Page images
PDF
EPUB

tung schutzloser Nichtkämpfer bezeichnet; Forderungen abhängig macht: das österdie Regierung der Vereinigten Staaten er- reichische Zugeständnis, daß die Ancona klärte, sie nehme an, daß der Kommandant torpediert worden sei, nachdem die Maohne Auftrag und gegen seine Instruktionen schinen gestoppt und solange sich noch gehandelt habe; sie verlangte, daß die Personen an Bord befunden hätten, genüge Österreichisch-ungarische Regierung die Ver- allein, um den U-Boot-Kommandanten für senkung der Ancona als eine ungesetzliche die absichtliche Verletzung des Völkerunverantwortliche Tat bezeichne, daß der rechtes und wegen der gänzlichen AußerOffizier, welcher sie beging, bestraft und achtlassung der Grundsätze der Humanität, daß Schadensersatz für die getöteten und die jeder Kriegführende im Seekriege beverwundeten amerikanischen Bürger durch achten müsse, verantwortlich zu machen. Zahlung einer Vergütungssumme geleistet Die Regierung der Vereinigten Staaten werde. spricht sich dahin aus, daß weder das GeDie Antwortnote der österreichisch-unga- wicht noch die Art ihrer Zeugenaussagen, rischen Regierung vom 14. XII. 1915 ver- noch die Zahl der getöteten oder verwundeten mißt in der amerikanischen Note eine genaue Amerikaner die im Ancona-Fall zu beAngabe der tatsächlichen Umstände des handelnden Hauptpunkte bilden. Unleugbar Falles, auf welche die amerikanische Re- seien durch das ungesetzliche Auftreten des gierung ihren scharfen Tadel gegen den Kommandanten Bürger der Vereinigten Kommandanten des U-Bootes und ihre ent- Staaten getötet, verwundet oder in Gefahr schiedenen Forderungen an die Adresse der gebracht worden. Die Bestimmungen des österreichisch-ungarischen Regierung stütze. Völkerrechtes und die Grundsätze der HuOffensichtlich lasse die amerikanische Dar- manität, die so durch den Kommandanten stellung des Sachverhaltes zahlreichen Zwei- verletzt worden, seien seit so langer Zeit und feln Raum und gewähre, selbst wenn sie so allgemein anerkannt und vom Standpunkt in allen Punkten zuträfe, und wenn der Be- des Rechtes und der Gerechtigkeit so klar, urteilung des Falles die rigoroseste Rechts- daß die Unionsregierung sich nicht veranlaßt auffassung zugrunde gelegt würde, durchaus fühle, sie zu besprechen und nicht begreife, keine genügende Handhabe, um dem Kom- daß die österreichisch-ungarische Regierung mandanten oder der österreichisch-ungari- sie in Zweifel ziehe oder bestreite. schen Regierung ein Verschulden zur Last Das Ende der diplomatischen Auseinzu legen. Die österreichisch-ungarische Note andersetzung bildete die österreichisch- ungavermißt ferner die Bezeichnung der Zeugen, rische Note vom 29. XII. 1915: Die österauf welche die amerikanische Note sich reichisch-ungarische Regierung stimme durchberuft, ferner Aufschluß über Zahl, Namen aus mit dem Washingtoner Kabinett darin und näheres Schicksal der amerikanischen überein, daß den geheiligten Geboten der Bürger, die im kritischen Augenblick an Menschlichkeit auch im Kriege Rechnung Bord der Ancona weilten, endlich die ju- getragen werden müsse. Wie sie schon bisher ristische Begründung der aufgestellten For- niemals und niemandem Anlaß gegeben habe, derungen. Den ungewöhnlichen Hinweis an ihrer Achtung vor diesen Geboten zu auf den Schriftwechsel der Vereinigten zweifeln, habe sie auch im ganzen Laufe des Staaten mit einer anderen Macht weist die Krieges, der so erschütternde Bilder sittlicher österreichisch-ungarische Note zurück, da Begriffsverwirrung darbiete, sowohl den Österreich-Ungarn weder authentische Kennt- Feinden als auch den Neutralen zahlreiche nis von allen einschlägigen Korrespondenzen Beweise menschenfreundlichster Gesinnung der Unionsregierung besitze noch ihm bei der gegeben; und es habe nicht an ihr gelegen, besonderen Lagerung der verschiedenen Fälle wenn sie mit dem Washingtoner Kabinett eine solche Kenntnis genügen könnte. Gegen- vor nicht langer Zeit gerade in einer Frage über der Verweisung auf die Haltung des nicht einig geworden sei, die sie im EinBerliner Kabinetts erklärt die österreichisch- klange mit der ganzen öffentlichen Meinung ungarische Note, um etwaigen Mißverständ- in Österreich-Ungarn hauptsächlich als eine nissen zuvorzukommen, daß sich Österreich- Frage der Menschlichkeit betrachtet habe. Ungarn selbstverständlich volle Freiheit (Burian spielt hier auf die diplomatische wahre, bei Erörterung des Ancona-Falles Kontroverse an, über die in der Schrift seine eigene Rechtsauffassung geltend zu machen.

