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kommen, da die Okkupation fremder Hoheits- Zertifikats tritt in gewissen Fällen eine vorzeichen völkerrechtswidrig ist. läufige, zeitlich beschränkte Beweisurkunde, Die Hauptseemächte haben eine besondere das Flaggenzeugnis, das namentlich dann Flagge für Kauffahrtei- und für Kriegsschiffe. erteilt wird, wenn ausländische Schiffe im Für die Erteilung der Flagge treffen die Ausland von Reichsangehörigen erworben einzelnen Staaten hinsichtlich der Staats- sind und das auf schriftlichem Wege nachzuangehörigkeit der Eigentümer, des Kapitäns suchende Zertifikat noch nicht eingetroffen und der Besatzung nach ihren besonderen ist (§ 22 deutsch. Flaggengesetz). Das wirtschaftlichen und politischen Interessen Flaggenzeugnis wird von den Konsuln des zum Teil wesentlich abweichende Bestim- Flaggenstaates ausgestellt (vgl. v. König: mungen. Handb. des deutschen Konsularwesens 8. Aufl. 1914 § 72). Die erwähnten Urkunden sind Beweismittel, daß das Kauffahrteischiff zur Führung der Reichsflagge berechtigt ist, und werden in den neueren Handelsverträgen

kannt, z. B. Art. 12 des niederländischjapanischen Handelsvertrages v. 8. VII. 1912 (MR. 3. s. T. IX S. 425).

Gleichlautend ist die deutsche und englische Gesetzgebung, nach der die Handelsschiffe der beiden Mächte im ausschließlichen Eigentum von Reichsangehörigen oder gleichgeachteten juristischen Personen stehen aller Mächte ausdrücklich als solche anermüssen (§ 2 des Gesetzes betr. das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe v. 22. VI. 1899 [RGBI. S. 319f.]). Andere Staaten fordern nur teilweise nationales Eigentum, wie Däne- Grundsätzlich richtet sich auch die Ermark, Schweden, Belgien und Frankreich, teilung des Rechts zur Flaggenführung an einige treffen hinsichtlich der Staatsange- in den Kolonien beheimatete Kauffahrteihörigkeit der Eigentümer gar keine Bestim- schiffe nach den Gesetzen des Mutterlandes. mungen, wie die meisten südamerikanischen Auf Grund der Bestimmungen der Brüsseler Staaten. Antisklavereiakte vom 2. VII. 1890 (MR. Häufig müssen der Kapitän, die Schiffs- 2. s. T. XVI S. 1 und T. XVII S. 345) sind offiziere und die Mannschaft eines Schiffes ganz oder zum Teil Untertanen des Flaggenstaates sein, wie z. B. nach amerikanischem, französischem und schwedischem Recht. Deutschland und Großbritannien erfordern zwar nicht die Staatsangehörigkeit des Kapitäns und des technischen Personals, machen aber die Ausübung dieser Berufe auf ihren Handelsschiffen von der Erwirkung besonderer Patente abhängig. (Eine Zusammenstellung der einzelstaatlichen Gesetze findet sich im Annuaire de l'Institut de droit international T. XV S. 51ff.; vgl. Anlage 2 zu § 12 der deutschen Prisenordnung.)

Das Institut de droit international befaßte sich auf seiner Tagung zu Venedig im Jahre 1896 damit, einheitliche Regeln über die Voraussetzungen zur Führung der Staatsflagge durch Handelsschiffe aufzustellen. (Annuaire XV S. 201, mitgeteilt Nr. 7 T. VII S. 11f.). Diese Regelung ist jedoch nicht mehr als ein Vorschlag ohne jede verbindliche Kraft und außerdem völlig wertlos, da die besonderen Verhältnisse und Interessen jedes Staates eine dementsprechende Regelung erheischen.

die Vertragsmächte jedoch verpflichtet, das Recht der Flaggenführung in bestimmten Teilen des indischen Ozeans an einheimische Schiffe unter 500 Tonnen Gehalt nur unter gewissen Bedingungen zu erteilen, die in den Art. 30 ff. enthalten sind. Danach muß der Kapitän Untertan oder Schutzbefohlener des Staates sein, dessen Flagge er führen will, Grundeigentum in der Kolonie besitzen oder eine Kaution stellen, und endlich muß er sich guten Rufes erfreuen, darf insbesondere nicht des Sklavenhandels überführt sein. Außerdem ist der Flaggenschein alljährlich

zu erneuern.

