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Anklänge dieser Einteilung bei Lorimer, gehen. Auch die dauernde Anerkennung kann Principes de droit international II, 2, S. 69 daher sowohl ausdrücklich, wie stillschwei[Übersetzung von Nys], der eine volle, par- gend erfolgen. Die Unterscheidung der Fortielle und eine bloß,,menschliche" Aner- men der Anerkennung ist daher von der Einkennung unterscheidet.) teilung des Inhaltes der Anerkennung streng zu trennen.

Der typische Fall ist hingegen der, daß mit dem neuen Staate vor der dauernden An- IV. Die individuelle und die kolerkennung zwar prinzipiell in allen ausw. lektive Anerkennung. Die Anerkennung Angelegenheiten, aber doch nur provisorisch erfolgt erfahrungsgemäß entweder in der in Verkehr getreten wird. Diese Anerkennung Weise, daß jeder Staat einzeln für sich den bildet daher meistens ein Vorstadium, ein neuen Staat anerkennt oder aber, daß die Vorverfahren der vollen und dauernden An- Anerkennung kollektiv in einem gemeinerkennung. samen Instrumente ausgesprochen wird. Im Im Gegensatz zu dieser Einteilung unter- ersteren Falle erfolgen daher die einzelnen scheidet die herrschende Lehre zwischen der Anerkennungen zu verschiedenen, oft weit ausdrücklichen und stillschweigenden, sowie auseinander liegenden Zeitpunkten. Man zwischen der de facto- und der de jure-An- kann jedoch in den letzten hundert erkennung. Die erstere Einteilung ist nicht Jahren eine Tendenz zur kollektiven Anereine solche nach dem Inhalte der Anerken-kennung feststellen. (Vgl. die Anerkennung, sondern nach der Form, in der sie vor nungen von Griechenland [1832], der Balkansich geht. Vgl. darüber unter III. Was die staaten [1878], der Kongostaaten [1885], zweite Unterscheidung anlangt, so deckt sich Albaniens [1913], der Republik Österreich ungefähr unsere vorläufige Anerkennung mit [1919]). Diese wurde noch verstärkt durch der sog.de facto-Anerkennung und die dauernde das in der Völkerbundssatzung vorgesehene Anerkennung mit der sog. de jure-Anerken- Verfahren zur Aufnahme in den Völkernung. Gleichwohl empfiehlt es sich die Aus- bund, das geeignet erscheint allmählich drücke de facto und de jure-Anerkennung zu die individuelle Anerkennung zu verdrängen. vermeiden, da eine für das Recht im allge- In dieser Richtung bemerkt Scelle:,,Ainsi meinen und das Völkerrecht im besonderen nous assistons à une évolution du droit de la relevante Anerkennung niemals de facto, reconnaissance internationale. Jusqu'ici ce sondern stets nur de jure sein kann. Eine droit était individuel; il devient collectif". rechtlich relevante de facto-Anerkennung ist (Le Pacte des nations et sa liaison avec le eine contradictio in adjecto. Ebenso aber traité de paix, 1919, S. 255.) Vgl. jedoch ist der Terminus,,de jure Anerkennung" ab- meine Ausführungen unter V. in fine. zulehnen, da innerhalb des Rechtssystems jede Erscheinung eine rechtliche ist und daher kein rechtlicher Tatbestand von einem anderen durch das Prädikat,,de jure" unterschieden werden kann.

III. Die Formen der Anerkennung. Die vorläufige Anerkennung erfolgt entweder durch eine in einer diplomatischen Note oder mündlich abgegebene Erklärung vorläufig die Beziehungen aufzunehmen (ausdrückliche Anerkennung), oder aber durch die Aufnahme des rechtlichen Verkehres mit der neuen Regierung schlechtweg (stillschweigende Anerkennung).