von Heinrich Pohl, Amerikas Waffenausfuhr und Neutralität, Berlin 1917, S. 40-65 einAm 21. XII. 1915 antwortet die Re- gehend berichtet ist.) Auch dem Grundsatz, gierung der Vereinigten Staaten, indem sie daß feindliche Privatschiffe, soweit sie nicht in nicht mißzu verstehender Weise die Auf- fliehen oder Widerstand leisten, nicht verrechterhaltung der guten Beziehungen mit nichtet werden dürfen, ohne daß die an Österreich-Ungarn von der Erfüllung ihrer Bord befindlichen Personen in Sicherheit

gebracht seien, könne im wesentlichen bei- kommission zur unparteiischen und gewissengepflichtet werden. Die österreichisch- haften Prüfung der Tatfragen überwiesen ungarische Note gibt sodann eine genaue zu werden. Die Art und Weise, in welcher Darstellung des Tatbestands nach dem der Fall amerikanischerseits behandelt wurde, Ergebnis der amtlichen Untersuchung der ließ jeden Versuch einer wirklichen AufMarinebehörde. Diese sei bei aller Wür- klärung des Sachverhalts vermissen. Die digung des auf Rettung der Besatzung und Regierung der Vereinigten Staaten machte der Passagiere hinzielenden Vorgehens des sich auch die Behandlung der rechtlichen Kommandanten doch zu dem Schlusse ge- Seite des Falles sehr leicht; ihre Verweisung kommen, daß er unterlassen habe, auf die auf einen mit einer dritten Macht gepflogenen unter den Passagieren entstandene, das Aus- Schriftwechsel, der zum guten Teil unhaltbooten erschwerende Panik und auf den bare amerikanische Argumente enthielt, Geist der Vorschrift, daß K. u. K. See- widersprach überdies allen Erfordernissen der offiziere in Not niemandem, auch dem Feinde internationalen Courtoisie, und was sie nicht, die Hilfe versagen sollen, hinreichend positiv ausführte, waren über allgemeine Bedacht zu nehmen. Sohin sei der Offizier Phrasen kaum hinausgehende unzureichende wegen Überschreitung seiner Instruktionen Gründe, durch welche die Drohung mit gemäß den hierfür geltenden Normen be- Feindschaft nur notdürftig verdeckt wurde. straft worden. Bei dieser Sachlage stehe die Dieser Drohung, welche durch die wiederösterreichisch-ungarische Regierung nicht an, holten Redensarten von dem Wunsche nach bezüglich der Schadloshaltung der durch die Aufrechterhaltung der guten Beziehungen Versenkung der Prise betroffenen ameri- nicht verhüllt werden konnte, hat die österkanischen Bürger die entsprechenden Folge- reichisch-ungarische Regierung in ihrer rungen zu ziehen; für die Schäden, die durch letzten Note aus politischen Gründen nachdie zweifellos gerechtfertigte Beschießung gegeben. Sie,,bereinigte“ den Fall, ohne auf des fliehenden Schiffes entstanden seien, die allgemeinen Rechtsfragen des U-Bootskönne sie nicht haftbar gemacht werden, krieges einzugehen, deren Erörterung sie auch habe sie für die Schäden nicht einzu- sich für einen späteren Zeitpunkt ausdrückstehen, die vor der Torpedierung durch fehler- lich vorbehielt. Die letzte österreichischhaftes Ausbooten oder durch Kentern der ungarische Note mit ihren geschickten Ausausgesetzten Boote sich ergeben hätten. Es führungen und ihrem genauen Bericht über werde angenommen, daß das Washingtoner den tatsächlichen Hergang hätte folgerichtig Kabinett in der Lage und gewillt sei, die in mit einer Ablehnung der amerikanischen dieser Hinsicht nicht unwesentlichen In- Forderungen enden müssen; statt dessen formationen über die Schädigung ameri- beendete sie durch weitgehendes einseitiges kanischer Bürger zu liefern; sollten der Nachgeben den Streitfall ohne Preisgabe des Unionsregierung jedoch bei etwaigem Fehlen grundsätzlichen Standpunktes, indem aus entsprechenden Beweismaterials die näheren Umstände nicht bekannt geworden sein, unter welchen die amerikanischen Bürger zu Schaden gekommen seien, so wäre die österreichisch-ungarische Regierung in Berücksichtigung des menschlich tief bedauerlichen Vorfalls und von dem Wunsche geleitet, der Bundesregierung neuerlich ihre freundschaftlichen Gesinnungen zu bekunden, gerne bereit, über diese Lücke der Beweisführung hinwegzugehen und den Ersatz auch auf jene Schäden zu erstrecken, deren unmittelbare Ursache nicht feststellbar gewesen sei. Damit sieht die österreichisch-ungarische Regierung den Ancona-Fall als bereinigt an, behält sich jedoch gleichzeitig vor, die schwierigen völkerrechtlichen Fragen, die mit dem U-Bootkrieg zusammenhängen, in einem späteren Zeitpunkte zur Erörterung zu bringen.

