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Der Abend wiegte schon die Erde,
Und an den Bergen hieng die Nacht;
Schon stund im Nebelkleid die Eiche,
Wie ein gethürmter Riese, da,
Wo Finsterniß aus dem Gesträuche
Mit hundert schwarzen Augen sah.

Der Mond von seinem Wolkenhügel,
Schien schläfrig aus dem Duft hervor;
Die Winde schwangen leise Flügel,
Umsausten schauerlich mein Ohr;
Die Nacht schuf tausend Ungeheuer
Doch tausendfacher war mein Muth;
Mein Geist war ein verzehrend Feuer,
Mein ganzes Herz zerfloß in Gluth.

Ich sah dich, und die milde Freude
Floß aus dem süßen Blick auf mich.
Ganz war mein Herz an deiner Seite,
Und jeder Athemzug für dich.
Ein rosenfarbes Frühlings Wetter
Lag auf dem lieblichen Gesicht,

Und Zärtlichkeit für mich, ihr Götter!
Ich hoft' es, ich verdient' es nicht.

Der Abschied, wie bedrängt, wie trübe!
Aus deinen Blicken sprach dein Herz.
In deinen Küssen, welche Liebe,

welche Wonne, welcher Schmerz!

Du giengst, ich stund, und sah zur Erden,
Und sah dir nach mit najjem Blick;
Und doch, welch Glück! geliebt zu werden,
Und lieben, Götter, welch ein Glück!

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8. Willkommen und Abschied

Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde!
Es war gethan, fast eh gedacht;

Der Abend wiegte schon die Erde,
Und an den Bergen hing die Nacht;
Schon stand im Nebelkleid die Eiche,
Ein aufgetürmter Riese, da,
Wo Finsternis aus dem Gesträuche
Mit hundert schwarzen Augen sah.

Der Mond von einem Wolkenhügel
Sah kläglich aus dem Duft hervor;
Die Winde schwangen leise Flügel,
Umsausten schauerlich mein Ohr;
Die Nacht schuf tausend Ungeheuer,
Doch frisch und fröhlich war mein Mut:
In meinen Adern, welches Feuer !
In meinem Herzen, welche Glut!

Dich sah ich, und die milde Freude
Floß von dem süßen Blick auf mich;
Ganz war mein Herz an deiner Seite
Und jeder Atemzug für dich.

Ein rosenfarbnes Frühlingswetter
Umgab das liebliche Gesicht,

Und Zärtlichkeit für mich - ihr Götter!
Ich hofft' es, ich verdient' es nicht!

Doch ach, schon mit der Morgensonne
Verengt der Abschied mir das Herz:
In deinen Küssen, welche Wonne!

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In deinem Auge, welcher Schmerz!
Ich ging, du standst und sahst zur Erden
Und sahst mir nach mit nassem Blick;
Und doch, welch Glück, geliebt zu werden!
Und lieben, Götter, welch ein Glück!

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III. Sturm und Drang

THE period of the folksong, as Goethe's sojourn in Strassburg and Sesenheim has fittingly been called, was followed after Goethe's return to Frankfurt by the Storm and Stress period, one of the most important epochs in the life of our poet and in the history of the German people. While on the one hand this movement means the breaking with traditions, it is on the other hand an attempt at a regeneration of human nature, the beginning of a new life springing from the innate eternal sources of the soul. Freedom from rules and regulations not only in art, but also in every sphere of life, originality and self-life now become the watchwords. The leadership in this movement of regeneration which was first held by Herder has now passed over from him to Goethe, who is becoming conscious of his vocation as the moral and intellectual guide of his fellow men. He revives the legends of Deukalion a kind of Greek Genesis - and of Prometheus, because of their inner relation to his own cherished plan of a new creation of humanity. Shakespeare now appears to him the creator of a new world such as he intends to produce. Great leaders of mankind, men of powerful genius, as Mohammed (Mahomets Gesang), Socrates and Cæsar, are chosen by him as characters of his poetry. Conscious of his extraordinary talents, and feeling the unlimited resources of his creative faculty, he proclaims himself at times the 'god' in this new creation of his. Thus in

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Wanderers Sturmlied he addresses himself as Apollo, in Prometheus he defies Zeus, and in Faust he exclaims:

Bin ich ein Gott? mir wird so licht.

It is a most important step in Goethe's development that he recognized the dangers of this exalted position to which the consciousness of his genius had carried him, and retreated from its titanic heights. His retreat is due chiefly to the wholesome and purifying influence of Frau von Stein, who taught him to control and resign himself. He who had felt himself more than human' (Uebermensch), seeks now the return to the simplicity and the limitations of true humanity, as may be seen from the hymns Grenzen der Menschheit and the glorious Das Göttliche. In the poem Ilmenau he even goes so far as to condemn his Promethean aspirations:

Ich brachte reines Feuer vom Altar,

Was ich entzündet ist nicht reine Flamme,

and in the Zueignung he glorifies as the divine Muse of his poetry, the woman who had rescued him from the errors of Storm and Stress.

1. Wanderers Sturmlied

Wen du nicht verlässest, Genius,
Nicht der Regen, nicht der Sturm
Haucht ihm Schauer übers Herz.
Wen du nicht verlässest, Genius,
Wird dem Regengewölk,
Wird dem Schloßensturm
Entgegen singen,
Wie die Lerche,
Du da droben.

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