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2. die (wesentliche) Eigenschaft (rò noóv), 3. die (unwesentliche) Beschaffenheit (τὸ πῶς ἔχον), 4. die Relation (το πρός τι πῶς ἔχον). Allen diesen Kategorien ordnen sie den allgemeinsten aller Begriffe, nämlich den des ov oder auch (wahrscheinlich später) den des rí über. (Von den durch Aristoteles Metaph. XIII, 2. 1089 b. 23 zusammengestellten drei Klassen von Kategorien: τὰ μὲν γὰρ οὐσίαι, τὰ δὲ πάθη, τὰ δὲ πρός τι, kommt die erste mit der ersten und zweiten, die zweite mit der dritten, und die dritte mit der vierten der Stoiker überein.) Zugleich bilden die Stoiker die Lehre von den Wortarten weiter aus, indem sie das popov als eine Wortart, nämlich als den Artikel bestimmen und später auch das Adverbium (πανδέκτης s. v. a. ἐπίρρημα) beifügen und das ὄνομα in das κύριον und die προςηγορία eintheilen (Diog. L. VII, 57; Charis. II, p. 175; vgl. Priscian II, 15 und 16: partes igitur orationis secundum dialecticos duae: nomen et verbum, quia hae solae etiam per se coniunctae plenam faciunt orationem; alias autem partes syncategoremata, hoc est consignificantia appellabant; secundum Stoicos vero quinque sunt eius partes: nomen, appellatio, verbum, pronomen sive articulus, coniunctio). Das rígдnua dient der Erweiterung der Aussage, während der ovvdeouos der Verbindung der Hauptredetheile unter einander dient. Die Lehre von der Achtzahl der Redetheile ist erst in der alexandrinischen Zeit aufgekommen. Von den Philosophen waren nach logischen Gesichtspunkten die Bestandtheile des Gedankens und demgemäss der Rede gesondert worden; die Grammatiker, welche das empirisch gegebene Sprachmaterial zu ordnen unternahmen, knüpften die von den Philosophen im weiteren Sinne gebrauchten Bezeichnungen an bestimmte einzelne Wortarten und brachten neue Bezeichnungen für die übrigen Wortarten auf. Der ovvdeoμos, welcher die Conjunction und Präposition umfasst hatte, bezeichnete nunmehr bloss die erstere, die Präposition ward noо9ɛois genannt; von dem ovoμa zweigte sich die άrtovvuía (das Pronomen) ab; zwischen das Verbum und das Nomen ward das Particip (uεrozn) gestellt; Adjectiv und Numerale wurden dem Nomen zugerechnet, die Interjection aber galt nicht als ein wirklicher Theil der Rede. Priscian fusst in seiner Aufstellung der octo partes orationis auf Apollonius Dyscolus; seine Theorie ist für die Folgezeit maassgebend geblieben, während zugleich im Mittelalter die Aristotelische Kategorienlehre herrschte. Mit der Stoischen Kategorienlehre sind die formalen metaphysischen Begriffe des Cartesius und des Spinoza: substantia, attributum, modus, des Locke: substantia, modus, relatio, und des Wolff: ens, essentialia, attributa, modi, relationes extrinsecae verwandt; die Leibnizischen fünf allgemeinen Abthei

stellung der Kategorien ist vielmehr als ein fast selbständiges Werk des Aristoteles anzuerkennen. Vgl. Bonitz in den Sitzungsberichten der phil.-hist. Classe der Wiener Akad. der Wiss. Bd. X, S. 591-645, 1853, Brandis, Gesch. der Gr.-Röm. Phil. II, 2, a, S. 375 ff.; Prantl, Gesch. der Logik I, S. 182 ff., 1855; Wilh. Schuppe, die Aristotelischen Kategorien, Berlin 1871 (zuvor im Jubiläumsprogramm des Gleiwitzer Gymnasiums, Gleiwitz 1866).