Da wesentliche Einzelheiten des Tatbestandes bestritten waren, hätte sich der Ancona-Fall in besonderer Weise dazu geeignet, einer internationalen Untersuchungs

Gründen der allgemeinen politischen Lage das amerikanische Diktat angenommen wurde. Bei Behandlung des Ancona-Falles focht Wien gegen Washingtons knappe und massive Art in feiner Weise, die schneidige Waffe beißender Ironie nicht verschmähend. Dem Rechtsgefühl widerspricht der Ausgang des diplomatischen Zwistes; er bildet kein Ruhmesblatt der amerikanischen Politik, die unter Verletzung althergebrachter diplomatischer Gepflogenheiten in einer Tat- und Rechtsfrage mit beispielloser Unsachlichkeit über ein von feindlicher Übermacht schwer bedrängtes Land einen billigen Sieg erfocht. Der Verlauf der Ancona-Angelegenheit kann nach allem nicht als Präjudiz gegen den von den Mittelmächten geführten U-Bootskrieg, dessen völkerrechtliche Rechtmäßigkeit nicht hier bei Behandlung eines Einzelfalls darzulegen ist, geltend gemacht werden. Literatur:

Siehe die Angaben zu dem Artikel U-BootKrieg. Der Notenwechsel im Ancona-Fall ist abgedruckt in der Norddeutschen

Allgemeinen Zeitung Nr. 346, 348, 357 und ernannte den Präfekten von Ariège zum und 362 vom 14., 16., 25. und 31. XII. 1915, Vertreter Frankreichs. auch im Deutschen Geschichtskalender, begründet von Karl Wippermann. Herausgegeben von Dr. Friedrich Purlitz. XXXI.

Jahrgang II. Bd., Juli-Dezember 1915,

S. 1146ff.

Andorra.

Pohl.

