Page images
PDF
EPUB

cipalgeset gesorgt 28). Durch dieses wurden alle bisherigen Ortsbehörden abgeschafft und dafür die Wahl von Municipalbehördert, deren Chefs den Titel Maires führen sollten, ange= ordnet. An der Wahl hatte jeder Activbürger Theil; auf eine Bevölkerung von 4000 Seelen und darunter wurde eine Wahlversammlung gerechnet, größere Orte sollten deren oder der Wahlsectionen mehre, nach jener Zahlproportion, haben; diese Versammlungen sollten sich nach geschehener Wahl auflösen. Die Zahl der Municipalbeamten richtete sich nach dem Maße der Bevölkerung; auf 500 Seelen wurden drei, auf 500-3000 Seelen sechs u. s. w. gewählt; Paris sollte sein besonderes Reglement bekommen. Jede Municipalitåt hat einen Procureur der Gemeinde ohne berathende Stimme; er hat die Interessen der Gemeinde zu vertheidigen; in Städten von mehr als 10,000 Seelen hat der Procureur einen Substituten. Außer den Municipalbeamten wählt jede Gemeinde Notablen, doppelt so viel als jene, sie bilden mit jenen den Gesamtrath (conseil général) der Gemeinde, werden aber nur zu wichtigen Angelegenheiten berufen. Alle Municipalbeamten werden auf zwei Jahre gewählt und die Activbürger haben das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln, um Adressen und Petitionen abzufassen.

Das Decret über die Organisation der Municipalitåt zu Paris wurde erst am 21. Mai beschlossen und mit einem Nachtrage am 22. Jun. bekannt gemacht 29). Die 60 Dis stricte sollten aufgehoben und dafür 48 Sectionen eingerichtet werden 30), die Municipalität aus einem Maire, 16 Adminis

28) Duvergier 1, 75. Buchez et R. 3, 331. Deux amis 3, 344. 29) Eine Beschreibung der städtischen Behörden von Paris, wie sie am 31. Decb. 1789 waren, s. b. Buchez et R. 4, 88-110; den Entwurf zur neuen Municipalitát das. 4, 121-162; das Geset Duvergier 2, 209.

30) Ihre Namen, zum Theil wegen des Folgenden bemerkenswerth: Section des Tuileries, des Champs-Elysées, du Roule, du Palais-royal (auch Butte des Moulins), de la place Vendome (nachher des Piques), de la Bibliothèque (nachher Lepelletier, auch de 1792), de la Grange batelière, du Louvre (nachher du Museum), de l'Oratoire, de la Halle-aux-blés, des Postes (nachher du contrat social),

ftratoren, die das „Bureau“ bilden, 32 Rathmånnern (le conseil municipal), 96 Notablen (le conseil général), einem Gemeindeprocureur und zwei Substituten oder Adjoints desselben, die Sectionsversammlungen nach dem Wahlacte sich auflösen und nachher nur auf Anordnung der Municipalitåt sich wieder versammeln.

Die Einrichtung des neuen Gerichtswesens wurde erst im I. 1790 Gegenstand der Verhandlungen, aber bevor man dazu kam, faßte die N.-V. einen Beschluß, durch welchen die bisherigen obern Gerichtshöfe außer Thätigkeit gesezt wurden. Auf Alex. Lameth's Vorstellung, daß die Parlemente bisher bei der neuen Organisation so manchen Widerstand geleistet hätten, was insbesondere bei der so eben begonnenen Verhandlung über die neue Eintheilung Frankreichs zur Repräsentation und Administration Bedeutsamkeit hatte, decretirte die N.-V. am 3. Nov., daß die damalige Vacanz der Parlemente bis. zur Einrichtung des neuen Gerichtswesens fortdauern und die Vacanzkammer inzwischen die Geschäfte besorgen, alle übrigen Gerichtsbehörden aber einstweilen in ihrer bisherigen Weise fortbestehen sollten. Die Grundzüge des neuen Gerichtswesens hatte schon Bergasse am 17. Aug. dargelegt; einen darauf ge