Die Berechtigung zur Führung der Kriegsflagge bestimmt sich, soweit der Staat eine solche, von der Handelsflagge abweichende, besitzt, ebenfalls nach seinem innerstaatlichen Recht. Grundsätzlich wird das Recht zur Führung der Kriegsflagge nur Kriegsschiffen erteilt, d. h. den Staatsschiffen, die einem militärischen Befehlshaber unterstehen (vgl. auch Haager Abk. v. 18. X. 1907 über die Umwandlung von Kauffahrteischiffen Kriegsschiffe (MR. 3. s. T. III S. 557 Art. 12). Zur Legitimation dient hier der Wimpel des Kommandanten. Ist er nicht vorhanden, so bildet in Zweifelsfällen, soweit fremde Kriegsschiffe überhaupt eine Prüfung ausüben können, die Segelorder oder auch die Bestallungsurkunde des Kommandanten ein

in

Das Recht zur Flaggenführung der Kauffahrteischiffe ist nach den Gesetzen aller Seemächte grundsätzlich von der vorherigen Eintragung des Schiffes ins Schiffsregister und von der Bescheinigung dieser Eintragung durch die Erteilung des Schiffszertifikats genügendes Beweismittel. abhängig. Beide Urkunden müssen ent- Die Flaggen sind an bestimmter Stelle halten, daß das Schiff zur Führung der am Heck zu führen. Daneben dürfen zur Staatsflagge berechtigt ist. An die Stelle des Dekoration auch andere Flaggen, wie Landes

flaggen, Kontorflaggen, gehißt werden, die Flagge Zeichen von Seenot, gestrichene indessen keine rechtliche Bedeutung haben. Flagge Zeichen der Unterwerfung. Aus dem Recht zur Flaggenführung folgt So ist die Flagge Mittel seemännischer auch die Pflicht, die Staatsflagge stets an Kundgebungen. Auch die Rechtsverhältnisse Bord zu haben, nicht aber die Pflicht, sie der Schiffe richten sich ohne Rücksicht auf dauernd zu zeigen. Wann eine solche Pflicht die Staatsangehörigkeit der Eigentümer und besteht, ergeben die einzelstaatlichen Gesetze. der Besatzung lediglich nach der Flagge. Nach deutschem Recht (Kais. Verordn. v. Das kommt namentlich für die zahlreichen 21. VIII. 1900 betr. Zeigen der National- Vergünstigungen an fremde Schiffe hinsichtflagge durch Kauffahrteischiffe [RGBl. lich der Höhe von Gebühren und Abgaben S. 807]) haben Kauffahrteischiffe eigenen in den Häfen, der Berechtigung zur KüstenKriegsschiffen gegenüber die Flagge zu schiffahrt in Betracht. Maßgebend ist die zeigen, wenn auch diese die Reichskriegs- Flagge im gerichtlichen Verfahren, wenn das flagge gesetzt haben. Aber auch jedem Kriegs- Recht des Flaggenstaates zur Anwendung schiff anderer Nationen gegenüber besteht kommen soll. unter gleichen Verhältnissen nach inter

Im Seekrieg baut sich die Gestaltung des nationalem Herkommen eine derartige Ver- Prisenrechts auf dem Grundsatz der Pariser pflichtung, namentlich wenn das Handels- Seerechtsdeklaration v. 16. IV. 1856 auf schiff zum Zeigen seiner Flagge aufgefordert (MR. XV S. 791): Die neutrale Flagge deckt wird. Innerhalb seiner Territorialgewässer feindliches Gut mit Ausnahme der Kriegskann jeder Staat von allen Schiffen das Zeigen ihrer Nationalflagge beanspruchen. Desgleichen wird beim Einlaufen in internationalisierte Ströme, wenn der Stromlauf der Territorialhoheit der Uferstaaten entzogen ist, das Zeigen der Nationalflagge gefordert (Art. 23 der Donauschiffahrtsordnung zu sein. v. 10. XI. 1911 (MR. 3. s. IX S. 252]).