V. Die Wirkung der Aufnahme in den Völkerbund auf die staatliche Anerkennung. Hier ist nur zu untersuchen, ob die Aufnahme in den Völkerbund die staatliche Anerkennung in sich schließt. Auf der ersten Völkerbundesversammlung wurde dieses Problem berührt. Einige Mitglieder der 5. Kommission vertraten die Meinung, daß die Aufnahme in den Völkerbund die de jure-Anerkennung seitens der Völkerbundsmitglieder einschließt, andere dagegen verneinten diesen Zusammenhang. Schücking und Wehberg haben sich der ersteren Auslegung angeschlossen, da der Die dauernde Anerkennung wird häufig Völkerbund als Arbeitsgemeinschaft ein bedadurch ausgedrückt, daß die ersuchte Re- stimmtes Zusammenarbeiten der Staaten gierung in einer Note (z. B. Anerkennung der erfordert. ,,Aber auch die Tatsache des Republik Österreich durch eine Note des Bundes als Friedensgemeinschaft spricht für Obersten Rates) oder in einem Staatsvertrag diese Auffassung. In Artikel 12 Abs. 1 Satz 1 (z. B. Anerkennung der Tschechoslowakei der Satzung heißt es, daß die Streitigkeiten, seitens der Zentralmächte durch die Staats-,,die zu einem Bruche führen können", entverträge von Versailles, St. Germain, Neuilly weder der Schiedsgerichtsbarkeit oder der und Trianon) feierlich erklärt, den neuen Prüfung durch den Rat unterbreitet werden Staat anzuerkennen. Sie kann aber auch sollen. Danach dürfen die diplomatischen durch die Aufnahme diplomatischer Be- Verhandlungen nicht abgebrochen werden, ziehungen oder durch die Anbahnung eines bevor die friedliche Streiterledigung in der auf die Dauer gerichteten Verkehrs vor sich vorgesehenen Weise versucht worden ist.

Denn der Ausdruck,,Streitigkeiten, die zu | ternational law, I, S. 117 und die dort zieinem Bruche führen können" deutet an, tierte Literatur). daß gerade dieser Bruch, das heißt das Auf- Die Frage eines Rechtes auf Anerkennung hören einer direkten diplomatischen Be- kann nur dann sinnvoll gestellt werden, wenn ziehung zueinander, verhindert werden soll. das Völkerrecht, wie bei Bluntschli (das Wenn aber im Völkerbunde die Unter- moderne Völkerrecht, 1878) als Menschheitsbrechung der diplomatischen Beziehungen recht und die Staaten als Organe dieses auferst nach einem Versuche friedlicher Streit- gefaßt werden, da nur dann ein überstaaterledigungen möglich ist, dann darf normaler-licher Rechtssatz, der den neuen Staaten ein weise zwischen den Mitgliedern des Bundes Recht auf Anerkennung einräumt, begriffen der diplomatische Verkehr nicht unterbrochen werden kann. werden, es sei denn etwa, daß die Zwangs- Dagegen beschäftigte sich die Staatenexekution des Bundes gemäß Art. 16 in praxis wiederholt mit dem Recht zur AnFrage steht. Sämtliche Mitglieder des erkennung, d. h. der Frage, ob die Staaten Bundes müssen also unmittelbar mit dem berechtigt sind, die durch Losreißung vom neuaufgenommenen Staate in diplomatische Mutterlande entstandenen Staaten anzuerBeziehungen treten; das aber bedeutet die kennen oder ob sie dadurch dem alten Staate Anerkennung de jure". (Schücking-Weh- gegenüber Unrecht begehen. In dieser Richberg, Die Satzung des Völkerbundes, Vor- tung ist besonders der Notenwechsel zwischen veröffentlichung aus dem Kommentar zum Frankreich und England betreffend die AnFriedensvertrage, herausgegeben von Schü- erkennung der Ver. Staaten Nordamerikas cking 1921, S. 111.) Dieser Auffassung ist durch Frankreich (1778) wertvoll. Frankbeizupflichten. Die Aufnahme in den Völker- reich rechtfertigte sein Vorgehen damit, daß bund ist eine der Formen der staatlichen An- die Ver. Staaten nicht nur ihre Unabhängigerkennung, da durch diese Aufnahme der keit erklärt hatten, sondern daß sie auch neue Staat in den Rechtskreis des Bundes tatsächlich unabhängig seien und daß eintritt und damit in rechtlichen Zusammen- England nicht mehr imstande sei, sie zu hang mit den übrigen Bundesmitgliedern ge- unterwerfen. Dies genüge für den anerkennenlangt. Da weiters die Aufnahme in den den Staat, er habe die Legalität der EntVölkerbund eine dauernde ist und da sie stehung nicht zu prüfen. Überdies wies auf Grund des Préambules der Satzung einen Frankreich auf den Präzedenzfall der AnVerkehr mit dem neuen Staate auf Grund erkennung der Niederlande nach der Losdes Völkerrechtes in sich schließt, ist sie als reißung von Spanien, durch England (1588) volle dauernde Anerkennung anzusehen. hin, während Spanien erst 1648 die SelbGleichwohl hat die besondere Anerkennung ständigkeit der Niederlande anerkannte. eines bereits in den Völkerbund aufgenom- (Wheaton, Histoire des progrès du droit menen Staates durch andere Völkerbunds- des gens, I, S. 354ff.) staaten insoferne Bedeutung, als diese auch im Falle des Ausscheidens aus dem Bunde fortwirkt, während die durch den Eintritt in den Bund begründeten Rechtsverhältnisse mit dem Austritte erlöschen können.

