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Gattung (jâti) dahin bestimmt, daß keine derselben, ge= trennt von den anderen beiden Geltung (çakti, Macht, évéρyeιa) habe, jede von ihnen begrifflos sei, wenn sie nicht auf die andere bezogen werde; die Species invol= vire Form und Gattung, die Form sei nur ein Todtes, ohne durch die Gattung belebt und in dem Einzelnen enthalten zu sein und die Gattung werde nothwendig durch Species und Form beschränkt. Ferner werden fle definirt: die Species als das „Asyl“ bestimmter Eigenschaften oder auch als das „Asyl" der Gattung, die Form als das Merkmal der Gattung, als dasjenige, wodurch die Gattung sich bemerklich mache; die Gattung als der Begriff des Gemeinschaftlichen, des Allgemeinen (wörtlich: als die Wesenheit, welche das Verständniß des Allgemeinen hervorbringt).

Das Urtheil oder die gegenseitige Beziehung des Einzelnen, Besonderen und Allgemeinen ist in der indischen Philosophie nicht Gegenstand besonderer Behandlung geworden. Denn was man in ihr Definition des Urtheils nennen konnte, hat doch nicht höhere Geltung, als die des grammatischen Sages. In diesem Sinne allein find die Bestimmungen der Mimansa über våkya, prakarana und krama zu deuten, wennschon ste sonst zu erkennen geben, daß es selbst an dem Interesse für Sprachphilosophie in Indien nicht gefehlt hat.

Die Lehre vom Schluß hat aber die indischen Philosophen seit frühester Zeit beschäftigt. Denn es stellte fich gleich, als man versuchte die Veden durch das Den

ken zu rechtfertigen, die Frage heraus, was denn für den Menschen Richtschnur des Erkennens sei, was für sein Handeln verbindende Kraft habe. Die orthodoresten Philosophieen beantworteten diese Frage natürlich dahin, daß nur den Veden diese Kraft zukommen; aber sie fühlten selbst, daß es mit der einfachen Erklärung nicht abgethan sei und sie konnten des Nachweises sich nicht erwehren, warum die finnliche Welt nicht auch ihren Anspruch auf Glaubwürdigkeit habe, und warum nicht der menschliche Geist auch in seinem Elemente, dem Schlusse, einen festen Standpunct erreichen dürfe. Schon die Mimansa und der Vedanta konnten also nicht umhin, auf den Schluß zu reflectiren, aber sie behandeln ihn nur von seiner negativen, endlichen Seite. Wo das Einzelne ohne Geltung und Wahrheit ist, kann natürlich auch der Schluß nur das Todte und Wesenlose enthalten; es hat dann nothwendigerweise nur das von oben her, als heiliger Geist in den Menschen Dringende feine Stellung und Anerkennung. Nyaya und Sankhya mit ihren parallelen Systemen verhalten sich bereits anders dem Schlusse gegenüber. Sie machen schon Transaction mit dem Veda und endigen damit, ihm nur dann Autorität zu schenken, wenn der Geist des Menschen sich mit ihm im Einverständnisse erklärt. Auf diesem Standpuncte hat der Schluß seine Berechtigung und wir sehen sein Wesen in folgender Weise zum Bewußtsein gebracht. Als maaßgebend für die Handlungsweise des Menschen erkennen Nyaya und Sankhya 1) den Schluß der Wir

kung aus der Ursache 2) den der Ursache aus der Wirfung und 3) den der Analogie *) Es ist mit Bezug auf die Reihenfolge, die hier angegeben ist, eine Bemerkung zu machen, welche das indische Denken im Allgemeinen betrifft und in diesem speciellen Falle eine nicht gleichgültige Anwendung findet. Der Inder strebt nach dem Allgemeinen, er verseßt seinen Geift dahin, ohne ihn die Mittelstufen berühren zu laffen, welche zum concreten Allgemeinen führen. Dieser Zug seines Geistes tritt auch formell hervor, sobald er Begriffe ordnet. Er beginnt stets mit dem Allgemeinen, mit dem abfolut oder relativ Wahren und steigt von diesem zum Einzelnen, dem absolut oder relativ Unwahren hernieder. Es ist demnach bei der Reihenfolge, in welche wir die Arten des Schlusses gebracht sehen, implicite angedeutet, daß er den Schluß der Wirkung aus der Ursache für den wahr= ften und jeden der beiden anderen als den relativ unwahreren betrachtet habe. Andere Formen des Schluffes find mir in der indischen Philosophie nicht begegnet und