konterbande (s. unter Prisenrecht). Die Bedeutung der Flagge im Seekrieg hat infolgedessen einen umfangreichen Mißbrauch mit Flaggen mit sich gebracht, die das betreffende Schiff zu führen nicht berechtigt ist, um so den Wirkungen des Seekriegs nicht ausgesetzt

Nach den Gesetzen der Hauptseemächte Die Flagge als Zeichen staatlicher Hoheit ([Naval War Code Art. 7; amerik. Reglement ist nach dem geltenden Seezeremoniell v. 1900 Art. 293, franz. Dekret v. 20. V. 1885 Gegenstand des Grußes. Da jedoch die Art. 158, ital. Regl. v. 1898 Art. 895] darf Souveränen Staaten untereinander gleich- kein Kriegsschiff unter einer anderen als berechtigt sind, so besteht keine Pflicht, auf seiner Nationalflagge den Kampf eröffnen hoher See fremde Flaggen zu salutieren, [vgl. F. v. Martens, La paix et la guerre, vielmehr ist der Salut als Höflichkeitsakt 1901 S. 509 wegen des Verhaltens der russ. nur Brauch. Dagegen besteht eine Gruß- Schiffe im Schwarzen Meer während des pflicht für alle Kriegsschiffe bei der Ankunft Krieges 1877]; vgl. auch Seekriegsrecht im auf einer fremden Reede sowie beim Passieren Weltkrieg S. 623 wegen englischer Vervon Forts innerhalb dreier Seemeilen, wenn stöße im Weltkrieg). auf ihnen die Nationalflagge weht. Der Gruß Über die Zulässigkeit des Gebrauchs der eigenen Flagge durch fremde Kriegs- fremder Flaggen in Kriegszeiten sind die schiffe kann in vorstehenden Fällen er- Meinungen sehr geteilt. Auf jeden Fall ist zwungen werden (z. B. Art. 61 deutsch. der Gebrauch eines fremden Flagge dann Flaggen-, Salut- und Besuchsordnung). Nach rechtswidrig, wenn ein neutraler Staat den internationalem Herkommen sind den Regie- falschen Gebrauch seiner Flagge verboten rungen der Seestaaten alle Salutstationen in hat, wie z. B. Holland am 23. III. 1915 fremden Ländern, vor denen der Salut be- (Seekriegsrecht S. 872). Die englische Reansprucht wird, zur Anweisung an die Kriegs- gierung ordnete dagegen den Gebrauch Schiffskommandanten bekannt gegeben. Die fremder Flaggen an (Seekriegsrecht S. 222). Form des Grußes und seiner Erwiderung Proteste der Neutralen halfen nichts. Das bestimmt sich nach innerstaatlichem Recht. Fehlen bindender Regeln begünstigte EngJedoch ist jeder Salut unter Setzen der lands schrankenlosen Flaggenmißbrauch, der eigenen Flagge, bisweilen auch unter Hissen im Weltkrieg zu fortwährenden Gegenmaßder zu salutierenden Flagge im Großtopp nahmen Deutschlands führte, da die Neuzu feuern (vgl. deutsch. Fl. SBO. Art. 58). tralen nicht kräftig genug waren, den MißBisweilen wird der Gruß fremder Schiffe brauch ihrer Flagge zu unterdrücken. Ehre auch durch Auf- und Niederholen (Dippen) und Würde sollten die Grenze gegen völkerder Flagge ausgeführt, namentlich von rechtswidrige Hinterlist zu ziehen wissen. Handelsschiffen. Das Dippen geschieht auch Eine Seite des Flaggenmißbrauchs, nämaus feierlichen Anlässen. Halbmast wehende lich der Flaggenwechsel, der ebenfalls dazu Flagge ist Zeichen der Trauer, geknotete dient, den Folgen des Krieges zu entgehen,

