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die Sphären des Subjects- und Prädicatsbegriffs einander decken; niemals, wenn die Sphären des Subjects- und Prädicatsbegriffs einander nicht decken, hat im Griechischen das Prädicat den Artikel.

Besonders beachtenswerth ist die Allgemeinheit, mit welcher die Contraposition des allgemein affirmativen Urtheils gilt, im Gegensatze zu der bloss particularen Gültigkeit des durch die Conversion gewonnenen Urtheils. Es lassen sich immer vier allgemeine Urtheile (von den Formen a und e) zusammenstellen, wovon je zwei mit einander gültig oder ungültig sind, wogegen das erste Paar ohne das zweite und dieses ohne jenes gültig sein kann. Ist das Urtheil wahr: jedes S ist P, so folgt: was nicht P ist, ist nicht S; aber es folgt nicht: jedes P ist S, noch auch, was hiermit gleichbedeutend ist: was nicht S ist, ist nicht P. Und ist das Urtheil gültig: wenn A ist, so ist B, so folgt: wenn B nicht ist, so ist auch A nicht; aber es folgt nicht: wenn B ist, so ist A, noch auch, was hiermit übereinkommt: wenn A nicht ist, so ist B nicht. Ist z. B. als gültig anerkannt das Urtheil: worin das Wesen eines Gegenstandes liegt, da ist in seinem Steigen und Fallen das Maass der Vollkommenheit desselben, so folgt durch Contraposition mit gleicher Allgemeingültigkeit das Urtheil: was in seinem Steigen und Fallen nicht das Maass der Vollkommenheit eines Gegenstandes ist, darin liegt auch nicht das Wesen desselben. Aber es folgt nicht: alles, was (sondern nur: mindestens einiges, was) in seinem Steigen und Fallen das Maass der Vollkommenheit eines Gegenstandes ist, darin liegt auch das Wesen desselben; ebenso wenig folgt der mit diesem letzteren gleichbedeutende Satz: worin nicht das Wesen eines Gegenstandes liegt, da ist in seinem Steigen und Fallen nicht das Maass der Vollkommenheit desselben. (Auch gewisse äussere Merkmale können ja wohl in genauer Proportion mit dem Wesen steigen und fallen.) Ist der Satz wahr: alles Gute ist schön, so folgt: was nicht schön ist, ist auch nicht gut. Aber es folgt nicht: alles Schöne ist gut, noch auch: was nicht gut ist, ist nicht schön. Gleichbedeutend sind die Sätze: wo nicht ein vielumfassendes Gedächtniss ist, da ist auch nicht ein vielumfassender Verstand, und: wo ein umfassender Verstand ist, da ist auch ein umfassendes Gedächtniss. Aber wesentlich hiervon verschieden, dagegen unter sich gleichbedeutend, sind die Sätze: wo nicht ein umfassender Verstand ist, da ist auch nicht ein umfassendes Gedächtniss, und: : wo ein umfassendes Gedächtniss ist, da ist auch ein umfassender Verstand. Jene beiden ersten Sätze sind wahr, diese beiden letzten falsch. So sind auch gleichbedeutend die Sätze: wer einen Staat nicht als unabhängig anerkennt, der erkennt demselben auch nicht das Gesandtschaftsrecht zu, und: wer einem Staate das Gesandtschaftsrecht zuerkennt, der erkennt denselben auch als unabhängig an. Der Wahrheit dieser Sätze unbeschadet können die beiden folgenden falsch sein, die wieder mit einander gleichbedeutend sind: wer einen Staat als unabhängig anerkennt, der erkennt demselben auch das Gesandtschaftsrecht zu, und wer einem Staate das Gesandtschaftsrecht nicht zuerkennt, der erkennt denselben auch nicht als unabhängig an. (England erkannte im

Jahre 1793 die französische Republik zwar als unabhängig an, gestand derselben aber dennoch das Gesandtschaftsrecht nicht zu.) In gleicher Weise lässt der Satz: Jedesmal, wenn die Lust ihren höchsten Gipfel erreicht hat, ist aller Schmerz ausgetilgt, die reine Contraposition zu, die Conversion aber nur mit Quantitätsänderung. Dagegen lässt ein Satz, der eine Definition ist oder doch mit der Definition darin übereinkommt, dass die Sphären des Subjects- und des Prädicatsbegriffs einander decken, sowohl die reine Conversion, wie die reine Contraposition zu, z. B.: Jede Verleumdung ist lügnerische Behauptung falscher und zugleich ehrenrühriger Thatsachen; jede solche Behauptung ist Verleumdung, und was nicht eine solche Behauptung von solchen Thatsachen ist (also z. B. ein falsches und ehrverletzendes Räsonnement über wahre Thatsachen) fällt nicht unter den Begriff der Verleumdung.