III. Organisation (die Angaben können nur unter Vorbehalt gemacht werden): Die Generalrat gehandhabt: 24 Mitglieder, früher Gesetzgebung wird von einem,,souveränen“ durch 4 Familienhäupter jeder Gemeinde auf 4 Jahre gewählt, seit Ausgang der 1880 er Jahre bestehend aus den 2 Konsuln aus jeder der 6 Gemeinden (auf 1 Jahr gewählt), während die übrigen 12 Ratsmitglieder von den verheirateten selbständigen Bewohnern (auf Lebenszeit ?) gewählt werden.

pignan und Toulouse ?). Bei den Schwurgerichten, die auch für Zivilsachen tätig werden, sind 2 rahonadors eingesetzt, die für Beachtung der Gewohnheiten zu sorgen haben.

I. Ein Bergkessel am Südhange der Pyrenäen, zwischen dem französischen Departement Ariège und der spanischen Provinz Höchstes Verwaltungsorgan ist der SynLerida (Catalonien); 452 qkm mit kaum dikus (Generalprokurator), der auf Lebens6000 Einwohnern (früher auf das Doppelte zeit und neben ihm ein Vizesyndikus, der geschätzt). Andorra umfaßt 6 Pfarrsprengel: auf 4 Jahre von dem Generalrat gewählt Andorra (hier die Hauptstadt des Landes wird. Andorra la Viejà), San Julia de Loria, Die Justiz wird versehen von 2,,illustren“ Encamp, Canillo, La Massana, Ordino. vegueros (viguiers, Statthalter), einem FranSitz des Bischofs ist Seo de Urgel (etwa zosen aus dem Departement Ariège von 20 km südlich der Landesgrenze). Frankreich auf unbegrenzte Zeit, und einem II. Die Legende verlegt die Errichtung Andorraner von dem Bischof von Urgel auf einer unabhängigen Republik Andorra in 3 Jahre ernannt. Ihnen zur Seite stehen als die karolingische Zeit (805). Auf Ermäch- Richter erster Instanz je 1 Baile, erwählt tigung durch Ludwig den Frommen hatten aus einer vom Generalrat aufgestellten Liste. sich die Bewohner die Grafen von Foix Ein Apellrichter (Zivilsachen) wird ab(am Nordhange der Pyrenäen) als Schutz- wechselnd von Frankreich und dem Bischof herren gewählt; im Widerspruch zu ihren von Urgel ernannt; höchste Instanz sind Privilegien hätte sie Karl der Kahle (860) die Mitherren (? oder Gerichtshöfe in Peraber unter den Bischof von Urgel gestellt. Nach Urkunden, die bis in die Karolingerzeit zurückreichen, übten die Grafen von Urgel gutsherrliche Rechte aus, die sie zum Teil auf den Bischof von Urgel übertrugen, so daß im 12. Jahrhundert Bischof und Graf nebeneinander herrschten. 12. Jahrhundert kamen die Rechte als Lehen an den Vizegrafen de Castelbon und durch Heirat an die Grafen von Foix. Da die Grafen für die Albigenser eintraten, entzog ihnen der Bischof das Lehen. Nach langen An den Bischof von Urgel ist jährlich Streitigkeiten kam es 1278 zu einem Ver- ein Zins von 460 Fr., an Frankreich von trage (Schiedsspruch), vom Papste 1282 960 Fr. zu leisten. Frankreich räumt zollbestätigt, der ein Condominium zugunsten freie Getreideeinfuhr ein. des Bischofs von Urgel und des Grafen von Die Interessen Frankreichs nimmt jetzt Foix festsetzte, dergestalt jedoch, daß die der Präfekt des Departements Ostpyrenäen Grafen ihren Anteil als Lehen des Bischofs durch einen Delegierten wahr, dem jährlich tragen sollten. Doch geriet die Lehns- auch 3 Deputierte von Andorra einen Eid abhängigkeit ins Vergessen. Im Erbgange gelangten die Rechte der Grafen von Foix an das Haus d'Albret (1484), sodann an IV. Das Gemeinwesen Andorras widerdie Könige von Navarra und mit Heinrich IV. strebt einer Eingliederung in das uns ge(1589) an die Krone Frankreich. In der läufige Schema. Die Bezeichnung als Revolutionszeit waren die Beziehungen zu,,neutraler" Staat ist inhaltloser VerlegenFrankreich unterbrochen, weil die Agenten heitsbehelf. Andorra ist nicht als ,,Staat" der Republik den Tribut Andorras als anzusehen. Es fehlt ihm die selbständige feudalen Ursprunges nicht annehmen wollten oberste Gewalt. Solchem Zwerggebilde die (1793). Erst Napoleon stellte die Beziehungen Bezeichnung,,Staat" beilegen, heißt die wieder her (Ges. v. 27. III. 1806), versprach fortschreitende Erkenntnis vom Wesen des Andorra auch ein nie erlassenes Gesetzbuch, Staats vergewaltigen; es als von Frankreich

