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Vgl. im übrigen auch Art. Kohlenaufnahme

hafenpolizeilicher Beziehung, soweit sie nicht die Benutzung des eingeräumten Rechts er- in neutralen Gewässern. schweren, etwa durch Versagung des Zutritts Völkerrechtlich haben eine Rolle gespielt: zum Hafen, durch Beschränkung der Zahl der Art. 3 des Vertrags mit Spanien über den oder Aufenthaltsdauer der Schiffe. Anderer- Verkauf der Karolinen-Inseln an Deutschseits erscheint eine besondere Bevorzugung land (s. d.), in dem Deutschland Spanien das gegenüber den Kriegsschiffen dritter Mächte Recht einräumt, je ein Kohlendepot für seine nicht nötig. Im Kriegsfalle wird der be- Kriegs- und Handelsmarine im Karolinen-, rechtigte Staat jederzeit die volle Verfügung Palau- und Marianenarchipel errichten und über seine Kohlenstation haben, in der Auf- auch in Kriegszeiten erhalten zu können. enthaltsdauer seiner Kriegsschiffe nicht be- Siehe auch den vorhergehenden deutschschränkt sein und die Kohlenaufnahme nach spanischen Vertrag von 1885 (MR. XII, 296), seinen eigenen Bedürfnissen ausdehnen, eben- Art. 5, in dem sich Deutschland das Recht so seine Vorräte jederzeit ergänzen dürfen. vorbehält, auf den Karolinen oder PalauDer zedierende Staat nimmt aber durch eine inseln eine Flottenstation und eine Kohlensolche Erfüllung seiner Vertragspflichten am station für die Kriegsmarine zu errichten; Kriege teil und verläßt seine Rechtsstellung der Fall von Kum-Adassi 1901: Verhandals Neutraler (v. Liszt, Völkerrecht, S. 359, lungen über die Verpachtung einer der § 42 II 1). Siehe auch die Neutralitäts- Farisan-Inseln im Roten Meer auf 30 Jahre erklärungen Schwedens, Norwegens und an Deutschland als Kohlenstation; ähnlich Dänemarks 1904 in RG. 1904, S. 14-16; die die Verhandlungen über die Pachtung von neutralen Staaten haben den Kriegführenden Pulo Wei an der Nordspitze Sumatras, ebenzu untersagen, auf neutralem Gebiet Kohlen- falls 1901; die Verhandlungen zwischen Engniederlagen zu errichten. Würde anderer- land und Frankreich über die Pachtung eines seits der berechtigte Staat, wenn er selbst Kohlenlagerplatzes in Maskat für die franneutral bleibt, die ihm eingeräumte Kohlen- zösische Marine, die zur Einräumung eines station einer dritten, kriegführenden Macht Anteils am englischen Kohlenplatz dortselbst öffnen, so würde er ebenfalls seine Neutra- für Frankreich führten (s. a. Maskat-Rechtslität aufgeben. Da ferner die Kohlenstation fall und Débats parlementaires, Chambre des ja auch nur für Friedenszeiten allein ein- députés, 5. III. 1899); die Errichtung eines geräumt sein könnte, ist ihre Benutzung französischen Kohlendepots in Scheich-Said während eines Krieges zu suspendieren, gegenüber Perim, nachdem England in Aden wenn der Einräumungsvertrag ihre Be- die Lieferung von Kohlen verweigert hatte, nutzung im Kriegsfalle nicht erwähnt; nicht in Verbindung mit den französischen Anaber kann der zedierende Staat einen Grund | sprüchen auf den Platz. zur Ungültigkeit des Einräumungsvertrages daraus herleiten, daß er durch eine Neutralitätsverletzung in Erfüllung eines in Friedenszeiten ohne Rücksicht auf den Kriegsfall geschlossenen Vertrags einen Kriegsfall für sich selbst herbeiführen würde. Ist dagegen die Benutzung im Kriegsfalle ausdrücklich erwähnt und vereinbart, so ist damit Beihilfe für den Fall eines Krieges als Verpflichtung festgelegt, da die Neutralität im Belieben des einzelnen Staates liegt (partieller Bündnisvertrag, s. Art. Bündnisvertrag). Als Neutralitätsverletzung wäre auch eine auf Kriegsdauer befristete vollständige Abtretung des betreffenden Gebiets (wesentlich für den Begriff der Kohlenstation ist, daß sie politisch und militärisch unter der Verwaltung des berechtigten Staates steht) unter vollständigem Verzicht auf die Souveränität zu betrachten (s. Politis, RG. 1901); eine einseitige Vertragsaufhebung unter Berufung auf die clausula rebus sic stantibus (s. d.) wäre nur dann möglich, wenn zur Zeit des Vertragsabschlusses über die etwaige Neutralitätsverletzung durch Einräumung einer Kohlenstation Unklarheit bestanden hätte.

