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Offenbarung. Die heilige Schrift.

Wir lernen das Ueberirdische schätzen,
Wir sehnen uns nach Offenbarung,

652.

Faust I.

Ueberall hörte ich sagen, daß zum Verständniß des Alten Testaments sowie des Neuen die Grundsprachen nöthig wären. Das lettere las ich ganz bequem, weil die sogenannten Evangelien und Episteln, damit es ja auch Sonntags nicht an Uebung fehle, nach der Kirche recitirt, überseßt und einigermaßen erklärt werden. mußten. Ebenso dachte ich es nun auch mit dem Alten Testament zu halten, das mir wegen seiner Eigenthümlichkeit ganz be= sonders von jeher zugesagt hatte.

Dichtung u. Wahrh. IV. (ca. 1760) H. 20, 116.

653.

Indessen mochte ihm (dem Rektor Albrecht) meine die Bibel nach allen Seiten durchkreuzende kindische Lebhaftigkeit doch ziemlich ernsthaft und einiger Nachhilfe werth geschienen. haben.

654.

Ebendas. H. 20, 120.

Ich für meine Person hatte sie (die Bibel) lieb und werth; denn fast ihr allein war ich meine sittliche Bildung schuldig. Die Begebenheiten, die Lehren, die Symbole, die Gleichnisse, alles hatte sich tief bei mir eingedrückt und war auf die eine oder andere Weise wirksam gewesen. Mir mißfielen daher die ungerechten, spöttlichen und verdrehenden Angriffe (auf dieselbe). Dichtung u. Wahrh. VII. (ca. 1766.) H. 21, 58.

655.

Bibelfest wie ich war, kam es bloß auf den Glauben an, das, was ich menschlicherweise zeither geschäßt, nunmehr für

göttlich zu erklären, welches mir umso leichter fiel, da ich die erste Bekanntschaft mit diesem Buche als einem göttlichen gemacht hatte.

Dichtung u. Wahrh. VIII. (1768.) H. 21, 112

656.

Er (Voltaire) hatte die Religion und die heiligen Bücher, worauf sie gegründet ist, um den sogenannten Pfaffen zu schaden, niemals genug herabsehen können und mir dadurch manche unangenehme Empfindung erregt.

Dichtung u. Wahrh. XI. (1771.) H. 22, 38

657.

Die Bibel als ein zusammengetragenes, nach und nach entstandenes, zu verschiednen Zeiten überarbeitetes Werk anzusehen schmeichelte meinem kleinen Dünkel, indem diese Vorstellungsart noch keineswegs herrschend, viel weniger in dem Kreise aufgenommen war, in dem ich lebte.

Dichtung u. Wahrh. XII. (1771-72.) H. 22, 60.

658.

Daß in der Bibel sich Widersprüche finden, wird jezt niemand in Abrede stellen. Diese suchte man dadurch auszugleichen, daß man die deutlichste Stelle zu Grunde legte und die widersprechende, weniger klare jener anzuähnlichen bemüht war. Ich dagegen wollte durch Prüfung herausfinden, welche Stelle den Sinn der Sache am meisten ausspräche; an diese hielt ich mich und verwarf die andern als untergeschoben.

(Es befestigte sich die Grundmeinung), alles Aeußere, was auf uns unwirksam oder einem Zweifel unterworfen sei, habe man der Kritik zu überlassen, welche, wenn sie auch im Stande sein sollte, das Ganze zu zerstückeln und zu zersplittern, dennoch niemals dahin gelangen würde, uns den eigentlichen Grund, an dem wir festhalten, zu rauben, ja uns nicht einen Augenblick an der einmal gefaßten Zuversicht irre zu machen.

Durch diesen Begriff ward mir denn die Bibel erst recht zugänglich. Ich hatte sie, wie bei dem Religionsunterricht der Protestanten geschieht, mehrmals durchlaufen, ja mich mit derselben sprungweise, von vorn nach hinten und umgekehrt, befannt gemacht. Die derbe Natürlichkeit des Alten Testaments und die zarte Naivetät des Neuen hatte mich im Einzelnen angezogen. Als ein Ganzes wollte sie mir zwar niemals recht

entgegentreten; aber die verschiedenen Charaktere der verschiedenen. Bücher machten mich nun nicht mehr irre. Ich wußte mir ihre Bedeutung der Reihe nach treulich zu vergegenwärtigen und hatte überhaupt zu viel Gemüth an dieses Buch verwandt, als daß ich es jemals wieder hätte entbehren sollen. Eben von dieser gemüthlichen Seite war ich gegen alle Spöttereien ge= schüßt, weil ich deren Unredlichkeit sogleich einsah.

Dichtung u. Wahrh. XII. (1771-72.) H. 22, 60.

659.

Ich weiß nicht, ob man die Göttlichkeit der Bibel einem beweisen kann, der sie nicht fühlt. Wenigstens halte ich es für unnöthig.

Brief des Pastors zu ***, 1773. H. 27, 90.

660.

Laßt Eure Gemeine ja die Bibel lesen, soviel sie wollen. Wenn sie sie gleich nicht verstehen, das thut nichts; es kommt doch immer viel Gutes dabei heraus. Doch bitte ich Euch nichts vorzubringen, was Ihr nicht jedem an seinem Herzen beweisen könnt, und wenn's hundertmal geschrieben stünde.

661.

Ebendas. H. 27, 96.

Ich habe mich nie genug über die Männer wundern können, die sich hinseßen, ein ganzes Buch, ja viele Bücher unserer Bibel an einem Faden weg zu eregisiren, da ich Gott danke, wenn mir hier und da ein brauchbarer Spruch aufgeht, und das ist wahrhaftig alles, was man nöthig hat.

