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erschien. An schäßenswerthen Abhandlungen über Goethe's Verhältniß zur Religion herrscht ja kein Mangel und ist der Verf. weit entfernt, die Förderung gering zu veranschlagen, welche den Goethestudien durch diese Arbeiten zu Theil geworden ist. Er hält es aber doch für möglich, daß mancher daneben auch gern einmal zu einer Sammlung greifen wird, wie er sie bietet, welche, aller Erklärungen, Beurtheilungen und sonstiger Zwischenreden sich enthaltend, lediglich Goethe sprechen läßt. Es ist so gar schwer, der Herren eignen Geist" fernzuhalten, wenn gelegentliche Aeußerungen eines großen Menschen in ein. System gebracht, auch nur in das Gesichtsfeld eines außerhalb stehenden Beurtheilers künstlich gerückt werden.

Jede Unterstellung, als wollten diese Blätter insgeheim etwas anderes sein und leisten, als was der Titel besagt, wird mit Entschiedenheit zurückgewiesen. Sie wollen weder etwas beweisen, noch widerlegen, am allerwenigsten aber auf irgend jemanden noch in einem anderen Sinne wirken, als in dem, daß sie sein Interesse und Verständniß für Goethe zu fördern bestrebt sind. Sein langes Leben hindurch hat Goethe nie den Anspruch erhoben, in religiösen Dingen zu einem Abschlusse gelangt zu sein, oder gar zum Lehrmeister für andere sich aufgeworfen, er, der bis zulezt, auf diesem Gebiete zumal, der Werdende und Suchende blieb, auch gewissen Mysterien gegenüber sich gern in ehrfurchtsvolles Schweigen einhüllte nach seinem jugendlichen Bekenntnisse: Gefühl ist alles, Name ist Schall und Rauch, umnebelnd Himmelsgluth'.

Zum Schlusse macht der Verf. kein Hehl daraus, daß er bei der Anlage und Ausarbeitung dieses Büchleins, wie bei dessen nun erfolgenden Veröffentlichung ganz vornehmlich den engeren Kreis derer im Auge gehabt hat, welche in der Verehrung des Dichters und des Menschen Goethe sich begegnen. Daß in diesem Kreise seine Arbeit freundliche Aufnahme finde, ist des Verf. besonderer Wunsch und zugleich, wenn er so zuversichtlich reden darf, stille Hoffnung.

Dresden, Juni 1888.

Der Verf.

I.

Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange Ist sich des rechten Weges wohl bewußt. Faust, Vorsp. im Himmel.

Vogel, Goethes Selbstzeugnisse.

1

Der Bug nach der Höhe. Andacht.

Wohin? Ach, wohin?
Hinauf strebt's.

Ganymed.

1.

Ich möchte beten, wie Moses im Koran:,,Herr, mache mir Raum in meiner engen Brust."

2.

An Herder, Juli 1772.

Unter allen Besizungen auf Erden ist ein eigen Herz die kostbarste, und unter Tausenden haben sie kaum zween.

Gedanken über eine alte Aufschrift (Frankf. Gel. Anz., 1772). H. 29, 19.

3.

Dazu wünschen wir ihm (Lavatern) innige Gemeinschaft mit dem gewürdigten Seher unserer Zeiten (Klopstock), rings um den die Freude des Himmels war, zu dem Geister durch alle Sinne und Glieder sprachen, in dessen Busen die Engel wohnten. Dessen Herrlichkeit umleucht' ihn, wenn's möglich ist, durchglüh' ihn, daß er einmal Seligkeit fühle und ahnde, was sei das Lallen der Propheten, wenn äggyra gýuara den Geist füllen! Anz. der Aussichten in die Ewigkeit (Frankf. Gel. Anz. 1772). H. 29, 64.

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Hebe, liebendes Herz, dem Erschaffenden dich!
Sei mein Herr du, mein Gott! Du Alliebender, du,
Der die Sonne, den Mond und die Stern

Schuf, Erde und Himmel und mich!

Mahomet's Nachthymne. H. 3, 45.

6.

Und die Flüsse von der Ebne
Und die Bäche von den Bergen
Jauchzen ihm und rufen: Bruder!
Bruder, nimm die Brüder mit,
Mit zu deinem alten Vater,
Zu dem ew'gen Ocean,

Der mit ausgespannten Armen
Unfrer wartet,

Die sich, ach, vergebens öffnen

Seine Sehnenden zu fassen!

Mahomets Gesang, 1772/73. H. 1, 140.

7.

Der Herr, mein Gott, hat sich freundlichst zu mir genaht. Siehst Du ihn nicht? An jeder stillen Quelle, unter jedem blühenden Baum begegnet er mir in der Wärme seiner Liebe. Wie dank ich ihm, er hat meine Brust geöffnet, die harte Hülle meines Herzens weggenommen, daß ich sein Nahen empfinden kann. Entwurf zum Mahomet, 1772/73. J. G. 2, 29.

8.

Lieber, Du redest mit mir als einem Ungläubigen, der begreifen will, der bewiesen haben will, der nicht erfahren hat. Und von alledem ist gerade das Gegentheil in meinem Herzen. Ich bin vielleicht ein Thor, daß ich euch nicht den Gefallen thue, mich mit euren Worten auszudrücken.

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