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tion des πάθος als der ἄλογος καὶ παρὰ φύσιν ψυχῆς κίνησις (Diog. L. VII, 110; cf. Cic. Tusc. IV, 6: aversa a recta ratione contra naturam animi commotio), wo die Bedeutung der Bewegung zwischen Gefühl und Begehrung schwankt. An dem Fehler der versteckten Bildlichkeit leidet Wundt's Erklärung (die auch Ruete sich aneignet), die Empfindung sei der Schluss, den die Seele aus einer Reihe in dem physischen Nervenprocess gelegener Merkmale ziehe, wo unter dem Bilde des Schliessens die Schwierigkeit sich verbirgt, ob und wie eine Empfindung das Resultat von Bewegungen sein könne und von welcher Art der hier thatsächlich bestehende Zusammenhang sei. Die Euklidische Definition: Parallellinien sind gerade Linien in derselben Ebene, die, ins unendliche nach beiden Seiten hin verlängert, mit einander niemals zusammenstossen, steht der Definition der Parallellinien als Linien von gleicher Richtung in zweifacher Beziehung nach, weil sie die Parallellinien durch eine bloss negative und zugleich nur abgeleitete, nicht grundwesentliche Bestimmung charakterisirt, wesshalb sie auch bei der Deduction von Lehrsätzen in Verwickelungen hineinführt, die nicht in der Natur der Sache begründet sind und bei der auf den Begriff der Richtung gebauten Definition nicht eintreten. (Vergl. unten zu § 110.) Als Beispiel einer fehlerhaften Definition mittelst eines nebengeordneten Begriffs betrachtet Aristoteles die folgende: περιττόν (ἐστι τὸ μονάδι μεῖζον ἀρτίου. Allerdings ist es in formaler Beziehung richtiger, beide Glieder des Gegensatzes unabhängig von einander mittelst des Gattungsbegriffs und ihrer specifischen Differenzen zu definiren, also z. B. das Gerade als die Zahl, welche durch 2 ohne Rest dividirbar ist, das Ungerade als die Zahl, welche, durch 2 dividirt, den Rest 1 lässt; doch würde es auf formalen Rigorismus hinauslaufen, wenn man die Abkürzung und Uebersichtlichkeit, die durch die Rückbeziehung auf die vorangegangene Definition eines nebengeordneten Begriffs in vielen Fällen gewonnen werden kann, ganz verschmähen und z. B., nachdem die Definition der geraden Zahl vorausgeschickt worden ist, die Definition nicht zulassen wollte: die ungerade Zahl ist diejenige, welche sich von der geraden um eine Einheit unterscheidet. Die Veranschaulichung eines Begriffs durch Aufzählung der Glieder seines Umfangs (z. B. der Kegelschnitt ist dasjenige mathematische Gebilde, welches in die vier besonderen Formen: Kreis, Ellipse, Parabel, Hyperbel zerfällt) ist als Erläuterung des Begriffes werthvoll, sofern sie der Definition vorangeht oder nachfolgt; soll sie aber die Stelle der letzteren vertreten, so wird sie zur fehlerhaften definitio per divisionem oder per disiuncta. Da einfache Begriffe, wie schon oben (§ 60) bemerkt worden ist, keine eigentliche Definition zulassen, sondern nur durch Abstraction und Isolirung zum Bewusstsein gebracht und von anderen Begriffen bestimmt unterschieden werden können, so wird hierfür durch die Form der Accidentaldefinition die höchstmögliche wissenschaftliche Strenge erreicht. So ist z. B. der Begriff des Punktes durch die fortschreitende Reihe von Abgrenzungen zu bestimmen, die in den folgenden Accidentaldefinitionen ihren wissenschaftlichen Ausdruck

findet der Raum ist das Residuum aus der sinnlichen Gesammtanschauung, welches nach Abstraction von der Materie (dem bei der Bewegung Unveränderten) übrig bleibt; der mathematische Körper ist ein endlicher Theil des unendlichen Raumes oder ein begrenzter Raum; die Fläche ist die Grenze des Körpers; die Linie ist die Grenze der Fläche; der Punkt ist die Grenze der Linie. Nachdem aber einmal auf diesem Wege das einfachste Element gewonnen worden ist, so können nun von demselben aus die anderen Gebilde genetisch reconstruirt und durch Wesenserklärungen definirt werden.