Die Pfarreien werden 4 Monate des Jahres
Im vom
Bischof von Urgel, 8 Monate vom
Papste besetzt.

Die wesentlichen Einnahmen fließen aus
Weidepacht und unerheblichen Personal-,
Grund- und Viehsteuern.

leisten müssen (Ges. v. 27. III. 1806, Verordnung v. 3. VI. 1882, 27. VI. 1884).

Wörterbuch des deutschen Staats- und Verwaltungsrechts, 2. Aufl. Bd. II 1913 S. 901). Ein Rechtsgrund für die Angabe in den neueren Jahrgängen des Gothaischen Hofkalenders,,unter der Oberherrschaft Frankreichs" ist nicht ersichtlich.

Literatur:

geschützten Freistaat bezeichnen, heißt die Anraten Arnolds, der ihm einen auf den geschichtlichen Vorgänge vergewaltigen. Die Namen John Anderson lautenden Paß ausTatsache, daß die Könige von Navarra sich stellen ließ, versuchte André nun in Zivilin ihrem Titel nannten,,souveräne Fürsten kleidung, in der er mehrere ihm von Arnold par indivis des Tals von Andorra“, ist nicht überlassene Schriftstücke über das amerientscheidend; demgegenüber könnte man kanische Heer und die Befestigungen von auf das Wappen von Andorra verweisen, das West-Point trug, auf dem Landweg die noch heute im vorderen Felde die bischöf- amerikanische Linie zu passieren. Eine lichen Embleme und im hinteren Felde die Patrouille nahm ihn jedoch gefangen. Wappen der Grafen von Foix und Béarn Washington ließ ihn vor ein aus 14 Generälen, trägt. Andorra ist verfassungsmäßig ein darunter La Fayette und Baron v. Steuben, Rest des Mittelalters, ein Untertanenland bestehendes Kriegsgericht stellen, das ihn unter der Zweiherrschaft von Frankreich als Spion zum Tode verurteilte. Trotz der und dem Bischof von Urgel (Ähnlichkeit mit Bemühungen Clintons, der Washington davon Neutral-Moresnet; vgl. Fleischmann im benachrichtigte, daß André mit Parlamentärflagge, unter Wissen und Schutz Arnolds an Land gestiegen sei, und für den Fall der Hinrichtung Andrés mit Repressalien drohte, trotz der Erklärungen des zu den Engländern geflohenen Arnolds, daß das Vorgehen Andrés durch seine Autorität gedeckt sei, wurde André, den Washington selbst Calvo, Le droit international 3, I, 1880, mehr als unglücklich denn als verbrecherisch § 72, S. 185. H. Castillon, Histoire de bezeichnete, am 2. X. 1780 als Spion in la vallée et République d'Andorre (ohne Tappan gehängt. Der englische König Jahr). Luis Dalman de Baquer, Georg III. ließ ihm ein Denkmal in der Historia de la Republica de Andorra, Westminsterabtei errichten, Amerikaner Barcelona 1849. Victoria Vidal, L'An- setzten am Ort seiner Gefangennahme eine dorre, Paris 1866. Berthet, Le val Gedächtnistafel. Die Verurteilung Andrés d'Andorre, Paris 1879 (englisch Deverell, Bristol 1885). M. Moras, Les coutumes wegen Spionage muß als Fehlspruch bedu pays d'Andorre 1882. Ch. Baudon zeichnet werden. Als Spion ist nach dem de Mony, Origines historiques de la question 4. Abk. der 2. Haager Konferenz Art. 29 — d'Andorre (Bibl. de l'école des chartes, mit der hier gegebenen Definition deckt sich Bd. 46, 1885 S. 95); Relations politiques des die Auffassung des 18. Jahrhunderts, vgl. Comtes de Foix avec la Catalogne (1896). – Vattel livre 3 ch. X § 179– nur der anzuLe Fur und Posener, Bundesstaat und sehen, der heimlich oder unter falschem VorStaatenbund, Bd. I, 1902, S. 53. - Brutalis wand im Operationsgebiet eines Krieg,,Andorre" (Grande Encyclopédie II, 1029, führenden Nachrichten einzieht oder einzubis 1031. Helene Voigt-Diederichs, Zwischen Himmel und Steinen, München ziehen sucht, um sie der Gegenpartei mitzuFleischmann. teilen. Auf André traf keines dieser Kennzeichen zu. Nicht zwecks Einziehung von Nachrichten, sondern um die Verhandlungen der beiden Generäle Clinton und Arnold zum Abschluß zu bringen, hatte André Während des nordamerikanischen Unab- sich in das amerikanische Operationsgebiet hängigkeitskrieges trat der amerikanische begeben. Er war dort nicht heimlich, General Benedikt Arnold, Kommandant von sondern im Einverständnis mit dem ameriWest-Point am Nord-River mit dem eng- kanischen Befehlshaber eingetroffen. Er lischen General Sir Henry Clinton in Unter- hatte sich dabei auch keines falschen Vorhandlungen, um ihm durch Verrat West- wandes bedient, sondern Arnold gegenüber Point zu überliefern. Die Schlußabreden sich wahrheitsgemäß über den Zweck seines sollte Clintons Adjutant, Major Jean André, Erscheinens erklärt. Freilich hätte André mit Arnold persönlich treffen. Von der die ihm von Arnold übergebenen Schriftenglischen Schaluppe Vulture aus begab stücke später dem General Clinton ausAndré sich in ein von Arnold abgesandtes gehändigt. Aber zum Spion stempelte ihn Boot und betrat, was er selbst freilich be- auch dies nicht, da ihm die Absicht der stritten haben soll, das Land mit einer Nachrichteneinziehung gefehlt hatte. Beim Parlamentärflagge. Nachdem André die Verlassen des amerikanischen OperationsNacht über mit Arnold verhandelt hatte, gebiets besaß André freilich die äußeren stellte sich die Rückkehr in das englische Kennzeichen eines Spions, Zivilkleidung, Lager zu Wasser als unmöglich heraus. Auf falschen Paß und Schriftstücke militärischen

