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Lobrednerei; eine politisch moralische Analyse der Föniglichen Tugenden und Thaten des unbedeutenden Königs Ludwig's XIII., den Balzac als ein Muster aller Regenten darstellt, ob gleich ganz Frankreich wußte, das Alles, was unter der Regierung dieses Fürsten zum Besten des Staats und zur Grüns dung der unumschänkten Gewalt des Monarchen geschab, Richelieu's Werk war. Balzac ist uners schöpflich in Lobpreisungen der unumschränkten Mos narchie. Richelieu, dem im Grunde das ganze Lob galt, konnte sich keinen Akademiker wünschen, der mehr in seinem Sinne auf das Publicum ges wirkt hätte. Den Beschluß dieses Fürsten macht eine panegyrische Apostrophe an die Königin Chri. stine von Schweden. Außerdem hat Balzac noch eine Menge kleinerer Abhandlungen und Dissertas tionen politischen, moralischen, theologischen und kritischen Inhalts geschrieben PP). Die Prácision, Leichtigkeit, und Correctheit ihres Vortrags bleibt immer bemerkenswerth PPP).

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4. Der

pp) Sie füllen, nebst dem Fürsten, den größten Theil zweiten Bandes der Ocuvres de Mr. de Balzac, Par. 1665, in zwei Foliobänden.

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PPP) Zum Beispiel diese Schilderung eines Rebellen, der gern zu seiner Pflicht zurückkehrte, wenn er tönnte. Il regarde bien de tous coftez par où il pouroit fortir de cette confufion de divers malheurs, et cherche un paffage pour retourner à fon devoir. Mais il n'y a point de degrez en un precipice: On ne voit gueres remonter les perfonnes qui s'y font jettées, et le danger n'eft pas moindre de fe défaire de la Tyrannie, que de s'en faifir. Phalaris eftoit tout préft de la quitter; mais il demandoit un Dieu pour caution, qui luy refpondift de fa vie, s'il fè despouilloit de fon autorités et ç'a tousjours efté une com

mune

4. Der französische Briefstyl, der in der Folge mit Recht von ganz Europa als musterhaft nachgeahmt wurde, war bis auf das Zeitalter Nis chelieu's noch ziemlich altvåterisch und roh. Seine alte, freilich etwas steife, Naivetät, durch die er sich der Sprache der Briefe in den Ritterromanen näherte, erhielt sich noch unter dem Könige Heins rich IV. Heinrich IV. selbst schrieb an die schöz nen Damen, denen er mit altritterlicher Zärtlichkeit huldigte, ohne alle Ansprüche auf rhetorische Feins heit, aber in sehr galanten und süßen Phrasen ¶). Der Styl der Geschäftsbriefe, die von ihm selbst und seinen Ministern und Gesandten geschrieben sind, ist der gewöhnliche Curialstyl, der auch aus ßerhalb Frankreich üblich war ). Selbst den Bries fen des Ödendichters Malherbe, die man in seiz

nent

mune opinion, que ceux qui ont pris les armes contre leur païs, ou contre leur Prince, font en quelque façon reduits à la neceffité de mal faire, pour le peu de feureté qu'ils trouvent à faire bien. Ils n'ofent devenir innocens de peur de fe mettre à la mercy des Loix qu'ils ont offenfées, et continuent leurs fautes à caufe qu'ils ne pensent pas qu'on fe contentaft de leur repentance.

q) Heinrich IV. tüßt zum Beschlusse seiner Briefe an die schöne Corisandre dieser Dame gewöhnlich`eine Million Mal die Hand. Je Vous baise un'million de fois les mains, wird er nicht måde, zu wiederhohlen. Anziehend und lesenswerth in jeder Hinsicht sind gleich. wohl diese, vor noch nicht langer Zeit bekannt gewors denen Lettres de Henri IV., à Corizandre d'Andoife, Comteffe de Guiche, fa maitreffe, &c. Amsterdam et Paris, 1788.

r) Ich blätterte veraebens nach rhetorischer Ausbeute in den Lettres de Henri IV. ct des Meffieurs de Villeroy &c. Amfterdam, 1733, in 4to.

nen sämmtlichen Werken findet, fehlt es an Leichs tigkeit.

Aber Richelieu schrieb auch seine Geschäftsø Briefe und Instructionen mit männlicher Bestimmt heit und Leichtigkeit, und nicht ohne Eleganz. Seine Briefe gehören schon zu denen, durch die man lernen kann, wie der Geschäftsstyl sich mit dem guten Geschmacke aussöhnt, wenn der Ges schäftsmann mit hellem und festen Blicke seinen Ges genstand verfolgt, und nur die negative Regel beobs achtet, nicht geschmacklos schreiben zu wollen; und der Mann, der zum Herrschen geboren war, erscheint in Richelieu's Briefen, wie in seinen Tha: ten. Die gedrungene Beredsamkeit, mit der er sich ausdrückt, als es seinen Gegnern auf kurze Zeit gelungen war, ihn vom Ruder des Staats zu ents fernen, beweiset, daß er in einem republikanischen Staate fein gemeiner Volksredner geworden seyn würde").

