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illae artes artium ponendae sunt. Neque solum dirigunt, sed et roborant, sicut sagittandi usus non tantum facit, ut melius quis collineet, sed ut arcum tendat fortiorem. Im N. O. I, 127 behauptet Baco auch die Anwendbarkeit seiner inductiven Methode auf die intellectuellen und moralischen Wissenschaften, ohne jedoch auf diese Anwendung näher einzugehen; sie war ihm erst eine dunkle Ahnung aus der Ferne her (Beneke). Baco hat selten im Einzelnen die richtigen Forschungsmethoden angegeben, viel weniger noch durch eigene Forschung wissenschaftlich gültige Resultate erhalten, nicht einmal das Beste von dem durch Andere zu seiner Zeit schon Erforschten zu würdigen und sich anzueignen gewusst (was alles besonders Lasson über Baco's v. Verulam wissensch. Principien 1860 und Liebig über Francis Baco v. Verulam und die Methode der Naturforsch. 1863, der früher viel verbreiteten Ueberschätzung Baco's entgegen tretend, hervorgehoben haben), aber doch bleibt ihm das Verdienst, die allgemeine methodische Forderung einer empirisch basirten, inductiven Forschung kräftiger, als irgend einer seiner Vorgänger, vertreten und die neue Richtung in ihrem methodischen Princip zum logischen Bewusstsein erhoben zu haben. Vgl. § 134 über Hypothese und Experimentum crucis«; und K. Sigwart über Bacon in Preuss. Jahrb. Bd. XII u. XIII, 1863 u. 64, H. Böhmer über Fr. Bacon v. V. u. die Verbindung der Philos. mit d. Naturw. 1864; A. Dorner de Baconis philosophia 1867. — Const. Schlottmann, B.'s Lehre von den Idolen u. ihre Bedeutung für die Gegenwart in Gelzer's protest. Monatsbl. Bd. 21. 1863. — A. E. Finsh, On the inductive philosophy, including a parallel between Lord B. and A. Comte as philosophers. Lond. 1872. Eine sehr beachtenswerthe Ausgabe bot neuerdings Prof. Th. Fowler: Bacon's novum organum, edit. with introduct., notes etc. Oxford, Clarendon Press (London. Macmillan). 1878, eine brauchbare Uebers. mit Erl. u. Lebensbeschr. J. H. v. Kirchmann in d. Philos. Biblioth. Bd. 32. Berlin. 1870.

§ 24. Hatte Baco fast ausschliesslich die sinnliche Erfahrung und äussere Natur berücksichtigt, so findet dagegen Cartesius (1596-1650) nur in der Selbstgewissheit des Denkens von seinem eigenen Sein den gegen jeden Zweifel gesicherten Ausgangspunkt der philosophischen Erkenntniss. Er setzt das Kriterium der objectiven Wahrheit in die subjective Klarheit und Bestimmtheit der Erkenntniss, und findet eine Bürgschaft für die Gültigkeit dieses Kriteriums in der göttlichen Wahrhaftigkeit, die nicht zulasse, dass die klare und bestimmte Vorstellung dennoch eine täuschende sei. Diesem Kriterium gemäss hält Cartesius dafür, dass der menschliche Geist theils sein eigenes Denken im weitesten Sinne oder die Gesammtheit der bewussten inneren Thätigkeiten, theils die Gottheit, theils endlich als Eigenschaften der Aussendinge die

räumliche Ausdehnung und deren Modi mit Wahrheit zu erkennen vermöge, so dass die Erkenntniss mit dem Sein ihrer Objecte übereinstimme. Die unmittelbare Erkenntniss nennt Cartesius Intuition; alle mittelbaren Erkenntnissweisen fasst er unter den verallgemeinerten Begriff der Deduction zusammen. In Bezug auf die mittelbare Erkenntniss unterscheidet Cartesius bei Gelegenheit einer zweifachen Darstellung seiner Grundlehren die analytische und die synthetische Methode; jene, die von dem unmittelbar Gegebenen zu den Principien aufsteige, diene der Erfindung, diese, die von den Principien ausgehend die einzelnen Lehrsätze deducire, diene der strengen Beweisführung. Cartesius glaubt mit vier allgemeinen Vorschriften über die Methode auszureichen. Die erste Vorschrift fordert Evidenz, die auf vollkommene Klarheit gegründet sei, die zweite fordert Theilung der Schwierigkeiten, die dritte einen geordneten, die vierte einen lückenlosen Fortschritt der Untersuchung. Aller Irrthum beruht auf dem Missbrauch der Willensfreiheit zu einem vorschnellen Urtheil.

