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signaten auf 1200 Mia. L., also das Dreifache der zuerst decretirten Summe, festgesetzt 17). Der Verkauf der Nationalgúter begann am 1. Oct., und die Erfolge waren sehr befriedigend; es schien, als könne man der Zukunft getrost entgegensehen. Dies sprach sich aus in dem von Marquis Montesquiou am 6. Febr. 1791 erstatteten Berichte über die finanziellen Zustände des Staates 148), und der fortdauernde niedrige Stand der Assignaten schien die Zuversicht nicht zu stören; man war im Besiße eines Grundcapitals, mit dem Alles ausgeglichen werden konnte. Die Regulirung des künftigen Steuerwesens, nach dessen Einführung erst über den Etat des jährlichen Einkommens geurtheilt werden konnte, ließ sich erst im Laufe des J. 1791 vollenden; zuerst wurde am 23. Nov. 1790 eine Grundsteuer, contribution foncière, darauf am 8. Jan. 1791 eine Stempel- und am 13. Jan. eine Mobiliensteuer decretirt 19). Das Tabacksmonopol wurde am 12. Febr. aufgehoben und eine Tare für den Tabackshandel eingeführt15o); die Binnenzölle abgeschafft, dagegen ein allgemeiner Tarif für Grenzzoll am 2. Mårz bekannt gemacht und am 5. März das Institut der Generalpächter aufgehoben 151). Desgleichen wurde bestimmt, was von den Departements, Districten und Municipalitåten bestritten werden solle, und wurde die Prägung neuer Münze und der Gebrauch von Glockenmetall statt Kupfers 12), die Einrichtung des öffentlichen Schaßes 13), die Verhältnisse der Bergwerke 154), eine Central

147) Buchez et R. 7, 202. übersicht der Schuld f. das. 7, 164, und über die gesammte Assignatenoperation 10, 213.

148) Buchez et R. 8, 458. Vgl. damit das Budget 9, 31.
149) Moniteur 1791, No. 9. 10. 11. 13. Duvergier 2, 89. 175.
150) Buchez et R. 9, 1 fg.

151) Duvergier 1, 503. 2, 251. Moniteur 1791, No. 65.

152) Ders. 2, 456. Die Verordnung über Glockenmetall ist erst v. 25. Jun. Ders. 3, 26.

153) Decret v. 17. Apr. Duvergier 2, 376.

154) 27. März 1791, Moniteur No. 88. Mirabeau's Geseßentwurf, nach welchem die Bergwerke zur Verfügung der Nation stehen, die Ei

administration des Brücken- und Chaufféebaues angeordnet 155), die Civilliste der königl. Prinzen 156) und die zur Benutzung des Königs übrig zu lassenden Nationalgúter 157) festgesetzt. Die Bestimmung des Kirchenetats, der Gehalte der Geistlichen, desgleichen der Administrationsbeamten und Richter u. s. w. nahm nicht aus finanziellem Gesichtspunkte allein die N.-V. in Anspruch. Daß während dieser Zeit der Umwandlung nicht blos Vermisse dessen, was die Steuerpflichtigen nach alter absterbender Weise zu leisten hatten, sondern auch der vom Staate zu leistenden Zahlungen in Menge vorkamen, lag in der Natur der Sache; die Lage der Geistlichen, namentlich der Klosterleute, war traurig; es dauerte bis zum October 1790, che bestimmt wurde, was ihnen als Pension zu Theil werden follte 158), und nachher hatten sie Mühe, das Gnadengeld in die Hände zu bekommen. Man möchte eine gewisse Animofitåt gegen den geistlichen Stand darin erkennen: überhaupt waltete der Geist der materiellen Interessen; was für den Unterhalt der Akademien 159), für öffentliche Erziehung und Kunstbauten und dergl. geschah, erscheint nur als dürftige Gabe. Eine drückende Last für die Finanzen war die Rückzahlung

genthümer der Oberfläche aber entschädigt werden sollten, wurde ange

nommen.

155) Auch Mirabeau's Entwurf. Moniteur vom 4. Nov. 1790, No. 310.

156) Moniteur v. 15. Aug. 1790, No. 224. Dem Hause Condé wurde 1791 das Besigrecht auf das Clermontais abgesprochen. Moniteur v. 15. März, No. 76.