Literatur:

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Stoerk, Das Seegebiet und die rechtlichen
Grundlagen für den internationalen Ver-
kehr zur See, 11. Stück des Handbuchs des
Völkerrechts, Bd. 2. Derselbe, Das euro-
päische Völkerrecht, in Holtzendorffs
Enzyklopädie, 5. Aufl., Bd. 2, S. 1043.
v. Liszt, Das Völkerrecht, 4. Aufl., Berlin
1906. Scholz, Die Kohlenversorgung
feindlicher Kriegsschiffe in neutralen Ge-
wässern, Arch. öff. R., Bd. 20, S. 157.

Wahl, Die Kohlenstation, staatsund völkerrechtlich betrachtet mit Rücksicht auf den Art. 3 des deutsch-spanischen Vertrags betr. die Zession der Karolinen, Greifswald 1906 (Diss.). — Einicke, Rechte und Pflichten der neutralen Mächte im Seekriege nach dem Haager Abkommen vom 18. X. 1907, Tübingen 1912, S. 59-69, 113, 179, 300 usf. Derselbe, Die Kohlenversorgung unserer Auslandskreuzer und das Völkerrecht, DJZ. 1914, Nr. 21/22, Sp. 1251. Politis, Admission des bâtiments de guerre étrangers dans les eaux et ports belges, RG. 1901, 341 ff. — Fabre, Des servitudes dans le droit international Nauticus, public, Paris 1905 (Diss.). 1905, S. 389, gegenwärtiger Stand der Be

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Als Beispiele für unpolitische Kollektivkohlungsfrage, S. 553, Verzeichnis der wichtigeren Kohlenstationen; ebensolche in aktionen der Staaten seien erwähnt: das Einden,,Instructions nautiques" des fran- schreiten der Mächte in der Frage des Negerzösischen Admiralstabs und in Wrabec, handels (Wiener Kongreßakte, Beilage 15, Londoner Quintupelvertrag von 1841, BrüsFlotten- und Kohlenstationen unter strategischen, verkehrstechnischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Gesichtspunkten, seler Antisklavereiakte von 1890) des MädBerlin 1915, Heft 2 der,,Verkehrswissen- chenhandels (Londoner Kongreß von 1899, schaftlichen Abhandlungen"; dort auch Pariser Konferenz von 1902), der Schutz des März, Die Urheberrechts, des gewerblichen Eigentums, weitere Quellenangaben. Stützpunktpolitik der großen Mächte des Handels und Verkehrs (Schiffahrt auf (II. Teil von Haushofer-März, Geopolitik internationalen Strömen, Eisenbahn, Post, München und Telegraphie), der Schutz religiöser Freiheit der Selbstbestimmung, (Berliner Vertrag von 1878, Art. 62), ferner Leipzig 1923). der Schutz wertvoller Güter (Kabel, Robben im Beringmeer, Tierwelt in Afrika) und endlich die Abwendung von Gefahren (Sanitätsabkommen, Reblauskonvention usw.)

Kohler s. VRsliteraturgeschichte.

Kollektivaktion.

März.

Als Kollektivaktion im weiteren Sinne kann man jede von einer Mehrzahl von Staaten gemeinsam unternommene Handlung bezeichnen; im engeren Sinne versteht man darunter aber nur einen gemeinsamen Schritt politischer Natur, der von zwei oder mehr Staaten gegen einen oder eine Mehrzahl anderer Staaten unternommen wird.

