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Still ist der Traum mit seiner Liebe,
Bewegt doch still ein edles Sein.

Dilia Helena.

Auf des Lebens rauhem Gaug.
Auf des Lebens rauhem Gang begegnet

Jeder einem Engel, der ihn segnet,
Wenn er ihn erkennet und versteht
Und nicht blind an ihm vorübergeht.
Solch' Erkennen ist das höchste Glück,
Und versäumt, kehrt es so schwer zurück
Niemals ganz, nie wieder voll und rein,
Niemals in so holdem Blüthenschein,
Wie es ungesucht auf deinem Pfad
Lächelnd dir zum ersten Mal genaht.
Einem Scheinbild huldiget der Eine,
Und der Andre wähnt, daß Alles scheine;
Beide beten ihren trüben Wahn,
Beten gottlos nur sich selber an,
Treiben mit der Lüg' Abgötterei,
Und in Ketten nennen sie sich frei,
Die sie um die Seele ohne Schwingen,
Um die eigennütz'ge Seele schlingen:
Doch der Freiheit gottbeseelte Blüthe
Blüht nur aus der Wahrheit im Gemüthe.
Frag' nicht spöttisch, was der Wahrheit Licht sei!
Deine Frag' antwortet, was es nicht sei!
Frage wie ein Kind mit frommer Seele,
Daß die rechte Antwort dir nicht fehle;
Sturm und Stille, Früh- und Abendroth,
Stern und Blumen, Menschenlust und Noth –

Was du siehst und hörst und mitempfindest,
Was du unterscheidest und verbindest,
Alles ist bereit, von irren Gleisen

Auf die Bahn der Wahrheit dich zu weisen.
Ueberall durch diese Welt voll Mängel
Sendet Wahrheit ihre guten Engel,
Um der Menschen Herzen zu umfrieden;
Dir auch ist der deinige beschieden,

Ernst und mild auf deinem Gang durch's Leben
Dir das sicherste Geleit zu geben;

Wenn er naht

o weis' ihn nicht zurück,

Denn nur er bringt dir ein dauernd Glück!

Julius Hammer.

Mit Gott an's Werk.

Gebe hin in Gottes Namen,

Greif dein Werk mit Freuden an;
Frühe sähe deinen Samen!
Was gethan ist, ist gethan.
Sieh' nicht aus nach dem Entfernten;
Was dir nah' liegt, mußt du thun;
Säen mußt du, willst du ernten;
Nur die fleiß'ge Hand wird ruh’n.
Müßigstehen ist gefährlich,
Heilsam unverdross'ner Fleiß,
Und es steht dir Abends ehrlich
An der Stirn des Tages Schweiß.
Weißt du auch nicht, was gerathen,
Oder was mißlingen mag,
Folgt doch allen guten Thaten
Gottes Segen für dich nach.

C. 3. Ph. Spitta.

Es ist ein tiefer Segen.

Es ist ein tiefer Segen,

Der aus dem Wort dir spricht:
,,Erfülle allerwegen

Getreulich deine Pflicht!"
Das nehme wahr dein Wille,
Wie gleichen Pendelschlag,
Der nur erst, schweigt er stille,
Die Ruh' dir stören mag.
Welch' Ziel du magst erstreben,

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Sei's nah, sei's hoch und fern, Weiht nicht die Pflicht dein Leben, So fehlt dein guter Stern: Der Stern, der wunderhelle Mit reinem Himmelslicht Von seiner ew'gen Quelle Dir zum Gewissen spricht. Das Glück mag bilden, ründen, Erhöhn und Schmuck verleihn; Doch muß, um fest zu gründen, Die Pflicht geschäftig sein. Du freust dich am Gestalten Und nennst mit Stolz, was dein, Doch wahren und erhalten, Das kann die Pflicht allein. Wie sie mit freud'gem Sorgen Ihr Tagwerk gestern that, So thut sie's heut und morgen Und nimmt von sich nur Rath. Der Lüg' und allem Schlechten Geht sie bedacht vorbei;

Schritt hält sie mit dem Rechten,
Und dienend ist sie frei.
O halte sie in Ehren,

Die fromme Schaffnerin;
Sie bürgt noch im Entbehren
Dir köstlichen Gewinn
Und rettet dir aus trüber
Bedrängniß dieser Welt,
Was über's Grab hinüber
Dir Wort und Treue hält.

Julius Hammer.

Blick in die Bukunft.

Rufe nicht vergang'ne Tage,
Nicht verschwund'ne Zeit zurück;
Leb' der Gegenwart und klage
Nimmer um entschwund’nes Glück.
Liegt die Welt doch vor dir offen,
Lenke kühn des Schiffes Kiel,
Du sollst kämpfen, dulden, hoffen,
Und erreichst das ferne Ziel.
Weh dem Manne, der, verzagend,
Auf verfloff'ne Stunden schaut,
Der, die Gegenwart verklagend,
Nicht der eignen Kraft vertraut;
Der mit Wehmuth und voll Bangen
Rückwärts hält den Blick gewandt,
Glänzend liegt, du mußt's erlangen,
Vor dir das gelobte Land!
Vorwärts, vorwärts, immer weiter!

Such' der Sehnsucht goldnes Vließ,

Dann erkämpfst du siegesheiter,
Was die Jugend dir verhieß.
Rufe nicht vergang'ne Tage,

Nicht verschwund'ne Zeit zurück,
Leb' der Gegenwart und klage
Nimmer um entschwund’nes Glück! *

Heinrich Beise.

Streb' in Gott dein Sein zu schlichten,
Werde ganz, so wirst du stark;
All dein Handeln, Denken, Dichten
Quell' aus Einem Lebensmark.
Niemals magst du reinsten Muthes
Schönes bilden, Gutes thun,
Wenn dir Schönes nicht und Gutes

Auf demselben Grunde ruhn.

An die Sprache.

Emanuel Geibel.

Reine Jungfrau, ewig schöne,
Geist'ge Mutter deiner Söhne,
Mächtige von Zauberbann,
Du, in der ich leb' und brenne,
Meine Brüder kenn' und nenne,
Und dich selber preisen kann!
Da ich aus dem Schlaf erwachte,
Noch nicht wußte, daß ich dachte,
Gabest du mich selber mir,
Ließest mich die Welt erbeuten,
Lehrtest mich die Räthsel deuten,
Und mich spielen selbst mit dir.

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