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Geschichte

Frankreichs

im

Revolutionszeitalter,

von

Wilhelm Wachsmuth.

Erster Theil.

Hamburg, 1840.

Bei Friedrich Perthes.

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Vorrede.

Das Vorwort entbehrt der Leser gern bei Werken der Literatur, welche ein angebornes literårisches Bürgerrecht mit sich bringen, und deren Existenz sich als dem geistigen Bedürfniß der Zeitgenossen entsprechend und innerlich gereift geltend macht. Diese Kategorie paßt auf die Geschichte der europäischen Staaten, welcher gegen= wärtige Leistung angehört, als Ganzes genommen: die öffentliche Stimme hat darüber entschieden. Eine solche. Ügide aber deckt nicht den Verfasser, welcher einen einzelnen Bestandtheil desselben zu vertreten hat; am we= nigsten, wenn dieser, wie hier geschieht, sich auch als selbständiges Werk ankündigt. Indem nun der Unterzeichnete darauf verzichtet, für sein Buch von der ihm günstigen Stellung desselben zu dem mit Beifall der Nation aufgenommenen Ganzen Vortheil ziehen zu wollen, spricht er vielmehr den Wunsch aus, daß es nach den innern Gründen, durch die es eine selbständige Eri= stenz in Anspruch nimmt, beurtheilt werden möge. Er nennt deren zwei, ganz einfache, nåmlich, daß er be

müht gewesen ist, jegliche Thatsache durch Zeugnisse aus sichern Quellen zu beglaubigen, und die Ergebnisse der Quellenforschung mit voller Wahrhaftigkeit und Partei= losigkeit darzustellen. Das ist freilich nicht mehr und nicht weniger, als was jedes gediegene Geschichtswerk leisten soll: aber, wie selten dies Merkmal bei den bisherigen Bearbeitungen der Geschichte des neuen Frankreichs gefunden werde, ist dem Kenner dieses Gebiets der historischen Literatur nicht zweifelhaft. Es ist in der That nur wenigen Geschichtschreibern Frankreichs im Revolutionszeitalter darum zu thun gewesen, die einfache, unverhüllte Wahrheit der Verkündung oder Bekämpfung von Ideen des Zeitgeistes, dem Prunke schönrednerischer Declamation und dem Reize pikanter Zeichnung vorzu= ziehen. Auch ist die Aufgabe einer durchweg beglaubigten, mit unbefangenem Geiste und ohne Parteiinteresse zu schreibenden Geschichte in diesem, unserer Zeit und unserem Interesse so nahe liegenden, Gebiete welthistorischer Erscheinungen nicht minder schwer zu lösen, als bei andern großen historischen Fragen, wo Entlegenheit des Zeitalters die Zeugenprüfung erschwert. Niemals ist so viel und so unverschämt gefabelt, und das Gefabelte so willig geglaubt, so eifrig wiedererzählt worden, als in Begleitung und Folge der französischen Staatsummålzung; nie ist der Geist der Parteiung geschäftiger gewe= sen zur Erfindung und Verbreitung der Lüge: und der= selbe, verbrüdert mit dem im menschlichen Geiste immer regen Wohlgefallen an Berichten von Skandal, Frevel und Gråuel, hat bewirkt, daß bis auf heutigen Tag eine Wuchersaat falscher Angaben und Vorstellungen fort= dauert. Dem Ursprunge der Fälschung auf die Spur

zu kommen, wird aber nicht eben durch die kaum übersehbare Masse liter irischer Vorråthe erleichtert. Den= noch richtet sich an den Geschichtschreiber zuvörderst die Forderung, daß er mit jener bekannt sei, daß er auch das Unbrauchbare als solches erkannt habe und auch in nichtsnuhigem Wuste Blätter der Wahrheit aufzufinden bemüht gewesen sei. Was dem Verfasser zur Hand gewesen ist, ergibt sich aus den Citaten; an Vollständigkeit des Ma= terials ist nicht zu denken; dessen werden sich auch noch

reichlich damit ausgestattete französische Geschichtschreiber des Revolutionszeitalters nicht rühmen, wenn sie aufrichtig sind; daß dem Verfasser aber wenige von den bedeutendern Schriften fremd geblieben sind, verdankt er der zuvorkommenden Gefälligkeit, mit welcher die Her= ren Vorsteher der bedeutendsten norddeutschen Bibliothe= ken ihn unterstüßt haben. Ein bibliographisch genaues Verzeichniß der von ihm benutten Schriften wird dem lezten Bande angehängt werden, eine Charakteristik einzelner erheblicher Werke gelegentlich ihre Stelle finden. Eines von diesen aber ist hier vorzugsweise zu geden= ken, um die vielfältige Benutzung desselben zu rechtferti= gen. Es ist Buchez et Roux, Histoire parlementaire de la révolution française. Was an dem Buche sei, ist in der neunten Beilage zu diesem Bande dargelegt worden.

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Daß bei Anführungen aus den Quellen meistens die Originalsprache beibehalten ist, namentlich in den Beilagen, glaubt der Vf. vollkommen verantworten zu können. Schwerlich ist ein Leser seines Buchs des Französischen so unkundig, daß er jene Stellen nicht verstånde; bei einer Übersehung aber würde nicht selten der

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