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D20.W3

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Prof. Dr. Joh. Bapt. v. Weiß,

k. k. Hofrath, Mitglied des ößterr. Herrenhauses, Ritter des Ordens der eis. Krone,
Beliker des k. k. Ehrenzeichens für Kunst und Wissenschaft.

Dritte verbesserte Auflage.

Sechzehnter Band.

Der Umsturz des französischen Chrones. Die September-
morde. Der Convent. Der Königsmord und seine Folgen.
Der Krieg mit Europa. Napoleons Jugend.

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Alle Rechte vorbehalten.

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Die Zeit, welche der vorliegende Band umspannt, ist kurz, aber reich an schwerwiegenden, lehrreichen, ergreifenden Ereignissen; einige waren das Entsetzen jener Zeit und werden Jahrtausende lang in der Erinnerung der Menschheit fortleben.

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Das Morgenroth der Hoffnung von 1789 auf ein goldenes Zeitalter allgemeinen Glückes, sobald Frankreich eine freiheitliche Verfassung habe, hat sich schnell in ein verheerendes Donnerwetter verwandelt. Zwar ward die Verfassung 3. September 1791 vollendet und angenommen, allein sie ertheilte dem König nur ehrenden Schein, aber keine wirkliche Macht, sie band ihm die Hände, er konnte das Gute, das er redlich anstrebte, nicht bewirken. Sie wollte alles bisherige Leben auflösen und die Menschen in den von Rousseau erträumten glücklichen Naturzustand zurückführen, wo er weder Gemeiner, noch Adeliger, weder Arbeiter noch Arbeitgeber, weder Jude noch Christ, noch Atheist, weder Vorgesezter noch Untergebener ist, wo er von keiner Macht abhängig ist und, wenn er mit anderen ein Bündnis schließt, seine Rechte als Freier voranstellt“.1) — Der Urmensch, wie ihn Rousseau träumt, hat nie existiert. „Ubi homines sunt, modi sunt", sagt der Engländer Baco viel richtiger. Alles Missgeschick der Menschheit leitet der Franzose jener Zeit davon ab, dass der Urmensch durch Lüge, Betrug, Gewalt verkümmert, verknechtet worden sei, und will die Urmenschheit in seiner Heimat damit herstellen, dass es in Frankreich keine Bretonen, Normannen, Vendéer, keine Flanderer, Auvergnaten, Elsässer, Burgunder, Provençalen und dergleichen, sondern nur Franzosen geben solle, dass es keine Adeligen, Bürgerlichen, Hörigen, sondern nur Gemeinfreie geben dürfe, dass alle Bekenntnisse geduldet werden müssen, dass jeder Franzose Zutritt zu allen Ehren und Ämtern habe. Wenn nur auch jeder die Befähigung, die nöthigen Erfahrungen und Kenntnisse von der Eigenthümlichkeit dieser verschiedenen Volksstämme besäße, in

1) Taine, La France contemporaine, III, La Révolution, p. 81-83.

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