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ὃν ὑπατικόν προσαγορεύουσιν." Als wahrscheinlichsten Grund dieser römischen Sitte nennt er den Umstand, dass gewöhnlich der Gastgeber zunächst links von dem locus consularis sitze, und dann unterhalb des Gastgebers dessen Frau oder Kinder. Nasidienus nun hat weder Frau noch Kinder an der Tafel, und nimmt daher seinen Platz zwischen zwei Hausfreunden, deren Einer, Nomentamus, den am locus consularis sitzenden Mäcenas auf alle Feinheiten der Speisen und Getränke aufmerksam machen muss. Die Sitzordnung bei dem Gastmahl ist, wenn wir von der rechten Seite der Tafel, zur Mitte, von der Mitte zur linken Seite fortgehen, folgende: 1. Summus lectus, Speisesopha zur rechten Hand: a. Fundanius, den Horaz Sat. I. 10, 40-42, für den ersten Lustspieldichter seiner Zeit erklärt; b. Viscus aus Thurii in Calabrien, nicht zu verwechseln mit den Brüdern Viscus, die Horaz unter seine geschmackvollsten Freunde zählt; c. der Dichter Varius. 2. Medius lectus: a. Servilius mit dem Beinamen Balatro (Balatro nach Festus eigentlich Kothklumpen, der sich an die Schuhe anhängt, dann Schmarotzer und schmarotzender Possenreisser); b. Vibidius: Beide sogenannte umbrae, d. h. Nichtgebetne, die aber den Hauptgaste Mäcenas wie sein Schatten folgen; c. Mäcenas. 3. Imus lectus: a. der von Horaz oft verspottete „Cassius Nomentanus, adeo sine respectu bonorum suorum prodigus, ut sestertium septuagies (576902 f.) gulae ac libidini impenderit; hujus coquum Damam" fügt Acron bei, „C. Sallustius Crispus historiarum scriptor (oder vielmehr dessen Schwesterenkel) fertur centenis milibus (um 9549 f.) conductum habuisse; b. Nasidienus Rufus, nach den Scholiasten römischer Ritter, ohne Zweifel Emporkömmling, daher linkisch im Benehmen, und darauf erpicht, in Gegenwart grosser Herren gross zu thun; c. der publicanus Porcius.

V. 1. Nasidieni dreisylbig zu scandiren.

V. 3. Es war also convivium tempestivum.

V. 6-9. Das Lächerliche ist nicht etwa in der Knickerei, welche man dem Nasidienus, hat beimessen wollen, sondern darin zu suchen, dass er durch übertriebnen Aufwand von Mitteln gerade den Zweck verfehlt. Die Gäste sollen staunen und schwelgen; aber das Mahl entleidet ihnen, indem er zu viel davon spricht, wie ausgesucht die Genüsse seyen. So bemerkt er über den Eber, er sey in Lucanien und beim Wehen des Südwinds gejagt worden, wodurch die Fäulniss beschleunigt wird;

allein es war nur ein gelinder Wind, der Eber hat also just den sogenannten haut goût. Allec, Sardellenbrühe. Faecula coa, φέκλη, τρύξ, gebrannter Weinstein.

V. 10. Bei allem Aufwande schimmert gleichwohl durch, dass der Reichthum des Nasidienus noch sehr jung ist: mit einem Purpurlappen wird der Tisch gereinigt, der Tisch selbst hingegen ist nur von Ahorn, nicht von dem kostbaren afrikanischen Citrusbaume. Plin. XVI. 26: acer operum elegantia ac subtilitate citro secundum.“