de la place Louis XIV., de la Fontaine de Montmorency (spåter Brutus), de Bonne-Nouvelle, du Ponceau, de Mauconseil (spåter Bonconseil), du Marché des Innocens, des Lombards, des Arcis, du Faubourg Montmartre, de la rue Poissonnière, de Bondy, du Temple, de Popincourt, de la rue Montreuil, des Quinze-Vingts, des Gravilliers, du Faubourg Saint-Denys, de la rue Beaubourg, des Enfans-Rouges, du Roi de Sicile (nachher des droits de l'homme), de l'Hôtel de ville, de la Place royale, de l'Arsenal, de l'Isle de Notre-Dame (fpåter de la Cité), d'Henri IV. (nachher Pont-neuf), des Invalides, de la Fontaine Grenelle, des quatre nations, du Théâtre français (nachher de Marseille et de Marat), de la Croix rouge (fpåter du Bonnet rouge), du Luxembourg (nachher de Mucius-Scévola), des Thermes de Julien (auch de Beaurepaire), de S. Geneviève (auch du Panthéon), de l'Observatoire, du Jardin des plantes (nachher des Sansculottes), des Gobelins. S. Duvergier 1, 222. Außer den angegebenen Namensveränderungen kamen in den Jahren 1793 ff. noch mehre andere vor, als du Mail, du Marais; wiederum erhielten sich auch Districtsnamen in Benennungen von Bataillonen der Nationalgarde, als der Cordeliers und der Filles S. Thomas.

Wachsmuth, Gesch. Frankr. im Revol.-Zeitalter I. 14

gründeten Vortrag hielt Thouret am 22. Dcb.; doch wurden die Verhandlungen darüber damals noch bei Seite gelassen. Vereinzelt aber wurde am 21. Jan. 1790 verordnet, daß Personenstand keinen Unterschied der Strafe begründen, daß die Strafe eines Verbrechers der Ehre seiner Familie keinen Eintrag thun und Confiscation des Vermögens der Verurtheilten in keinem Falle stattfinden 3), desgleichen am 13. Mårz, daß alle auf den Grund von Lettres de cachet Verhaftete freige= lassen werden sollten, wobei Robespierre den Anwalt der Unschuld machte 32). - - Ebenso wurde dem Heerwesen nùr gelegentlich die eine und andere Sizung gewidmet; der Militärausschuß regte sich nach langem Schweigen zuerst, als über die Finanzen verhandelt wurde und es darauf ankam, die nothigen Gelder für die bewaffnete Macht auszumitteln. Zuvör derst wurde am 16. Nov. ein Etat des Armeebestandes vom J. 1787 vorgelegt 3). Erst am 12. Dcb. kam das Heerwesen wieder zur Sprache und Dubois-Crancé brachte eine Militärconscription in Vorschlag 3), welche auch Menou empfahl; jedoch nach mehrtägigër Verhandlung beschloß die N.-V. am 16. Decb.; daß die Armee wie bisher durch freiwilligen Eintritt recrutirt werden solle. :

Im Zusammenhange mit einander wurden die Fragen über die Kirchengüter und die Bedrängniß des Staatshaushalts zur Verhandlung gezogen; jene sollten in dieser helfen. Talleyrand's Vortrag vom 10. Oct. 1789 hatte den Weg gebahnt; darauf war am 12. Oct. eine Auseinandersehung Mirabeau's gefolgt, daß die Kirchengüter der Nation gehörten, nebst der Motion, daß das Einkommen der Pfarrer auf mindestens 1200 Livr. bestimmt werden solle 3); Sieyes

81) Duvergier 1, 112.

32) Zur Erinnerung bei dem, was Robespierre spåterhin war und that, hier sein am 13. März gesprochenes Wort: Il vaut mieux faire grace à cent coupables, que punir un seul innocent. Moniteur No. 74, G. 303.

33) Buchez et R. 5, 413.

34) Das. 8, 469. 471.

35) Moniteur No. 72.

