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Ich bin allein

doch ob mich Niemand sähe,
Ein Auge, weiß ich, ruht klar über mir;
Mein Herr und Gott, ich fühle deine Nähe,
Und meine Seele flüchtet sich zu dir.

Im Myrthenkränz, der einmal nur im Leben
Als höchster Schmuck der Jungfrau Stirn umlaubt,
Und dem das Mädchenherz mit bangem Beben
Entgegenschlug, neig' ich vor dir das Haupt.
Du sahst so oft die Augen freudig glänzen,
In deiner Hut war immer mir so wohl,
Ich schmückte mich sogar mit Blumenkränzen,
Des Mädchenstandes lieblichem Symbol -
Du hast bisher auf meines Lebens Pfade
So viele Freudenblumen mir gestreut:
Du lieber Herr! für alle deine Gnade

Nimm einmal noch den Dank des Mädchens heut'.
Mit Blumen darf ich heute mich nicht schmücken,
Ein neues Leben soll mir erst erblühn:

Nur reines Weiß will zu der Braut sich schicken.
Und drüber schwebt der Myrthe Immergrün

Herr, mein Gott! ich will ja gerne scheiden
Vom Mädchenstand, doch nimmermehr von dir,
Laß immer mich das Weiß der Unschuld kleiden,
Laß diese Myrthe grünen für und für.

Die Braut.

Gustav Jahn.

Helfet, ihr Schwestern, freundlich mich schmücken,
Dienet der Glücklichen heute mir,

Windet geschäftig mir um die Stirne
Noch der blühenden Myrthe Zier.

Als ich befriedigt freudigen Herzens
Sonst dem Geliebten im Arme lag,
Immer noch rief er, Sehnsucht im Herzen,
Ungeduldig den heutigen Tag.

Helset, ihr Schwestern, helft mir verscheuchen,
Eine thörichte Bangigkeit,

Daß ich mit klarem Aug' ihn empfange,
Ihn, die Quelle der Freudigkeit.
Bist mein Geliebter, du mir erschienen,
Gibst du mir, Sonne, deinen Schein,
Laß mich in Andacht, laß mich in Demuth
Laß mich verneigen dem Herren mein.
Streuet, ihr Schwestern, streuet ihm Blumen,
Bringet ihm knospende Nosen dar

Euch aber, Schwestern, grüß' ich mit Wehmuth,
Heute scheidend aus eurer Schaar.

Schiller.

Noch stehen am Himmelsbogen.

Noch stehen am Himmelsbogen

Die Sterne hell und klar;
Sie aber ist weggezogen,
Die einst mein Liebchen war.
Ich hörte die Nachtigall fingen
Am laubigen Gartenthor;
Des Liebchens Worte dringen
Nicht mehr zu meinem Ohr.
Ich war im Süden, im Norden,
Durchschiffte die weite See;
Ich bin so alt geworden,

Und fühle mich jünger, als je.

Aus jeglicher Blume lächelt
Mir Jugend und Liebe zu,
Und jegliches Lüftchen fächelt,

Als spräch' es: wie glücklich bist du! Ja, Glück, wie konntest du schwinden? wärst du vergangen mit mir!

Wohl konnt' ich die Stätte noch finden, Dich aber, dich find' ich nicht hier. Noch stehen am Himmelsbogen

Die Sterne hell und klar;

Sie aber ist weggezogen,

Die einst mein Liebchen war.

Hoffmann von Fallersleben.

Wenn etwas in dir leise spricht.

Wenn etwas in dir leise spricht,

Daß dir mein Herz ergeben,
So zweifle, Holde, nicht,
Du leuchtest in mein Leben.
Doch nie wirst du von mir begehrt;
Wo schön're Sterne funkeln,
Sei dir ein Loos bescheert,
Ich bete nur im Dunkeln.
Ich liebe dich, wie man Musik
Und wie man liebt die Rose,
Du bist mir wie ein Blick
In's Blaue, Wolkenlose.

In Freude nur gedenke mein;
Mir aber wird ein Segen
Dein Angedenken sein
Auf allen meinen Wegen.

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