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aber nicht als Beweis gilt, soll uns als Gefühl gelten. Wir rufen daher von der Brontotheologie bis zur Niphotheologie alle dergleichen fromme Bemühungen wieder heran. Sollten wir im Bliz, Donner und Sturm nicht die Nähe einer übergewaltigen Macht, im Blüthenduft und lauen Luftfäufeln nicht ein liebevoll sich annäherndes Wesen empfinden dürfen?

124.

Ebendas., Nr. 571. H. 19, 121.

Der Greis wird sich immer zum Mysticismus bekennen. Er sieht, daß so Vieles vom Zufall abzuhängen scheint; das Unvernünftige gelingt, das Vernünftige schlägt fehl, Glück und Unglück stellen sich unerwartet in's Gleiche. So ist es, so war und das hohe Alter beruhigt sich in dem, der da ist, der da war und der da sein wird. Ebendas., Nr. 629. H. 19, 132.

es

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125.

Friede mit Gott und ein Wohlgefallen an wohlwollenden Menschen. Also sei es und bleibe. An Zelter, den 20. Sept. 1831.

126.

Wenn man die Leute reden hört, so sollte man fast glauben, sie seien der Meinung, Gott habe sich seit jener alten Zeit ganz in die Stille zurückgezogen und der Mensch wäre jezt ganz auf eigene Füße gestellt und müsse sehen, wie er ohne Gott und sein tägliches unsichtbares Anhauchen zurecht fomme.

Gott hat sich nach den bekannten imaginirten sechs Schöpfungstagen keineswegs zur Ruhe begeben, vielmehr ist er noch fortwährend wirksam wie am ersten. Diese plumpe Welt aus einfachen Elementen zusammen zu sehen und sie jahraus jahrein in den Strahlen der Sonne rollen zu lassen, hätte ihm sicher wenig Spaß gemacht, wenn er nicht den Plan gehabt hätte, sich auf dieser materiellen Unterlage eine Pflanzschule für eine Welt von Geistern zu gründen. So ist er fortwährend in höheren Naturen wirksam, um die geringeren heranzuziehen.

Gespr. mit Eckermann, den 11. März 1832.

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Der Gott, der mit der Natur in unmittelbarer Verbindung stehe, sie als sein Werk anerkenne und liebe, dieser schien ihm (dem Knaben) der eigentliche Gott.

Dichtg. u. Wahrh. I (c. 17:5). H. 20, 37.

128.

Separatim de Deo et natura rerum disserere difficile et periculosum est, eodem modo quam si de corpore et anima sejunctim cogitamus. Animam nonnisi mediante corpore, Deum nonnisi perspecta natura cognoscimus. Hinc absurdum mihi videtur, eos absurditatis accusare, qui ratiocinatione maxime philosophica Deum cum mundo conjunxere. Bemerk. zu Fabric. Bibl. antiq. p. 234 in den Ephemerides von 1770–71 (Schöll, Auff. S. 103).

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Dieser Geist, der so entschieden auf mich wirkte und der auf meine ganze Denkweise einen so großen Einfluß haben sollte, -war Spinoza. Dichtg. u. Wahrh. XIV (1774). H. 22, 168.

131.

Wie sehn' ich mich, Natur, nach dir,
Dich treu und lieb zu fühlen!

Ein lust'ger Springbrunn wirst du mir
Aus tausend Röhren spielen;

Wirst alle meine Kräfte mir
In meinem Sinn erheitern
Und dieses enge Dasein hier
Zur Ewigkeit erweitern!

Künstlers Abendlied, 1775 (?); vgl. d. Brief an Merck v. 5. Dec. 1774. H. 2, 189.

132.

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Ich fühl einen Drang, Bruder, dir zu schreiben schwebend im herrlich unendlichen Ocean unseres Vaters, des Unbegreiflichen, aber des Berührlichen. O Bruder, nennbare, aber unendliche Gefühle durchwühlen mich.

An F. L. v. Stolberg, den 26. Okt. 1775 (?), Ausg. der Großh. Nr. 363.

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Ein glühend Leben,

So schaff ich am sausenden Webstuhl der Zeit

Und wirke der Gottheit lebendiges Kleid.

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Die Natur wirkt nach ewigen, nothwendigen, dergestalt göttlichen Gesezen, daß die Gottheit selbst daran nichts ändern könnte. Alle Menschen sind hierin unbewußt vollkommen einig. Man bedenke, wie eine Naturerscheinung, die auf Verstand, Vernunft, ja nur auf Willkür deutet, uns Erstaunen, ja Entsegen bringt.

'Dichtg. u. Wahrh. XVI (1775). H. 23, 8.