V. 13-16. Vergl. Sat. I. 3, 11. Hydaspes, ein indischer Sklave. Die besten Weinlagen Italiens folgten so aufeinander: zwischen Puteoli und dem Lucrinersee der Berg Gaurus, woran der mit dem Falernergebirg zusammenhängende mons Massicus stöst; nördlich über dem Volturno, landeinwärts Cales (jetzt Calvi); über dem Garigliano, westlich Formiä (jetzt Mola di Gaeta); davon nordwestlich, landeinwärts, unweit Fundi (Fondi) der mons Caecubus; davon wieder nordwestlich und landeinwärts, und nördlich von den pomptinischen Sümpfen, Setia (gegenwärtig Sezza). Der strenge Cäcuber war erst nach etlichen, der Falerner sogar erst nach zehn Jahren zum Trinken gut; für mild galt der Wein aus Cales, und der von Setia für magis dilutum quam nobile, und doch fand gerade dieser am kaiserlichen Hofe Beifall. Sehr angenehm ist nun auch, wie wir aus Athenäus, Plinius und Martial sehen, der Albanerwein gewesen. Ueber den Chierwein sagte Nasidienus wieder ausdrücklich: „maris expers, = nicht Jahaooias," weil unter die meisten griechischen Weine etwas Seewasser kam; denn dass es zugleich ein Witz des Fundanius sein soll: er hatte das Meer nicht gesehen, er war in Italien nachgemacht worden," scheint mir zu dem eigentlichen Zweck der Satyre nicht zu passen. Die Worte „habemus utrumque" entlocken unserm Dichter den Ausruf: divitias miseras! Der Reichthum macht eine niedre Seele nicht kühn, sondern nur desto abhängiger von dem Urtheile "der Welt: was hat Nasidienus von seinem Reichthume? Nichts, als dass er sagen kann: dies alles habe ich! sehet her und staunt!" Sobald sich also die Gäste hiezu nicht bewogen finden, ist ihm der ganze Genuss vergällt.

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V. 29, 30. Passer, Flunder. Der Witz beruht auf dem ingustata : so was haben Sie in Ihrem Leben nie gegessen!" sagte Nomentamus beim Präsentiren, als ob

Fundanius nicht sonst schon ilia passeris atque rhombi gekostet hätte.

V. 31. Melimela, Honigäpfel. Minorem, decrescentem; denn Plinius sagt imminui lunas statt decrescere. Allifana pocula, grosse irdne Becher, gemacht in dem Samnischen, am Vulturnus gelegnen Städtchen Allifae. Invertunt Allifanis sie stürzen ganze Weinkrüge um, ad infundendum merum in calices, in oder für ihre Becher.

V. 42-50. Squilla, Krabbe. Muraena, Meeraal. Das beste Olivenöl war nach Plinius das italische und in Italien das von Venafrum (jetzt Venafro) in Campanien, nördlich von Capua, von dessen erster Kelter Nas. das seinige bezogen haben will. Das feinste garum (Caviar) wurde aus dem bei Cartagena in Spanien gefangnen Fische scomber (Makrele) zubereitet. Cocto Chium sic convenit etc. wenn es gekocht ist, kann man noch Chierwein zugiesen? Besser wohl : dazu trinken dürft ihr ohne Bedenken Chierwein: er ist der geeignetste hiezu; denn ich habe auch dies bedacht." Plinius XII. 7. „piper candidum lenius nigro."

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V. 51, ff. Eruca, Rauke, die er frisch und als Pflanze vorsetzt, während Andre blos den Saamen als Würze anwendeten. Nach unsrer Lesart „ut melius muria, quam etc.“ ist der Sinn weil ungewaschne Meerigel nach des Curtillus Ansicht der Brühe einen reinern Seegeschmack mittheilen als die Fischlacke aus Byzanz, welche vornämlich aus Thunfischen bereitet wurde (vergl. Sat. II. 4, 66.) Alte Handschriften geben aber auch die Lesart: melius muria, quod etc." weil besser als (die erst künstlich zubereitete) Fischlacke dasjenige sey, was die Tonne von sich gibt, nämlich eben der ungewaschne Meerigel. Allein die erste selbst wurde ja wie dieser in einer testa oder orca verschifft.

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V. 54. Porphyrion:,, consuetudo apud antiquos fuit, ut aulaea sub cameras (die Decke des Zimmers) tenderent, ut, si quid pulveris caderet, ab ipsis exciperetur.“

V. 72. Agaso, um die Plumpheit des Aufwärters zu bezeichnen. Andre suchen noch mehr dahinter: Balatro sey so pfiffig gewesen, zu bemerken, dass Nas., um die Zahl der Dienerschaft zu vermehren, auch den Pferdeknecht als Aufwärter gekleidet habe.

