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Leopold Schefer.

Gedichte aus dem „Laienbrevier.“

Wer nicht in seinen Lieben leben kann,

Zur Zeit, wenn sie ihm fern, ja wenn sie todt sind,
Der hat sie oft verloren! Aber der

Besitzt die Freunde, die Geliebten immer
Unraubbar gegenwärtig, schön, genußreich,
Wer fort in ihrem Geist und Eigeywesen
Die Tage lebt, Begebenheiten gern
So anschaut, so belächelt, wie sie würden.
So that ich oft; und wenn die stillen Freunde
Aus mir ein Wort, ein Werk belächelten,
Mit meiner Kraft laut mit einander sprachen,
Oft ihre Freude hold aus mir bezeugten
Dann hab' ich laut geweint! ihr stilles Leben
In mir, gleich einem Wunder angestaunt,
Und tief empfunden. „Also bleiben sie
Bei mir durch alle Tage bis an's Ende.“

Die Nacht ist himmlisch und ein göttlich Wunder! Die schönste aber ist, die man verschläft.

So fast gering denn achtet die Natur
Ihr Allergrößtes, Allerheiligstes,
Daß sie dem Menschen gütig selbst davor
Die Augen zudrückt, um sein süßes Leben,
Sein Glück, nur seinen Traum hervorzubringen,
Und endlich drückt sie ihm ein sanftes Mal,
Ein leztes Mal die Augen vor sich zu,
Mit ihrem höchsten Opfer und verleiht
Ihm einen süßern Schlaf, den schönen Tod.

Die Nacht ist himmlisch und ein göttlich Wunder! die man verschläft.

Die schönste aber ist,

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Wenn du's so weit bringst, daß du Feinde hast,
Dann lob' ich dich, weil Alle noch nicht gut sind.
Wenn du es auch verschweigst, doch schäme dich
Nicht, daß du Feinde hast wer Feinde nicht
Ertragen kann, ist keines Freundes werth.

Dir müssen Feind sein: die die Knechtschaft wollen!
Dir müssen Feind sein: die die Wahrheit fürchten!
Dir müssen Feind sein: die das Recht verdrehen!
Dir müssen Feind sein: die von Ehre weichen!
Dir müssen Feind sein: die nicht Freunde haben,

Nur Mitgenossen ihrer irren Frevel;

Dir müssen Feind sein: die nicht Feinde haben,
Weil

um für sich Verzeihung zu gewinnen,

Die Welt zu leicht verzeiht. Dir müssen Feind sein:
Für welche du nicht Freund bist. Stark ertrage
Der Schlechten Feindschaft! Sie ist schwach und nichtig.
Und stehst du da als reiner, warmer Strahl
Des Himmelsfeuers, dann erwärmest du
Die Guten und sie schließen sich an dich.
Du aber sei der Feinde wahrster Freund
Und lasse nicht von ihnen ab mit Worten

Und Blicken, Beispiel, selbst mit langem Schweigen,
Zurückgezogenheit, dir schwerem Tadel!

Der Gute ist des höchsten Lobes werth,

Der Thoren zu gewinnen weiß zum Guten.
Und siehes bitten für die Unglücksel❜gen
Ihr Vater ihre Mutter aus der Gruft!
Es bitten ihre Lieben - ihre Kinder!
Es bittet dich ihr eig’ner scheuer Blick!

Es bittet dich ein Gott in deiner Brust:

„Laß nicht von deinen Brüdern ab, mein Kind!“

„Des Dichters Busen gleicht der kranken Muschel;
„So schön sie auch von Außen dir erscheine,
„Mit Gold und Purpur wundersam gestreift,
In ihrem Innern fühlt sie immerdar

"

„Ein drückend Brennen, das sie endlos ängstigt,

„Und von der Knospen Wachsthum überwältigt, „Die Jahre lang sie schmerzhaft in sich nährt, „Verschmachtet sie, verzehrt zuletzt und stirbt. „Und löst die Sonne ihres Hauses Schalen „Mit ihrem warmen Strahl, und liegen frei

"

‚Am Meeresstrand, vollendet ausgeboren,

„Nun hell die Knospen, die den Tod ihr brachten

„Dann kommen Fischer, die es Perlen nennen.“

Liebes-Aufgang.

Sonnen-Aufgang ist so schön,

Hoch von duft'gen Bergeshöh'n!

Hast ihn hundertmal gesehn,

Bleibst doch immer wieder stehn.

Liebes- Aufgang ...... Knospensplittern

Unter himmlischen Gewittern

Wie viel schöner, dem zu lauschen!
Wer mag dich mit Sonnen tauschen?

Allen steigt die Sonn' empor,

Du blühst einzig mir hervor!
Mir nur duften Thal und Höh'n —
Liebes- Aufgang, o, wie schön!

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