indem durch tatsächlichen oder simulierten | staaten darauf aufmerksam gemacht, daß im Kauf eines bisher feindlichen Schiffes von Hafen von Liverpool ein Schiff,,Oreto" Neutralen, um damit die Berechtigung zur gebaut werde, das aller Wahrscheinlichkeit Führung der neutralen Flagge zu erwerben, nach den Konföderierten zu Kriegszwecken wurde auf der Londoner Seerechtskonferenz dienen solle. Die englische Zollbehörde in behandelt. Artt. 55, 56 der Lond. Seerechts- Liverpool stellte darauf eine Untersuchung deklaration enthalten eingehende Regeln an und gab die Erklärung ab, das Schiff über den Flaggenwechsel. Der nach Beginn besitze allerdings Öffnungen für vier Kanonen, der Feindseligkeiten geschehene Übergang zur habe aber bisher kein Kriegsmaterial an Bord neutralen Flagge ist grundsätzlich nichtig, genommen; auch sei es offenbar für die wenn nicht nachgewiesen wird, daß der italienische Regierung bestimmt. Bald Wechsel nicht herbeigeführt ist, um den mit darauf wurde der,,Oreto" als privates der Eigenschaft eines feindlichen Schiffes Handelsschiff registriert und segelte am verbundenen Folgen zu entgehen. Der vor 22. III. 1862 unbewaffnet aus dem LiverBeginn der Feindseligkeiten herbeigeführte pooler Hafen. Seine Klarierung lautete nach Übergang ist grundsätzlich gültig, nichtig Palermo und Jamaika, doch segelte das dagegen, wenn er zu dem eben genannten Schiff in Wahrheit nach Nassau in den BaZweck erfolgte. Die Verteilung der Beweis- hamas. Dort wurde es von der britischen last ist eingehend geregelt. Kolonialbehörde beschlagnahmt, aber schließDie Überwachung der Flaggenführung lich mit der Begründung freigelassen, es liege steht den Konsuln in ihrem Marktbereich kein Beweis vor, daß es während seines Schiffen der eigenen Macht gegenüber zu, Aufenthaltes im Hafen von Nassau den fremden Schiffen gegenüber nur unter An- Versuch gemacht habe, sich für kriegerische rufung der Staatsgewalt, bei der die Konsuln Zwecke auszurüsten, oder daß es auf die beglaubigt sind. Auf dem hohen Meer haben Konföderierten übertragen worden sei. Diese die Kriegsschiffe ein Aufsichtsrecht über die Entscheidung wurde gefällt, obwohl dem Flaggenführung (im Frieden droit d'enquête Gouverneur durch die Befehlshaber der dort de pavillon, im Kriege droit de visite genannt). liegenden britischen Kriegsschiffe erklärt Das droit d'enquête de pavillon darf, ab- worden war, der,,Oreto“ sei in jeder Hinsicht gesehen von den in der Brüsseler Anti- wie ein Kriegsschiff konstruiert. Bald nach sklavereiakte vorgesehenen Fällen, nur aus- seiner Abfahrt von Nassau segelte der geübt werden, wenn Verdacht der Piraterie,,Oreto" nach Green Cay in den Bahamas, vorliegt, wenn Verdacht besteht, daß das zu untersuchende Schiff in den Territorialgewässern des Flaggenstaates des Kriegsschiffes eine strafbare Handlung gegen die Staatsgewalt begangen hat, und wenn das Schiff verdächtig ist, feindliche Absichten im Friedenszustande gegen eine Macht zu führen. Im Krieg besteht das Visitationsrecht unbeschränkt.

S. 161 ff.

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wo er als Kriegsschiff unter dem Namen ,,Florida" ausgerüstet wurde und in die Befehlsgewalt eines konföderierten Kapitäns überging. Die Armierung, Munition usw. war ihm durch ein britisches Schiff, das von Nassau klariert war, nachgesandt worden. Die,,Florida" begann nunmehr ihre berüchtigten Kreuzerfahrten, im Verlaufe deren sie viele Handelsschiffe der Nordstaaten wegnahm. Im Oktober 1864 wurde sie von einem amerikanischen Kriegsschiffe in brasilianischen Gewässern aufgebracht und ging bald darauf durch einen Zusammenstoß unter.

