Natur, in dein Leben still und kühl Liege ich selig versunken: Ein süßes Kindermärchengefühl Macht mir die Sinne trunken.
An ihren bunten Liedern klettert
Die Lerche selig in die Luft;
Ein Jubelchor von Sängern schmettert Im Walde, voller Blüth' und Duft. Da sind, so weit die Blicke gleiten, Altäre festlich aufgebaut,
Und all' die tausend Herzen läuten Zur Liebesfeier dringend laut.
Der Lenz hat Rosen angezündet
An Leuchtern von Smaragd im Dom; Und jede Seele schwillt und mündet Hinüber in den Opferstrom.
Hörst du nicht die Quellen gehen Zwischen Stein und Blumen weit Nach den stillen Waldesseen, Wo die Marmorbilder stehen In der schönen Einsamkeit? Von den Bergen sacht hernieder, Weckend die uralten Lieder, Steigt die wunderbare Nacht, Und die Gründe glänzen wieder, Wie du oft im Traum gedacht.
Und die Nachtigallen schlagen, Und rings hebt es an zu klagen, Ach, von Liebe todeswund; Von versunk'nen schönen Tagen Komm, o komm zum stillen Grund.
Joseph Frhr. v. Eichendorff.
Nun hat am klaren Frühlingstage Das Leben reich sich ausgeblüht; Gleich einer ausgeklungnen Sage, Im West das Abendroth verglüht. Des Vogels Haupt ruht unter'm Flügel, Kein Rauschen tönt, kein Klang und Wort; Der Landmann führt das Roß am Zügel, Und Alles ruht an seinem Ort.
Nur fern im Strome noch Bewegung,
Der weit durch's Thal die Fluthen rollt: Es quillt vom Grunde leise Regung, Und Silber säumt sein flüssig Gold. Dort auf dem Strom noch ziehen leise Die Schiffe zum bekannten Port, Geführt vom Fluß im sichern Gleise Sie kommen auch an ihren Ort. Hoch oben aber eine Wolke
Von Wandervögeln rauscht dahin; Ein Führer streicht voran dem Volke Mit Kraft und landeskund’gem Sinn. Sie kehren aus dem schönen Süden Mit junger Lust zum heim'schen Nord, Nichts mag den sichern Flug ermüden Sie kommen auch an ihren Ort!
Und du, mein Herz! in Abendstille
Dem Kahn bist du, dem Vogel gleich,
Es treibt auch dich ein starker Wille, An Sehnsuchtsschmerzen bist du reich. Sei's mit des Kahnes stillem Zuge Zum Ziel doch geht es immer fort; Sei's mit des Kranichs raschem Fluge - Auch du, Herz, kommst an deinen Ort!
Hörst du nicht die Bäume rauschen Draußen durch die stille Rund'? Lockt's dich nicht, hinabzulauschen Von dem Söller in den Grund, Wo die vielen Bäche gehen Wunderbar im Mondenschein, Und die stillen Schlösser sehen In den Fluß vom hohen Stein? Kennst du noch die irren Lieder Aus der alten, schönen Zeit? Sie erwachen alle wieder Nachts in Waldeseinsamkeit, Wenn die Bäume träumend lauschen Und der Flieder duftet schwül Und im Fluß die Nixen rauschen Komm herab, hier ist's so kühl.
Joseph Frhr. v. Eichendorff.
Blumen des Waldes, so wunderbar eigen; Blumen der Wiese, reicher und bunter, Lieblicher Wechsel der freundlichen Farben, Blumen der Wiese, was seid ihr so munter? Blumen des Waldes, in düsterem Schatten Mußtet ihr einsam und freundlos erblühn. Blumen der Wiese, euch lachte das Schicksal, Rings euch umgebend mit Hoffnungsgrün.
Frühling ohn' Ende.
Nun brechen aller Enden
Die Blumen aus grünem Plan; Wo ich mich hin mag wenden, Da hebt ein Klingen an!
Möcht' dir ein Sträußlein binden, Möcht' dir ein Lied erfinden. Wo aber fang' ich an?
Hier blühn Mariensterne,
Dort Primeln dicht und bunt; Bald ruft ein Horn zur Ferne, Bald rauscht's im kühlen Grund. Ganz wirr ist mir zu Sinne, Weiß nicht, was ich beginne; Mein Herz ist mir verwund't. Ja, möchtest selbst du kommen, Da wär's wohl gute Zeit, All' Leid wär' mir benommen, Und lauter Seligkeit;
Die Blumen könnten blühen, Die Klänge weiter ziehen, Ist doch die Welt so weit. Wenn sich zwei Augen gefunden, Wer schaut die Blumen an? Wenn sich zwei Mündlein runden, Was braucht's der Lieder dann? Wenn einig Herz und Hände: Welch' Frühling ohne Ende Hebt da zu blühen an!
Geh' ich einsam durch den Wald, Durch den grünen, düstern, Keines Menschen Stimme schallt, Nur die Bäume flüstern: O, wie wird mein Herz so weit, Wie so hell mein Sinn! Märchen aus der Kinderzeit Treten vor mich hin.
Ja, ein Zauberwald ist hier:
Was hier lebt und wächst,
Stein und Blume, Baum und Thier,
Alles ist verhert.
Die auf dürren Laubes Gold
Sich hier sonnt und sinnt,
Diese Natter, krausgerollt, Ist ein Königskind.
Dort in jenen dunklen Teich,
Der die Hindin tränkt,
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