Bei der Frage der Anerkennung der franz. Republik (nach der Entthronung Ludwigs XVI.) durch die Ver. Staaten und der Selbständigerklärung der südamerikanischen Staaten (Wheaton, a. a. O. II, S. 9ff. und VI. Das Recht auf Anerkennung Alvarez, Le droit international américain, und das Recht zur Anerkennung. S. 39) wurde unser Problem neuerlich erWer am Standpunkt der herrschenden Lehre örtert. Zwei Thesen standen sich gegenüber. steht, daß das Völkerrecht auf dem Willen Die eine, vom Gedanken der historischen der Staaten beruht und daß daher die Staaten Legitimität geleitet, behauptete, daß kein nur soweit verpflichtet sind, als sie sich selbst Staat berechtigt sei, den neuen Staat angebunden haben, daß weiters das Völker- zuerkennen, bevor dies nicht das Mutterland recht ausschließlich die Beziehungen zwischen getan hat. Die andere vertrat einen neuen den Staaten der Völkerrechtsgemeinschaft Legitimitätsgedanken, das Prinzip der regelt, kann nur fragen, ob eine Pflicht Selbstbestimmung, das davon ausging, dieser Staaten untereinander besteht, daß es ein angeborenes Menschenrecht sei, neue Staaten unter gewissen Voraussetzungen sich nach freier Wahl staatlich zusammenanzuerkennen, niemals aber, ob der neue zuschließen. Nur ein Staat auf solcher Basis Staat ein Recht auf Anerkennung besitzt. sei legitim. Seine Anerkennung sei allgemein Da nun eine solche Pflicht zwischen den Pflicht. Die Zustimmung des Mutterlandes Staaten der Völkerrechtsgemeinschaft nicht sei irrelevant. Beide Thesen vermochten aufzeigbar ist, ist jenen Autoren beizu- nicht zu obsiegen. Die moderne Staatenpflichten, die einen Anspruch dieser Art praxis, geleitet besonders von den Ver. ablehnen (vgl. besonders Oppenheim, In- Staaten, vertritt vielmehr den Standpunkt,

daß das Schwergewicht darauf zu legen ist, ob der neue Staat,,tatsächlich unabhängig" ist. (Über die Frage der Staatsentstehung und über die rechtliche Bedeutung der,,tatsächlichen Unabhängigkeit" vgl. das Stichwort,,Entstehung der Staaten"). Nebenbei wird jedoch bisweilen verlangt, daß der neue Staat,,mit Zustimmung der Regierten" besteht (vgl. Kraus, Die Monroedoktrin, S. 44f. und 54ff.). Vgl. auch Art. 1 des Völkerbundpaktes.

vermitteln, indem sie sagen, daß der neue Staat zwar unmittelbar Völkerrechtssubjekt werde, daß er aber die meisten Rechte erst nach der Anerkennung ausüben könne.