Kollektivaktionen im engeren Sinne, die politischen, richten sich immer gegen einen bestimmten Staat oder gegen eine Gruppe von Staaten; ihr Zweck ist, diese zu einem bestimmten Verhalten entweder gegenüber anderen Staaten oder in ihren inneren Angelegenheiten zu nötigen. Die Kollektivaktion in diesem Sinne ist ein diplomatisches Mittel, um auf einen Staat einen Druck auszuüben, der um so wirksamer ist, je zahlreichere und mächtigere Staaten an der Aktion teilnehmen. Ursache und Zweck einer solchen KollektivKollektivaktionen im Gegensatz zu Hand- aktion können sehr mannigfaltig sein; es lungen des einzelnen Staates werden im kann sich darum handeln, einen Staat zur internationalen Verkehr dann zur Anwen- Einhaltung einer von ihm übernommenen dung gebracht, wenn zwischen den handeln- Verpflichtung zu zwingen, ihn zu einer beden Staaten gemeinsame Interessen bestehen stimmten äußeren oder inneren Politik zu und der beabsichtigte Erfolg durch einen veranlassen oder ihn von gewissen Schritten Die Mittel der Aktion einzelnen Staat nicht oder nicht sicher abzuhalten, etwa von einer beabsichtigten Kriegserklärung. erreicht werden kann.

Kollektives Vorgehen der Staaten im können verschieden intensiv sein; sie können weiteren Sinne, also in der Bedeutung ge- in Drohungen oder Demonstrationen bemeinsamen Handelns einer Mehrzahl von stehen oder sich auf diplomatische Schritte Staaten überhaupt, findet sich in älterer Zeit | beschränken; sie können aber auch kriegenur zur Erreichung gemeinsamer politischer rischer Art sein und in bewaffneter InterZiele; sie erschöpften sich in Allianzen und vention (Kollektiv-Intervention) bekriegerischen Bündnissen mit aggressiver stehen. oder defensiver Tendenz, in gemeinsam erlassenen Kriegserklärungen, Ultimaten, Protesten, Drohungen und ähnlichen Schritten. In neuerer Zeit aber haben die weitgehenden gemeinsamen Interessen der Staaten auf unpolitischem Gebiet, speziell auf dem der sog. internationalen Verwaltung, ein kollektives Handeln der Staaten notwendig gemacht und ein Blick auf die im 19. Jahrh. in geradezu unübersehbarer Zahl geschlossenen Verträge dieser Art zeigt, welch außerordentliche Bedeutung dieser staatlichen Tätigkeit heute zukommt. Es handelt sich hier um die Befriedigung staatlicher Solidarinteressen und um die Erfüllung von Aufgaben, die vom isoliert handelnden Staat schlechterdings nicht geleistet werden können.

Bekannte Kollektivaktionen der letzteren Zeit waren die Besetzung von Kreta durch die Großmächte im Jahre 1897, die Flottenkundgebung der Großmächte (ohne Deutschland) vor Mytilene und Lemnos im Jahre 1905 und das wiederholte Einschreiten europäischer Mächte gegen süd- und mittelamerikanische Staaten (z. B. Deutschland, England und Italien gegen Venezuela im Jahre 1902).

Kollektivaktionen politischer Art können endlich auch anderen Zwecken dienen; sie können z. B. die Garantie zur Einhaltung eines geschlossenen Vertrages zum Gegenstand haben und die Form eines Garantievertrages annehmen. Auch Protektorate können auf einer Kollektivaktion beruhen,

Literatur:

z. B. das Kollektivprotektorat von Deutsch- ethnographischen Begriff Kolonie bedeutsam land, England und der nordamerikanischen ist. Allgemein kann man sehr verschiedene Union über die Samoainseln (1889-1899) Arten von Kolonien unterscheiden. Staatund das von England und Ägypten über den liche und private Kolonien unterschieden Sudan; auch das vom Pariser Kongreß 1856 schon die Griechen (Kleruchien und Apoiausgesprochene Kollektivprotektorat der kien). Roscher hat im Anschluß an Heeren, Mächte über die Christen im osmanischen Gesch. d. europ. Staatensystems vier Gruppen Reich gehört hierher. unterschieden: Eroberungs-, Handels-, Ackerbau- und Plantagen-(Pflanzungs-) Kolonien, wozu noch die Bergwers kolonie einer- und andererseits die Straf- und Deportationskolonien hinzuzufügen sind. Am besten wird man militärische, Handels-, Ackerbau- und Strafkolonien scheiden oder nach Fabri nur die beiden Grundformen Handels- und Ackerbaukolonie annehmen, die sogar auch zuweilen ineinander übergehen. Von Eroberungskolonien zu sprechen ist irreführend

v. Ullmann, Völkerrecht, S. 276. Völkerrecht (11. Aufl.), S. 273.