Cartesius stellt Princip. philos. I, § 45 von der Klarheit und Bestimmtheit folgende Definitionen auf: Claram voco illam perceptionem, quae menti attendenti praesens et aperta est, destinctam autem illam, quae quum clara sit, ab omnibus aliis ita seiuncta est et praecisa, ut nihil plane aliud, quam quod clarum est, in se contineat. Die vier methodischen Regeln (die aber nicht sowohl logische Gesetze sind, als vielmehr Regeln, wie wir uns subjectiv zu verhalten haben, um den logischen Normen nachkommen zu können und Fehler zu vermeiden) finden sich in dem Discours de la méthode pour bien conduire sa raison et chercher la vérité dans les sciences, 1637 (Discursus de methodo recte utendi ratione, 1644), sec. part. Des Cartes sagt: Ainsi, au lieu de ce grand nombre de préceptes dont la logique est composée, je crus que j'aurais assez des quatre suivants, pourvu que je prisse une ferme et constante resolution de ne manquer pas une seule fois à les observer. Le premier était de ne recevoir jamais aucune chose pour vraie, que je ne la connusse évidemment être telle: c'est à dire d'éviter soigneusement la précipitation et la prévention et de ne comprendre rien de plus dans mes jugements que ce qui se présenterait si clairement et si destinctement à mon esprit, que je n'eusse aucune occasion de le mettre en doute. Le second, de diviser chacune des difficultés que j'examinerais, en autant de parcelles qu'il se pourrait et qu'il serait requis pour les mieux resoudre. Le troisième, de conduire par ordre mes pensées, en commençant par les objets les plus

simples et les plus aisés à connaître, pour monter peu à peu comme par degrès jusques à la connaissance des plus composés, et supposant même de l'ordre entre ceux qui ne se précèdent point naturellement les uns les autres. Et le dernier, de faire partout des dénombrements si entiers et des revues si générales, que je fusse assuré de ne rien omettre. Von den Syllogismen und den meisten andern Lehren der Logik urtheilt Des Cartes (an derselben Stelle), dass sie mehr didaktischen, als scientifischen Werth haben: »que pour la logique, ses syllogismes et la plupart de ses autres instructions servent plutôt à expliquer à autrui les choses qu'on sait, qu'à les apprendre. Vgl. unten die historischen Angaben zu § 101. Den Unterschied der analytischen und der synthetischen Methode berührt Cartesius in seinen Erwiderungen auf die Einwürfe gegen seine Meditationes de prima philosophia, respons. ad secund. obiect. In der Schrift: Regulae ad directionem ingenii, zuerst veröffentlicht in den Opuscula posthuma, Amstelod. 1701, unterscheidet Cartesius die Intuition oder die unmittelbar gewisse Erkenntniss, wodurch wir uns der Principien bewusst werden, und die Deduction oder die Operation, wodurch wir die eine Erkenntniss aus der andern ableiten und daher dasjenige erkennen, was die nothwendige Folge von Anderem ist. Die Forderungen, welche in den vier methodischen Vorschriften des Discours liegen, führt Cartesius in den Regulae weiter aus, indem er sie zugleich auf einzelne philosophische und besonders mathematische Probleme anwendet. Aus der Schule des Cartesius ist als das vorzüglichste logische Werk hervorgegangen: La logique ou l'art de penser, Paris 1662 u. ö., worin die Aristotelischen Lehren mit den Cartesianischen Principien combinirt werden. Die Logik wird definirt als die Kunst des rechten Vernunftgebrauchs beim Erkennen der Dinge (l'art de bien conduire sa raison dans la connaissance les choses, tant pour s'instruire soi-même que pour en instruire les autres). Dieses Werk ist wahrscheinlich von Ant. Arnauld unter Mitwirkung des Nicole und vielleicht auch anderer Jansenisten des Port-Royal verfasst worden. s. T. S. Baynes, the port royal logic transl. from the French with introd., notes and append. 7. ed. London 1872. Nicole Malebranche (1638-1715), der Vertreter der Lehre, dass wir alle Dinge in Gott schauen, fusst in seinem Werke: de la recherche de la vérité, Paris 1673, auf den Grundsätzen des Cartesius. Auch Arn. Geulinx schrieb eine Logica fundamentis suis, a quibus hactenus collapsa fuerat, restituta Lugd. Bat. 1662, Amst. 1698. Ueber ihn schrieb E. Grimm: Arn. Geulinx Erkenntnisstheorie u. Occasionalismus. Jena 1875. Als Anhänger des Cartesius in Deutschland schrieb der an d. Univers. Duisburg lehrende Joh. Clauberg seine 1658 u. ö. ersch. Logica vetus et nova, modum inveniendae ac tradendae veritatis, in generi simul et analysi, facili methodo exhibens. Unter den Gegnern des Cartesius verdient hier besonders Gassendi (1592-1655) wegen seiner klaren und wohlgeordneten Darstellung der Logik Erwähnung.

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§ 25. Spinoza (1632-1677) führt die unwahre oder inadäquate Erkenntniss auf den Einfluss der Einbildungskraft, die wahre oder adäquate aber auf das Denken zurück. Wahrheit ist Uebereinstimmung der Idee mit ihrem Gegenstande. Die Wahrheit bekundet sich selbst und den Irrthum. Der intuitive Verstand erkennt jedes Einzelne aus seinen Ursachen und das Endliche überhaupt aus dem Unendlichen; er richtet sich zuvörderst auf die Idee der Einen Substanz, deren Wesen (essentia) das Sein (existentia) in sich schliesst, um Denken und Ausdehnung als ihre Attribute und die Einzelweisen als ihre Modi zu erkennen. Die Ordnung und Verbindung der Gedanken entspricht der Ordnung und Verbindung der Dinge. Die philosophische Methode ist mit der mathematischen identisch.