Diese Kontroverse ist in der letzten Zeit wieder aufgenommen worden, sogar diesmal mit dem Versuche einer rechtstheoretischen Fundierung. Hierbei vertrat Kelsen die letztere These. Er meint, daß der existente, aber noch nicht anerkannte Staat zu den übrigen Staaten bereits in völkerrechtlichen Beziehungen stehe, ergebe sich daraus, daß er berechtigt sei, um die Anerkennung zu werben und daß die anderen Staaten verpflichtet seien, sie unter bestimmten Voraussetzungen zu gewähren, daß die Anerkennung ein Rechtsgeschäft sei, bei dem der anzuerkennende Staat einen rechtsgeschäftlichen Willen äußert, somit Rechtspersönlichkeit haben müsse. (,,Die Verfassungsgesetze der Republik Deutsch-Österreich", 1919, S. 37 und,,Das Problem der Souveränität und die Theorie des Völkerrechts", 1920,

Nach modernem Völkerrecht ist somit jeder Staat zur Anerkennung des neuen Staates berechtigt, wenn er,,tatsächlich unabhängig" ist. Nur eine vorzeitige Anerkennung ist als ein unzulässiger Eingriff in die Rechte des Mutterstaates zu betrachten, wie dies auch die herrschende Lehre annimmt (vgl. schon Schmalz, Das europ. Völkerrecht, S. 36). Wenn jedoch der Mutterstaat in die Losreißung einwilligt, wie dies z. B. Sowjetru Bland durch Proklamierung des vollen Selbstbestimmungsrechts getan hat, kann die Anerkennung auch vor der,,tat- S. 228ff.). Für Sander hingegen gelangen sächlichen Unabhängigkeit" ohne Völkerrechtsverletzung erfolgen (vgl. z. B. die Anerkennung der Ukraine durch die Zentralmächte bei Strupp, Die Ostfrieden, S. 25ff.).

die Staaten erst im,,Anerkennungsverfahren" zur Erzeugung. (,,Das Faktum der Revolution“ und „,alte und neue Staatsrechtslehre", Zeitschrift für öffentl. Recht, Wien, 1919 und 1920, I und II B).

Darauf kann hier nicht näher eingegangen werden. Unser Standpunkt ergibt sich aus den Ausführungen unter II. und VI. Vgl. aner- überdies das Stichwort ,,Entstehung der

VII. Die Anerkennung unter Bedingungen. Solange es jedem Staate rechtlich frei steht, ob er den neuen Staat anerkennen will oder nicht, kann er ihn auch nur unter bestimmten,,Bedingungen“ kennen (vgl. z. B. die Serbien, Montenegro, Staaten“. Bulgarien und Rumänien vom Berliner Kongreß auferlegten,,Bedingungen"). Die herrschende Lehre nimmt an, daß dann, wenn der neue Staat diese ,,Bedingungen“ nicht erfüllt, der anerkennende Staat zwar ermächtigt ist, die Erfüllung zu fordern, daß er aber die Anerkennung nicht widerrufen kann. Diese,,Bedingungen“ seien also nur eine Auflage. Demgegenüber muß bemerkt werden, daß alles vom konkreten Fall abhängt. Prinzipiell ist es jedoch keineswegs ausgeschlossen, daß die Anerkennung nur unter einer Resolutivbedingung erfolgt.

Literatur:

Vgl. außer den üblichen Lehr- und Handbüchern und den im Texte angeführten Werken, Le Normand, La reconnaissance internationale et ses diverses applications, 1899 und besonders das reiche Material bei Moore, International law, 1906, Bd. I. Verdroẞ.

Angarien.