1

135.

Sie (die Natur) lebt in lauter Kindern und die Mutter wo ist sie? Sie spielt ein Schauspiel; ob sie es selbst sieht, wissen wir nicht und doch spielt sie's für uns, die wir in der Ecke stehen. -Sie sprigt ihre Geschöpfe aus dem Nichts hervor und sagt ihnen nicht, woher sie kommen und wohin sie gehen. Sie sollen nur laufen; die Bahn kennt sie. - Jedem erscheint sie in einer eignen Gestalt. Sie verbirgt sich in tausend Namen und Termen und ist immer dieselbe. Sie hat mich hereingestellt, sie wird mich auch hinausführen. Ich vertraue mich ihr, sie mag mit mir schalten. Sie wird ihr Werk nicht hassen. Ich sprech nicht von ihr; nein, was wahr und was falsch ist, alles hat sie gesprochen. Alles ist ihre Schuld, alles ist ihr Verdienst. Die Natur, Aphoristisch, 1780–82. H. 34, 73.

136.

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Die Uebereinstimmung des Ganzen macht ein jedes Geschöpf zu dem, was es ist. — Und so ist wieder jede Kreatur nur ein Ton, eine Schattirung einer großen Harmonie, die man auch im großen Ganzen studieren muß; sonst ist jedes Einzelne ein todter Buchstabe. Aus diesem Gesichtspunkte ist diese kleine Schrift (über das os intermaxillare) geschrieben, und das ist eigentlich das Interesse, was darin verborgen liegt.

137.

An Knebel, Mitte Nov. 1784.

Wie es vor alten Zeiten, da die Menschen an der Erde lagen, eine Wohlthat war, ihnen auf den Himmel zu deuten und sie auf's Geistige aufmerksam zu machen, so ist's jezt eine größere, sie nach der Erde zurückzuführen, um die Elasticität ihrer angefesselten Ballons etwas zu vermindern. Ebendas.

138.

Vergieb mir, daß ich so gerne schweige, wenn von einem göttlichen Wesen die Rede ist, das ich nur aus den rebus singularibus erkenne, zu deren näherer Betrachtung niemand mehr aufmuntern kann als Spinoza selbst, obgleich vor seinem Blicke alle einzelnen Dinge zu verschwinden scheinen.

139.

An Jacobi, den 12. Jan. 1785.

Er (Spinoza) beweist nicht das Dasein Gottes, das Dasein ist Gott. Und wenn ihn andere deshalb atheum

schelten, so möchte ich ihn theissimum und christianissimum Hier bin ich auf und unter Bergen

nennen und preisen.

und suche das Göttliche auf in herbis et lapidibus.

140.

An Jacobi, den 9. Juni 1785.

Du weißt, daß ich über die Sache selbst nicht Deiner Meinung bin, daß mir Spinozismus und Atheismus zweierlei ist.

141.

An dens., den 21. Oft. 1785.

Ich halte mich fest und fester an die Gottesverehrung des Atheisten (Spinoza) und überlasse Euch alles, was Ihr Religion heißt und heißen müßt. Wenn Du sagst, man könne an Gott nur glauben, so sage ich Dir: ich halte viel auf's Schauen. Und wenn Spinoza von der scientia intuitiva spricht und sagt: hoc cognoscendi genus procedit ab adaequata idea essentiae formalis quorundam Dei attributorum ad adaequatam cognitionem essentiae rerum', so geben mir diese wenigen Worte Muth, mein ganzes Leben der Betrachtung der Dinge zu widmen, die ich erreichen kann.

142.

An denj., den 5. Mai 1786.

Dich hat Gott mit der Metaphysik gestraft und Dir einen Pfahl in's Fleisch gesezt, mich dagegen mit der Physik gesegnet, damit mir es im Anschauen seiner Werke wohl werde.

143.

An dens., ebendas.

Es ist viel Tradition bei den Kunstwerken, die Naturwerke sind immer wie ein frisch ausgesprochenes Wort Gottes. An Herzogin Amalie, den 23. Dec. 1786.

144.

Diese hohen Kunstwerke sind zugleich als die höchsten Naturwerke von Menschen nach wahren und natürlichen Gesezen hervorgebracht worden. Alles Willkürliche, Eingebildete fällt zusammen. Da ist die Nothwendigkeit, da ist Gott.

Ital. Reise, den 6. Sept. 1787. H. 24, 396.

145.

Erhabner Geist, du gabst, du gabst mir alles,
Worum ich bat. Du hast mir nicht umsonst
Dein Angesicht im Feuer zugewendet.

Gabst mir die herrliche Natur zum Königreich,

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