das Resultat unsrer Geschichte des Materialismus ist. Der unerbittliche Empiriker, der Vertreter der Nützlichkeitsphilosophie, der Mann, welcher in so manchem früheren Werke nur das Verstandesprincip zu kennen schien, macht hier das Zugeständniss, dass das enge und dürftige Leben des Menschen einer Erhebung zu höheren Hoffnungen von unsrer Bestimmung gar sehr bedürftig ist, und dass es weise erscheint, der Phantasie die Ausbildung dieser Hoffnungen zu überlassen, so weit sie nur nicht mit offenbaren Thatsachen in Conflict kommt. Wie die allgemein geschätzte Heiterkeit des Gemüthes auf der Neigung beruht, bei der schöneren Seite der Gegenwart und Zukunft in Gedanken zu verweilen, und dass heisst doch wohl, das Leben unwillkürlich zu idealisiren; so sollen wir vom Weltregiment und von unsrer Zukunft nach dem Tode günstiger denken, als die sehr geringe Wahrscheinlichkeit dieser Dinge uns erlauben würde; ja es wird sogar das Idealbild Christi nicht nur als ein Hauptvorzug des Christenthums dargestellt, sondern als etwas, das auch der Ungläubige sich aneignen kann. Wie weit ist es von hier noch bis zu unserm Standpunkt des Ideals? Die geringe, fast verschwindende Wahrscheinlichkeit, dass unsre Phantasiegebilde Wirklichkeit haben möchten, ist doch nur ein schwaches Band zwischen Religion und Wissenschaft, und im Grunde nur eine Schwäche des ganzen Standpunktes; denn es steht ihr eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit des Gegentheils gegenüber, und im Gebiete der Wirklichkeit fordert die Sittlichkeit des Denkens von uns, dass wir uns nicht an vage Möglichkeiten halten, sondern stets dem Wahrscheinlicheren den Vorzug geben. Ist das Princip einmal gegeben, dass wir uns im Geiste eine schönere und vollkommnere Welt schaffen sollen, als die Welt der Wirklichkeit, so wird man wohl auch den Mythus als Mythus — müssen gelten lassen. Wichtiger aber ist, dass wir uns zu der Erkenntniss erheben, dass es dieselbe Nothwendigkeit, dieselbe transscendente Wurzel unsres Menschenwesens ist, welche uns durch die Sinne das Weltbild der Wirklichkeit giebt, und welche uns dazu führt, in der höchsten Function dichtender und schaffender Synthesis eine Welt des Ideals zu erzeugen, in die wir aus den Schranken der Sinne flüchten können, und in der wir die wahre Heimath unsres Geistes wiederfinden. Marburg, Ende Januar 1875. A. Lange. Inhaltsübersicht. Seite V-VI Vorwort zum zweiten Buche. Zweites Buch. Geschichte des Materialismus seit Kant. Erster Abschnitt. Die neuere Philosophie. I. Kant und der Materialismus - 3. Das Zurückgehen der deutschen Philosophie auf Kant. Die bleibende die Erfahrung 9 u. 10. 31 u. 32. Raum und Zeit als Formen der Sinnlichkeit. Ob Die Deduction der Kategorien 41 u. 42. Fehler des deduc- gen des Causalitätsbegriffs 45. 50. Sittengesetz 57 Stellung der Empiristen und Seite 1 II. Der philosophische Materialismus seit Kant 63 67. Ur Die Stammländer der neueren Philosophie wenden sich dem realen siologie 68 70; Einfluss der Gewöhnung an philosophische - 1830 72. Feuerbach 73 81. Max Stirner - - der Naturwissenschaften 82 84. Anmerkungen zum ersten Abschnitt Materialisten und Specialforscher; Dilettantismus und Schule in den des Naturerkennens sind die Grenzen des Erkennens überhaupt Ungerechte Vorwürfe gegen den Ueberwindung des Materialismus 173. durch philosophische und historische Bildung 170 Seite 63 115 139 fluss des Gravitationsgesetzes Newtons und der Relativirung des -- Dalton 183 Avo 186. Richter 186. Gay-Lussac 187. 191 193. W. Weber's Begriff einer Masse 207 215. finitionen von Ding, Kraft und Stoff Fechner's und Zöllner's. Das Problem von Kraft und Stoff III. Die naturwissenschaftliche Kosmogonie theorie Die neuere Kosmogonie knüpft an Newton an. Die Verdichtungs220-222. Die geologische Stabilitätstheorie - 222. Die grossen Zeiträume 223. Schlüsse auf den nothwendigen Untergang des Sonnersystems und des Lebens im Weltall Die Entstehung der Organismen 229 u. ff. spruch 236 239. Ansichten Fechner's 239. IV. Darwinismus und Teleologie Das Interesse am Darwinismus-Streit ist sehr gestiegen, die Fragen 220 240 283. als ein Muster falscher Teleologie, gegründet auf ein grobes Miss- Anmerkungen zum zweiten Abschnitt Dritter Abschnitt. Die Naturwissenschaften; Fortsetzung: I. Die Stellung des Menschen zur Thierwelt Zunehmendes Interesse für die anthropologischen gegenüber den kosmi- Schönheitssinnes 314 u. 315. 315 Einfluss des 325. Die aufrechte Stellung. Entstehung der Sprache 326. Seite 285 311 II. Gehirn und Seele Die Schwierigkeiten des Gegenstandes haben sich erst mit dem Fortschritt der Wissenschaften deutlicher herausgestellt. Schädliche Nachwirkung der Schulpsychologie 332 334. logie 334 345. Die PhrenoDie Reflexbewegungen als Grundelement der psychischen Thätigkeit. Die Pflüger'schen Versuche 346. Verschiedne Missverständnisse und fehlerhafte Deutungen physiologischer Versuche - 347 351. Das Gehirn producirt kein psychologisches Abstractum 352. 332 |