Das Angarienrecht (jus angariae oder angariarum, dr. d'angarie, right of angary, VIII. Die konstitutive oder dekla- dir. di angheria) ist das seit dem Mittelalter rative Bedeutung der Anerkennung. ausgebildete Recht des Staates, fremde SeeDie Ansichten der Literatur sind geteilt. Ein schiffe, die sich in den seiner Gewalt unterTeil nimmt an, daß der neue Staat unmittel- stehenden Gewässern befinden, in Beschlag bar mit der Entstehung Völkerrechtssubjekt zu nehmen, um sie zu Transportdiensten wird und daß die Anerkennung dieses Fak- oder sonst einem Zwecke zu verwenden. tum nur,,deklariere" (z. B. Ullmann, Völ- Das Wort,,angariae" bezeichnet im Corp. kerrecht § 29, Neumann, Grundriß, S. 23, jur. Fronfuhren für gewisse öffentliche TransHall, International law), von anderer Seite porte oder die denselben dienenden Zugtiere. wird dagegen behauptet, daß die Staaten Das jus ang. wurde in der älteren Doktrin erst durch die Anerkennung völkerrecht- auf die eigenen wie auf fremde Schiffe beliche Persönlichkeit erlangen (besonders zogen. Aber einen völkerrechtlichen ChaOppenheim, International law, I, S. 117). rakter hat es nur in bezug auf fremde Schiffe Einige Schriftsteller schließlich suchen zu und es wird bei ihnen durch eigentüm

liche Momente bestimmt, die seine selb- brecht S. 37 ff., 52ff.). Im Weltkriege haben ständige Behandlung rechtfertigen. Es kriegführende und neutrale Staaten von der spielt im Kriege, insbesondere (vgl. Schramm Angarie in großem Umfang Gebrauch geS. 274) gegenüber neutralen Schiffen eine macht, die Vereinigten Staaten und Großgrößere Rolle, ist aber auch sonst angewendet britannien 1918 gegenüber niederländischen worden und man hat, wenn man es über- Schiffen, Italien 1915, Portugal 1916, Brasihaupt zuläßt, keinen Grund, seinen Begriff lien 1917, bevor sie noch in den Krieg mit auf die Anwendung durch Kriegführende Deutschland eintraten, gegenüber deutschen zu beschränken, oder (so etwa Despagnet Schiffen. Namentlich bei Portugal kommt n. 499), seine Geltung nur in diesem in Betracht, ob nicht die Absicht, statt auf Falle anzuerkennen. Ob wirklich ehe- Befriedigung eigener Bedürfnisse, überdem die Übung des Angarienrechtes auf wiegend neutralitätswidrig auf die Überhoher See gegen fremde Schiffe als lassung der Schiffe an England ging, wie rechtlich zulässig angesehen wurde, mag sie später wirklich ausgeführt wurde. bezweifelt werden. Auch die älteren Schrift- Prinzipiell läßt sich das Angariensteller definieren den Begriff oft enger (so recht aus allgemeinen Rechtssätzen folgern. Stypmannus, Jus maritimum v. 1. 23, Es ergibt sich, insofern es gegenüber Azuni, Droit maritime I, p. 294f.). Selden, Schiffen geübt wird, die sich in den Mare clausum II, cap. 20, führt englische eigenen Gewässern des Staates aufhalten, Erlässe über Festnahme von Schiffen in aus der Territorialhoheit und auf feindlichem den England umgebenden Meeresteilen an, Gebiet aus den Grundsätzen über Reaber gerade um zu beweisen, daß die Herr- quisitionen, die auch, wie grundsätzlich schaft über dieselben in Anspruch genommen alle Kriegsmaßregeln, das Eigentum der werde. Heutzutage ist eine solche, der Neutralen, gleich dem der Inländer, erfassen. Meeresfreiheit widersprechende Gewaltübung Es ist daher nicht begründet, wie dies sehr gewiß obsolet. Wenn ehedem kriegführende häufig geschieht, das Angarienrecht auf den Staaten kraft des Angarienrechts auch die Fall der Not zu beschränken, insofern man Bemannung der neutralen Schiffe zu ihrer darunter mehr versteht als die auch sonst Bedienung zwangen, so wird auch das heut- bei der Enteignung und bei den Requizutage zurückzuweisen sein (so Geffcken S. 773, Oppenheim § 364, anders Perels S. 221). Es liegt im Sinne des Völkerrechts, daß mindestens nichtdomizilierte fremde Staatsbürger zu Diensten, die sich unmittelbar auf den Krieg beziehen, nicht angehalten werden dürfen (s. die Verhandlungen der 2. Haager Friedenskonferenz zur 5. Konvention, etwa bei Lémonon, La seconde Conférence de la paix S. 376ff., 400ff.). Gegen eine solche Inanspruchnahme wendet sich auch die bei Perels S. 222 angeführte englische Verordnung.

