Page images
PDF
EPUB

Ludwig Tieck.

Woblauf! es ruft der Sonnenschein Hinaus in Gottes freie Welt! Geht munter in das Land hinein, Und wandelt über Berg und Feld.

Es bleibt der Strom nicht ruhig stehn, Gar lustig rauscht er fort;

Hörst du des Windes muntres Wehn? Er braust von Ort zu Ort.

Es reist der Mond wohl hin und her, Die Sonne ab und auf,

Guckt über'n Berg und geht in's Meer, Nie matt in ihrem Lauf.

Und Mensch, du sizest stets daheim,
Und sehnst dich nach der Fern!
Sei frisch und wandle durch den Hain
Und sieh die Fremde gern.

Wer weiß, wo dir dein Glücke blüht, So geh' und such' es nur,

Der Abend kommt, der Morgen flieht, Betrete bald die Spur.

Lass' Sorgen sein und Bangigkeit,
Ist doch der Himmel blau,
Es wechselt Freude stets mit Leid,
Dem Glücke nur vertrau!

So weit dich schließt der Himmel ein, Geräth der Liebe Frucht,

Und jedes Herz wird glücklich sein

Und finden, was es sucht!

[ocr errors]

In die dichte Einsamkeit

Trag' ich meiner Thränen Brand;
Ach! kein Baum thut mir bekannt,
Setz' mich an des Bronnens Rand:
Vogel wild die Töne schreit,
Echo hallt,

Hirschlein springt im dunklen Wald !

Und es braust herauf, herunter, Waldstrom klingt durch seine Klüfte, Seine jungen Wellen springen Auf den Felsenstufen munter,

Adler schwingt sich durch die Lüfte:
Thränen, Rufen, Klagen, Singen,
Könnt ihn nicht zurück mir zwingen?
Garten, Berge, Wälder weit
Sind mir Grab und Einsamkeit!

Feldeinwärts flog ein Vögelein,
Und sang im muntren Sonnenschein
Mit süßem, wunderbarem Ton:
Ade! ich fliege nun davon,

Weit! weit!

Neis' ich noch heut !

Ich horchte auf den Feldgesang,

Mir ward so wohl und doch so bang;

Mit frohem Schmerz, mit trüber Lust Stieg wechselnd bald und sank die Brust: Herz! Herz!

Brichst du vor Wonn' oder Schmerz ?

Doch als ich Blätter fallen sah,

Da sagt' ich: Ach! der Herbst ist da,
Der Sommergast, die Schwalbe, zieht,
Vielleicht so Lieb’' und Sehnsucht flieht,
Weit! weit!

Rasch mit der Zeit!

Doch rückwärts kam der Sonnenschein,
Dicht zu mir drauf das Vögelein,
Es sah mein thränend Angesicht
Und sang: die Liebe wintert nicht,
Nein! nein!

Ist und bleibt Frühlingsschein !

Die Blumen.

Sieh die zarten Blüten keimen, Wie sie aus sich selbst erwachen, Und wie Kinder aus den Träumen Dir entgegen lieblich lachen.

Ihre Farbe ist im Spielen Zugekehrt der goldnen Sonne, Deren heißen Kuß zu fühlen, Das ist ihre höchste Wonne.

An den Küssen zu verschmachten, Zu vergeh'n in Lieb' und Wehmuth; Also steh'n, die eben lachten, Bald verwelkt in stiller Demuth.

Das ist ihre höchste Freude, Im Geliebten sich verzehren, Sich im Tode zu verklären, Zu vergehn in süßem Leide.

Dann ergießen sie die Düfte,
Ihre Geister, mit Entzücken,
Es berauschen sich die Lüfte
Im balsamischen Erquicken.

Liebe kommt zum Menschenherzen,
Regt die goldnen Saitenspiele
Und die Seele spricht: ich fühle,

Was das Schönste sei, wonach ich ziele,
Wehmuth, Sehnsucht und der Liebe Schmerzen.

Aus Genoveva.

Dicht von Felsen eingeschlossen,
Wo die stillen Bächlein gehn,

Wo die dunklen Weiden sprossen,

Wünsch' ich bald mein Grab zu sehn.
Dort im kühlen abgelegnen Thal
Such' ich Ruh' für meines Herzens Qual.

Hat sie dich ja doch verstoßen,
Und sie war so süß und schön!
Tausend Thränen sind geflossen,
Und sie durfte dich verschmähn
Suche Nuh' für deines Herzens Qual,
Hier ein Grab im einsam grünen Thal.

« PreviousContinue »