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Im Schatten sah ich
Ein Blümchen stehn,
Wie Sterne leuchtend,
Wie Aeuglein schön.

Ich wollt' es brechen,
Da sagt' es fein:
Soll ich zum Welken
Gebrochen sein?

Ich grub's mit allen
Den Würzlein aus,
Zum Garten trug ich's
Am hübschen Haus.

Und pflanzt es wieder

Am stillen Ort;

Nun zweigt es immer

Und blüht so fort.

Gleich und Gleich.

Ein Blumenglöckchen
Vom Boden hervor
War früh gesprosset
In lieblichem Flor;
Da kam ein Bienchen
Und naschte sein:
Die müssen wohl Beide
Für einander sein.

Wechsellied zum Tanze.

Die Gleichgültigen.

Komm mit, o Schöne, komm mit mir zum Tanze!
Tanzen gehöret zum festlichen Tag.

Bist du mein Schaß nicht, so kannst du es werden,
Wirst du es nimmer, so tanzen wir doch.

Komm mit, o Schöne, komm mit mir zum Tanze!
Tanzen verherrlicht den festlichen Tag.

Die Bärtlichen.

Ohne dich, Liebste, was wären die Feste?
Ohne dich, Süße, was wäre der Tanz?

Wärst du mein Schat nicht, so möcht' ich nicht tanzen;

Bleibst du es immer, ist Leben ein Fest.

Ohne dich, Liebste, was wären die Feste?
Ohne dich, Süße, was wäre der Tanz?

Die Gleichgültigen.

Laß sie nur lieben, und laß du uns tanzen!
Schmachtende Liebe vermeidet den Tanz.
Schlingen wir fröhlich den drehenden Reihen,
Schleichen die Andern zum dämmernden Wald.
Laß sie nur lieben, und laß du uns tanzen!
Schmachtende Liebe vermeidet den Tanz.

Die Bärtlichen.

Laß sie sich drehen, und laß du uns wandeln!
Wandeln der Liebe ist himmlischer Tanz.

Goethe, Gedichte.

2

Amor, der nahe, der höret sie spotten,
Rächet sich einmal und rächet sich bald.
Laß sie sich drehen, und laß du uns wandeln!
Wandeln der Liebe ist himmlischer Tanz.

Selbstbetrug.

Der Vorhang schwebet hin und her
Bei meiner Nachbarin;

Gewiß, sie lauschet überquer,

Ob ich zu Hause bin,

Und ob der eifersücht'ge Groll,

Den ich am Tag gehegt,

Sich, wie er nun auf immer soll,

Im tiefen Herzen regt.

Doch leider hat das schöne Kind
Dergleichen nicht gefühlt.

Ich seh', es ist der Abendwind,
Der mit dem Vorhang spielt.

Kriegserklärung.

Wenn ich doch so schön wär',

Wie die Mädchen auf dem Land!

Sie tragen gelbe Hüte

Mit rosenrothem Band.

Glauben, daß man schön sei,
Dächt' ich, ist erlaubt.

In der Stadt, ach! ich hab' es
Dem Junker geglaubt.

Nun im Frühling, ach! ist's
Um die Freuden gethan;

Ihn ziehen die Dirnen,

Die ländlichen, an.

Und die Taill' und den Schlepp
Verändr' ich zur Stund';
Das Leibchen ist länger,
Das Röckchen ist rund.

Trage gelblichen Hut

Und ein Mieder wie Schnee
Und sichle mit Andern

Den blühenden Klee.

Spürt er unter dem Chor
Etwas Zierliches aus:
Der lüsterne Knabe,
Er winkt mir ins Haus.

Ich begleit' ihn verschämt,
Und er kennt mich noch nicht,
Er kneipt mir die Wangen
Und sieht mein Gesicht.

Die Städterin droht
Euch Dirnen den Krieg,
Und doppelte Reize
Behaupten den Sieg.

Liebhaber in allen Gestalten.

Ich wollt', ich wär' ein Fisch,
So hurtig und frisch;

Und kämst du zu anglen,
Ich würde nicht manglen.

Ich wollt', ich wär' ein Fisch,

So hurtig und frisch.

Ich wollt', ich wär' ein Pferd, Da wär' ich dir werth.

, wär' ich ein Wagen,

Bequem dich zu tragen.
Ich wollt', ich wär' ein Pferd,

Da wär' ich dir werth.

Ich wollt', ich wäre Gold,
Dir immer im Sold;

Und thätst du was kaufen,
Käm' ich wieder gelaufen.
Ich wollt', ich wäre Gold,
Dir immer im Sold.

Ich wollt', ich wär' treu,
Mein Liebchen stets neu;
Ich wollt' mich verheißen,
Wollt' nimmer verreisen.
Ich wollt, ich wär' tren,
Mein Liebchen stets neu.

Ich wollt', ich wär' alt
Und runglig und kalt;

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