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Heb' ich mich zu seinem Throne,
Schaut er mich, die Grausenhafte,
Die er gräßlich umgeschaffen,
Muß er ewig mich bejammern,
Euch zu Gute komme das.

Und ich werd' ihn freundlich mahnen,
Und ich werd' ihm wüthend sagen,
Wie es mir der Sinn gebietet,
Wie es mir im Busen schwellet.
Was ich denke, was ich fühle -
Ein Geheimniß bleibe das.

Dank des Paria.

Großer Brama! nun erkenn' ich, Daß du Schöpfer bist der Welten! Dich als meinen Herrscher nenn' ich, Denn du läsfest Alle gelten.

Und verschließest auch dem Letzten
Keines von den tausend Ohren;
Uns, die tief Herabgeseßten,
Alle hast du neu geboren.

Wendet euch zu dieser Frauen,
Die der Schmerz zur Göttin wandelt!
Nun beharr' ich, anzuschauen

Den, der einzig wirkt und handelt.

Klaggefang

von der edlen Frauen des Asan Aga.

Aus dem Morlackischen.

Was ist Weißes dort am grünen Walde?
Ist es Schnee wohl, oder sind es Schwäne?
Wär' es Schnee, er wäre weggeschmolzen;
Wären's Schwäne, wären weggeflogen.

Ist kein Schnee nicht, es sind keine Schwäne,
'3 ist der Glanz der Zelten Asan Aga.
Niederliegt er drin an seiner Wunde;
Ihn besucht die Mutter und die Schwester;
Schamhaft säumt sein Weib, zu ihm zu kommen.

Als nun seine Wunde linder wurde,
Ließ er seinem treuen Weibe sagen:
Harre mein nicht mehr an meinem Hofe,
Nicht am Hofe und nicht bei den Meinen."

Als die Frau dies harte Wort vernommen,
Stand die Treue starr und voller Schmerzen,
Hört der Pferde Stampfen vor der Thüre,
Und es däucht ihr, Asan käm', ihr Gatte,
Springt zum Thurme, sich herab zu stürzen.
Aengstlich folgen ihr zwei liebe Töchter,
Rufen nach ihr, weinend bittre Thränen:
„Sind nicht unsers Vaters Asan Rosse,
Ist dein Bruder Pintorowich kommen!"

Und es kehret die Gemahlin Asans,

Schlingt die Arme jammernd um den Bruder: „Sieh die Schmach, o Bruder, deiner Schwester! Mich verstoßen, Mutter dieser Fünfe!"

Schweigt der Bruder, ziehet aus der Tasche,
Eingehüllet in hochrothe Seide,

Ausgefertiget den Brief der Scheidung,
Daß sie kehre zu der Mutter Wohnung,
Frei, sich einem Andern zu ergeben.

Als die Frau den Trauer-Scheidbrief sahe,
Küßte sie der beiden Knaben Stirne,
Küßt' die Wangen ihrer beiden Mädchen.
Aber, ach! vom Säugling in der Wiege
Kann sie sich im bittern Schmerz nicht reißen!

Reißt sie los der ungestüme Bruder,
Hebt sie auf das muntre Roß behende,
Und so eilt er mit der bangen Frauen
Grad' nach seines Vaters hoher Wohnung.

Kurze Zeit war's, noch nicht sieben Tage;
Kurze Zeit g'nug; von viel großen Herren
Unfre Frau in ihrer Wittwen-Trauer,
Unfre Frau zum Weib begehret wurde.

Und der größte war Imoski's Kadi,
Und die Frau bat weinend ihren Bruder:
„Ich beschwöre dich bei deinem Leben,
Gib mich keinem Andern mehr zur Frauen,
Daß das Wiedersehen meiner lieben
Armen Kinder mir das Herz nicht breche!"

Ihre Reden achtet nicht der Bruder,
Fest, Imoski's Kadi sie zu trauen.
Doch die Gute bittet ihn unendlich :

"

Schicke wenigstens ein Blatt, o Bruder,
Mit den Worten zu Imoski's Kadi:

Dich begrüßt die junge Wittib freundlich
Und läßt durch dies Blatt dich höchlich bitten,
Daß, wenn dich die Suaten herbegleiten,
Du mir einen langen Schleier bringest,
Daß ich mich vor Asans Haus verhülle,
Meine lieben Waisen nicht erblicke.“

Kaum ersah der Kadi dieses Schreiben,
Als er seine Suaten alle sammelt

Und zum Wege nach der Braut sich rüstet,
Mit den Schleier, den sie heischte, tragend.

Glücklich kamen sie zur Fürstin Hause,
Glücklich sie mit ihr vom Hause wieder.
Aber als sie Asans Wohnung nahten,
Sahn die Kinder oben ab die Mutter,
Riefen: „Komm zu deiner Halle wieder!
Iß das Abendbrot mit deinen Kindern!“
Traurig hört es die Gemahlin Asans,
Kehrete sich zu der Suaten Fürsten:
„Laß doch, laß die Suaten und die Pferde
Halten wenig vor der Lieben Thüre,
Daß ich meine Kleinen noch beschenke."

Und sie hielten vor der Lieben Thüre,
Und den armen Kindern gab sie Gaben:
Gab den Knaben goldgestickte Stiefel,
Gab den Mädchen lange reiche Kleider,
Und dem Säugling, hülflos in der Wiege,
Gab sie für die Zukunft auch ein Röckchen.

Das beiseit sah Vater Asan Aga,
Rief gar traurig seinen lieben Kindern:
„Kehrt zu mir, ihr lieben armen Kleinen!
Eurer Mutter Brust ist Eisen worden,
Fest verschlossen, kann nicht Mitleid fühlen.“

Wie das hörte die Gemahlin Asans,

Stürzt sie bleich, den Boden schütternd, nieder,
Und die Seel' entfloh dem bangen Busen,
Als sie ihre Kinder vor sich fliehn sah.

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