sitionen geltende Voraussetzung des Bedürfnisses des Staates. Auf bloß vorbeifahrende Schiffe ist es nicht zu erstrecken, weil dies dem Rechte der Durchfahrt durch die Küstengewässer widerspräche.

Aber wenn das Recht positiv anzuerkennen ist (vgl. auch die deutsche Äußerung auf der zweiten Haager Konferenz bei Lémonon S. 390), so erscheint es doch sehr unbillig, weil es gewöhnlich Objekte trifft, die nur vorübergehend in den Lebensbereich des Staates gehören und nur durch Überraschung getroffen werden können. Die Abneigung In der neueren Literatur wird das An- gegen ein solches Recht läßt sich daher wohl garienrecht oft als völkerrechtswidrig ab- erklären. Abgesehen von verschiedenen gelehnt (vgl. Albrecht S. 36f.). Es ist in Verträgen, die es ausgeschlossen haben (s. unserer Zeit selten angewendet worden, was Albrecht S. 32f., 53, 55), wird es in einem auch mit den Verhältnissen moderner Krieg- Beschlusse des Institut de droit international führung erklärt wird. Immerhin bietet die verworfen (s. das Annuaire XVIII, p. 63 ff., Versenkung mehrerer englischer Schiffe im 255 ff.) und die Unterscheidung, die bei deutsch-französischen Kriege bei Duclair, einer Verhandlung auf der zweiten Haager die ein deutsches Kommando aus Gründen Friedenskonferenz, Actes et documents III, militärischer Notwendigkeit behufs Fluß- p. 227 ff., 284, 72f., 94, 97 (vgl. Lémonon sperre vornahm, einen vielbesprochenen p. 400 ff.), für Flußschiffahrt und SeeÜbungsfall (s. Staatsarchiv XXI. Nr. 4498 ff.). schiffahrt ins Auge gefaßt wurde, weist Auch anerkennen zahlreiche Staatsverträge auch auf die besondere Rücksicht für die das Angarienrecht mindestens in der Weise, letztere hin. Der nämliche Grund rechtdaß sie dasselbe gleichwie die Beschlagnahme fertigt unter anderen die Einschränkungen, anderen Eigentums nur gegen Entschädi- denen die Anforderung neutralen Eisengung zulassen; es ist nicht anzunehmen, bahnmaterials nach Art. 19 der 5. Haager daß sie damit mehr gestatten wollen, als Konvention unterliegt. das allgemeine Völkerrecht gestattet (s. Al

Die Ausübung des Angarienrechtes ver

pflichtet zur Entschädigung, und dies wohl, Freigabe der Güter bzw. ihres Erlöses in vermöge besonderer Rechts überzeugung Höhe eines Fünftels. schlechthin, nicht bloß nach allenfalls einschränkenden allgemeineren Grundsätzen. ausführte, im Gegensatz zu einem britischen