1920.

André, Major, Fall des.

Wörterbuch des Völkerrechts. Bd. I.

4

für den Gegner wichtigen Inhalts. Aber schluß eines nicht bloß auf vorübergehende dieser äußere Apparat ersetzte nicht das Handlungen gerichteten Staatsvertrages). Fehlen der wesentlichen Kennzeichen. II. Der rechtliche Tatbestand.

[ocr errors]

Es

Für die Beurteilung hätte ein anderer Ge- fragt sich nun, was dieser geschilderte sichtspunkt Platz greifen müssen. André politische Tatbestand rechtlich bedeutet; leistete dem General Arnold bei Begehung es ist also zu prüfen, wie er in Rechtssätzen von Landesverrat Beihilfe. Deshalb, nicht zum Ausdruck kommt, da jede rechtliche wegen der ihm nicht zur Last fallenden Relevanz nur im Rechtssatzmaterial aufSpionage hätte André verurteilt werden scheinen kann. Um dies zu verstehen, soll können. Daß er diese Beihilfe mit Wissen der typische Fall eines Anerkennungstatund Billigung seines Vorgesetzten Clinton bestandes einer Analyse unterzogen werden: leistete, machte ihn nicht straffrei. Denn zu die Regierung des neuen staatlichen Rechtsdieser Beihilfe hätte ihn ein Befehl Clintons verbandes sucht direkt schriftlich oder durch nicht verpflichten können, er handelte bei Entsendung eines Bevollmächtigten um Anihrer Vornahme ausschließlich auf eigene erkennung bei den Regierungen der anderen Verantwortung. Staaten an. Entweder wird nun dieses Ansuchen zurückgewiesen oder aber die ersuchte Regierung antwortet, sie habe beCalvo (4) 4, 179ff. Doyle in The Cambridge schlossen, mit dem neuen Staate in einen modern history, Bd. 7, S. 226. Halleck, noch näher zu bestimmenden Verkehr zu (4), 1, 630. Nys (2) 3, 212. Oppenheim (2) 2, 198. Phillimore 3, 172ff. Rivier treten, was rechtlich nichts anderes heißt, Principes 2, 284. Opet. als daß künftighin die von der neuen Regierung ausgehenden, an den anerkennenden Staat gerichteten Akte, grundsätzlich zum Gegenstand rechtlicher Behandlung gemacht