lungen der Wesen (cinq titres généraux des êtres): Substanzen, Quantitäten, Qualitäten, Actionen oder Passionen, und Relationen kommen der Aristotelischen Eintheilung näher. Die Kantischen Kategorien oder >reinen Stammbegriffe des Verstandes sollen nicht den Vorstellungsformen, sondern den Urtheilsverhältnissen zur metaphysischen Grundlage dienen. Herbart betrachtet die Formen der gemeinen Erfahrung: Ding, Eigenschaft, Verhältniss, Verneintes, sowie die zugehörigen Kategorien der inneren Apperception: Empfinden, Wissen, Wollen, Handeln, nur als Ergebnisse des psychologischen Mechanismus ohne metaphysische und ohne logische Bedeutung. Hegel versteht unter den Kategorien die allgemeinen begrifflichen Wesenheiten, von denen alle Wirklichkeit durchflochten ist. Schleiermacher gründet seine formale Eintheilung der Begriffe in »Subjects- und Prädicatsbegriffe, welche er mit der grammatischen Eintheilung der die Begriffe bezeichnenden Wörter in Hauptwörter und Zeitwörter parallelisirt, auf den Unterschied der Existenzformen des für sich gesetzten Seins und des Zusammenseins, oder der Dinge und der Actionen. Die Abstracta sind Substantiva, welche die Action für den Subjectsgebrauch substantiiren. Das Zusammensein zerfällt in Activität und Passivität, Thun und Leiden. Das Adjectiv, welches die Qualität, d. h. das schon in das substantielle Sein aufgenommene Resultat einer Thätigkeit ausdrückt, muss man sich als vermittelst der Participia und Verbalia aus dem Zeitwort entstanden denken (Dial. S. 197). Lotze (Log. S. 77, vgl. S. 42 u. 50) theilt die mancherlei Begriffe, die wir in unserem Bewusstsein vorfinden, in die drei grossen Gruppen der Gegenstandsbegriffe, der prädicativen (d. i. verbalen und adjectivischen) und der Relationsbegriffe; in jeder bedinge die Eigenthümlichkeit des Kernpunktes, der als Ansatzpunkt für die Merkmale diene, die gesammte Configuration der Theile, vergl. s. System der Philos. Th. 1. Logik. Buch 2. Cap. 1. S. 53 (Schluss). Schon früher war das Verhältniss von Vorstellungsformen und Wortarten eingehender in Betracht gezogen worden von E. Reinhold in seinem Lehrbuch der philos.-propädeut. Psychologie und der formalen Logik, Jena 1835 (2. A. 1839), sowie von K. F. Becker in seinem Organismus der Sprache. Frankfurt a. M. 1827 (2. A. 1841); in Bekämpfung der letzteren Schrift sodann besonders von Steinthal in seinem Buch: Grammatik, Logik und Psychologie, ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander Berlin 1855 und in seinem Abriss der Sprachwissensch. Th. 1. Berlin 1871 (2. A. 1881); - ferner im Anschluss an Steinthal von J. Glogau in seiner Schrift: Steinthal's psycholog. Formeln zusammenhängend entwickelt. Berlin 1876 und in seinem Abriss der philos. Grundwissenschaften. Th. 1. Die Form und die Bewegungsgesetze des Geistes. Breslau 1880. Erörtert ist das Problem auch von Sigwart in seiner Logik Bd. 1. Thl. 1. Abschn. 1. § 6 u. ff.; von C. Hermann in seiner Philos. Grammatik. Leipzig 1858 und in seinem Buch: Die Sprachwissenschaft nach ihrem Zusammenh. mit Logik, menschl. Geistesbildung und Philos. Leipzig 1875; ebenso von H. Wolff in seinem Buche: Logik und Sprachphilosophie Berlin 1880. Vgl. Trendelenburg,

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Geschichte der Kategorienlehre, Berlin 1846.

§ 48. Eine Vorstellung heisst klar (notio clara, im Gegensatz zur notio obscura), wenn sie hinreichende Bewusstseinsstärke besitzt, um uns zur Unterscheidung ihres Objectes von allen anderen Objecten in den Stand zu setzen. Sie heisst deutlich oder bestimmt (notio distincta im Gegensatz zur notio confusa), wenn auch ihre einzelnen Elemente klar sind, mithin wenn sie zur Unterscheidung der Elemente ihres Objectes von einander ausreicht.

Das Cartesianische Kriterium der Wahrheit (s. o. § 24) musste Anlass geben, das Wesen der Klarheit und Deutlichkeit näher zu erforschen. Die obigen Bestimmungen sind die Leibnizischen (s. § 27). Sie finden sich wieder in den sämmtlichen Logiken der Wolffischen und der Kantischen Periode, wo ihnen oft sogar eine fundamentale Bedeutung beigelegt wird. Sie wurden dagegen von einem Theile der neueren Logiker mit unverdienter Geringschätzung hintangesetzt, als der Ueberschätzung der Klarheit und Deutlichkeit, die im 17. und 18. Jahrhundert geherrscht hatte, in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Unterschätzung derselben gefolgt war.

§ 49. Merkmal (nota, texunglov) eines Objectes ist alles dasjenige an demselben, wodurch es sich von anderen Objecten unterscheidet. Die Vorstellung des Merkmals ist in der Vorstellung des Objectes als Theilvorstellung, d. h. als ein Theil der Gesammtvorstellung (repraesentatio particularis) enthalten.

Die Merkmale sind Merkmale der Sache, des realen (oder doch so, als wäre es real, vorgestellten) Objectes. Von Merkmalen der Vorstellung kann nur insofern mit Recht geredet werden, als sie selbst als etwas Objectives, d. h. als Gegenstand des auf sie gerichteten Denkens betrachtet wird. Ein Merkmal in die Vorstellung aufnehmen<< ist ein abgekürzter Ausdruck für: das Merkmal der Sache vermöge der entsprechenden Theilvorstellung sich zum Bewusstsein bringen, oder: in die Vorstellung ein Element aufnehmen, durch welches das betreffende Merkmal der Sache vorgestellt wird.