§ 91. Durch Contraposition folgt 2. aus dem allgemein verneinenden kategorischen Urtheil (von der Form e): kein S ist P,

das particular bejahende Urtheil (von der Form i): mindestens einige Nicht-P sind S (mindestens einiges, was nicht P ist, ist S);

und ebenso aus dem allgemein verneinenden hypothetischen Urtheil: niemals, wenn A ist, ist B,

das particular affirmirende: (mindestens) in einigen Fällen, wenn B nicht ist, ist A.

Denn da die allgemeine Negation sowohl bei dem kategorischen, als bei dem hypothetischen Urtheil eine völlige Getrenntheit der Sphären voraussetzt, so muss S und A sich ausserhalb der Sphäre von P und von B finden, d. h. S zu demjenigen gehören, was nicht P ist, und A in solchen Fällen statthaben, wo nicht B ist. Also einiges Nicht-P ist S, und in einigen Fällen, wo B nicht ist, ist A. Die Möglichkeit, dass alles Nicht-P S sei, oder dass immer, wenn B nicht ist, A sei, ist nicht ausgeschlossen; doch findet dieser Fall nur dann statt, wenn S und P oder A und B zusammengenommen den gesammten Umfang alles Seienden erfüllen.

Beispiele. Nichts Gutes ist unschön; einiges Nicht-Unschöne ist gut. Nichts Unschönes ist gut; einiges Nicht-Gute ist unschön. Kein beseeltes Wesen ist leblos; einiges Nicht-Leblose ist beseelt. Kein beseeltes Wesen ist unbeseelt; (mindestens) einiges Nicht-Unbeseelte ist beseelt. Das Göttliche ist nicht endlich; (mindestens) einiges, was nicht endlich ist, ist göttlich. Das Endliche ist nicht göttlich; (mindestens) einiges, was nicht göttlich ist, ist endlich.

§ 92. Durch Contraposition folgt 3. aus dem particular verneinenden kategorischen Urtheil (von der Form 0): (mindestens) einige S sind nicht P,

das particular bejahende Urtheil (von der Form i): mindestens) einige Nicht-P sind S (mindestens einiges, was nicht P ist, ist S);

und ebenso aus dem particular verneinenden hypothetischen Urtheil: (mindestens) zuweilen, wenn A ist, ist B nicht,

das particular affirmirende: (mindestens) in einigen Fällen, wenn B nicht ist, ist A.

Denn die particulare Verneinung setzt voraus, dass (mindestens) ein Theil der Sphäre von S oder von A ausserhalb der Sphäre von P oder von B liege, ohne über den übrigen Theil irgend etwas zu bestimmen. Also muss einiges von dem, was ausserhalb der Sphäre von P oder von B liegt, S oder A sein, d. h. einige Nicht-P sind S; zuweilen, wenn B nicht ist, ist A. Der Fall, dass alle Nicht-P S sind, sowie, dass immer, wenn B nicht ist, A ist, kann nicht nur dann vorkommen, wenn (was nach dem gegebenen Urtheil möglich bleibt) kein S P, und niemals, wenn A ist, B ist (s. § 91), sondern auch dann, wenn nur einige S nicht P sind, und nur einigemal, wenn A ist, B nicht ist. Dies Letztere wird. insbesondere dann geschehen, wenn S oder A auf die Gesammtheit alles Seienden gehen, aber P oder B nur auf einen Theil desselben. Welcher der verschiedenen möglichen Fälle aber auch statthaben mag, jedenfalls ist der Satz wahr: mindestens einige Nicht-P sind S, und: mindestens in einigen Fällen, wenn B nicht ist, ist A.

Beispiele. Einige Parallelogramme sind nicht regelmässige Figuren; einiges, was nicht eine regelmässige Figur ist, ist ein Parallelogramm. Einige Parallelogramme sind nicht Quadrate; einige Nicht-Quadrate sind Parallelogramme. (Mindestens) einige Parallelogramme sind nicht Trapezoide; einiges, was nicht ein Trapezoid ist, ist ein Parallelogramm. Einiges Lebende ist nicht beseelt; einiges Nicht-Beseelte ist lebend. Einige reale Wesen sind nicht beseelt; (mindestens) einiges was nicht beseelt ist, ist ein reales Wesen.

