristiren, ist Thatsache. Daß sie überhaupt haben entstehen können, kann doch seinen Grund nur in der Natur des Denkens selbst haben. In dieser finden wir, auch durch die erschöpfendste Analyse, immer nur folgende Elemente: 1) Das Denken als solches bestimmt sich nach der Realität des Seins, in welchem es sich erscheint.

2) Das Denken, als für sich seiendes, als lebendige Thätigkeit, existirt als Act eines denkenden Subjectes.

3) Das Denken hat durch sich selbst ein nothwendiges Verhältniß zum Sein, nämlich im Unterschied von demselben mit ihm identisch zu sein.

In diesen Bestimmungen müssen alle denkbaren Modificationen des Denkens liegen. Die Einseitigkeit der Bearbeitung der Logik kann nur darin bestehen, daß das eine dieser Elemente sein Verhältniß zu den übrigen verkennt, fie ignorirt øder in trüber Vermischung absorbirt. Die Geschichte der Logik bewegt sich folgerecht durch das successive Hervortreten dieser Einseitigkeiten fort, sowohl

in den Hauptpuncten großer Perioden, als in den kleineren Phasen der ihnen untergeordneten Epochen.

Das Denken ist als reines Denken freilich Thätigkeit des denkenden Subjects, allein für die Auffassung seiner selbst sucht es sich zuerst in dem Sein, weil es sich von demselben anfänglich noch nicht für sich unterscheidet. Die Gegenständlichkeit der Erscheinung ist es, aus welcher es sich selbst erst gewinnt. Das Bewußtsein geht actu dem Selbstbewußtsein voran, wenngleich dies der Grund der Eristenz des Bewußtseins ist Die Priorität des Objectiven ist daher ein universelles Gesetz der Geschichte: nur muß man sich dieselbe nicht so denken, als wenn sie nicht an sich das Werk der Subjectivität wäre. Diese entäußert sich zu einem objectiven Dasein, um eben darin ihres Wesens erst gewiß zu werden. So ist in der Geschichte der Logik die Vorstellung, welche sich das Denken von sich macht, bevor es sich selbst begreift, älter, als der abstracte, reine Gedanke des Denkens. Die Pythagoräische Zahlenlogik ist die Präcedenz der formalen Verstandeslogik u. s. .

Obwohl es deshalb gewiß ist, daß das Denken für sich nur als lebendiger Act eines denkenden Subjects existirt, so hat doch das Denken in sich selbst seine Bestimmtheit, wodurch es Denken, nicht Nichtdenken, also Fühlen, Phantasiren, Wollen ist. Durch diese ihm, dem Denken als solchem, inwohnende Gesezmäßigkeit allein unterscheidet der Denkende, daß er denkt, von andern ihm ebenfalls möglichen Thätigkeiten. Das denkende Subject

aber, noch unbekannt mit sich selber, sucht das Denken' zuerst außer sich anzuschauen.

Aus diesem Verhältniß des Denkens zu sich als dem in dem realen Sein erscheinenden, als gegenständliche Eristenz gesezten entsteht die objective Modification der Logik.

Die Entwicklung derselben kann lediglich darin bestehen, daß das Denken aus dieser Entfremdung sich selbst erkennt, wie es die Production des denkenden Subjectes ist. Wenn ich urtheile: Ich denke, so liegt darin einmal das Ich als das Subject, welches das Denken als sein selbst erzeugtes Prädicat sezt; zweitens, daß das Denken, als ein Act des Ichs, eine von andern möglichen Prädicaten des Ichs specifisch unterschiedene Thätigkeit ist.

Aus diesem Verhältniß des Denkens zu dem Ich als seinem subjectiven Träger entsteht die subjective Modification der Logik, welche das Werden des Denkens als einen besonderen Act der Intelligenz untersucht und die Bestimmungen des Denkens als ein Product des er= kennenden, aus dem Gefühl und der Phantasie sich her= vorarbeitenden Geistes begreift.

Beide Begriffe, das Denken als objective wie als subjective Bestimmtheit, sind Correlate. Das subjective Denken ist als wahrhaftes Denken nur, sofern es den Gesezen gehorsamt, welche dem Sein objectiv immanent find. Als abstracte Formen, als Geseze des Denkens, in ideeller Reinheit, eristiren diese Bestimmungen umge

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