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18. Bei Betrachtung von Schillers Schädel
Im ernsten Beinhaus war's, wo ich beschaute,
Wie Schädel Schädeln angeordnet paßten;
Die alte Zeit gedacht' ich, die ergraute.a
Sie stehn in Reih' geklemmt, die sonst sich haßten,
Und derbe Knochen, die sich tötlich schlugen,
Sie liegen kreuzweis, zahm allhier zu rasten.
Entrenkte Schulterblätter! Was sie trugen,
Fragt Niemand mehr; und zierlich thätige Glieder,
Die Hand, der Fuß zerstreut aus Lebensfugen.

Ihr Müden also lagt vergebens nieder;

Nicht Ruh im Grabe ließ man euch, vertrieben
Seid ihr herauf zum lichten Tage wieder,
Und Niemand kann die dürre Schale lieben,
Welch herrlich edlen Kern sie auch bewahrte.
Doch mir Adepten war die Schrift geschrieben,

Die heiligen Sinn nicht Jedem offenbarte,

Als ich in Mitten solcher starren Menge
Unschäzbar herrlich ein Gebild gewahrte,
Daß in des Raumes Moderkält und Enge

Ich frei und wärmefühlend mich erquickte,
Als ob ein Lebensquell dem Tod entspränge.
Wie mich geheimnisvoll die Form entzückte !
Die gottgedachte Spur, die sich erhalten!
Ein Blick, der mich an jenes Meer entrückte,
Das flutend strömt gesteigerte Gestalten.

Geheim Gefäß! Orakelsprüche spendend!
Wie bin ich wert, dich in der Hand zu halten?
Dich, höchsten Schaz, aus Moder fromm entwendend,
Und in die freie Luft, zu freiem Sinnen,

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Zum Sonnenlicht andächtig hin mich wendend.

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Was kann der Mensch im Leben mehr gewinnen,
Als daß sich Gott-Natur ihm offenbare,
Wie sie das Feste läßt zu Geist verrinnen,
en Wie sie das Geisterzeugte fest bewahre.

19. Proömion

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Im Namen dessen, der sich selbst erschuf!

Von Ewigkeit in schaffendem Beruf;

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In seinem Namen, der den Glauben schafft, propt

Vertrauen, Liebe, Thätigkeit und Kraft;
In jenes Namen, der, so oft genannt,
Dem Wesen nach blieb immer unbekannt:

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So weit das Ohr, so weit das Auge reicht,
Du findest nur Bekanntes, das ihm gleicht,
Und deines Geistes höchster Feuerflug
Hat schon am Gleichnis, hat am Bild genug;
Es zieht dich an, es reißt dich heiter fort,
Und wo du wandelst, schmückt sich Weg und Ort:
Du zählst nicht mehr, berechnest keine Zeit,
Und jeder Schritt ist Unermeßlichkeit.

Was wär ein Gott, der nur von Außen stieße,
Im Kreis das All am Finger laufen ließe!
Ihm ziemt's, die Welt im Innern zu bewegen,
Natur in sich, sich in Natur zu hegen,
So daß, was in ihm lebt und webt und ist,
Nie seine Kraft, nie seinen Geist vermißt.

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Im Innern ist ein Universum auch; ..→Daher der Völker löblicher Gebrauch,, Daß Jeglicher das Beste, was er kennt, Er Gott, ja seinen Gott benennt,

Ihm Himmel und Erden übergiebt, C
Ihn fürchtet, und wo möglich liebt.

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Im Grenzenlosen sich zu finden,
Wird gern der Einzelne verschwinden,
Da löst sich aller Ueberdruß;^
Statt heißem Wünschen, wildem Wollen,
Statt lästgem Fordern, strengem Sollen
Sich aufzugeben, ist Genuß.,

-Parmeniere

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Weltseele, komm, uns zu durchdringen! filt
Dann mit dem Weltgeist selbst zu ringen,

Wird unsrer Kräfte Hochberuf.
Theilnehmend führen gute Geister,
Gelinde leitend, höchste Meister,
Zu dem, der Alles schafft und schuf.

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Und umzuschaffen das Geschaffne,
Damit sich's nicht zum Starren waffne,
Wirkt ewiges, lebendiges Thun.

Und was nicht war, nun will es werden,
Zu reinen Sonnen, farbigen Erden,
In keinem Falle darf es ruhn.

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Es soll sich regen, schaffend handeln,
Erst sich gestalten, dann verwandeln;
Nur scheinbar steht's Momente still.
Das Ewige regt sich fort in Allen:
Denn Alles muß in Nichts zerfallen,
Wenn es im Sein beharren will.

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fueretius 21. Vermächtnis

Kein Wesen kann zu Nichts zerfallen!
Das Ewige regt sich fort in Allen,
Am Sein erhalte dich beglückt!
Das Sein ist ewig; denn Geseze
Bewahren die lebendigen Schäße,
Aus welchen sich das All geschmückt.

Das Wahre war schon längst gefunden,
Hat edle Geisterschaft verbunden,
Das alte Wahre, faß es an!
Verdant es, Erdensohn, dem Weisen,
Der ihr die Sonne zu umkreisen
Und dem Geschwister wies die Bahn.

Sofort nun wende dich nach Innen,
Das Centrum findest du da drinnen,
Woran kein Edler zweifeln mag.
Wirst keine Regel da vermissen;
Denn das selbstständige Gewissen
Jst Sonne deinem Sittentag.

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Den Sinnen hast du dann zu trauen;
Kein Falsches lassen sie dich schauen,
Wenn dein Verstand dich wach erhält. A·
Mit frischem Blick bemerke freudig,
Und wandle, sicher wie geschmeidig,
Durch Auen reich begabter Welt.

Genieße mäßig Füll und Segen;
Vernunft sei überall zugegen,
Wo Leben sich des Lebens freut.
Dann ist Vergangenheit beständig,
Das Künftige voraus lebendig,
Der Augenblick ist Ewigkeit.

Und war es endlich dir gelungen,
Und bist du vom Gefühl durchdrungen:
Was fruchtbar ist, allein ist wahr;.
Du prüfst das allgemeine Walten,
Es wird nach seiner Weise schalten,
Gefelle dich zur kleinsten Schaar.

Und wie von Alters her im Stillen

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Ein Liebewerk nach eignem Willen

,Der Philosoph, der Dichter' schuf,
So wirst du schönste Gunst erzielen :
Denn edlen Seelen vorzufühlen
Ist wünschenswertester Beruf.

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