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vollbracht werden. Die Moralität, wie das frühere Moment des formellen Rechts, find beide Abstraktionen, deren Wahrheit erst die Sittlichkeit ist. Die Sittlichkeit ist so die Einheit des Willens in seinem Begriffe, und des Willens des Einzelnen, das heißt des Subjekts. Ihr erstes Daseyn ist wiederum ein Natürliches, in Form der Liebe und Empfindung, die Familie: das Individuum hat hier seine spröde Persönlichkeit aufgehoben, und befindet sich mit seinem Bewußtseyn in einem Ganzen. Aber auf der folgenden Stufe ist der Verlust der eigentlichen Sittlichkeit, und der substantiellen Einheit zu sehen: die Familie zerfällt, und die Glieder verhalten sich als selbstständige zu einander, indem nur das Band des gegenseitigen Bedürfnisses sie umschlingt. Diese Stufe der bürgerlichen Gesellschaft hat man häufig für den Staat angesehen. Aber der Staat ist erst das Dritte, die Sittlich= keit, und der Geist, in welchem die ungeheure Vereinigung der Selbstständigkeit der Individualität, und der allgemeinen Subftantialität ftatt findet. Das Recht des Staates ist daher höher, als andere Stufen: es ist die Freiheit in ihrer konkretesten Gestaltung, welche nur noch unter die höchste absolute Wahrheit des Weltgeistes fällt.

Erster Theil.

Dag abstrakte Kech t.

§. 34.

Der an und für fich freie Wille, wie er in seinem abftrak

ten Begriffe ist, ist in der Bestimmtheit der Unmittelbarkeit. Nach dieser ist er seine gegen die Realität negative, nur sich abstrakt auf sich beziehende Wirklichkeit, - in sich einzelner Wille eines Subjekts. Nach dem Momente der Besonders heit des Willens hat er einen weitern Inhalt bestimmter Zwecke und als ausschließende Einzelnheit diesen Inhalt zugleich als eine äußere, unmittelbar vorgefundene Welt vor sich.

Zusag. Wenn gesagt wird, der an und für sich freie Wille, wie er in seinem abstrakten Begriffe ist, fey in der Bestimmtheit der Unmittelbarkeit, so muß darunter Folgendes verstanden werden. Die vollendete Idee des Willens wäre der Zustand, in welchem der Begriff fich völlig realisirt hätte, und in welchem das Daseyn deffelben nichts als die Entwickelung seiner selbst wäre. Im Anfange ist der Begriff aber abstrakt, das heißt alle Bestimmungen find zwar in ihm enthalten, aber auch nur enthalten: fle find nur an sich, und noch nicht zur Totalität in sich selbst entwickelt. Wenn ich sage, ich bin frei, so ist Ich noch dieses gegensaglose Insichseyn, dagegen im Moralischen

schon ein Gegensaß ist, denn da bin ich als einzelner Wille, und das Gute ist das Allgemeine, obgleich es in mir selbst ist. Hier hat der Wille also schon die Unterschiede von Einzelnheit und Allgemeinheit in sich selbst, und ist somit bestimmt. Aber im Anfang ist ein solcher Unterschied nicht vorhanden, denn in der ersten abstrakten Einheit ist noch kein Fortgang und keine Vermittelung: der Wille ist so in der Form der Unmittelbarkeit, des Seyns. Die wesentliche Einsicht, die hier zu erlangen wäre, ift_nun, daß diese erste Unbestimmtheit selbst eine Bestimmtheit ist. Denn die Unbestimmtheit liegt darin, daß zwischen dem Willen und seinem Inhalt noch kein Unterschied ist: aber sie selbst, dem Bestimmten entgegengesett, fällt in die Bestimmung ein Bestimmtes zu seyn: die abstrakte Identität ist es, welche hier die Bestimmtheit ausmacht: der Wille wird dadurch einzelner Wille - die Person.

§. 35.

Die Allgemeinheit dieses für sich freien Willens ist die formelle, die selbstbewußte sonst inhaltslose einfache Beziehung auf sich in seiner Einzelnheit, - das Subjekt ist insofern Person. In der Persönlichkeit liegt, daß ich als Dieser vollkommen nach allen Seiten (in innerlicher Willkür, Trieb und Begierde, so wie nach unmittelbarem äußerlichen Daseyn) beftimmte und endliche, doch schlechthin reine Beziehung auf mich bin und in der Endlichkeit mich so als das Unendliche, ALLgemeine und Freie weiß.

