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Doch nicht Schmuck und Juwelen allein verschafft dein Geliebter:

Was ein häusliches Weib freuet, das bringt er dir auch. Feine wollene Decken mit Purpurjäumen, ein Lager

Zu bereiten, das uns traulich und weichlich empfängt; Köstlicher Leinwand Stücke. Du sizest und nähest und kleidest

Mich und dich und auch wohl noch ein drittes darein. 135 Bilder der Hoffnung, täuschet mein Herz! O mäßiget, Götter,

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Diesen gewaltigen Brand, der mir den Busen durchtobt! Aber auch sie verlang' ich zurück, die schmerzliche Freude, Wenn die Sorge sich kalt, gräßlich gelassen, mir naht. Nicht der Erinnyen Fackel, das Bellen der höllischen Hunde

Schreckt den Verbrecher so in der Verzweiflung Gefild, Als das gelaßne Gespenst mich schreckt, das die Schöne von fern mir

Zeiget: die Türe steht wirklich des Gartens noch auf! Und ein anderer kommt! Für ihn auch fallen die Früchte!

Und die Feige gewährt stärkenden Honig auch ihm! 145 Lockt sie auch ihn nach der Laube? und folgt er? O macht mich, ihr Götter,

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Blind, verwischet das Bild jeder Erinnrung in mir! Ja, ein Mädchen ist sie! und die sich geschwinde dem

einen

Gibt, sie kehret sich auch schnell zu dem andern herum. Lache nicht diesmal, Zeus, der frech gebrochenen Schwüre! Donnere schrecklicher! triff! Halte die Blige zurück! Sende die schwankenden Wolken mir nach! im nächtlichen Dunkel

Treffe dein leuchtender Blitz diesen unglücklichen Mast! Streue die Planken umher und gib der tobenden Welle Diese Waren, und mich gib den Delphinen zum Raub! —

155 Nun, ihr Musen, genug! Vergebens strebt ihr zu schildern, Wie sich Jammer und Glück wechseln in liebender Brust. Heilen könnet die Wunden ihr nicht, die Amor geschlagen; Aber Linderung kommt einzig, ihr Guten, von euch.

Der neue Pausias und sein Blumenmädchen.

Pausias von Sicyon, der Maler, war als Jüngling in Glyceren, feine Mitbürgerin, verliebt, welche Blumenkränze zu winden einen sehr erfinderischen Geist hatte. Sie wetteiferten miteinander, und er brachte die Nachahmung der Blumen zur größten Mannigfaltigkeit. Endlich malte er seine Geliebte, sigend, mit einem Kranze beschäftigt. Dieses Bild wurde für eins seiner besten gehalten und die Kranzwinderin oder Kranzhändlerin genannt, weil Glycere sich auf diese Weise als ein armes Mädchen ernährt hatte. Lucius Lucullus kaufte eine Kopie in Athen für zwei Talente. Plinius Naturalis historia XXXV, 11.

Sie.

Schütte die Blumen nur her, zu meinen Füßen und deinen!
Welch ein chaotisches Bild holder Verwirrung du streust!
Fr.

Du erscheinest als Liebe, die Elemente zu knüpfen:
Wie du sie bindest, so wird nun erst ein Leben daraus.

Sie.

6 Sanft berühre die Rose, sie bleib' im Körbchen verborgen! Wo ich dich finde, mein Freund, öffentlich reich' ich sie dir.

10

Er.

Und ich tu', als kennt' ich dich nicht, und danke dir freundlich; Aber dem Gegengeschenk weichet die Geberin aus.

Sie.

Reiche die Hyazinthe mir nun und reiche die Nelke,
Daß die frühe zugleich neben der späteren sei.

Er.

Laß im blumigen Kreise zu deinen Füßen mich sizen, Und ich fülle den Schoß dir mit der lieblichen Schar.

Sie.

Reiche den Faden mir erst! dann sollen die Gartenverwandten,

Die sich von ferne nur sahn, neben einander sich freun.

Er.

15 Was bewundr' ich zuerst? was zuleht? die herrlichen

20

Blumen?

Oder der Finger Geschick? oder der Wählerin Geist?

Sie.

Gib auch Blätter, den Glanz der blendenden Blumen zu mildern:

Auch das Leben verlangt ruhige Blätter im Kranz.

&r.

Sage, was wählst du so lange bei diesem Straußze? Ge

wiß ist

Dieser jemand geweiht, den du besonders bedenkst.

Sie.

Hundert Sträuße verteil' ich des Tags, und Kränze die

Menge;

Aber den schönsten doch bring' ich am Abende dir.

Er.

Ach! wie wäre der Maler beglückt, der diese Gewinde Malte, das blumige Feld, ach! und die Göttin zuerst!

Sie.

26 Aber doch mäßzig beglückt ist der, mich dünkt, der am Boden Hier sitt, dem ich den Kuß reichend noch glücklicher bin.

Er.

Ach, Geliebte, noch einen! Die neidischen Lüfte des Morgens Nahmen den ersten sogleich mir von den Lippen hinweg.

Sie.

Wie der Frühling die Blumen mir gibt, so geb' ich die

Küsse

30 Gern dem Geliebten; und hier sei mit dem Kusse der

Er.

Kranz!

Hätt' ich das hohe Talent des Pausias glücklich empfangen:
Nachzubilden den Kranz, wär' ein Geschäfte des Tags!

Sie.

Schön ist er wirklich. Sieh ihn nur an! Es wechseln die

schönsten

Kinder Florens um ihn, bunt und gefällig, den Tanz.

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35 In die Kelche versenkt' ich mich dann und erschöpfte den süßen Zauber, den die Natur über die Kronen ergoß.

40

Sie.

Und so fänd' ich am Abend noch frisch den gebundenen Franz hier; Unverwelklich spräch' uns von der Tafel er an.

Er.

Ach, wie fühl ich mich arm und unvermögend! wie wünscht' ich Fest zu halten das Glück, das mir die Augen versengt!

Sie.

Unzufriedener Mann! Du bist ein Dichter, und neidest Jenes Alten Talent? Brauche das deinige doch!

Gr.

Und erreicht wohl der Dichter den Schmelz der farbigen Blumen?

Neben deiner Gestalt bleibt nur ein Schatten sein Wort!

Sie.

45 Aber vermag der Maler wohl auszudrücken: Ich liebe? Nur dich lieb' ich, mein Freund! lebe für dich nur allein!

50

Fr.

Ach! und der Dichter selbst vermag nicht zu sagen: Ich liebe!
Wie du, himmlisches Kind, süßz mir es schmeichelst ins Ohr.

Sie.

Viel vermögen sie beide; doch bleibt die Sprache des Kusses,
Mit der Sprache des Blicks, nur den Verliebten geschenkt.

Er.

Du vereinigest alles; du dichtest und malest mit Blumen:
Florens Kinder sind dir Farben und Worte zugleich.

Sie.

Nur ein vergängliches Werk entwindet der Hand sich des
Mädchens

Jeden Morgen: die Pracht welkt vor dem Abende schon.

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55 Auch so geben die Götter vergängliche Gaben, und locken Mit erneutem Geschenk immer die Sterblichen an.

60

Sie.

Hat dir doch kein Strauß, kein Kranz des Tages gefehlet,
Seit dem ersten, der dich mir so von Herzen verband.

Er.

Ja, noch hängt er zu Hause, der erste Kranz, in der Kammer,
Welchen du mir, den Schmaus lieblich umwandelnd,

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Da ich den Becher dir kränzte, die Rosenknospe hineinfiel,
Und du trankest, und riefst: Mädchen, die Blumen sind

Gift!

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