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253.

Die Menschen sind durch die unendlichen Bedingungen des Erscheinens dergestalt obruirt, daß sie das eine Urbedingende nicht gewahren können.

254.

Ebendas. Nr. 874. H. 19, 189.

Alles, was unsern Geist befreit, ohne uns die Herrschaft über uns selbst zu geben, ist verderblich. Ebendas., Eth. I Nr. 39.

255.

So fort nun wende dich nach innen.
Das Centrum findest du da drinnen,
Woran kein Edler zweifel mag.

Wirst keine Regel da vermissen,
Denn das selbständige Gewissen
Jst Sonne deinem Sittentag.

256.

Vermächtniß 1829. H. 3, 192.

Wirst du doch immer aufs Neue hervorgebracht, herrlich Ebenbild Gottes, und wirst sogleich wieder beschädigt, verlegt von innen oder von außen! Wanderjahre III. 18 (1829). H. 18, 420.

257.

Aufschluß erwarten Sie nicht (vom zweiten Theil des Faust). Der Welt und Menschengeschichte gleich enthüllt das zulet aufgelöste Problem immer wieder ein neu aufzulösendes.

An Graf Reinhard, den 7. Sept. 1831.

258.

Suchet in euch, so werdet ihr alles finden, und erfreut euch, wenn da draußen, wie ihr es immer nennen mögt, eine Natur liegt, die Ja und Amen zu allem sagt, was ihr in euch gefunden habt. Spr. in Prosa, Kunst V Nr. 720 (veröff. 1832). H. 19, 154.

259.

Die nächsten faßlichen Ursachen sind greiflich und eben deshalb am begreiflichsteu, weshalb wir gern als mechanisch denken, was höherer Art ist.

Spr. in Prosa, Nat. II Nr. 800 (veröff. 1833). H. 19, 175.

260.

Das schönste Glück des denkenden Menschen ist, das Erforschliche erforscht zu haben und das Unerforschliche ruhig zu verehren.

Ebendas., Nat. V Nr. 1019 (veröff. 1836). H. 19, 220.

Kämpfen und Wirken.

261.

Edel sei der Mensch Hilfreich und gut!

Das Göttliche.

Das ist's, was wir jeho zu thun haben. Dabei müssen wir nichts sein, sondern alles werden wollen und besonders nicht öfter stillstehen und ruhen, als die Nothdurft eines müden Geistes und Körpers erfordert.

An Hezler d. Jüngeren, den 24. Aug. 1770.

262.

Eine andere Bekanntschaft ... hat mir bisher nicht wenig genugt, ein Herr **, ein Ideal für Mosheimen oder Jerusalemen, ein Mann, der durch viel Erfahrung mit viel Verstand ge= gangen ist, der bei der Kälte der Welt, womit er von jeher die Welt betrachtet hat, gefunden zu haben glaubt: daß wir auf diese Welt gesezt sind besonders, um ihr nüßlich zu sein, daß wir uns dazu fähig machen können, wozu denn auch die Religion etwas hilft, und daß der Brauchbarste der Beste ist und alles, was draus folgt. Betet mit mir für mich, daß alles werde, wie's werden soll.

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An Frl. v. Klettenberg, den 26. Aug. 1770.

263.

Lieber Herr Bruder, lassen Sie uns in der Fühlbarkeit gegen das schwache Menschengeschlecht, - dem einzigen Glück der Erde und der einzigen wahren Theologie, gelassen fortwandeln und den Spruch des Apostels fleißig beherzigen: trachtet ihr, daß ihr Lebenskenntniß erlangt, euch und eure Brüder aufzubauen. Das ist euer Weinberg und jeder Abend reicht dem Tage seinen Lohn.

Zwo wichtige bibl. Fragen (Febr. 1773). H. 27. 2, 106.

264.

Er (der Mensch) wird herumgeführt von dem und jenem, hie in ein Gärtchen, da in eine Baumschule, in einen Irrgarten und Irrgärtchen, und weiset ihn jeder an seiner Hände Werk. Und endlich siehet er in seine Hände, die ihm auch Gott gefüllet hat mit Kraft und allerlei Kunst, und es verdrießt ihn des Gaffens und Schmarozens an anderer Schöpfungsfreude und kehret zurück zu seinem Erbtheil, säet, pflanzt und begießt und genießt sein und der Seinigen in herzlich wirkender Beschränkung..

265.

An Jacobi, den 31. Aug. 1774.

Jenes wunderliche Wort (in Spinoza's Ethik V): 'wer Gott recht liebt, muß nicht verlangen, daß Gott ihn wieder liebe', erfüllt mein ganzes Nachdenken. Uneigennüßig zu sein in allem, am uneigennützigsten in Liebe und Freundschaft, war meine höchste Lust, meine Marime, meine Ausübung.

Dichtg. u. Wahrh. XIV (1774). H. 22, 168.

266.

Zuerst wird der Mann (Spinoza) als Atheist und seine Meinungen als höchst verwerflich angegeben, sodann aber zugestanden, daß er ein ruhig nachdenkender und seinen Studien obliegender Mann, ein guter Staatsbürger, ein mittheilender Mensch, ein ruhiger Partikularier gewesen; und so schien man ganz das evangelische Wort vergessen zu haben: 'an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen'! Denn wie will doch ein Menschen und Gott gefälliges Leben aus verderblichen Grundsägen entspringen?