Zwo biblische Fragen, 1773.

662.

H. 27, 98.

Einem solchen Mangel von eindringendem Studium muß man zuschreiben, daß er (Lavater) sich an den Buchstaben der Bibel, ja der Bibelübersehung hielt und freilich für das, was er suchte und beabsichtigte, hier genugsame Nahrung und Hilfsmittel fand.

Dichtung u. Wahr. XIV (1774). H. 22, 153.

663.

Da mir meine Neigung zu den heiligen Schriften, sowie zu dem Stifter und den früheren Bekennern nicht geraubt werden konnte, so bildete ich mir ein Christenthum zu meinem Privatgebrauch 2c.

Ebendas. XV. (1774.) H. 22, 178.

664.

Und daß Du mich immer mit Zeugnissen packen willst! Wozu die? Brauch ich Zeugniß, daß ich bin, Zeugniß, daß ich fühle? Nur so schäz', lieb', bet' ich die Zeugnisse an, die mir darlegen, wie Tausende oder einer vor mir eben das gefühlt haben, das mich kräftiget und stärket. Und so ist das Wort der Menschen mir Gottes Wort, es mögen's Pfaffen oder Huren gesammelt und zum Canon gerollt oder als Fragmente hingestreut haben.

665.

An Pfenniger, im April 1774.

Das Buch (die Bibel) bleibt, was es ist, und wird nicht dazu, wozu es dieser oder jener machen möchte.

666.

An Fr. v. Stein, d. 9. Juli 1784.

Jene große Verehrung, welche der Bibel von vielen Völkern und Geschlechtern der Erde gewidmet worden, verdankt sie ihrem inneren Werthe. Sie ist nicht etwa nur ein Volksbuch, sondern das Buch der Völker, weil sie die Schicksale eines Volkes zum Symbol aller übrigen aufstellt, die Geschichte desselben an die Entstehung der Welt anknüpft und durch eine Stufenreihe irdischer und geistiger Entwickelungen, nothwendiger und zufälliger Ereignisse bis in die entferntesten Regionen der äußersten Ewigteiten hinausführt.

Wenn man dem alten Testamente einen Auszug aus Josephus beifügte, um die jüdische Geschichte bis zur Zerstörung Jerusalems fortzuführen; wenn man nach der Apostelgeschichte eine gedrängte Darstellung der Ausbreitung des Christenthums und der Zer streuung des Judenthums durch die Welt bis auf die lezten treuen Missionsbemühungen apostelähnlicher Männer, bis auf den neusten Schacher- und Wucherbetrieb der Nachkommen Abrahams einschaltete; wenn man vor der Offenbarung Johannis die eine christliche Lehre im Sinne des neuen Testaments zusammengefaßt aufstellte, um die verworrene Lehrart der Episteln zu ent wirren und aufzuhellen, so verdiente dieses Werk gleich gegenwärtig wieder in seinen alten Rang einzutreten, nicht nur als allgemeines Buch, sondern auch als allgemeine Bibliothek der Völker zu gelten, und es würde gewiß, je höher die Jahrhunderte an Bildung steigen, immer mehr zum Theil als Fundament, zum Theil als Werkzeug der Erziehung genugt werden

können.

...

Die Bibel an sich selbst, und dies bedenken wir nicht genug, hat in der ältern Zeit fast gar keine Wirkung gehabt. Die Bücher des A. Testaments fanden sich kaum gesammelt, so war die Nation, aus der sie entsprungen, völlig zerstreut; nur der Buchstabe war es, um den die Zerstreuten sich sammelten und noch sammeln. Kaum hatte man die Bücher des N. Testaments vereinigt, als sich die Christenheit in unendliche Meinungen spaltete. Und so finden wir, daß sich die Menschen nicht sowohl mit dem Werke als an dem Werke beschäftigten und sich über die verschiednen Auslegungsarten entzweiten, die man auf den Text anwenden, die man dem Texte unterschieben, mit denen man ihn zudecken konnte.

Gesch. der Farbenlehre II; Ueberliefertes. (1810.) H. 36, 95.

667.

Diese (die heil. Schrift) bei der Selbständigkeit, wunderbaren Originalität, Vielseitigkeit, Totalität, ja Unermeßlichkeit ihres Inhalts brachte keinen Maßstab mit, wonach sie gemessen werden konnte. Er mußte von außen gesucht und an sie angelegt werden, und das ganze Chor derer, die sich deshalb versammelten, Juden und Christen, Heiden und Heilige, Kirchenväter und Kezer, Concilien und Päpste, Reformatoren und Widersacher, sämmtlich, indem sie auslegen und erklären... wollten, thaten es auf Platonische oder Aristotelische Weise, bewußt oder unbewußt.

668.

Ebendas. H. 36, 97.

Und so gleich' ich dir (dem Dichter Hafis) vollkommen,
Der ich unsrer heil'gen Bücher
Herrlich Bild an mich genommen,
Wie auf jenes Tuch der Tücher
Sich des Herren Bildniß drückte,
Mich in stiller Brust erquickte

Trog Verneinung, Hind'rung, Raubens

Mit dem heitren Bild des Glaubens.

Divan II. 1 (vom 26. Juni 1814). H. 4. 30.

669.

Sogar das Wort hat nicht gelogen,
Wen Gott betrügt, der ist wohl betrogen.

Gott, Gemüth u. Welt (1815). H. 2, 315.

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