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GERMAN POEMS.

FIRST YEAR.

SINNSPRÜCHE.

Ist das Kind um der Mutter willen

Oder die Mutter fürs Kind?

Sie fragen es nicht, sie fühlen im Stillen,
Dass sie beide für einander sind.

Nicht der ist auf der Welt verwaist,
Dessen Vater und Mutter gestorben,
Sondern der für Herz und Geist
Keine Lieb' und kein Wissen erworben.

In allem Leben ist ein Trieb

Nach unten und nach oben;

Wer in der rechten Mitte blieb
Von beiden ist zu loben.

In Hochmut überheb dich nicht,
Und lass den Mut nicht sinken!

Mit deinem Wipfel reich ins Licht,
Und lass die Wurzel trinken!

-Rückert.

HEIDENRÖSLEIN.

Sah ein Knab' ein Röslein stehn,
Röslein auf der Heiden,

War so jung und morgenschön,
Lief er schnell, es nah zu sehn,
Sah's mit vielen Freuden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.

Knabe sprach: Ich breche dich,
Röslein auf der Heiden!
Röslein sprach: Ich steche dich,
Dass du ewig denkst an mich,
Und ich will's nicht leiden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.

Und der wilde Knabe brach
's Röslein auf der Heiden;
Röslein wehrte sich und stach,
Half ihm doch kein Weh und Ach,
Musst' es eben leiden.

Röslein, Röslein, Röslein rot,

Röslein auf der Heiden.

DER GUTE KAMERAD.

Ich hatt' einen Kameraden,
Einen bessern findst du nit.
Die Trommel schlug zum Streite,
Er ging an meiner Seite
In gleichem Schritt und Tritt.
Eine Kugel kam geflogen;
Gilt's mir oder gilt es dir ?
Ihn hat es weggerissen,
Er liegt mir vor den Füssen,

Als wär's ein Stück von mir.

Will mir die Hand noch reichen,

Derweil ich eben lad':

FAGE

-Goethe.

,,Kann dir die Hand nicht geben;

Bleib du im ew'gen Leben

Mein guter Kamerad!"

-Uhland.

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