Sie Evans entschied demgemäß, indem er

Schon die älteren Schriftsteller behaupten Staatsangehörigen, der an einer feindlichen diese Pflicht, deren Umfang allerdings ver- Firma beteiligt sei und einen seiner Beteilischieden bestimmt wird (s. Selden 1. c. gung entsprechenden Anteil nur dann frei cap. 20 a. E., Stypmannus 1. c., Loccenius, erhalten könne, wenn er alsbald nach AusDe j. marit. et navali I. 5. 5, 9, Steck, bruch des Krieges seine Verbindungen mit Essais sur divers sujets (1794) S. 7ff., dem feindlichen Handelshaus löse (vgl. The Azuni 1. c. I S. 294ff.) und auch die modernen Manningtry P. C. I 497), müsse ein Neutraler statuieren sie ganz überwiegend ohne weiteres, seinen Anteil frei bekommen, falls er nach ebenso wie die oben berührten Verträge. In Kriegsbeginn nichts getan habe, um die Abdem Falle von Duclair wurde von deutscher lieferung des Gutes an die feindliche Firma Seite die Entschädigungspflicht mit gewissen zu fördern oder zu erleichtern. ,, If the Modalitäten prinzipiell negiert, Entschä- neutral does not act after the war in regard digung aber doch geleistet.

Die besondere Frage, ob ein kriegführender Staat Schiffe und Ladungen, die aus prisengerichtlichem Verfahren in seine Häfen eingebracht werden, vor der Verurteilung anfordern kann, ist im Falle der Zamora von den englischen prisengerichtlichen Instanzen 1915, 1916 behandelt worden (Garner S. 171 ff.).

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Literatur:

Albrecht, Requisitionen von neutralem Privateigentum, insbesondere von Schiffen, Breslau 1912 (Beiheft I zur Ztschr. f. Völkerrecht VI). Bulmerincq in Holtzendorffs Handbuch des Völkerrechts IV, p. 98ff. Geffcken, ebd. S. 771 ff. Perels, Das internationale öffentliche Seerecht', Berlin 1903, S. 221f. - Schramm, Das Prisenrecht, Berlin 1914, S. 274f. Hautefeuille, Des droits et des devoirs des nations neutres titre XIV, ch. 1 (2. Aufl., 1858). Despagnet, Droit international public n. 431 a. E., 499 (2. Aufl.). Kleen, Lois et usages de la neutralité II, p. 67ff. Phillimore, International law 3, III, p. 49ff. Hall, International law § 278 (4. Aufl.). Oppenheim, International law § 364 (1. Aufl.). Garner, International law and the world war 1 S. 172 ff., Harley in A J XIII (1919) 267 ff.

Strisower.

Anglo-Mexican-Fall

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to the goods but merely allows them to proceed in the ordinary course, I find it difficult to hold that his share in the goods innocently shipped should te forfeite“.

Auf Berufung der Krone hob der Privy Council dies Urteil auf und verurteilte auch den Anteil des Herrn Mayer, indem er von dem Grundsatz ausging, daß jemand, der an einer Firma in einem anderen Lande beteiligt sei, dort ein,,commercial domicil" habe und seinen Anteil nur dann frei erhalten könne, wenn er alsbald seine Beziehungen löse. Eine Sonderstellung für vor Kriegsausbruch verschiffte Waren gebe es nicht. Er entschied also mit Hilfe des Begriffes der commercial domicil, genau so, wie Sir Evans für den Fall der Teilhaberschaft eines britischen Untertans an einem,,feindlichen"

Hause entschieden hatte.

In dem Urteil heißt es nach längeren Erörterungen über die einschlägige englischamerikanische Judikatur und Literatur:,,A neutral owning or being a partner in a house of bussiness in an ennemy country has a commercial domicil in that country.

This commercial domicil imposes an in such house of bussiness.... If having ennemy character or his property or interest such a commercial domicil in a country which by the outbreak of war becomes an ennemy country, he desires to avoid the consequences entailed by such domicil, he may avail himself of the interval allowed by the law to discontinue or dissociate himself from the bussiness in question. Inasmuch however as goods at sea when the war commenced may be captured before such reasonable interval has elapsed, the Court will, in a proper case, take notice of the discontinuance or dissociation taking place after the capture, or will even adjourn proceedings in the Prize Court to give an opportunity for such discontinuance or disassociation. In the case of goods shipped after the commencement of the war, the circumstances of

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