Riche:

8) Richelieu schreibt bei dieser Gelegenheit an den König felbst:

Puisqu'il plaift au Roy fe fervir de moy, comme il fait, en fes affaires, il jugera raifonnable, je m' affeure, de n'ajouter aucune foy à tout ce qui pourra luy estre dit à mon prejudice, par ceux qui fe font declarez en cette occafion mes Ennemis, ausquels mesme la raifon requiert qu'il ferme la bouche, et ne leur ouvre point fes oreilles.

Sa Majesté aura enfuite agreable de confiderer, qu'étant tres-affeuré, comme je fuis, que je n'aporteray pas à l'avenir moins de paffion et de fidelité à fon fervice, que j'ay fait par le paffé, et dont Sa Majefté eft contente, à mon avis je n'ay rien à craindre que les foupçons qui peuvent naître, et les fauffes impreffions qu'on peut donner de moy.

Pour

Richelieu's Beyspiel allein war es nun wohl nicht, was in der glänzenden Periode seiner Admis nistration ein allgemeines Streben nach dem Ruhs me, ein eleganter Briefsteller zu seyn, unter den geistreichen Köpfen zu Paris veranlaßte. Die Na tionalrichtung des französischen Geistes, sich in Allem auszuzeichnen, was sich ohne besondern Aufs wand von Gedanken, durch Klarheit, Bestimmtheit und Leichtigkeit empfiehlt, mußte zur sorgfältigsten Cultur des Briefstyls führen, sobald nur der Ges schmack des hofes, den der französische schöne Geist nie aus dem Gesichte verlor, eine völlige Abänderung der alten romantischen Phrasen und Wendungen verlangte. Heinrich's IV. persönlicher Charakter hatte den alten Ritterstyl wenigstens in der Sprache der Galanterie noch begünstigt. Nach Heinrich's Tode fügte sich auch diese Sprache in Die Forderungen des neuen, durch den Einfluß der Studien der alten Litteratur gebildeten Geschmacks. Und nun kamen sogleich eine Reihe von eleganten Briefstellern zum Vorschein, die französische Galans terie mit dem Briefstyle des Cicero, oder des júns gern Plinius, vereinigen wollten, und denselben Styl,

Pour remedier ausquels, il n'eft questions que de les décourvir en leur naiffance, et s'en éclaircir avant qu'ils ayent pris racine.

Quant aux mauvais avis qui fe donnent d'ordi. naire dans le monde, il y a deux moyens d'empefcher le mal qu'ils peuvent faire.

Le premier, d'y fermer l'oreille, ce que je ne demande pas, quand les perfonnes qui voudront par ler ne feront pas ouvertement mes Ennemis, de peur qu'il femblaft que fous pretexte de couper le cours aux calomnies, on vouluft fermer toutes fortes de voyes aux veritez.

Styl, mit verschiedenen Modificationen, auch in Briefen anderer Art nachahmten. Elegante Bries fe für das Publicum zu schreiben, wurde nun plößlich die neueste litterarische Mode in Pas ris; und diese Art von Autorschaft, durch die man sich als einen Mann von Welt darstellte, schmeichelte dem französischen Charakter beinahe mehr, als Dichterruhm. Die eleganten Briefsteller waren über dieß auch Dichter nach ihrem eigenen und ihres Publicums Ermessen; denn sie brachten ja die ars tigen Gedanken, die sich in ihren Briefen anges nehm lesen lassen, zur Abwechselung auch in Verse.

Aber welchen Ton man in der eleganten Briefs stellerei angeben und behaupten wollte, darüber waren die Meinungen getheilt. Nur auf die rechte Meinung, daß man ohne alle Manier schreiben nicht unaufhörlich künfteln, nicht durch pretidse Feinheit eben die Natürlichkeit, nach der man strebs te, wieder verderben sollte, kam Niemand. Erst nachdem diese Schulen durchlaufen waren, wurde der französische Briefstyl in der Folge fast ohne Einschränkung musterhaft.

Zwet der so genannten schönen Geister, (das Wort Bel Esprit kam nun in allgemeinen Um: lauf), die unter Richelieu bei Hofe für die feinsten und vorzüglichsten galten, wetteiferten in der Bes mühung um das Verdienst, die elegantesten Briefe zu schreiben. Der eine war Baljac, derselbe, der durch seine Abhandlungen und Differtationen in netter französischer Prose kein unverdientes Auf: sehen erregte. Er machte sich aus dem Studium des Briefstyls ein so angelegentliches Geschäft,

daß

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