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Salz und Wasser kühlt
Nicht, wo Jugend fühlt;

Ach! die Erde fühlt die Liebe nicht.

Dieser Jüngling war mir erst versprochen,
Als noch Venus' heitrer Tempel stand.
Mutter, habt Ihr doch das Wort gebrochen,
Weil ein fremd, ein falsch Gelübd' Euch band!
Doch kein Gott erhört,

Wenn die Mutter schwört,

Zu versagen ihrer Tochter Hand.

Aus dem Grabe werd' ich ausgetrieben,
Noch zu suchen das vermißte Gut,
Noch den schon verlornen Mann zu lieben.
Und zu saugen seines Herzens Blut.

Ist's um Den geschehu,

Muß nach Andern gehn,

Und das junge Volk erliegt der Wuth.

Schöner Jüngling! kannst nicht länger leben;

Du versiechest nun an diesem Ort.

Meine Kette hab' ich dir gegeben;
Deine Locke nehm' ich mit mir fort.
Sieh sie an genau!

Morgen bist du grau,

Und nur braun erscheinst du wieder dort.

Höre, Mutter, nun die leßte Bitte:

Einen Scheiterhaufen schichte du;
Oeffne meine bange kleine Hütte,
Bring in Flammen Liebende zur Ruh!

Wenn der Funke sprüht,
Wenn die Asche glüht,

Eilen wir den alten Göttern zu.

Der Gott und die Bajadere.

Indische Legende.

Mahadöh, der Herr der Erde,
Kommt herab zum sechsten Mal,
Daß er unsers Gleichen werde,
Mitzufühlen Freud' und Qual.
Er bequemt sich, hier zu wohnen,
Läßt sich Alles selbst geschehn.
Soll er strafen oder schonen,

Muß er Menschen menschlich sehn.
Und hat er die Stadt sich als Wandrer betrachtet,
Die Großen belauert, auf Kleine geachtet,
Verläßt er sie Abends, um weiter zu gehn.

Als er nun hinausgegangen,
Wo die letten Häuser sind,
Sieht er, mit gemalten Wangen,
Ein verlornes schönes Kind:

Grüß' dich, Jungfrau! Dank der Ehre!

Wart', ich komme gleich hinaus! -
Und wer bist du? Bajadere,

Und dies ist der Liebe Haus.

Sie rührt sich, die Cymbeln zum Tanze zu schlagen; Sie weiß sich so lieblich im Kreise zu tragen,

Sie neigt sich und biegt sich und reicht ihm den Strauß.

Schmeichelnd zieht sie ihn zur Schwelle,
Lebhaft ihn ins Haus hinein.
Schöner Fremdling, lampenhelle
Soll sogleich die Hütte sein.
Bist du müd, ich will dich laben,
Lindern deiner Füße Schmerz.

Was du willst, das sollst du haben,

Ruhe, Freuden oder Scherz.

Sie findert geschäftig geheuchelte Leiden.

Der Göttliche lächelt; er siehet mit Freuden. Durch tiefes Verderben ein menschliches Herz.

Und er fordert Sklavendienste;
Immer heitrer wird sie nur,

Und des Mädchens frühe Künste
Werden nach und nach Natur.

Und so stellet auf die Blüthe
Bald und bald die Frucht sich ein;

Ist Gehorsam im Gemüthe,

Wird nicht fern die Liebe sein.

Aber, sie schärfer und schärfer zu prüfen,
Wählet der Kenner der Höhen und Tiefen
Lust und Entseßen und grimmige Bein.

Und er küßt die bunten Wangen,
Und sie fühlt der Liebe Qual,
Und das Mädchen steht gefangen,
Und sie weint zum ersten Mal;
Sinkt zu seinen Füßen nieder,
Nicht um Wollust noch Gewinnst,
Ach! und die gelenken Glieder,
Sie versagen allen Dienst.

Und so zu des Lagers vergnüglicher Feier
Bereiten den dunklen behaglichen Schleier
Die nächtlichen Stunden, das schöne Gespinnst.

Spät entschlummert unter Scherzen,
Früh erwacht nach kurzer Rast,
Findet sie an ihrem Herzen
Todt den vielgeliebten Gast.
Schreiend stürzt sie auf ihn nieder;
Aber nicht erweckt sie ihn,

Und man trägt die starren Glieder
Bald zur Flammengrube hin.

Sie höret die Priester, die Todtengesänge,

Sie raset und rennet und theilet die Menge.
Wer bist du? was drängt zu der Grube dich hin?

Bei der Bahre stürzt sie nieder,
Ihr Geschrei durchdringt die Luft:
Meinen Gatten will ich wieder!
Und ich such' ihn in der Gruft.
Soll zu Asche mir zerfallen
Dieser Glieder Götterpracht?

Mein! er war es, mein vor Allen!
Ach, nur Eine süße Nacht!

Es singen die Priester: Wir tragen die Alten,
Nach langem Ermatten und spätem Erkalten,
Wir tragen die Jugend, noch eh sie's gedacht.

Höre deiner Priester Lehre:
Dieser war dein Gatte nicht.
Lebst du doch als Bajadere,
Und so hast du keine Pflicht.

Nur dem Körper folgt der Schatten
In das stille Todtenreich;

Nur die Gattin folgt dem Gatten:

Das ist Pflicht und Ruhm zugleich.
Ertöne, Drommete, zu heiliger Klage!
O nehmet, ihr Götter! die Zierde der Tage,
nehmet den Jüngling in Flammen zu euch!

So das Chor, das ohn' Erbarmen
Mehret ihres Herzens Noth;
Und mit ausgestreckten Armen
Springt sie in den heißen Tod.
Doch der Götter-Jüngling hebet
Aus der Flamme sich empor,
Und in seinen Armen schwebet
Die Geliebte mit hervor.

Es freut sich die Gottheit der reuigen Sünder;
Unsterbliche heben verlorene Kinder
Mit feurigen Armen zum Himmel empor.

Paria.

Des Paria Gebet.

Großer Brama, Herr der Mächte!
Alles ist von deinem Samen,
Und so bist du der Gerechte!
Hast du denn allein die Bramen,
Nur die Rajas und die Reichen,
Hast du sie allein geschaffen?
Oder bist auch du's, der Affen
Werden ließ und unseres Gleichen?

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