§ 63. Die Eintheilung (divisio, diaígeous) ist die vollständige und geordnete Angabe der Theile des Umfangs eines Begriffs oder die Zerlegung der Gattung in ihre Arten. Da sich die Artbegriffe von dem Gattungsbegriffe dadurch unterscheiden, dass in ihnen die unbestimmteren Züge des Gattungsbegriffs in Folge des Hinzutritts der specifischen Differenzen die verschiedenen Formen oder Modificationen, deren sie fähig sind, wirklich angenommen haben, so muss sich auch bei der Eintheilung des Gattungsbegriffs die Bildung und Anordnung der Artbegriffe auf jene Modificationen der Gattungscharaktere gründen. Demgemäss werden sich bei einem jeden Gattungsbegriffe, welcher mehrere modificirbare Charaktere in sich vereinigt, je nachdem die Arten nach den Differenzirungen des einen oder anderen derselben unterschieden werden, verschiedene Eintheilungen ergeben. Dasjenige Gattungsmerkmal, auf dessen Modificationen die Bildung und Anordnung der Artbegriffe gegründet wird, heisst Eintheilungsgrund oder Eintheilungsprincip (fundamentum sive principium divisionis), die Artbegriffe selbst Eintheilungsglieder (membra divisionis, minder genau membra dividentia). Die Eintheilung ist Dichotomie, Trichotomie, Tetrachotomie, Polytomie je nach der Anzahl der Theilungsglieder. Formale Anforderungen an die Eintheilung sind, dass die Sphären der Eintheilungsglieder zusammengenommen mit der Sphäre des einzutheilenden Begriffs genau zusammenfallen, mithin denselben ohne Lücke (hiatus) ausfüllen, aber auch in keiner Art über denselben hinausgehen, und dass sie einander nicht kreuzen, sondern völlig ausschliessen: zweckmässig ist, dass bei der Anordnung der Theilungsglieder jedesmal die, welche einander am nächsten

verwandt sind, zunächst zusammengestellt werden. Die durch die Modificationen eines einzelnen Merkmals bestimmte Eintheilung heisst künstliche Eintheilung; sie hat in dem Maasse wissenschaftlichen Werth, in welchem die Voraussetzung zutrifft, dass vermöge irgend eines causalen Zusammenhangs die Modificationen dieses Merkmals mit entsprechenden Modificationen der sämmtlichen wesentlichen Merkmale verknüpft seien. Die vollkommenste Eintheilung gründet sich auf die wesentlichen Modificationen der constitutiv wesentlichen Merkmale. Sie ist durch die Essentialdefinition des einzutheilenden Begriffs bedingt. Der Name natürliche Eintheilung kommt ihr in demselben Sinne zu, in welchem auch das System, das aus einer fortlaufenden Reihe solcher Eintheilungen hervorgeht, natürliches System genannt zu werden pflegt. Die Eintheilungen dieser Art lassen sich keineswegs sämmtlich nach einem äusserlich gleichförmigen Schematismus bilden; die Erwartung, durch dieselben, sofern sie der idealen Anforderung entsprechen, in allen Fällen die gleiche Zahl von Theilungsgliedern zu erhalten, ist unberechtigt. Eine strenge Dichotomie kann stets mit Hülfe eines negativen Artbegriffes gewonnen werden, leidet aber dann auch an dem Mangel, dass sie die unter der Negation zusammengefassten Arten unbestimmt lässt; sind deren mehrere, so wird sich, sobald dieselben nach deren positiven Merkmalen angegeben werden sollen, jene Zweitheilung als illusorisch erweisen; sie kann daher nur etwa zu einer vorläufigen Orientirung bei der Bildung und Prüfung der Eintheilungen dienen, ist aber an sich ohne wissenschaftlichen Werth. Die Trichotomie findet in der Regel da Anwendung, wo sich eine selbständige, auf inneren Ursachen beruhende Entwickelung erkennen lässt, weil diese sich in der Form des zweigliederigen Gegensatzes und der Vermittelung als des dritten Gliedes zu vollziehen pflegt. Doch bleibt die blosse Dreitheilung nicht selten hinter dem Reichthum der Wirklichkeit zurück, deren Entwickelung zumal auf den höheren Stufen keineswegs stets in einfachen Reihen fortschreitet, sondern oft erst auf eine grössere Zahl einander kreuzender Gegensätze die höhere vermittelnde Einheit folgen lässt.