Literatur: Reitsma, La nationalité des vaisseaux marchands, Groningen 1868. – Zyst, La nationalité des navires à un point de vue international juridique, Utrecht. Diss. 1897 Der Florida-Fall gab in zweifacher Hinsicht S. 146ff. - Schultz, Der staatl. Rechts- zu bedeutsamen Reklamationen Veranlassung. güterschutz auf hoher See, Greifsw. Diss. Vor allem beschwerten sich die Vereinigten 1911.- Posse, Das Seebeuterecht NZ. XXI Staaten von Amerika bei Großbritannien, Hüttenheim, Die Handelsschiffe der Kriegführenden, ZV. VI Beih. II daß die,,Florida“ innerhalb der Jurisdiktion § 9. Ullmann, Prisenangelegenheiten, der britischen Regierung ausgerüstet worden ZV. VII S. 333ff. Wehberg, Seekriegs- sei und Liverpool mit der Absicht verlassen recht 1915 S. 178ff. de Louter, Droit habe, gegen die Schiffe der Nordstaaten zu internat. public positiv, Oxford 1920 Bd. I kreuzen, daß sie in britischen Gewässern in S. 401 ff. v. Kirchenheim, England unter ein Kriegsschiff umgewandelt worden sei und falscher Flagge, ZV. IX S. 88 u. S. 493ff. ihre Armierung von einem britischen Handelsschiffe mit britischem Ausgangshafen erhalten habe. Sie behaupteten, die britischen Behörden hätten die,,Florida" sowohl in Im Februar 1862 wurde die britische Liverpool wie in Nassau wie bei ihrem Regierung von dem Gesandten der Nord- späteren Eintritt in britische Häfen be

Der Florida-Fall.

Wessel.

Die Washingtoner Regel ist später unter Weglassung der Worte,,due diligence" als Art. 8 in das Haager,,Abkommen über die Rechte und Pflichten der Neutralen im Seekriege" aufgenommen worden.

schlagnahmen müssen; denn es hätten hin- britannien wurde demnach zum Schadenreichende Verdachtsgründe für die Absichten ersatz verurteilt. des Schiffes vorgelegen. Amerika verlangte deshalb Schadensersatz. Die diplomatischen Verhandlungen über den Florida-Fall wurden mit einer Aussprache über die ähnlich liegenden Fälle,,Alabama",,,Shenandoah" und ,,Gorgia" verbunden. Großbritannien lehnte Der Florida-Fall gab ferner zu einer Bezunächst jede Ersatzpflicht ab: Die Foreign schwerde Brasiliens gegenüber den VerEnlistment Act habe keine Handhabe zur einigten Staaten Veranlassung, weil die WegZurückhaltung der ,,Florida" gegeben; denn nahme der ,,Florida" in neutralen Gewässern ein bloßer Verdacht, daß ein Schiff auf See erfolgt war, die nicht als Kriegsschauplatz bewaffnet werden solle, um in den Dienst benutzt werden dürfen. Die Vereinigten eines Kriegführenden gestellt zu werden, Staaten gaben die Unrechtmäßigkeit der genüge zur Beschlagnahme nicht. Nachdem Wegnahme der „Florida“ auch zu, setzten die Verhandlungen über die,,Alabama", die Besatzung der,,Florida“ in Freiheit, be,,Florida" usw. eine Zeitlang eine sehr dro- straften den Kommandanten des amerikahende Form angenommen und beinahe zum nischen Kriegsschiffes, setzten den amerikaKriege zwischen den Schwesternationen ge- nischen Konsul ab, der die Wegnahme anführt hätten, erklärte sich schließlich Groß- geordnet hatte, und leisteten einen Flaggenbritannien zur schiedsrichterlichen Erledigung salut. Die Rückgabe des Schiffes war nicht des Streites bereit. Nach dem Washingtoner möglich, weil es inzwischen untergegangen Protokoll vom 8. V. 1871 (Art. 6) sollte das war. Der Grundsatz der Unverletzlichkeit Schiedsgericht dieser Entscheidung u. a. neutraler Gewässer, der schon damals gefolgende Regel zugrunde legen:,,Eine neu-wohnheitsrechtlich anerkannt war, ist später trale Macht ist verpflichtet, gebührende Sorg- in Art. 1 und 2 des Haager,,Abkommens falt (due diligence) anzuwenden, um inner- über die Rechte und Pflichten der Neutralen halb ihres Hoheitsbereiches die Ausrüstung im Seekriege" niedergelegt worden. und Bewaffnung jedes Schiffes zu verhindern, bei welchem sie triftigen Grund zu der Annahme hat, daß es zum Kreuzen oder zur Teilnahme an feindlichen Unternehmungen gegen eine Macht, mit der sie in Frieden lebt, bestimmt ist, und ferner dieselbe Sorgfalt anzuwenden, um zu verhindern, daß aus ihrem Hoheitsbereiche irgendein zum Kreuzen oder zur Teilnahme an feindlichen Unternehmungen bestimmtes Schiff ausläuft, wenn dieses Schiff innerhalb des genannten Hoheitsbereiches ganz oder teilweise zum Kriegsgebrauch hergerichtet ist."