Dichtg. u. Wahrh. XVI (1775). H. 23, 6.

267.

Ich habe die Götter gebeten, daß sie mir meinen Muth und Geradsinn erhalten wollen bis ans Ende und lieber mögen das Ende vorrücken, als mich den lezten Theil des Zieles lausig hinkriechen zu lassen.

An Frau v. Stein, den 19. Mai 1778.

268.

Was mir am wehsten thut, ist, daß ich einem Manne, der so genügsam verlangt, weder Hilfe noch Hoffnung geben fann. Nehmen Sie das Wenige, was ich Ihnen geben kann, als ein Bret, das ich Ihnen in dem Augenblicke zuwerfe, um Zeit zu gewinnen. -. Nehmen Sie diese Tropfen Balsams

aus der compendiösen Reiseapotheke des dienstfertigen Samariters, wie ich sie gebe.

269.

An Kraft, den 2. Nov. 1778.

Man muß recht fleißig beten, um bei so viel widrigen Erfahrungen den jugendlichen guten Willen, Muth und Leichtsinn (die Ingredienzien des Wohlthuns) zu erhalten.

270.

An dens., den 23. Nov. 1778.

Elender nichts als der behagliche Mensch ohne Arbeit!
Tagebuch v. 13. Jan. 1779.

271.

Aber ich lasse doch nicht ab von meinem Gedanken und ringe mit dem unbekannten Engel (Mos. 1, 32), sollt' ich mir die Hüfte ausrenken. Es weiß kein Mensch, was ich thue und mit wieviel Feinden ich ringe, um das wenige hervorzubringen. Bei meinem Streben, Streiten und Bemühen bitt' ich euch nicht zu lachen, zuschauende Götter, allenfalls lächeln mögt ihr und mir beistehen. Tagebuch v. 25. Juli 1779.

272.

Propria qui curat, neminis arma timet.

273.

Tagebuch v. 2. Aug. 1779.

Wir sind in und mit Lavater glücklich. Es ist uns allen eine Kur, um einen Menschen zu sein, der in der Häuslichkeit der Liebe wirkt, der an dem, was er wirkt, Genuß im Wirken hat und seine Freunde mit unglaublicher Aufmerksamkeit trägt, nährt, liebet und erfreut. Die Wahrheit ist einem doch immer neu, und wenn man wieder einmal so einen ganz wahren Menschen sieht, meint man, man käme erst auf die Welt.

An Frau v. Stein, den 30. Nov. 1779. 274.

Wenn nur jeder den Stein hübe, der vor ihm liegt! Aber eherne Geduld, ein steinern Aushalten!

275.

Tagebuch v. Mai 1780.

Gewohnt, jeden Tag zu thun, was die Umstände erfordern, was mir meine Einsichten, Fähigkeiten und Kräfte erlauben, bin ich unbekümmert, wie lang es dauern mag, und erinnere mich fleißig jenes Weisen, der auch drei wohlgenußte Stunden für hinreichend erklärt hat.

An Kraft, den 11. Aug. 1780.

276.

Das Tagewerk, das mir aufgetragen ist, das mir täglich leichter und schwerer wird, erfordert wachend und träumend meine Gegenwart. Diese Pflicht wird mir täglich theurer, und darin wünsche ich's den größten Menschen gleichzuthun, und in nichts Größerem. Diese Begierde, die Pyramide meines Daseins, deren Basis mir angegeben und gegründet ist, so hoch als möglich in die Luft zu spißen, überwiegt alles andere und läßt kaum augenblickliches Vergessen zu. Wenigstens soll man sagen, es war kühn entworfen, und, wenn ich lebe, sollen, will's Gott, die Kräfte bis hinauf reichen.

277.

An Lavater, Aug. 1780.

Erhalt uns Gott lange auf dieser schönen Welt und in Kraft, ihr zu dienen und sie zu nuen.

278.

An dens., den 18. März 1781.

Meine alte Wohlthätigkeit kehrt zurück und mit ihr die Freude meines Lebens. Du hast mir den Genuß im Gutesthun gegeben, den ich ganz verloren hatte. Instinkt und es ward mir nicht wohl dabei.

Ich that's aus

An Frau v. Stein, den 27. März 1781.

279.

Auf diesem beweglichen Erdball ist doch nur in der wahren Liebe, der Wohlthätigkeit und in den Wissenschaften Freude und Ruhe.

280.

An dieselbe, den 25. Juni 1781.

Ich würde in dem geringsten Dorfe und auf einer wüsten Insel ebenso betriebsam sein müssen, um nur zu leben. Sind denn auch Dinge, die mir nicht anstehen, so komme ich darüber gar leichte weg, weil es ein Artikel meines Glaubens ist, daß wir durch Standhaftigkeit und Treue in dem gegenwärtigen Zustande ganz allein der höheren Stufe eines folgenden werth und sie zu betreten fähig werden, es sei nun hier zeitlich oder dort ewig.

281.

An Knebel, den 3. Dec. 1781.

Ich bitte Gott, daß er mich täglich haushälterischer werden. lasse, um freigebig zu sein zu können, es sei mit Geld oder Gut, Leben oder Tod.

An Frau v. Stein, den 10. Dec. 1781.

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