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Hermes lacht unmäßig, der schadenfrohe; doch Phöbos Und den Musen ergreift inniger Schmerz das Gemüth.

Der neue Amor.

Amor, nicht das Kind, der Jüngling, der Psychen verführte,

Sah im Olympus sich um, frech und der Siege gewohnt;

Eine Göttin erblickt' er, vor allen die herrlichste Schöne,
Venus Urania war's, und er entbrannte für sie.
Ach! die Heilige selbst, sie widerstand nicht dem Werben,
Und der Verwegene hielt fest sie im Arme bestrickt.
Da entstand aus ihnen ein neuer lieblicher Amor,
Der dem Vater den Sinn, Sitte der Mutter verdankt.
Immer findest du ihn in holder Musen Gesellschaft,
Und sein reizender Pfeil stiftet die Liebe der Kunst.

Die neue Sirene.

Habt von Sirenen gehört?

Melpomenens Töchter, sie prunkten

Zöpfumflochtenen Haupts, heiter entzückten Gesichts; Vögel jedoch von der Mitte hinab, die gefährlichsten Buhlen,

Denen vom füßlichen Mund floß ein verführendes Lied. Eine geschwisterte nun, zum Gürtel ab griechische Schönheit,

Sittig hinab zum Fuß nordisch umhüllt sie das Knie; Auch sie redet und singt zum öst- und westlichen Schiffer, Seinen bezauberten Sinn, Helena läßt ihn nicht los.

Die Kränze.

Klopstock will uns vom Pindus entfernen: wir sollen nach Lorbeer

Nicht mehr geizen, uns soll inländische Eiche genügen;
Und doch führet er selbst den überepischen Kreuzzug
Hin auf Golgatha's Gipfel, ausländische Götter zu ehren!
Doch auf welchen Hügel er wolle, versamml' er die Engel,
Lasse beim Grabe des Guten verlassene Redliche weinen:
Wo ein Held und Heiliger starb, wo ein Dichter gesungen,
Uns im Leben und Tod ein Beispiel trefflichen Muthes,
Hohen Menschenwerthes zu hinterlassen, da knieen
Billig alle Völker in Andachtswonne, verehren
Dorn und Lorbeerkranz, und was ihn geschmückt und
gepeinigt.

Schweizeralpe.

Uri, am 1. October 1797.

War doch gestern dein Haupt noch so braun wie die Locke der Lieben,

Deren holdes Gebild still aus der Ferne mir winft; Silbergrau bezeichnet dir früh der Schnee nun die Gipfel,

Der sich in stürmender Nacht dir um den Scheitel ergoß. Jugend, ach! ist dem Alter so nah, durchs Leben verbunden,

Wie ein beweglicher Traum Gestern und Heute verband.

Elegien. I.

Wie wir einst so glücklich waren!
Müssen's jetzt durch euch erfahren.

I.

Saget, Steine, mir an, o sprecht, ihr hohen Paläste! Straßen, redet ein Wort! Genius, regst du dich nicht? Ja, es ist Alles beseelt in deinen heiligen Mauern,

Ewige Roma; nur mir schweiget noch Alles so still. O, wer flüstert mir zu? an welchem Fenster erblick ich Einst das holde Geschöpf, das mich versengend erquickt?

Ahn' ich die Wege noch nicht, durch die ich immer und immer,

Zu ihr und von ihr zu gehn, opfre die köstliche Zeit? Noch betracht' ich Kirch' und Palast, Ruinen und Säulen, Wie ein bedächtiger Mann schicklich die Reise benutzt. Doch bald ist es vorbei, dann wird ein einziger Tempel,

Amors Tempel nur sein, der den Geweihten empfängt. Eine Welt zwar bist du, o Rom; doch ohne die Liebe Wäre die Welt nicht die Welt, wäre denn Rom auch nicht Rom.

II.

Ehret, wen ihr auch wollt! Nun bin ich endlich geborgen!

Schöne Damen und ihr, Herren der feineren Welt, Fraget nach Oheim und Vetter und alten Muhmen und Tanten;

Und dem gebundnen Gespräch folge das traurige Spiel. Auch ihr Uebrigen fahret mir wohl, in großen und kleinen Zirkeln, die ihr mich oft nah der Verzweiflung ge=

bracht.

Wiederholet, politisch und zwecklos, jegliche Meinung, Die den Wandrer mit Wuth über Europa verfolgt. So verfolgte das Liedchen Malbrough den reisenden Briten

Einst von Paris nach Livorn, dann von Livorno nach Rom,

Weiter nach Napel hinunter; und wär' er nach Smyrna

gesegelt,

Malbrough! empfieng' ihn auch dort, Malbrough! im Hafen das Lied.

Und so mußt' ich bis jezt auf allen Tritten und Schritten Schelten hören das Volk, schelten der Könige Rath. Nun entdeckt ihr mich nicht so bald in meinem Asyle, Das mir Amor der Fürst, königlich schüßend, verlieh. Hier bedecket er mich mit seinem Fittig; die Liebste Fürchtet, römisch gesinnt, wüthende Gallier nicht; Sie erkundigt sich nie nach neuer Märe, sie spähet Sorglich den Wünschen des Manns, dem sie sich eignete, nach.

Sie ergöht sich an ihm, dem freien, rüstigen Fremden, Der von Bergen und Schnee, hölzernen Häusern erzählt;

Theilt die Flammen, die sie in seinem Busen entzündet, Freut sich, daß er das Gold nicht wie der Römer bedenkt.

Besser ist ihr Tisch nun bestellt; es fehlet an Kleidern, Fehlet am Wagen ihr nicht, der nach der Oper sie bringt.

Mutter und Tochter erfreun sich ihres nordischen Gastes, Und der Barbare beherrscht römischen Busen und Leib.

III.

Laß dich, Geliebte, nicht reun, daß du mir so schnell dich ergeben!

Glaub' es, ich denke nicht frech, denke nicht niedrig von dir.

Vielfach wirken die Pfeile des Amor: einige rißen,
Und vom schleichenden Gift kranket auf Jahre das

Herz.

Aber mächtig befiedert, mit frisch geschliffener Schärfe, Dringen die andern ins Mark, zünden behende das Blut.

In der heroischen Zeit, da Götter und Göttinnen liebten, Folgte Begierde dem Blick, folgte Genuß der Begier. Glaubst du, es habe sich lange die Göttin der Liebe besonnen,

Als im Jdäischen Hain einst ihr Anchises gefiel? Hätte Luna gesäumt, den schönen Schläfer zu küssen, O, so hätt' ihn geschwind, neidend, Aurora geweckt. Hero erblickte Leandern am lauten Fest, und behende Stürzte der Liebende sich heiß in die nächtliche Fluth. Rhea Sylvia wandelt, die fürstliche Jungfrau, der Tiber Wasser zu schöpfen, hinab, und sie ergreifet der Gott.

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