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Und ich bin schön und blühend,
Mein lachendes Herze bebt.
Komm in mein Schloß herunter,
In mein krystallenes Schloß,
Dort tanzen die Fräulein und Ritter,
Es jubelt der Knappentroß. .
Es rauschen die seidenen Schleppen,
Es klirren die Eisenspor'n,

Die Zwerge trompeten und pauken
Und siedeln und blasen das Horn.
Doch dich soll mein Arm umschlingen,
Wie er Kaiser Heinrich umschlang;
Ich hielt ihm zu die Ohren,

Wenn die Trompet' erklang.

Heinrich Heine.

Ein Traum.

Im fernen, fernen Meere,

Da segelt' ein Schiff bei Nacht, Der Schiffsherr in der Kajüte Entschlief auf der Matte sacht. Der Kiel schnitt still und ruhig. Den weiten stillen Naum;, Jedoch so still und ruhig

War nicht des Schiffsherrn Traum:

Ihm träumt', ein Blizstrahl habe

Den stolzen Mast zerspellt,

Es sei an einem Felsen

Im Sturm das Schiff zerschellt,

Und über Bord geschleudert
Schwimm' er im tosenden Meer,
Und Wogenkolosse und Blize,
Sie sausen um ihn her.
Er rudert mit brechenden Armen,
Schon sieht er die Küste nahn,
Doch brausend an ihre Felsen
Schlägt hoch die Brandung hinan.
Auf einem der grauen Felsen.
Sieht er eine Jungfrau stehn:
Sie winkt und läßt hernieder
Zu ihm eine Rose wehn.
Doch dort schwimmt nun ein Balken

Zur Rettung ihm heran;

Soll er zuerst die Rose,

Zuerst den Balken umfahn?

Schon brechen die Arme, schon sinkt er

In's fluthende Grab hinein;

Da faßt ihn die Brandung und schleudert

Ihn an das Felsengestein.

Der Schiffsherr erwacht und stürzet

Rasch auf's Verdeck hinan;

Doch ruhig und sicher gleitet

Das Schiff durch die stille Bahn.

Die flüsternden Wellen baden
Die Häupter im Morgenlicht;
Wohl sah er keine Trümmer,
Doch auch die Rose nicht.

Anaftafius Grün.

Das Hünengrab.

Schon wieder hundert Jahre!

Ich darf aus meiner Gruft Heraus die Blicke senden Und schöpfen frische Luft. Die Luft so frisch wie immer, Das Meer noch dunkelblau, Die alten weißen Dünen, Die junge grüne Au’! Du, Mensch, nur immer kleiner, Und größer stets dein Haus, Die Gräber immer enger Wo denkst du, Mensch, hinaus ?

Die erste Ruhestätte

Für eine Spanne Zeit

Die bauest auf der Höhe

So prächtig und so weit; Und läßt dein Grab dir graben So eng, so kurz, so schmal, Dort zwischen dumpfen Mauern, Im tiefversteckten Thal.

Dort mußt du lange wohnen,

Dort ist dein rechtes Haus,
Und darfst aus dem nicht gehen
Auf Berg und Strand hinaus.
Schau' ich aus meinem Grabe,
Ich schaue weit umher

Den hohen blauen Himmel,
Die Küsten und das Meer;
Das Meer, das ich durchschwommen
Mit meinem starken Arm,

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