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Gaben der Götter.

Alles geben die Götter, die unendlichen,
Ihren Lieblingen ganz:

Alle Freuden, die unendlichen,

Alle Schmerzen, die unendlichen, ganz.

Lili's Park.

Ist doch keine Menagerie

So bunt als meiner Lili ihre!

Sie hat darin die wunderbarsten Thiere
Und kriegt sie 'rein, weiß selbst nicht wie.
O, wie sie hüpfen, laufen, trappeln,
Mit abgestumpften Flügeln zappeln,
Die armen Prinzen allzumal,

In nie gelöschter Liebesqual!

Wie hieß die Fee? Lili? - Fragt nicht nach ihr! Kennt ihr sie nicht, so danket Gott dafür.

Welch ein Geräusch, welch ein Gegacker,
Wenn sie sich in die Thüre stellt

Und in der Hand das Futterförbchen hält!
Welch ein Gequiek, welch ein Gequacker!
Alle Bäume, alle Büsche
Scheinen lebendig zu werden:

So stürzen sich ganze Heerden

Zu ihren Füßen; sogar im Baffin die Fische
Patschen ungeduldig mit den Köpfen heraus;
Und sie streut dann das Futter aus

Mit einem Blick- Götter zu entzücken,
Geschweige die Bestien. Da geht's an ein Picken,
An ein Schlürfen, an ein Hacken;

Sie stürzen einander über die Nacken,
Schieben sich, drängen sich, reißen sich),
Jagen sich, ängsten sich, beißen sich,
Und Das all um ein Stückchen Brot,

Das, trocken, aus den schönen Händen schmeckt,
Als hätt es in Ambrosia gesteckt.

Aber der Blick auch, der Ton,

Wenn sie ruft: Bipi! Pipi!

Zöge den Adler Jupiters vom Thron;

Der Venus Taubenpaar,

Ja, der eitle Pfau sogar,

Ich schwöre, sie kämen,

Wenn sie den Ton von Weitem nur vernähmen.

Denn so hat sie aus des Waldes Nacht
Einen Bären, ungeleckt und ungezogen,
Unter ihren Beschluß hereinbetrogen,
Unter die zahme Compagnie gebracht
Und mit den Andern zahm gemacht:
Bis auf einen gewissen Punkt, versteht sich!
Wie schön und, ach! wie gut

Schien sie zu sein! Ich hätte mein Blut
Gegeben, um ihre Blumen zu begießen.

"Ihr sagtet: ich! Wie? Wer?"

Gut denn, ihr Herrn, grad aus: Ich bin der Bär;

In einem Filetschurz gefangen,

An einem Seidenfaden ihr zu Füßen.

Doch wie Das alles zugegangen,

Erzähl' ich euch zur andern Zeit;
Dazu bin ich zu wüthig heut.

Denn, ha! steh' ich so an der Ecke
Und hör von Weitem das Geschnatter,
Seh' das Geflitter, das Geflatter,
Kehr' ich mich um

Und brumm'

Und renne rückwärts eine Strecke

Und seh' mich um

Und brumm'

Und laufe wieder eine Strecke,

Und kehr' doch endlich wieder um.

Dann fängt's auf Einmal an zu rasen,
Ein mächt'ger Geist schnaubt aus der Nasen,
Es wildzt die innere Natur.

Was, du ein Thor, ein Häschen nur!
So ein Pipi! Eichhörnchen, Nuß zu knacken!
Ich sträube meinen borst'gen Nacken,

Zu dienen ungewöhnt.

Ein jedes aufgestuzte Bäumchen höhnt
Mich an! Ich flieh' vom Boulingreen,
Vom niedlich glatt gemähten Grase,
Der Buchsbaum zieht mir eine Nase,
Ich flieh' ins dunkelste Gebüsche hin,
Durchs Gehäge zu dringen,
Ueber die Planken zu springen!
Mir versagt Klettern und Sprung,
Ein Zauber bleit mich nieder,

Ein Zauber häkelt mich wieder,

Ich arbeite mich ab, und bin ich matt genung, Dann lieg' ich an gekünstelten Kaskaden

Und kau' und wein' und wälze halb mich todt,
Und, ach! es hören meine Noth

Nur porzellanene Oreaden.

Auf Einmal! Ach, es dringt

Ein seliges Gefühl durch alle meine Glieder!
Sie ist's, die dort in ihrer Laube singt!
Ich höre die liebe, liebe Stimme wieder,
Die ganze Luft ist warm, ist blüthevoll.
Ach, singt sie wohl, daß ich sie hören soll?
Ich dringe zu, tret' alle Sträuche nieder,
Die Büsche fliehn, die Bäume weichen mir,
Und so -zu ihren Füßen liegt das Thier.

Sie sieht es an: „Ein Ungeheuer! doch drollig!
Für einen Bären zu mild,
Für einen Pudel zu wild,

So zottig, täpsig, knollig!"

Sie streicht ihm mit dem Füßchen übern Rücken;
Er denkt im Paradiese zu sein.

Wie ihn alle sieben Sinne jücken!

Und Sie sieht ganz gelassen drein.

Ich küss' ihre Schuhe, kau' an den Sohlen,

So sittig, als ein Bär nur mag;

Ganz sachte heb' ich mich und schwinge mich verstohlen

Leis an ihr Knie Am günst'gen Tag

Läßt sie's geschehn und kraut mir um die Ohren

Und patscht mich mit muthwillig derbem Schlag;

Ich knurr', in Wonne neu geboren;

Dann fordert sie, mit füßem, eitlem Spotte:
Allons tout doux! eh la menotte!

Et faites Serviteur,

Comme un joli Seigneur.

So treibt sie's fort mit Spiel und Lachen;
Es hofft der oft betrogne Thor;

Doch will er sich ein Bischen unnüß machen,

Hält sie ihn kurz als wie zuvor.

Doch hat sie auch ein Fläschchen Balsam-Feuers,

Dem keiner Erde Honig gleicht,

Wovon sie wohl einmal, von Lieb' und Treu erweicht,
Um die verlechzten Lippen ihres Ungeheuers

Ein Tröpfchen mit der Fingerspite streicht
Und wieder flieht und mich mir überläßt,
Und ich dann, losgebunden, fest
Gebannt bin, immer nach ihr ziehe,
Sie suche, schaudre, wieder fliehe

So läßt sie den zerstörten Armen gehn,

Ist seiner Lust, ist seinen Schmerzen still;

Ha! manchmal läßt sie mir die Thür halb offen stehn, Seitblickt mich spottend an, ob ich nicht fliehen will.

Und ich! Götter, ist's in euren Händen,
Dieses dumpfe Zauberwerk zu enden,

Wie dank ich, wenn ihr mir die Freiheit schafft!
Doch sendet ihr mir keine Hülfe nieder

Nicht ganz umsonst reck' ich so meine Glieder:
Ich fühl's! ich schwör's! Noch hab' ich Kraft.

Grabschrift.

Ich war ein Knabe, warm und gut,
Als Jüngling hatt' ich frisches Blut,
Versprach einst einen Mann.

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