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Zu neuen Liedern
Und Tänzen giebst.
Sei ewig glücklich,
Wie du mich liebst!

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Mit einem gemalten Band.
Kleine Blumen, kleine Blätter
Streuen mir mit leichter Hand
Gute junge Frühlingsgötter
Tändelnd auf ein luftig Band.

Zephyr, nimm's auf deine Flügel,
Schling's um meiner Liebsten Kleid!
Und so tritt sie vor den Spiegel
All in ihrer Munterkeit.

Sieht mit Rosen sich umgeben,
Selbst wie eine Rose jung:
Einen Blick, geliebtes Leben!
Und ich bin belohnt genung.

Fühle, was dies Herz empfindet,
Reiche frei mir deine Hand,
Und das Band, das uns verbindet,
Sei kein schwaches Rosenband!

Mit einem goldenen Halskettchen.

Dir darf dies Blatt ein Kettchen bringen,
Das, ganz zur Biegsamkeit gewöhnt,
Sich mit viel hundert kleinen Schlingen
Um deinen Hals zu schmiegen sehnt.

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Gewähr dem Närrchen die Begierde,
Sie ist voll Unschuld, ist nicht kühn:
Am Tag ist's eine kleine Zierde,
Am Abend wirfst du's wieder hin.

Doch bringt dir einer jene Kette,
Die schwerer drückt und ernster faßt,
Verdenk ich dir es nicht, Lisette,
Wenn du ein klein Bedenken hast.

An Lottchen.

Mitten im Getümmel mancher Freuden,
Mancher Sorgen, mancher Herzensnot,

Denk ich dein, o Lottchen, denken dein die beiden,

Wie beim stillen Abendrot

Du die Hand uns freundlich reichtest,

Da du uns auf reichbebauter Flur,

In dem Schoße herrlicher Natur,
Manche leicht verhüllte Spur
Einer lieben Seele zeigtest.

Wohl ist mir's, daß ich dich nicht verkannt,
Daß ich gleich dich in der ersten Stunde,
Ganz den Herzensausdruck in dem Munde,
Dich ein wahres, gutes Kind genannt.

Still und eng und ruhig auferzogen
Wirft man uns auf einmal in die Welt;
Uns umspülen hunderttausend Wogen,

Alles reizt uns, mancherlei gefällt,

Mancherlei verdrießt uns, und von Stund' zu Stunden
Schwankt das leichtunruhige Gefühl:

Wir empfinden, und was wir empfunden,

Spült hinweg das bunte Weltgewühl.

Goethes Werke. I.

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Wohl, ich weiß es, da durchschleicht uns innen Manche Hoffnung, mancher Schmerz.

Lottchen, wer kennt unsre Sinnen?

Lottchen, wer kennt unser Herz?

Ach, es möchte gern gekannt sein, überfließen
In das Mitempfinden einer Kreatur,
Und vertrauend zwiefach neu genießen
Alles Leid und Freude der Natur.

Und da sucht das Aug' oft so vergebens
Ringsumher und findet alles zu:

So vertaumelt sich der schönste Teil des Lebens
Ohne Sturm und ohne Ruh,

Und zu deinem ew'gen Unbehagen

Stößt dich heute, was dich gestern zog.

Kannst du zu der Welt nur Neigung tragen,
Die so oft dich trog

Und bei deinem Weh, bei deinem Glücke
Blieb in eigenwill'ger, starrer Ruh?

Sieh, da tritt der Geist in sich zurücke,
Und das Herz -es schließt sich zu.

So fand ich dich und ging dir frei entgegen.
Osie ist wert, zu sein geliebt!

Rief ich, erflehte dir des Himmels reinsten Segen,
Den er dir nun in deiner Freundin giebt.

Auf dem See.

Und frische Nahrung, neues Blut

Saug' ich aus freier Welt:

Wie ist Natur so hold und gut,

Die mich am Busen hält!

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Die Welle wieget unsern Kahn
Im Rudertakt hinauf,

Und Berge, wolkig himmelan,
Begegnen unserm Lauf.

Aug', mein Aug', was sinkst du nieder?
Goldne Träume, kommt ihr wieder?

Weg, du Traum! so gold du bist:

Hier auch Lieb' und Leben ist.

Auf der Welle blinken
Tausend schwebende Sterne,
Weiche Nebel trinken
Rings die türmende Ferne;
Morgenwind umflügelt
Die beschattete Bucht,
Und im See bespiegelt

Sich die reifende Frucht.

Vom Berge.

Wenn ich, liebe Lili, dich nicht liebte,
Welche Wonne gäb' mir dieser Blick!

Und doch, wenn ich, Lili, dich nicht liebte,
Fänd' ich hier und fänd' ich dort mein Glück?

Blumengruß.

Der Strauß, den ich gepflücket,
Grüße dich viel tausendmal!

Ich habe mich oft gebücket,
Ach, wohl ein tausendmal,
Und ihn ans Herz gedrücket
Wie hunderttausendmal!

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Mailied.

Zwischen Weizen und Korn,
Zwischen Hecken und Dorn,
Zwischen Bäumen und Gras,
Wo geht's Liebchen?
Sag' mir das!

Fand mein Holdchen
Nicht daheim:
Muß das Goldchen
Draußen sein.

Grünt und blühet
Schön der Mai,
Liebchen ziehet
Froh und frei.

An dem Felsen beim Fluß,
Wo sie reichte den Kuß,
Jenen ersten im Gras,
Seh' ich etwas!

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