Kolonien

v. Liszt, v. Frisch.

sind Niederlassungen, Ansiedlungen

=

von

colonus Ackerbauer, Ansiedler. Man gebraucht das Wort ganz allgemein (Kolonie denn die Eroberung hat meist den Zweck, Grunewald, Laubenkolonien bei Berlin, franzö- zu assimilieren (Slawen in Preußen), wenn sische Kolonie für die ausgewanderten Huge- nicht zu vernichten (Indianer). Eher wird notten usw.) und bezeichnet auch zuweilen man von Militärkolonien (Algier) und MarineNiederlassungen von Staatsangehörigen, die kolonien (Flottenstationen: Malta) sprechen ihre Stammeseigentümlichkeiten unter Fremd- können. Beispiele für Ackerbaukolonien: ober hoheit bewahren, als Kolonien (Deutsche Australien, Kanada; Plantagekolonien: WestKolonie in Brasilien). Ja, man spricht auch indien, Java, Bergwerkskolonien: Peru, von innerer Kolonisation, die hauptsächlich Mexiko; Handelskolonien: Hongkong, Kadurch Ansiedlung von Bauern und im natio- merun; Strafkolonien: Neukaledonien u. a. m. nalen Sinne erfolgt. So kolonisierten Russen Die Geschichte der Kolonien und Sibirien, Engländer und Schotten Ulster; so Kolonisation ist nicht nur ein interessantes Friedrich d. Gr. Westpreußen. So versuchte Gebiet der Geschichtswissenschaft, das hier Preußen auf die polnischen Gebietsteile in nur skizziert werden kann es ist vielmehr Posen usw. durch das Ansiedlungswerk (G. v. die Menschheitsgeschichte selbst, kein Einzel26. IV. 1886) zu wirken. Gewöhnlich aber gebiet, sondern die Gesamtentwicklung. Denn denkt man bei Kolonien an überseeische nach Friedrich List, dem großen und natioKolonien oder wenigstens an Niederlassungen nalsten Nationalökonomen (1841 System) außerhalb des Staates. Wir nehmen liegt es im Wesen einer normalen Nation, hier das Wort selbstverständlich im engeren daß sie mit dem Überschuß ihrer Kraft, ihrer Sinne und werden den Begriff noch zu ver- Bevölkerung, ihrer geistigen und materiellen engern haben. Zui Kolonie gehört jedenfalls Kapitale Kolonien gründet und neue Naein gewisser, nicht nur kultureller Zusammen- tionen zeugt. Schon die alten Kulturmächte hang mit dem Heimatlande. Absplitterungen des Orients haben von Asien aus kolonieines Volkes, die in einem fremden Volk auf- satorisch auf Europa gewirkt (Ex Oriente lux) gehen, sind so wenig Kolonien wie diejenigen, und die gewöhnliche Überlieferung schreibt die ein ganz eigenes Staatswesen bilden besonders den Phöniziern solche Betätigung (Deutsche und Engländer in Nordamerika; zu. Die Griechen erschlossen die MittelmeerKanada). Auch von der bloßen Einwande- länder späterer Zivilisation durch ihre Wanrung ist die Kolonie unterschieden, und zwar derungen und Kolonisierung und haben den durch Bewahrung der völkischen Eigentüm- feinen Unterschied von Apoikien und Klerulichkeiten und den Zusammenhang der Be- chien durchgeführt; die letzten allein sind siedlung, ebenso von der reinen Er berung eigentliche Kolonien. Die Römer haben über (s. jedoch unten). Somit ist der Begriff, ein Jahrtausend Kolonialpolitik getrieben, besonders unter den Nationalökonomen, sehr an ihre kolonisatorische Fähigkeit erinnert streitig. Man wird im allgemeinen darunter uns Cöln (Colonia Agrippina). Das frühere verstehen: auswärtige Verwaltungsgebiete Mittelalter zeigt uns die Vorstöße der Araber für weltwirtschaftliche und weltpolitische nach Spanien und Afrika, die der Normannen Zwecke. Notwendig ist aber vom rechtlichen nach Island und der Germanen nach Osten, Standpunkte unbedingt die Zusammen- wo auf slawischem Boden der Kern einer gehörigkeit mit, die Abhängigkeit von dem neuen Nationalität, der preußischen, geMutterstaate. Nicht notwendig ist eine An- schaffen wird. Am Ende des Mittelalters siedler bevölkerung, die wiederum für den sind es die italienischen Stadtrepubliken,