§ 50. Die einzelnen Merkmale eines Objectes bilden nicht ein blosses Aggregat, sondern stehen zu einander und zum Ganzen in bestimmten Beziehungen, von denen ihre Gruppirung, ihr eigenthümlicher Charakter und selbst ihr Dasein abhängig ist. Dieses reale Verhältniss muss sich in dem Verhältniss der Theilvorstellungen zu einander und zur Gesammtvors! wiederspiegeln. Die Gesammtheit der Theil

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vorstellungen in der durch die entsprechenden realen Verhältnisse bestimmten Weise ihrer gegenseitigen Verbindung ist der Inhalt (complexus) einer Vorstellung. Die Zerlegung des Inhaltes einer Vorstellung in die Theilvorstellungen oder die Angabe der einzelnen Merkmale ihres Objectes heisst Partition.

Sofern die subjectivistisch-formale Logik jenes reale Verhältniss unbeachtet lässt, vermag sie die Verbindung der Merkmale nur unter dem ungenügenden Schema einer Summe oder dem etwas näher zutreffenden, aber immer noch ungenügenden Bilde eines Productes aufzufassen. Wird ein Summand = 0 gesetzt, so tangirt dies die übrigen Summanden nicht und die Summe wird nur um den früheren Werth jenes Summandus selbst vermindert; ist ein Factor = 0, so wird das Product selbst = 0. Die Aufhebung eines Merkmals aber pflegt weder die übrigen Merkmale unberührt zu lassen, noch auch sofort das Ganze zu annihiliren. Beides kann in gewissen Fällen geschehen; in der Regel aber werden durch die (reale oder als real gedachte) Aufhebung eines Merkmals andere Merkmale theils aufgehoben, theils modificirt werden, ohne dass doch sofort das Ganze mitaufgehoben würde.

Der Ausdruck Inhalt ist im Anschluss an ἐνυπάρχειν ἐν τῷ λόγῳ τῷ τί ἐστι λέγοντι oder ἐνυπάρχειν ἐν τῷ τί ἐστιν, Arist. anal. post. I, 4 73. a. 36 u. 35 gebildet. Der Ausdruck gegenseitige Determination der Merkmale, dessen sich namentlich Lotze (Log. S. 58) zur Bezeichnung der gegenseitigen Abhängigkeit der Merkmale von einander bedient, würde zweckmässig sein, wenn nicht der Terminus Determination schon in einem andern, wiewohl verwandten Sinne (s. unten § 52) allgemein üblich wäre.

Dritter Theil.

Der Begriff nach Inhalt und Umfang in seiner Beziehung zu dem objectiven Wesen (essentia) und der Gattung (genus).

§ 51. Wenn mehrere Objecte in gewissen Merkmalen und somit die Einzelvorstellungen von denselben in einem Theile ihres Inhalts (§§ 49 und 50) übereinstimmen, so entsteht durch Reflexion auf die gleichartigen und Abstraction von den ungleichartigen Merkmalen in Folge des psychologischen Gesetzes der Miterregung der gleichartigen psychischen Elemente und gegenseitigen Verstärkung des Gleichartigen im Bewusstsein die allgemeine Vorstellung (notio sive repraesentatio communis, generalis, universalis). Auf gleiche Weise geht aus mehreren allgemeinen Vorstellungen, die in einem Theile ihres Inhalts übereinstimmen, wiederum die allgemeinere Vorstellung hervor.

Die allgemeine Vorstellung (im Gegensatz zur Einzelvorstellung) ist nicht mit der abstracten (im Gegensatz zur concreten, s. § 47) zu verwechseln. Beide Gegensätze kreuzen einander. Es giebt concrete und abstracte Einzelvorstellungen und concrete und abstracte allgemeine Vorstellungen. Der Gebrauch einiger Logiker, welche abstract und allgemein identificiren, ist nicht zu billigen. Die Grammatik unterscheidet beides mit Bestimmtheit. Auch Wolff hat noch die genauere Terminologie, die mit der grammatischen übereinkommt, indem er (Log. § 110) die notio abstracta definirt als diejenige, quae aliquid, quod rei cuidam inest vel adest (scilicet rerum attributa, modos, relationes) repraesentat absque ea re, cui inest vel adest, die notio universalis aber (Log. § 54) als diejenige, qua ea repraesentantur, quae rebus pluribus communia sunt.

Schon Aristoteles bemerkt, wie aus vielen gleichartigen Wahrnehmungen, falls das Gedächtniss sie bewahre, eine sie alle insgemein umfassende Erfahrung hervorgehe, indem das Allgemeine in der Seele sich bleibend behaupte oder gleichsam eine Ruhestätte finde, und dies

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