157) Der König begehrte zuerst 19 Schlösser und Güter, Monit. v. 20. Aug. 1790, S. 960; darüber erhoben die Journalisten großes Geschrei; der König nahm sein Begehren zurück und verlangte nun Louvre, Tuilerien, Versailles, Fontainebleau, S. Cloud, Rambouillet. Moniteur v. 29. Aug., S. 993.

158) Duvergier 1, 449.

159) Duvergier 1, 379, v. 20. Aug. 1790.

Académie française

25,217 £., ac. des belles-lettres 43,908, ac. des sciences 93,458, société royale de médecine 36,000 L.; im Verhältniß zu dem, was die königl. Regierung vormals darauf verwandt hatte, nicht grade wenig. Den Journalisten waren die Akademien ein Ärgerniß. Révolut. de Par. 5, 389. 391, Marat b. Buchez et R. 10, 465.

der Gelder, für welche vordem Ämter gekauft worden waren; es war ja Alles und Jedes käuflich gewesen; eine besonders auffallende Rückzahlung von dergleichen Kaufgeldern ergab sich noch im I. 1791 bei der Aufhebung von Innungen und Zünften und Einführung von Patenten (15. Febr., 2. März, 20. Apr.); den Perruquiers waren etwa 22 Mill. L., den übrigen Gewerben 15-16 Mill. zu vergüten 160 1160).

Die Verhandlungen über das Gerichtswesen waren schon am 5. Jul. wieder aufgenommen worden; sie betrafen zunächst die niederen Gerichtsbehörden, Friedensrichter, Districts, Schieds- und Familiengerichte, desgleichen Policei und öffentliche Anklage. Auch hierbei erntete Thouret als Berichterstatter hohen Ruhm. Ein Decret über die gesammten Civilgerichtsbehörden wurde am 16. Aug. abgefaßt 161). Jedoch die Gerichtsorganisation war damit noch nicht vollendet; sie beschäftigte die N.-V. bis ins J. 1791. 3u Debatten, die eine gewichtige Bedeutung für den Gang der Revolution und den Ausdruck von Parteiansichten gehabt hätten, kam es erst bei der Frage, ob die öffentlichen Anklåger vom Könige oder vom Volke zu bestellen seien, dann spåterhin bei der Verhandlung über das Verfahren vor den Geschwornen, nåmlich ob mündliches oder schriftliches Zeugniß gelten solle, noch mehr, als die Erfordernisse zur Wählbarkeit als Geschworner erörtert wurden und Robespierre jene nicht auf Activbürger beschränkt wissen wollte 162). Fassen wir nun die Grundzüge des neuen Gerichtswesens, eines der vorzüglichsten Erzeugnisse der Revolution, zusammen: Schiedsrichter und Familiengerichte, deren Erkenntniß der Staat nicht hindern darf; in jedem Canton und jeder Stadt ein oder mehre Friedensrichter, in jedem Districte ein Gerichtshof von fünf Richtern als erste Instanz

160) Buchez et R. 9, 31. Das Decret v. 2. Mårz über Abschaf= fung der maîtrises et jurandes und Einführung der Patente f. b. Duvergier 2, 281.

161) Duvergier 1, 362.
162) Moniteur No. 223.

Décr. sur l'organisation judiciaire.

Buchez et R. 8, 452. 456. 457. Vgl. auch die Debatte zwischen Duport und Robespierre über die Einsegung gerichtlicher Vertheidiger, v. 14., 26. und 27. Decb. daf. 8, 236 fg.