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besonders Venedig, die großzügig Handels- amsterdam New York), dauernd die Sundaniederlassungen in der Türkei (Levante) inseln gewinnen. Auch die Franzosen, ganz errichtete und ähnlich die Deutsche Hanse, unter merkantilistischen Anschauungen, bedie nicht nur handelspolitisch wirkte. Das gannen in Kanada und an den Ufern des Zeitalter der Entdeckungen führt dann auch Mississippi Reiche zu gründen und die Nebeneine neue Zeit der Kolonialpolitik herauf. buhlerschaft dieser gegen England ist bis auf Zuerst waren es die Portugiesen, die im den heutigen Tag geblieben. 15. Jahih. gen Osten fuhren und sich durch Der Utrechter Frieden enthält zum ersten eine Bulle Papst Eugens IV. von 1441 den Male Festsetzungen über koloniale BeBesitz aller Länder zwischen Kap Bogador sitzungen. Die folgenden europäischen und Indien zusprechen ließen. Bald traten Kriege alle haben ihr Gegenstück in Kolonialdie Spanier auf den Plan und durch Bulle kriegen; und in den Friedensschlüssen von vom 4. V. 1493 nahm Alexander VI. die Paris 1763 und Versailles 1783 sind koloniale Teilung der neuen Welt zwischen Spaniern Fragen geregelt. Die Wiener Verträge und Portugiesen vor, indem er eine Linie bringen Großbritannien einen bed ionden durch den Ozean zog. Jetzt beginnt auch die Machtzuwachs, der im etzten Jahrhundert englische Kolonialpolitik. Ein Fischer, der durch die Ausdehnung des Indischen Reichs aus Venedig stammte, war der erste, der auf und die Aufteilung Afrikas noch größer wird. englischem Boot nach Norden fuhr: aber als Auch die jüngsten Kriege sind alle KolonialBeginn eigentlicher Kolonialunternehmungen kriege (s. die betr. Artikel): Spanisch-amerik. gelten Humphreys Unternehmung nach Neu- Krieg, Burenkrieg, Tripolitan. Krieg, in dem fundland 1583 und Walter Raleighs Erwerbung Italien als Kolonialmacht erscheint, ja selbst Virginiens 1587, genannt nach der jungfräu- z. T. der Weltkrieg. Deutschland ist als lichen Königin, die neuerdings als Mutter jüngste Kolonialmacht in die Weltwirtschaft von Shakespeare-Bacon von einzelnen For- eingetreten. An die Einigungspolitik schloß schern hingestellt wird. Gleichzeitig wird sich ganz naturgemäß Weltpolitik an, der grundsätzlich das Recht des Papstes zur freilich Fürst Bismarck zuerst wenig geneigt Teilung der Erde bestritten und betont, das war. Aber die nationale Tendenz und die ,,prescription without possession availed steigende Ziffer des Bevölkerungs überschusses nothing" (s. u.). Die Kolonisierung erfolgt und der Auswanderung (1881: 220000) sowie durch proprietary colonies und chartecolonies. die Handelsinteressen hanseatischer KaufUnd nach Amerika beginnt die puritanische leute führten zu lebhafter literarischer und Auswanderung, die neue angelsächsische Vereinsbewegung und trotz der ZurückWelt, die allerdings dann selbständig wurde, haltung der Reichsregierung begann 1884 die anbahnend und vorbereitend. (Fortschritte Verwirklichung des kolonialen Gedankens der englischen Kolonialpolitik in einigen dadurch, daß 1884 die Lüderitzschen BeDaten: 1591 Erste Schritte in Indien, 1605 sitzungen in Südwestafrika unter den Schutz Barbados, 1620 Die Puritaner in Massa- des Reiches gestellt wurden und man damit chusets, 1632 Nova Sophia, 1634 Maryland, an die ersten Versuche und Traditionen des 1636 Rhode Island, 1640 Madras, 1655 und Großen Kurfürsten anknüpfte. 1662 Madras und Bombay abgetreten, 1682 Pennsylvanien von den Quäkern besiedelt, 1686 William Douglas landet in Australien, 1698 Calcutta, 1704 Gibi altar, 1759 Canada genommen, 1787 Neusüdwales, 1800 Malta, 1803 Organisation Tasmaniens, 1806 Cap der guten Hoffnung, 1810 Mauritius, 1815 Ceylon, 1834 Südaustralien zur Provinz erklärt, 1839 in Aden, 1841 Neu-Seeland, 1841 Hongkong, 1849 das Pennjab, 1850 Queensland und Victoria, 1858 Neuorganisation Indiens, 1876. Die Königin,,Empress of India", 1878 Cypern 1903 Burenland. The commonwealth of Australia. Vgl. eine knappe Übersicht von some events in the history of the British Colonial Empire in den meisten Jahrgängen des bek. Whitakers Almanach, z. B. 1895 [S. 704]).