Von den Werken des Spinoza gehört hierher besonders der Tractatus de intellectus emendatione, in den Opera posthuma, Amstelod. 1677, womit mehrere Stellen der Ethik zu vergleichen sind. Die Grundforderung des Spinoza ist: Ut mens nostra omnino referat naturae exemplar, debet omnes suas ideas producere ab ea, quae refert originem et fontem totius naturae, ut ipsa etiam sit fons ceterarum idearum.< Die Wahrheit definirt Spinoza Eth. I, 36 als convenientiam ideae cum suo ideato. Spinoza unterscheidet drei Arten oder Stufen der Erkenntniss: imaginatio (avraoía), ratio (die ou des Aristoteles) und intellectus (die intuitive Erkenntniss der Principien), gleich dem Aristotelischen vous; doch hält Spinoza die Aristotelische Abgrenzung gegen die onun nicht streng inne, indem er auch Deduction aus dem obersten Princip dem Intellectus zuschreibt. Der Philosoph betrachtet alle Dinge als Momente der Einen Substanz, sub specie aeternitatis. Die concatenatio intellectus « soll concatenationem naturae referre.. Vom Standpunkte des Spinoza aus handelt Kuffeler in seinem Specimen artis ratiocinandi naturalis et artificialis, ad pantosophiae principia manuducens, Hamb. 1684, über die Methode der philosophischen Forschung.

§ 26. Locke (1632-1704), die Methode Baco's auf die Objecte der inneren Erfahrung anwendend, erörtert das psychologische Problem des Ursprungs der menschlichen Begriffe in der Absicht, um dadurch für die Entscheidung der logischen (erkenntnisstheoretischen) Frage nach der objectiven Wahrheit der Begriffe eine sichere Grundlage zu gewinnen. Locke unterscheidet die Sensation oder sinnliche Wahrnehmung und die Reflexion oder die Wahrnehmung der inneren Verrichtungen, welche die Seele auf Anlass der äusseren

Affectionen ausübt. Aus diesen beiden Quellen entspringen alle Vorstellungen; „angeborene Ideen" giebt es nicht. Nihil est in intellectu, quod non fuerit in sensu. In ähnlicher Weise, wie Cartesius, gesteht auch Locke der inneren Wahrnehmung volle, der äusseren nur theilweise Wahrheit zu. Locke wird durch seine Resultate Vorläufer des Condillac'schen Sensualismus, der auch die Reflexion wiederum auf die Sensation zurückzuführen sucht, durch seine Methode hingegen Vorläufer des Berkeley'schen Idealismus, des Hume'schen Skepticismus, des Empirismus der schottischen Schule und des Kantischen Kriticismus.

Locke's Hauptwerk: An essay concerning human understanding, erschien zuerst London 1690. Indem Locke die durch sinnliche Wahrnehmung gewonnenen Vorstellungen nicht für treue Abbilder der Gegenstände halten konnte (weil er in Uebereinstimmung mit Demokrit, Baco und Des Cartes annimmt, dass zwar die Gestalt und Grösse, überhaupt das mathematisch Bestimmbare oder die von ihm sogenannten primären Qualitäten, aber nicht Farbe, Ton etc., überhaupt das nur von einzelnen Sinnen Percipirte oder die secundären Qualitäten objective Gültigkeit haben), so beschränkte er die Wahrheit der Gedanken auf die objectiv-richtige Verbindung und Trennung der Zeichen der Dinge (Essay, B. IV, Ch. 5, § 2). - „Die Logik Locke's im Zusammenh. mit s. Philosophie" hat neuerdings behandelt: 0. Dost, Plauen 1877. An Locke schliessen sich an: J. P. de Crousaz, la Logique, Amst. 1712; Is. Watt, Logic, 1736. - Condillac, essay sur l'origine des connaissances humaines, 1746; traité des sensations 1754; Logique, 1781. s. über ihn: L. Robert, les théories logiques de Condillac. Paris 1869. Hume, enquiry concerning human understanding 1748. Auch der Idealismus des Berkeley (1685-1753), wonach nur Geister und deren Ideen existiren, indem alle nichtdenkenden Objecte Ideen der empfindenden und denkenden Wesen seien, wie auch die zur Berufung auf angeborne Ueberzeugungen als Thatsachen der inneren Wahrnehmung zurückkehrende schottische Schule (Reid, Beattie, Dugald Stewart, Brown) ist mit der Locke'schen Richtung bei aller Polemik doch in sehr wesentlichen Beziehungen verwandt.

§ 27. Leibniz (1646-1716) vertheidigt gegen Locke die Lehre von den angebornen Ideen, erklärt jedoch allen Inhalt des Bewusstseins für das Product der inneren Selbstentwickelung der Seelenmonade. Die Bürgschaft für die objective Wahrheit der klaren und deutlichen Vorstellungen findet Leibniz in der durch Gott prästabilirten Harmonie zwischen der Seele und den Aussendingen. Der Irrthum be

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