Literatur:

Cobbett II S. 291, 333ff. Evans, Leading Cases on International Law, sec. ed. S. 777ff. Geffcken in HH. IV S. 670, 679 ff., 704. Kleen, Lois et usages de la neutralité I S. 295. Moore, Digest of International Law II S. 448ff. Oppenheim, International Law, sec. edit. II S. 443ff. Papers relating to the treaty of Washington 1872-1873. Westlake, International law II S. 226, 230, 245.

Wehberg.

Flottenstützpunkte.

Das Genfer Schiedsgericht kam bezüglich der,,Florida" zu der Entscheidung, daß Großbritannien seine Pflichten vernach- Der dem neuesten Sprachgebrauch anlässigt habe, als es trotz der Vorstellungen der gehörende Begriff F. umfaßt im weiteren Vereinigten Staaten nicht die nötigen Maß- Sinne jedes zum Schutz und zur Versorgung nahmen ergriff, um den Bau und die Abfahrt einer Kriegsflotte bestimmte oder geeignete des Schiffes von Liverpool zu verhindern, heimische und auswärtige Hafengebiet, im daß bezüglich der Zulassung des Schiffes in engeren die überseeischen, unter der LandesNassau, seiner Ausrüstung in Green Cay hoheit einer Seemacht stehenden, in der usw. gleichfalls eine Pflichtversäumnis auf Regel befestigten Häfen, die der erwähnten seiten der britischen Behörden vorliege und Zweckbestimmung zugunsten dieser Macht daß die Verantwortung der englischen Re- dienen. Die vielfach übliche Unterscheidung gierung nicht dadurch beseitigt werde, daß der letzteren entsprechend ihrer militärischdie Behörden Liverpools usw. eine Neutra- technischen Einrichtung nach Klassen hat litätsverletzung nicht als vorliegend erachtet nur militärische Bedeutung; dagegen ist die hätten, weil die völkerrechtliche Verant- Gegenüberstellung der Begriffe F. (,,Flottenwortung unabhängig sei von dem Vor- station",,,naval station“,,,station navale") liegen einer nach dem Landesrecht formell und ,,Kohlenstation" (,,Kohlendepot", gültigen Entscheidung, die zu dem ent-,,coaling-station“,,,dépôt de charbon", gegengesetzten Resultate gelange. Groß-,,station charbonnière") in rechtlicher Be