So beginnt eine neue Kolonialpolitik des Deutschen Reichs, bei deren Durchführung Bismarck dem angedeuteten Grundgedanken treublieb, das Reich möglichst wenig in neuartigen Unternehmungen zu engagieren und die eigentliche koloniale Tätigkeit, Wirtschaft und Verwaltung möglichst den nächst beteiligten Kreisen zu überlassen. Dies kennzeichnet besonders die 1. Periode der kolonialen Erwerbungen 1884-1886, die dem Reich vor allem die afrikanischen Besitzungen bringen: 1. Südafrika, Angra Pequena, 2. Kamerun, 3. Togo, 4. die im Schutzbrief vom 27. II. 1885 genannten Gebiete Ostafrikas, 5. Deutsch Neuguinea (Bismarcks Rede gegen englische Schwierigkeiten vom 2. III. 1885), 6. die Marschall-, Brown- und Providence-Inseln. Die Erweiterung des Ebenfalls gegen Spanien richtete sich die deutschen Kolonialbesitzes fällt in eine Politik der Niederländer, die vorüber- spätere Zeit, unter Wilhelm II. 1897-1899. gehend in Nordamerika Fuß fassen (Neu- Zwischen dem ersten und zweiten Zeitraum

liegt eine bedeutsame Wandlung der An- | Auch die Kongoakte Art. 30 ff. unterscheidz schauungen. Nicht allein der Umstand, daß Besitzergreifung und Ausübung einer Schutz Wilhelm II. die Seegeltung des Reichs als herrschaft. Ebenso der niederländische Amts lebenswichtigen Faktor erkannt hatte und stil, jedoch ohne besondere Folgerunger das Verständnis für die überseeischen Fragen Es muß festgehalten werden, daß Kolonie in weite Volksschichten eindrang, auch die völker- und staatsrechtlich Inland sinc innere Entwicklung der Kolonialpolitik zeigte Anderen Gemeinwesen gegenüber ist Ausland die Wandlung von der Schutzgewalt zur nur, was nicht unter unserer Staatsgewa: vollen Staatsgewalt. Jetzt werden erworben: steht. Kolonie und Mutterland stehen abe 1. das Kiautschougebiet 1898, 2. die Karo-rechtlich und tatsächlich unter derselbe: linen, Palau und Marianen 1899 und 3. die Staatsgewalt. Ein drittes besonderes Ver. Samoainseln, die, nachdem die schwierigen hältnis ergibt sich aus der in neuer Zeit üblich Rechtsverhältnisse durch die Samoageneral- gewordenen Abgrenzung von Interessenakte d. d. Berlin 14. VII. 1889 einigermaßen sphären. Nach den verschiedenen Verträger gelärt waren und ein praktisch unhaltbares verpflichtet sich ein Staat in solchem Falle, gemeinsames Protektorat geschaffen, durch in dem bezeichneten Gebiet dem anderen völkerrechtliche Verträge mit England und nicht entgegenzutreten und selbst auf Erden Vereinigten Staaten vom 14. XI. und werbung von Herrschaftsrechten in dem be 2. XII. 1899 auf das Reich übergingen (vgl. stimmten Gebiet zu verzichten. Der dem Strupp, Urkunden II, 99). Mitvertragschließenden gegenüber ein Aus