[ocr errors]

Literatur:

Androlepsie s. Repressalie.

[ocr errors]

Anerkennung von Aufständigen s. Bürger- werden sollen. Die ersuchte Regierung bekrieg.

Anerkennung von Staaten.

schließt also, die vom ersuchenden Staate an sie gerichteten Rechtshandlungen (mündliche oder schriftliche Erklärungen und Ersuchen) grundsätzlich nicht a limine abzuweisen, sondern als von einer rechtlich legitimierten Stelle ausgehend zuzulassen und zur Erledigung anzunehmen.

I. Der praktisch-politische Tatbestand. Die Aufnahme der Beziehungen zwischen dem neuentstandenen Staate oder Dieser Beschluß kann entweder dahin einem solchen, der bisher in keinem Verkehre lauten, daß nur in mehr oder minder bezu anderen Staaten gestanden hat einerseits schränkten Materien, Rechtshandlungen des und den oder einigen Staaten der Völker- ersuchenden Staates zugelassen (berechtsgemeinschaft andererseits erfolgt durch schränkte Anerkennung) oder aber, daß die sog.,,Anerkennung" jenes Staates. Man die vom ersuchenden Staate ausgehenden unterscheidet zwei Arten dieser Anerkennung: Akte in allen,,auswärtigen Angelegenheiten" Die sog.,,de facto"- und die sog.,,de jure"- schlechtweg angenommen werden (volle Anerkennung. Jene wird dann angenommen, Anerkennung). Beide können auf zweierlei wenn bevollmächtigte Organe eines oder Weise vor sich gehen. Entweder werden mehrerer Staaten der Völkerrechtsgemein- diese Akte nur vorläufig und unverbindlich schaft mit Organen des aufzunehmenden entgegengenommen (vorläufige AnerStaates in Verkehr treten, ohne daß diese kennung) oder es wird durch den alten gegenseitigen Beziehungen als dauernde und Staat erklärt, den Verkehr zu einem dauerngesicherte zu betrachten sind: sie werden den gestalten zu wollen (dauernde Aneralso nur bis auf Widerruf aufgenommen. kennung). Sowohl die beschränkte, als Eine bloße de facto-Anerkennung erfolgt die volle Anerkennung können also entweder meistens dann, wenn die neue Staatsgewalt vorläufig oder dauernd sein. Eine beschränkte noch nicht genügend gesichert ist, sowie vorläufige Anerkennung liegt z. B. dann vor, dann, wenn die Staatsgrenzen noch nicht wenn ein Staat zu einem anderen nur zum klar bestimmt sind. Dagegen erfolgt die Austausch von Kriegsgefangenen in Bede jure-Anerkennung entweder durch die ziehungen tritt, weil mit dem Aufhören des Erklärung eines oder mehrerer Staaten, den Austausches der Verkehr erledigt ist. Daaufzunehmenden Staat,,anzuerkennen“ oder gegen ist eine beschränkte, aber dauernde aber durch die unmittelbare Aufnahme Anerkennung dann gegeben, wenn ein Staat solcher Beziehungen, die auf einen dauernden zwar unbedingt anerkannt, aber nicht gleichVerkehr schließen lassen (Aufnahme regel- zeitig als vollberechtigtes Glied in die Völkermäßiger diplomatischer Beziehungen, Ab- rechtsgemeinschaft aufgenommen wird. (Vgl.

« PreviousContinue »