§ 93. Durch Contraposition lässt sich aus dem particular bejahenden Urtheil überhaupt keine Folgerung

ziehen. Das particular bejahende kategorische Urtheil hat im Allgemeinen zwei Formen (i, 1 und i, 2), die der Voraussetzung entsprechen: nur einige S sind P, und zwei Formen (i, 3 und i, 4), die der anderen ebenso möglichen Voraussetzung entsprechen: jedenfalls einige, in der That aber auch die übrigen S sind P. Wären die beiden ersten Formen die einzigen, so würde sich (nach § 92) folgern lassen: einige Nicht-P sind S; diese Folgerung hat aber keine allgemeine Gültigkeit, weil sie auf die beiden letzten Formen (nach § 90) nicht passt. Die Folgerung aber: (mindestens) einige Nicht-P sind nicht S, worin die eigentliche Contraposition liegen würde, würde zwar unter Voraussetzung der beiden letzten Formen, wo sogar (nach § 90) alle Nicht-P auch nicht S sind, wahr sein; dieselbe würde auch in jeder der beiden ersten Formen häufig und sogar in der grossen Mehrzahl der Beispiele zutreffen; aber es kann auch in jeder der beiden ersten Formen Fälle geben, wo sie falsch ist. Denn was die Form i, 2 betrifft, die durch die Figur repräsentirt wird:

[blocks in formation]

so wird es zwar in der Regel ausser den Nicht-P, die S sind, auch solche Nicht-P geben, die nicht S sind; aber es kann auch der Fall eintreten, dass S die Gesammtheit alles Seienden umfasst, und dann werden alle Nicht-P S sein; es wird nicht mehr einige Nicht-P geben, die nicht S sind, so dass jene Folgerung sich als ungültig erweist. Auch bei der Form i, 1, deren schematische Darstellung in der Figur liegt:

[blocks in formation]

wird es gewöhnlich ausser den Nicht-P, die S sind, auch einige Nicht-P geben, die nicht S sind; doch kann auch hier der entgegengesetzte Fall eintreten. Die Form i, 1 (deren

Charakter im Unterschiede von i, 3 und i, 4 dieser ist, dass einige S P sind, andere aber nicht, und im Unterschiede von i, 2 dieser, dass einige P nicht S'sind) wird nämlich auch dann noch bestehen, wenn der durch folgende Figur repräsentirte Fall eintritt:

S

A2
A1

wo sich P von dem Mittelpunkte bis zur Peripherie des zweiten Kreises, S von der Peripherie des ersten bis zur Peripherie des dritten erstreckt. (Ebenso auch dann, wenn in dieser Figur S und P ihre Stellen tauschen.) Ist nun hier die Sphäre von S eine begrenzte, so wird es immer noch jenseit derselben manche Nicht-P geben, die auch nicht S sind; ist aber diese Sphäre nach aussen hin unbegrenzt, d. h. umfasst S alles Seiende mit Ausnahme desjenigen Theiles von P, der durch den kleinsten jener Kreise bezeichnet wird, so giebt es nicht mehr einige Nicht-P, die nicht S wären, sondern alle Nicht-P sind dann S. Dieses Verhältniss wird namentlich dann nicht selten stattfinden, wenn S ein negativ bezeichneter Begriff ist (S=Nicht-I, wo I die innerste Sphäre bezeichnet); doch kann es auch bei positiv bezeichnetem S eintreten. Und so würde wieder die Folgerung falsch sein: einige Nicht-P sind nicht S. (Das Gleiche gilt, wenn in der obigen Figur S und P ihre Stellen tauschen, sofern dann die Sphäre von P nach aussen hin unbegrenzt sein kann.)

Es kann also, wenn das Urtheil wahr ist: einige S sind P, Fälle geben, wo (mindestens) einige Nicht-P S sind, aber auch Fälle, wo kein Nicht-P S ist; Fälle, wo (mindestens) einige Nicht-P nicht S sind, aber auch Fälle, wo alle Nicht-P S sind. Folglich lässt sich, wenn nur jenes Eine Urtheil gegeben ist, im Allgemeinen gar nichts über das Verhältniss der Nicht-P zu S in einem Urtheil, dessen Subject Nicht-P wäre, festsetzen.

Ebensowenig lässt das entsprechende hypothetische

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