Für die Vorgeschichte wie für die Ent- schlußrecht erlangende Staat erwirbt das wicklung der einzelnen Erwerbungen, die betreffende Gebiet erst, wenn er es unter hier nicht gegeben werden kann, s. u. die seine Gewalt bringt, also es unmittelbar sich Literatur und zur allgemeinen Kennzeich- unterwirft oder Protektoratsrechte begründet. nung die Rede Dernburgs bei Bildung eines Der Erwerb von Kolonien ist in neuester kolonialen Aktionskomitees (Reichsanzeiger Zeit insbesondere durch Art. 34 der Kongov. 9. I. 1907, 1. Beilage). Die völkerrechtliche akte geregelt (s. d. Art. Kongo). Schon und staatsrechtliche Stellung der Kolo- bestehende Kolonien können nach denselben nien, die, wie schon die kurzen geschichtlichen Rechtsgrundsätzen erworben werden, nach Andeutungen zeigen, sehr verschieden ist, denen überhaupt ein unter fremder Herrläßt sich für das gegenwärtige Recht genau schaft stehendes Gebiet erworben werden feststellen. Kolonie im Rechtssinne im kann, durch Vertrag oder debellatio. NeuUnterschied von der ethnographischen oder erwerbung, Neuentstehung von Kolonien ist wirtschaftlichen Kolonie ist ein Ansiedlungs- nur möglich in Gebieten, wo eine Staatsgebiet, das in staatsrechtlicher Verbindung gewalt überhaupt nicht vorhanden (herrenlos zum Mutterlande steht. Ob die Zahl der im Sinne des Völkerrechts) oder wo zwar eine heimischen Kolonisten groß oder verschwin- staatliche Autorität besteht, aber nur eine dend klein, ist gleichgültig, ebenso, ob die solche, die von den Staaten christlicher ZiviVerknüpfung enger oder loser. Wesentlich lisation nicht als gleichberechtigt anerkannt ist der rechtliche und politische Zusammen- ist. In früheren Zeiten ging man soweit, daß hang und daß ein und dieselbe Staatsgewalt man nicht nur Herrschaftsrechte ausübte, herrscht. Irreführend ist daher etwa eine sondern selbst das private Eigentumsrecht staatsrechtliche und eine völkerrechtliche und die Freiheit der Eingeborenen nicht Unterordnung zu unterscheiden. Grund- anerkannte. In der Gegenwart unterscheidet sätzlich kann man das nur so verstehen, daß man zwischen privatrechtlicher Okkupation in einem Falle das Nebenland keine eigene und völkerrechtlicher Besitzergreifung: die staatsrechtliche Persönlichkeit hat es ist erste kann die letzte veranlassen. Zum völkerProvinz oder daß das Nebenland Staats-rechtlichen Erwerb genügt nicht eine symperson bleibt (,,halbsouverän"). In diesem bolische Handlung, das Hissen der Flagge, Falle spricht man von Protektorat, was ja auch, abgesehen von kolonialen Verhältnissen, vorkommt. Die Ausdrucksweise der Praxis ist verhüllend: so waren die deutschen Schutzgebiete wahrhaft Kolonien. Das Protektoratsland bleibt Staat, ist dem Schutzstaate unterworfen, die Kolonie ist einverleibt. Sie ist Gebiet des Staates, woraus nicht folgt, daß beide ein einheitliches Rechtsgebiet sind. Sie kann im Sinne des Bürgerlichen und Strafrechts Ausland sein, staats- und völkerrechtlich ist sie Inland.

wie spanische Juristen annahmen, sondern es ist tatsächliche Besitzergreifung und dauernde Behauptung des Besitzes durch staatliche Machtmittel nötig. Die Kongoakte hat zu diesen Bedingungen die Anzeige an die Signatarmächte hinzugefügt. Nach diesen Grundsätzen ist dann auch bei Erwerb der Deutschen Kolonien verfahren worden. Über die Erwerbung im einzelnen vgl. Köbner, S. 54ff. Die Erwerbsarten waren juristisch sehr verschieden. Durch Vertrag sind erworben Teile von Ostafrika, ferner die Karo

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