dagegen hatte in einer Schrift, Observations sur les biens du clergé, das Besigthum der Kirche vertheidigt. Thouret brachte am 23. Dct. die Sache wieder vor. Maury suchte sie zu bes seitigen, aber umsonst; nicht minder vergeblich war, was er, Abbé Montesquiou und mehre Prälaten am 24. und 30. Sct. -2. Nov. für das Recht der Kirche auf ihre Güter und für die Nothwendigkeit, den Glanz der Kirche aufrecht zu halten, sprachen. Treilhard, Dupont, Gregoire, der jüngere Garat und endlich Mirabeau und Chapelier hatten bei ihren Angriffen auf den weltlichen Reichthum der Kirche die große Mehrheit für sich; Mirabeau's Vorschlag wurde mit geringer Abånderung, nämlich daß die Kirchengüter (nicht Eigenthum der Nation, sondern) zur Verfügung der Nation zu stellen seien, am 2. Nov. unter Beifallsrufen der Zuhörer angenommen und der Beschluß vom Könige am 4. Nov. bestätigt *). Dieser,,Brautschaß der Revolution"37) schien dem Staate mehr als hinreichende Hülfsquellen zur Bestreitung des Staatshaushaltes und selbst zur Tilgung der Schulden zu sichern; auch wurde sogleich decretirt, Kataster der geistlichen Güter aufzunehmen, um Veräußerungen vorzubeugen, desgleichen, daß keine vacante Pfründe fürs erste besetzt werden solle. Über dies Alles gab nur Aussichten für die Zukunft; die Noth der Gegenwart wurde täglich dringender. Die patriotische Steuer hatte bei weitem nicht so viel eingebracht, daß der bedeutende Ausfall anderer Steuern hätte gedeckt werden können; überall war Stockung, das baare Geld wurde spårlich im Verkehr, Necker konnte nicht helfen und den zahlreichen Gegnern, die er im N.-C. hatte, war an seiner Hülfe auch nichts gelegen. Mirabeau nahm auch hier die Initiative; am 6. Nov. beantragte er rasche Herbeischaffung von Getreide aus den vereinig ten Staaten, Errichtung einer Nationalbank und Gegenwart der Minister mit berathender Stimme in der N.-V. 3). Der

36) Moniteur No. 77. 80, 81. Vgl. Planck, Neueste Religionsge schichte Th. 3, 62 ff.

87) So fagte Prugnon am 25. Sept. 1790. Moniteur No. 272, 1117, Col. 8.

38) Buchez et R, 3, 352.

lehte Vorschlag erregte den Verdacht, Mirabeau, dessen Stres ben nach dem Ministerium sich verrathen hatte, suche dadurch für sich zu arbeiten, und daher wurde am 7. Nov. auf Lanjuinais' Betrieb der Beschluß gefaßt, während dieser N.-V. solle kein Mitglied derselben eine Stelle im Ministerium annehmen dürfen. Die anderen beiden Anträge wurden künftiger Berathung vorbehalten. Nun aber legte Necker am 14. Nov. den Plan zur Errichtung einer Nationalbank auf den Grund der (seit 1776 bestehenden) Discontocasse (caisse d'escompte) 39) vor, deren Scheine bis auf 240 Millionen Livr. vermehrt werden sollten. Dies fand wenig Unklang; ein Bericht des Finanzcomité (18. Nov.) gab, unabhängig von Necker, eine Übersicht der Bedürfnisse und der Hülfsquellen, brachte Erlaß mehrer drückender Steuern, namentlich der Salzsteuer, in Vorschlag, zugleich aber Veräußerung von Kirchengütern bis zu der Summe von 400 Mill. Livr., und kündigte die Befreiung des Staats von Schulden als leicht und bald zu ermitteln an 40). Nach dieser Darstellung war der Zustand des Staatshaushaltes reich an Hoffnungen. Doch am 20. Nov. brachten alle Deputirten der N.-V. ihre filbernen Schnallen zum Opfer dar. Hierauf folgten am 20., 27. u. 28. Nov., 4. u. 5. Dcb. Erörterungen des von Necker vorgelegten Plans; Mirabeau u. 2. griffen ihn an; Necker aber fand auch Vertheidiger und verständigte sich mit dem Finanzcomité. Dieses machte am 17. Dcb. Vorschläge in seinem Sinne 11), und nachdem noch einmal der Klerus einen vergeblichen Versuch gemacht hatte, zu retten, was von seinen Gütern nach dem zunächst bevorstehenden Verkaufe eines Theils derselben übrig bleiben würde, und nach eben so vergeblichen Reclamationen Montesquiou's, Maury's u. f. w. beschloß die N.-V. am 19. Dcb. den Verkauf von Domånen und Kirchengütern, wos bei aber die protestantischen unangetastet blieben 42), bis zum Betrage von 400 Mill. Livr. und die Errichtung einer Casse

89) über deren frühere Bedeutung f. die Deux amis 4, 113 fg.
40) Buchez et R. 3, 366,

41) Daf. 3, 473.

42) Decret vom 1. Decb. 1790. Duvergier 2, 75.

« PreviousContinue »