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Unter der natürlichen Eintheilungsmethode versteht Cuvier (Règne animal, introduction) »un arrangement, dans lequel les êtres du même genre seraient plus voisins entre eux que de ceux de tous les autres genres, les genres du même ordre plus que de ceux de tous les autres ordres, et ainsi de suite. Cuvier erklärt diese Methode für das Ideal, dem die Naturgeschichte zustreben müsse; denn es liege darin > l'expression exacte et complète de la nature entière«. Vgl. oben § 58. Die Lehre von den Eintheilungen, deren wissenschaftlichen Werth bereits Plato erkannte, bildet bei Aristoteles einen integrirenden Theil der Analytik. Plato bevorzugt die Dichotomie. Jeder Gegensatz ist zweigliederig (Protag. p. 332). Die Theile müssen Arten (eïðn), d. h. nach den wesentlichen Unterschieden gebildet sein, Phaedr. 265: κατ' ἄρθρα, ᾗ πέφυκεν. — εἰς ἓν καὶ ἐπὶ πολλὰ πεφυκότα ὁρᾶν, vgl. Polit. 262 sqq. In seiner späteren Zeit liebt es Plato, den beiden Gliedern des Gegensatzes als drittes rò 5 dugoìv μizτóv zuzuzählen; doch erkennt er in diesem dritten Gliede nicht (in Hegel'scher Weise) das höchste, sondern das mittlere Element (Tim. 35 A; Phileb. 23; vgl. m. Abh. im Rhein. Mus. N. F., IX. 1853, bes. S. 64 ff.). In dem Dialog Soph. wird (p. 253) die Dichotomie auf den allgemeinen Gesichtspunkt des raiτór und repov zurückgeführt (vgl. Polit. p. 287). Aus der Combination zweier Eintheilungsgründe entsteht eine Viertheilung (Soph. p. 266). Aristoteles berührt die Lehre vom Eintheilungsgrunde Top. VI, 6 und de part. animal. I, 3, wo er insbesondere vor dem Hinüberspringen aus einem Eintheilungsgrunde in den andern warnt. Er erörtert Anal. post. II, 13, de part. an. I, 2 u. 3 die Vortheile und Nachtheile der mittelst der Negation gebildeten Dichotomie. (Vergl. J. B. Meyer, Aristot. Thierkunde 1855, S. 76-112.) Die moderne Vorliebe für eine bestimmte Zahl von positiven Eintheilungsgliedern ist ihm noch fremd. Dieselbe ist zumeist aus der Kantischen Kategorienlehre hervorgegangen. — Kant glaubt, da seine Kategorientafel alle Elementarbegriffe des Verstandes vollständig und in systematischer Ordnung enthalte, nach derselben a priori alle Momente einer jeden speculativen Wissenschaft und deren Ordnung bestimmen zu können (Krit. der r. Vern. § 11). Demgemäss hat denn auch schon ihm selbst und noch mehr seinen Anhängern der Schematismus der Kategorientafel bei der Behandlung und Eintheilung des verschiedenartigsten wissenschaftlichen Stoffes als leitendes Princip gedient wurde doch selbst Goethe durch Schiller einmal zu dem undankbaren Versuche veranlasst, seine Farbenlehre nach den Kantischen Kategorien zu gliedern. Sehr folgenreich ist eine von den artigen Betrachtungen geworden, die Kant (a. a. O.) über seine Kategorientafel anstellt. Er meint nämlich, alle Eintheilung a priori durch Begriffe müsse sonst zwar Dichotomie sein (A ist theils B, theils non-B), hier aber finde sich eine Dreiheit von Kategorien in jeder Classe, und zwar sei jedesmal die dritte aus der Verbindung der zweiten mit der ersten ihrer Classe entsprungen. Diese Kantische Bemerkung hat auf jenen Schematismus der Thesis, Antithesis und Synthesis hingeleitet, der schon in Fichte's Constructionen und noch durchgreifender in Hegel's

