Die Wolke flieht, der Nebel fällt, Die Schatten sind hinweg. Ihr Götter, Preis und Wonne! Es leuchtet mir die wahre Sonne, Es lebt mir eine schönre Welt; Das ängstliche Gesicht ist in die Luft zerronnen, 165 Ein neues Leben ist's, es ist schon lang begonnen. Ich sehe hier, wie man nach langer Reise Im Vaterland sich wieder kennt, Ein ruhig Volk in stillem Fleiße Benußen, was Natur an Gaben ihm gegönnt. 170 Der Faden eilet von dem Rocken Des Webers raschem Stuhle zu; Und Scil und Kübel wird in längrer Ruh Nicht am verbrochnen Schachte stocken; Es wird der Trug entdeckt, die Ordnung kehrt zurück, 175 Es folgt Gedeihn und festes irdsches Glück. So mög, o Fürst, der Winkel deines Landes Du kennest lang die Pflichten deines Standes So wandle du der Lohn ist nicht gering Nicht schwankend hin, wie jener Sämann ging, Daß bald ein Korn, des Zufalls leichtes Spiel, Hier auf den Weg, dort zwischen Dornen fiel; 180 185 Nein! streue klug wie reich, mit männlich steter Hand, Den Segen aus auf ein geackert Land; Dann laß es ruhn: die Ernte wird erscheinen. Und dich beglücken und die Deinen. 12. Zueignung Der Morgen kam; es scheuchten seine Tritte 190 5 Und wie ich stieg, zog von dem Fluß der Wiesen Ein Nebel sich in Streifen sacht hervor. Er wich und wechselte, mich zu umfließen, Und wuchs geflügelt mir ums Haupt empor: 15 Und mit mir selbst in Dämmrung eingeschlossen. Auf einmal schien die Sonne durchzudringen, 20 Der luftge Kampf war lange nicht vollendet, Bald machte mich, die Augen aufzuschlagen, 25 330 „Kennst du mich nicht?" sprach sie mit einem Munde, Dem aller Lieb und Treue Ton entfloß: „Erkennst du mich, die ich in manche Wunde Des Lebens dir den reinsten Balsam goß? Du kennst mich wohl, an die, zu ewgem Bunde, Dein strebend Herz sich fest und fester schloß. Sah ich dich nicht mit heißen Herzensthränen Als Knabe schon nach mir dich eifrig sehnen?" 35 40 "Ja!" rief ich aus, indem ich selig nieder Du hast mir wie mit himmlischem Gefieder Am heißen Tag die Stirne sanft gekühlt; Du schenktest mir der Erde beste Gaben, 45 Und jedes Glück will ich durch dich nur haben! Dich nenn ich nicht. Zwar hör ich dich von Vielen Gar oft genannt, und Jeder heißt dich sein, 50 Ein jedes Auge glaubt, auf dich zu zielen, Fast jedem Auge wird dein Strahl zur Pein. Ich muß mein Glück nur mit mir selbst genießen, Sie lächelte, sie sprach: „Du siehst, wie klug, „Verzeih mir," rief ich aus, „ich meint' es gut; Soll ich umsonst die Augen offen haben? Ein froher Wille lebt in meinem Blut, 55 60 65 Ich kenne ganz den Wert von deinen Gaben! Ich kann und will das Pfund nicht mehr vergraben! Und wie ich sprach, sah mich das hohe Wesen Da recte sie die Hand aus in die Streifen "Ich kenne dich, ich kenne deine Schwächen, Ich weiß, was Gutes in dir lebt und glimmt!" So sagte sie, ich hör sie ewig sprechen, Empfange hier, was ich dir lang bestimmt, Und wenn es dir und deinen Freunden schwüle Der Tag wird lieblich, und die Nacht wird helle." 85 90 95 100 So kommt denn, Freunde, wenn auf euren Wegen 105 Des Lebens Bürde schwer und schwerer drückt, Wenn eure Bahn ein frischerneuter Segen Mit Blumen ziert, mit goldnen Früchten schmückt, |