für Alles, was nicht vor die Friedensrichter, Handelsgerichte und Municipalpolicei gehört, als zweite Instanz für Appellation von Friedensrichtern und gegenseitig eins für das andere; königl. Commissare bei den Gerichtshöfen, betheiligt bei Sachen der Pupillen, Ehefrauen und Rechten einer Gemeinde oder der Nation, und auf Regelmäßigkeit des Proceßganges zu achten verpflichtet; Municipalitätspolicei, die nur zu Geldstrafen oder Correctionshaft von 3-8 Tagen verurtheilen kann; Handelsgerichte, wo dergleichen nöthig sind, mit Richtern aus dem Handels- und Fabrikantenstande und auch Seemännern; in jedem Departement ein Criminalgerichtshof mit einem Pråsidenten, drei Richtern, einem öffentlichen Anklåger und einem königl. Commissar_nebst dem Institut der Jury, das jedoch durch Abweichung von der Einfachheit, die es in England hat, an seiner Vorzüglichkeit einbüßte; ein Cassationshof neben dem gesetzgebenden Corps, beseßt mit Richtern nach der Wahl der Departements, die nach zwei Abtheilungen (42 und 41. Dep.) darin wechseln, zum Spruche über Urtheile letter Instanz, zur Annullirung des Verfahrens, wo die Formen verlegt sind, und der Urtheile, wo offenbar gegen das Gesetz gefehlt ist, womit zugleich die Kanzlerwürde aufgehoben wurde. Jeder Gerichtshof hat seinen Greffier, der auf Lebenszeit ernannt wird. Bei den Districtstribunalen find officiers ministériels oder avoués, welche die Parteien vorstellen, die Acten einrichten und Alles besorgen, was zur Regelmäßigkeit des Verfahrens gehört, auch als défenseurs officieux die Parteien vertheidigen können, wenn diese es nicht selbst thun. Die Richter werden vom Staate besoldet, das Recht wird unentgeltlich gesprochen. Erforderniß zum Richteramte ist, außer den Eigenschaften eines Activbůrgers, ein Alter von dreißig Jahren und zurückgelegte fünfjåhrige Praris als Jurist (homme de loi) bei einem Gerichtshofe; Geistliche und Juden können nicht zu Richtern erwählt werden 163), die Gerichtsverhandlungen sind insgesammt öffentlich. Die Einsehung eines hohen Gerichtshofes über Verbrechen der beleidigten Nation (lèse-nation), insbesondere von

163) Decr. v. 2. Sept. Duvergier 1, 401. Die Juden erlangten fpåterhin das ihnen damals vorenthaltene Recht.

Robespierre betrieben, schien der N.-V. unerläßlich und die Organisation eines solchen war Gegenstand langer Verhandlungen; doch wurde zunächst nur provisorisch am 5. März 1791 ein Hof der Art zu Orleans eingesetzt 164). Den Richtern überhaupt wurde eine Amtskleidung, schwarzer Rock und runder, vorn aufgeschlagener Hut mit schwarzen Federn vorgeschrieben; auch die Greffiers und Huisfiers sollten nur in Amtstracht fungiren.

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Sämmtliche bisherige Gerichtsbehörden wurden schon am 6. Sept. 1790 für aufgehoben erklärt 165). Also hörten die Parlemente und übrigen hohen Gerichtshöfe, die sämmtlichen Ausnahmetribunale, die gutsherrlichen Gerichte, die Ämter königl. Advocaten und Procureurs u. s. w. auf; der Staatshaushalt hatte mehre Millionen L. Kaufgelder zurückzuzahlen Ein Verbot, welches Versammlungen vormaliger Gerichtsbeamten, was auch der Vorwand dazu sei, untersagte, wurde am 6. Oct. erlassen 166). Die Parlemente fügten sich bis auf das von Toulouse; gegen dieses aber wurden sogleich die schärfsten Maßregeln genommen, aus seinem Widerstreben wurde ein Verbrechen der beleidigten Nation gemacht 167). Der drohenden Haft entzogen sich die Angeschuldigten für dies Mal durch die Flucht nach Spanien, bis Amnestie erklärt wurde; doch fand der Terrorismus späterhin Schlachtopfer genug für die Guillotine. Bei der Besehung der neuen Gerichtshöfe mußte vorzugsweise auf bisher angestellt gewesene Richter, Advocaten und Procureurs Rücksicht genommen werden: daß die Wahl mehre der berufensten Vertreter der Volkspartei in der N.-V. Robespierre, Duport, Petion, Biauzat, Bouche u. s. w., traf, gibt von der Stimmung der Wählenden ein bedeutsames Merkzeichen.

Daß nun die Arbeiten der N.-V. durch Volksbewegung in Paris gestört oder auf Gegenstände, die außer der Tagesordnung lagen, hingeleitet wurden, hatte seinen Hauptgrund

164) Duvergier 2, 289.

165) Ders. 2, 406.

166) Derf. 1, 447.

167) Moniteur 1790, No. 280 u. 336.

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