*) Vgl. Nyâyasutravritti p. 68. Lassen in seinem Commentarius zur Sânkhyakarika p. 22 ff. wo er diesen Schlussformen hinzufügt: Quas tres conclusionis species, ut obiter hoc moneam, constituit etiam Raimundus Lullus. Vid. Opp. Moguntiae 1722 T. III. p. 9. Introduct. Artis Demonstrat. I. cap. III. Recensebimus hic maxime necessarias et ad praxin facillime reducibiles species demonstrationis, quae sunt tres, prima a minoritate, secunda a maioritate, tertia ab aequalitate. Primam vocant communiter ab effectu ad causam, secundam a causa ad effectum, tertiam primus invenit Doctor Illuminatus et nominavit ab aequiparantia.

ich kann diese kurze Notiz beschließen, nachdem ich noch einige Worte über das Schema des indischen. Schlusses, welches schon Colebrooke mitgetheilt hat, dem Früheren hinzugefügt habe.

Der indische Schluß, wie ihn der Nyaya lehrt, foll nach Colebrooke, aus fünf Theilen bestehen und diese Angabe findet sich allerdings (z. B. in dem schon erwähnen Nyaya - sutra-vritti p. 27-31) den Worten nach wieder. Aber eine genauere Betrachtung der fte be= gleitenden Erklärung nimmt dem indischen Schema einen wesentlichen Theil seines fremdartigen Ansehens. Der erste Theil des Schlusses wird pratignå genannt und erklärt: als die Angabe dessen, was bewiesen werden foll. Der zweite Theil des Schluffes ist der Grund, hetu, und zwar, wie er definirt ist: die Vollbringung des zu Vollbringenden in der Gestalt des Allgemeinen diefem folgt drittens udâhara øder das Beispiel, definirt als der Theil, welcher zweckmäßig" ist, weil er ein Beispiel bringt; viertens upaharâna die Anwendung (unfer terminus medius) und fünftens vrigama der Schluß.

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Der erste dieser fünf Theile ist bei näherer Betrachtung nichts anderes, als eine Art Ueberschrift; die Angabe des Resultats und ohne weiteren Zusammenhang mit dem Processe des Schlusses selbst. Wir haben Aehnliches schon früher gesehen, als wir von der Dialektik Madhava's sprachen, denn auch dieser unterläßt nicht, was sich von selbst versteht, den zu behandelnden

Gegenstand ausdrücklich einen Theil seines Adhikarana zu nennen. Der zweite und dritte Theil enthalten den Grund und jener in der Form des Allgemeinen und Einzelnen; aber es wird dem Einzelnen ausdrücklich der Vorwurf nur Einzelnes zu sein, abgewehrt, denn es heißt: weil das Einzelne nur dem bestimmten Zwecke gemäß gewählt ist, so ist dies kein Fehler, wenn es an sich nicht das Allgemeine" ist. Also das Einzelne ist nicht Allgemeines, hat aber für den Schluß die Bestimmung dieses zu sein, denn darin liegt eben seine Zweckmäßigkeit. Damit ergibt sich denn aber auch, daß das Schema dieses Schlusses doppelter Art ist, nämlich einmal das Schema des Nothwendigkeitsschluffes, in welchem das Allgemeine näher als das nicht abstract Allgemeine, sondern als das im Einzelnen (im Beispiele) fich als wahr Ausweisende definirt wird — und dann als das Schema des Schlusses der Analogie, in welchem das Einzelne nicht das Unmittelbare ist, sondern sein Allgemeines in sich schließt. Das Schema des indischen Schlusses enthält also nicht andere Bestandtheile als das des unsrigen, und wir haben nur die dem indischen Geiste eigenthümliche Weise des Denkens in Betracht zu ziehen, um in dem Ungewohnten dennoch das Wahre zu finden."

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