V. 77. Auswärts trug man calceos, zu Hause soleas, die man vor der Mahlzeit ablegte.

V. 87. Durch den Kranich war zur Zeit des Plinius der Storch als Leckerbissen von der Tafel völlig verdrängt worden.

Arm hatte Horaz zu dichten angefangen; aber noch waren die zwei Bücher seiner Satyren nicht vollendet, als ihm der Dichterfreund Mäcenas ein Gütchen schenkte, dessen Besitz alle Wünsche des Genügsamen verwirklichte. In der 6. Satyre des 2. Buchs schildert er das ihm zu Theil gewordne Glück; denn dass es für ihn selbst noch etwas Neues, Ungewohntes war, dafür zeugt der Ton, in welchem wir ihn sprechen hören. „Mein Wunsch ist gewährt: ich habe einen Acker, einen Garten, einen Bronnen, der nicht versiegt, einen kleinen Wald. Möge das so gewiss mein Eigenthum bleiben, als ich wahrlich nie mehr begehren werde. Wie weit angenehmer ist hier Alles als in Rom, wo mir sogar die Freude, meinen Mäcenas zu begrüssen, gewöhnlich verkümmert wird!" Doch ehe wir die kindliche Freude des Sängers mitempfinden, muss eine chronologische Frage besprochen werden, wozu Horaz unwillkührlich Anlass gibt. 41 Jahre vor Chr. war Virgil von seinem verwüsteten Gute im Mantuanischen nach Rom geflohen: ihn führte C. Asinius Pollio bei Mäcenas ein, aber erst im Laufe, wahrscheinlich erst im Herbste des Jahres 40; denn Pollio, zwischen 43 und 40 Präfekt des Antonius in Gallia cisalpina, und während des perusinischen Kriegs erklärter Feind Octavians, war erst zu Anfang Octobers durch das Bündniss von Brundusium der octavianischen Parthei nahe gekommen, und verweilte dann ein paar Monate als Consul suffectus zu Rom. Virgil und nach ihm Varius empfahlen den Horaz: Horaz wurde eingeladen, aber erst im 9. Monate nach der ersten, kurzen Unterredung wirklicher Hausfreund des Mäcenas (s. Sat. I. 6, 54-62). Dies geschah also gegen Ende 39 oder zu Anfang 38. Nun heisst es in unsrer Satyre, V. 40, sieben und bald acht Jahre lang sey Horaz Hausfreund des Mäcenas; unsre Satyre muss folglich zu Ende des Jahres 31 vor Christus geschrieben seyn. Diese Annahme wird durch zwei andre Notizen noch bestätigt. Man sprach damals, V. 53, voll Neugier von den Daciern: kein Wunder! sie waren Bundesgenossen des Antonius gewesen; Jedermann erwartete daher nach der den 2. Sept. 31 gelieferten Schlacht von Actium, dass ein

Krieg wider sie beginnen werde, und in der That zog der Sohn des berühmten Crassus im Jahre 30 gegen sie zu Felde: eine entscheidende Niederlage freilich hat ihr König Cotiso erst 10 Jahre später durch Lentulus erlitten. Noch gespannter war man V. 55 und 56, darauf, ob Octavian seine siegreichen Veteranen mit Ländereien in Sicilien oder Italien belohnen werde; denn ungeduldig, dass dies nicht bereits geschehen sey, hatten sich nach Dio Cassius LI. 4 während des Winters 31 im untern Italien ihrer viele empört: zu Anfang 30 kam Octavian plötzlich nach Brundusium, und beschwichtigte sie theils durch Geldspenden, theils durch italische Landgüter, welche Anhängern des Antonius gehörten. Wir können demnach genauer so sagen, Horaz habe die Satyre 6 um die Zeit der Saturnalien des Jahres 31 verfasst. Hiemit reimt es sich sehr gut, dass die nächstfolgende 7., in einigen Handschriften mit der 6. sogar zusammengeschriebne Satyre in der Zeit der Saturnalien spielt: der Sklave Davus hört an der Thüre seinen Herrn das Landleben preisen: es drängt ihn, von der saturnalischen Freiheit Gebrauch zu machen: er tritt hinein, und hält seinem Herrn im Tone des Crispinus eine gewaltige Strafpredigt darüber, dass er so wankelmüthig sey, und bald nichts Bessres als sein Sabinum kenne, bald aber auch, wenn ihn Mäcenas einlade, wie besessen nach Rom hinuntereile. Schliesslich bestimmen wir noch die vorhin aufgestellte Behauptung, Horaz babe sich, als er die 6. Satyre schrieb, erst seit Kurzem im Besitze seines Guts befunden, genauer dahin, dass es ihm erst seit höchstens 8 Monaten gehört habe; denn allerdings geht aus der ersten Epode hervor, dass ihm dasselbe schon vor der Schlacht bei Actium, schon damals geschenkt worden war, als Mäcenas zu der Flotte Octavians abgehen wollte.

QUINTI HORATII FLACCI
Satyra II. 6.

Hoc erat in votis: modus agri non ita magnus,
Hortus ubi et tecto vicinus iugis aquae fons
Et paullum silvae super his foret. Auctius atque

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