Die Persönlichkeit fängt erst da an, insofern das Subjekt nicht bloß ein Selbstbewußtseyn überhaupt von fich hat als konkretem auf irgend eine Weise bestimmtem, sondern vielmehr ein Selbstbewußtseyn von sich als vollkommen abstraktem Ich, in welchem alle konkrete Beschränktheit und Gültigkeit negirt und ungültig ist. In der Persönlichkeit ist daher das Wissen seiner als Gegenstandes, aber als

durch das Denken in die einfache Unendlichkeit erhobenen und dadurch mit sich rein - identischen Gegenstandes. Individuen und Völker haben noch keine Persönlichkeit, insofern sie noch nicht zu diesem reinen Denken und Wissen von sich gekommen find. Der an und für sich sehende Geist unterscheidet sich dadurch von dem erscheinenden Geiste, daß in derselben Bestimmung, worin dieser nur Selbstbewußtseyn, Bewußtseyn von sich, aber nur nach dem natürlichen Willen und dessen noch äußerlichen Gegenfäßen ist, der Geißt sich als abstraktes und zwar freies Ich zum Gegenstande und Zwecke hat und so Perfon ist.

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Zusah. Der für sich sehende oder abstrakte Wille ist die Person. Das Höchfte des Menschen ist Person zu feyn, aber troh dem ist die bloße Abstraktion Person schon im Ausdruck etwas Verächtliches. Vom Subjekte ist die Person wesentlich verschieden, denn das Subjekt ist nur die Möglichkeit der Persönlichkeit, da jedes Lebendige überhaupt ein Subjekt ist. Die Person ist also das Subjekt, für das diese Subjektivität ist, denn in der Person bin ich schlechthin für mich: sie ist die Einzelnheit der Freiheit im reinen Fürsichseyn. Als diese Person weiß ich mich frei in mir selbst und kann von Allem abftrahiren, da nichts vor mir als die reine Persönlichkeit steht, und doch bin ich als Dieser ein ganz Bestimmtes: so alt, so groß, in diesem Raume, und was Alles für Partikularitäten noch seyn mögen. Die Person ist also in Einem das Hohe und das ganz Niedrige; es liegt in ihr diese Einheit des Unendlichen und schlechthin Endlichen, der bestimmten Grenze und des durchaus Grenzenlosen. Die Hoheit der Person ist es, welche diesen Widerspruch aushalten kann, der nichts Natürliches in sich hat oder ertragen könnte.

§. 36.

1) Die Persönlichkeit enthält überhaupt die Rechtsfähigkeit

und macht den Begriff und die selbst abstrakte Grundlage des abftrakten und daher formellen Rechtes aus. Das Rechtsge= bot ist daher: sey eine Person und respektire die andern als Personen.

§. 37.

2) Die Besonderheit des Willens ist wohl Moment des ganzen Bewußtsehns des Willens (§. 34.), aber in der abftrakten Persönlichkeit als solcher noch nicht enthalten. Sie ist daher zwar vorhanden, aber als von der Persönlichkeit, der Beftimmung der Freiheit, noch verschieden, Begierde, Bedürfniß, Triebe, zufälliges Belieben u. s. f. Im formellen Rechte kommt es daher nicht auf das besondere Interesse, meinen Nugen oder mein Wohl an ebenso wenig auf den besondern Bestimmungsgrund meines Willens, auf die Einsicht und Absicht.

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Zusag. Weil die Besonderheit in der Person noch nicht als Freiheit vorhanden ist, so ist Alles, was auf die Besonderheit ankommt, hier ein Gleichgültiges. Hat jemand kein Intereffe, als sein formelles Recht, so kann dieses reiner Eigensinn seyn, wie es einem beschränkten Herzen und Gemüthe oft zukommt, denn der rohe Mensch fteift sich am Meisten auf sein Recht, indeß der großartige Sinn darauf fieht, was die Sache sonst noch für Seiten hat. Das abstrakte Recht ist also nur erft bloße Möglichkeit, und insofern gegen den ganzen Umfang des Verhältnisses etwas Formelles. Deshalb giebt die rechtliche Bestimmung eine Befugniß, aber es ist nicht absolut nothwendig, daß ich mein Recht verfolge, weil es nur eine Seite des ganzen Verhältnisses ift. Möglichkeit ist nämlich Sehn, das die Bedeutung hat, auch nicht zu seyn.

§. 38.

In Beziehung auf die konkrete Handlung und moralische und sittliche Verhältnisse ist gegen deren weitern Inhalt das abstrakte Recht nur eine Möglichkeit, die rechtliche Bestim

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