Dialektik den methodischen Gang auf allen Punkten bestimmt. So gewiss es nun ist, dass solche Trichotomien nicht auf blosser Willkür, sondern auf einem richtigen Blick in das Wesen der Entwickelung beruhen, so wenig können sie doch als die alleingültige und überall zutreffende Form der Eintheilung anerkannt werden, und zwar nicht nur aus dem Grunde, den Hegel annimmt, dass zuweilen die Naturerscheinungen hinter dem Begriffe zurückbleiben, noch auch bloss darum, weil das dialektische Denken mitunter noch nicht durchaus der Sache Herr geworden sei, sondern auch darum, weil die einfache Gleichförmigkeit der Trichotomie an sich selbst nicht genügt, um die reiche Fülle der Erscheinungen des natürlichen und geistigen Lebens zu erschöpfen. In vielen Fällen entspricht dieser Fülle mehr der verschlungene Doppelzug der Schleiermacher'schen Tetrachotomie, die aus zwei einander kreuzenden Dichotomien hervorgeht, zumal da Schleiermacher auch die Einheit, die über dem Doppelgegensatze steht, nachzuweisen bestrebt ist. (So theilt er z. B. die Wissenschaften ein in die speculative und empirische Erkenntniss der Vernunft und die speculative und empirische Erkenntniss der Natur oder in die Ethik, Geschichtskunde, Physik und Naturkunde nach den Gegensätzen von Vernunft und Natur, Kraft und Erscheinung und findet in der Dialektik, die auf ihre gemeinsamen Principien geht, den beseelenden Einheitspunkt.) Aber auch diese Vier- oder Fünftheilung kann nicht gleichmässig auf alle Stoffe Anwendung finden, ebenso wenig auch die aus einer Combination der Principien der Hegel'schen und der Schleiermacher'schen Eintheilungsmethode hervorgegangene Neuntheilung von George und andere von Anderen vorgeschlagene Schemata, und so kann als allgemeine Regel immer nur die Eine bestehen, dass jede Eintheilung der Natur ihrer Objecte gemäss sein müsse. Vgl. Trendelenburg, log. Unt., II, 2. A., S. 233 ff., 3. Aufl. S. 256 ff. und schon Scotus Erigena bei Prantl II, S. 32, und Plato Phaedr. p. 265. — Die Lehre von den Eintheilungen verdankt Herbart die Bemerkung, dass, indem die Eintheilung eines Begriffs von der Eintheilung des Merkmals abhängt, welches den Eintheilungsgrund bildet, zuletzt alle Eintheilungen nothwendig auf gewisse Grundeintheilungen zurückgehen, bei denen sich nicht mehr ein Merkmal des einzutheilenden Begriffs als Eintheilungsgrund angeben lässt, sondern dieser Begriff selbst zugleich der Eintheilungsgrund ist und die Reihe der Arten oder Individuen daher unmittelbar gegeben sein muss, so z. B. die Reihe der Farben, Töne, Zahlen etc. S. Herbart, Lehrbuch zur Einleitung in die Phil. § 43; vgl. Drobisch, Logik, 2. Aufl., § 116, 3. u. 4. Aufl., § 123.

Lotze's Logik (System d. Philos. Bd. 1) hat die bei der Eintheilung maassgebenden Gesichtspunkte im Buch 1 Cap. 3 bei der Lehre vom Schluss und den systematischen Formen etc. S. 147 zu besprechen für gut befunden und das. S. 175. § 144 das Ergebniss seiner Betrachtungen also zusammengezogen: jedes Einzelne und jede Art einer Gattung ist das, was sie ist, durch das Zusammenwirken der vollständigen Summe ihrer Bedingungen; diese Bedingungen aber bestehen darin, dass eine Anzahl von Elementen oder Merkmalen, welche auch getrennt

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