ge

ziehung nicht ganz unberechtigt. Stütz- als Ersatzmittels zu bedienen, oder durch den punkte auf dem kolonialen Boden einer Wunsch, dem voraussichtlichen Gegner diese Macht, die zur Sicherung der Kohlenergän- Ausnutzungsmöglichkeit nach Kräften zu bezung für Kriegsschiffe dieser Macht dienen, schränken, auf die maritime Politik der sollen unter den seekriegsrechtlichen Begriff größeren Staaten ausgeübt wird. Von einem F.; während die eigentlichen Kohlenstationen eigentlichen Stützpunktrecht im völkerrechtstaatliche oder private Depots auf staats- lichen Sinne kann also im Gegensatz zu fremdem Boden darstellen. Private deutsche Scholz keine Rede sein; sogar der AusKohlendepots wurden z. B. seit 1900 in druck F. findet weder in den Haager AbMarseille, Genua, Neapel, Port Said, Algier, kommen, noch auch in der Londoner ErMadeira und Kingston auf Jamaika angelegt; klärung eine Stätte, nur Art. 34 der letzteren staatliche Kohlenstationen sind in mehreren hat etwas Ähnliches in dem Begriff der Fällen in Staatsverträgen vorgesehen worden. Operations- oder Verpflegungsbasis Am bekanntesten sind die deutsch-spanischen schaffen. Karolinenverträge vom 17. XII. 1885 und In dem Artikel,,Asyl in Neutralstaaten 12. II. 1899; durch Art. 3 des letzteren ge- und -gewässern“ wurde bereits unter c) und d) stand Deutschland die Einrichtung von drei auf die rechtsbildende Bedeutung der F. für Kohlenstationen für die spanische Handels- die Gestaltung des Neutralitätsrechts hinund Kriegsmarine zu, mit dem Zusatz, daß gewiesen: Gast- und Asylrecht, hervorSpanien diese,,dépôts",,pourra conserver gegangen aus den natürlichen Bedingungen même en temps de guerre". In der Literatur und Notwendigkeiten der Seefahrt und verherrschte allerdings kein Zweifel darüber, daß bunden mit den von der völkerrechtlichen die Benutzung derartiger Kohlenstationen Kurtoisie und Sitte gesetzten Rechten und durch den Berechtigten im Kriegsfalle zu den Pflichten, stehen im Widerstreit mit dem schwersten Konflikten für den verpflichteten Bestreben der schwächeren Mächte nach Staat führen müßte.,,Die Einräumung von Wahrung der Neutralität und damit nach Kohlendepots auf neutralem Gebiete be- Ausschluß der Kriegführenden aus den deutet in der Praxis keinen brauchbaren eigenen Grenzen. Daß die stützpunktarmen Ersatz für die unter eigener Landeshoheit Mächte die ersteren Gesichtspunkte bei des Kriegführenden stehenden F. oder Kohlen- ihrem Streben nach möglichster Ausnutzung stationen" (Willms-Bonn 21). Die chine- des neutralen Gebiets betonen, während die sischen Hafenpachtungen durch europäische Stützpunkt besitzer die Neutralitätsbelange Mächte, welche jedoch mehr und mehr der Ver- der kleineren Staaten zum Deckmantel ihrer gangenheit anzugehören scheinen: Port Arthur Politik machen, braucht nicht besonders und Taliewan durch Rußland, Kiautschou hervorgehoben zu werden. Schwieriger sind durch Deutschland, Kwangtschouwan durch die Zusammenhänge zwischen F. und SeeFrankreich, Hongkong und Weihaiwei durch kriegsrecht auf anderen Teilgebieten außerEngland, fallen unter den Begriff F.; ebenso halb des Neutralitätsrechts zu erkennen; es die Pachtungen der Vereinigten Staaten in handelt sich dabei in erster Linie um die der Panamakanalzone und auf Cuba (Guanta- Umwandlungs- und Rückverwandlungsfrage namo und Bahia Honda). Daß besetzte von Kauffahrteischiffen in Kriegsschiffe und feindliche Häfen dazu gehören (Zeebrügge, umgekehrt (Abkommen VII der II. H. K.) Libau und Constanza während des Welt- sowie um die Frage der bei Kriegsausbruch kriegs) wird nicht zu bestreiten sein, ebenso- in feindlichen Hafen befindlichen oder auf wenig solche Häfen, die etwa durch,,Mandat" hoher See in Unkenntnis der Feindseligkeiten des sog. Völkerbundes einer Macht über- angetroffenen Kauffahrteischiffe (Abkommen wiesen sind. Inwieweit Hafen- und Küsten- VI der II. H. K.). Die Zulässigkeit der Umgebiete einer neutralen Macht zum Stütz- wandlung von Kauffahrteischiffen in Kriegspunkt für die Kriegführenden gemacht schiffe auf hoher See, gegen welche vom werden können und dürfen, ist zwar keine rechtlichen Standpunkt aus nicht das geStreitfrage von unmittelbarer Bedeutung für ringste Bedenken geltend gemacht werden den Begriff F. neutrale F. eines Krieg- kann, wurde trotzdem von England und führenden sind ein Widerspruch in sich, Japan sowohl auf der II. Haager Friedensdafür wird aber von größter Wichtigkeit die konferenz wie auf der Londoner Seerechtsmeist hinter den Kulissen sich vollziehende konferenz aufs heftigste bestritten, weil sie und deshalb weniger beachtete Einwirkung den stützpunktarmen Mächten einen Ersatz und Rückwirkung auf die Gestaltung für den Mangel an F. gewährt und ihnen die der verschiedenen Gebiete des See- Möglichkeit gibt, überall (vom neutralen kriegsrechts, welche durch den Besitz oder Gewässer abgesehen) die UmwandlungsMangel an Fn. und damit insbesondere durch zeremonie vorzunehmen. Umgekehrt traten die Notwendigkeit, sich neutralen Gebietes beide Mächte zunächst für die Zulässigkeit

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