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war, es waren da General Gneisenau nebst Familie, Savignys, Brühls, Seebeck pp. Besonders interessant waren die mancherley Copien, welche Fr. von Helwig nach den besten Meistern theils in Gouache theils in Oel gemalt in ihren Zimmern hangen hatte, auch eine Anzahl indischer Gemälde war bemerkenswerth. Es dauerte bis gegen 10 Uhr, wo wir nach Hause fuhren, da die Entfernung über 3/4 Stunden zu gehen ist. Zelter war noch nicht zu Hause doch wie er kam so waren wir noch ein Stündchen zusammen....

4.

Freytag den 21sten May 19. Nachmittag: Gegen 1/27 Uhr Abends gingen Ottilie Zelter und seine Tochter zu Radziwils wohin wir zu einer Probe der Faustischen Scenen eingeladen worden waren. Der Fürst präsentirte uns beide seiner Gemahlin und Familie und andern Standespersonen, der Prinz Wilhelm und die Prinzeß waren ebenfalls sehr freundlich und erkundigten sich besonders viel nach Ihnen.

Es war eine sehr zahlreiche Gesellschaft sowohl von Zuhörern als Theilnehmenden, da ein ganzes Orchester und ein Theil der Singacademie theil nahm. Folgende Scenen wurden aufgeführt.

1. Das Soldatenchor mit der Composition von Radziwił sehr schön ausgeführt.

2. Der Monolog vom Faust, Erscheinung des Erdgeistes, Gespräch mit Wagner, gesprochen von Wolff

3. Monolog vom Faust wo er den Gift nehmen will, gesprochen von Wolff alles mit Musikbegleitung. Besonders schöner Effect des Chors » Christ ist erstanden«<.

4. Die Scene von Faust und Gretchen, wie sie die Blume zupft, als Duett behandelt, gesungen von Eunicke und seiner Tochter.

5. Scene wo Faust den Pudel mitbringt und so lange beschwört, bis der Mephistopholes erscheint, welchen letzten der Herzog Karl von Mecklenburg ganz vortrefflich sprach.

6. Gretchen wie sie singt »O neige du Schmerzensreiche« vortrefflich vorgetragen von Madam Milder.

Der Fürst ist ganz Leben dabey und man sieht, daß er nichts anders treibt und thut als sich den Faust ganz zu eigen zu machen.

Diese Probe dauerte bis 10 Uhr und wurde sodann noch soupirt, um 12 Uhr waren wir wieder zu Hause.

Sonnabend den 22sten May.... Den Mittag waren wir bey Nicoloviussens mit Rauch und dem Schriftsteller Hoffmann zusammen und es kamen besonders drollige Geschichten von Werner, welchen beide gut kannten zum Vorschein, wovon mündlich mehr.

Den Abend hatte Zelter einige Freunde zum The und Abendessen geladen, als: Hegels, Gassens sonst in Jena, Wolffs, Langermann, Raabe, u. s. w. auch die Familie Mendelsohn war da und ergötzten uns die Kinder derselben, ein Mädchen von 13 und ein Knabe von 10 Jahren, Zelters Schüler, besonders mit vierhändigen Musikstücken auf dem Flügel, welche dieselben mit unglaublicher Fertigkeit, Präcision und Kunstgewißheit ausführten. Es war ein angenehmer Abend, und durch die Anwesenden voll angenehmer Erinnerungen.

Sonntag den 23st May 19. Heute früh besahen wir unter Leitung und durch die Güte des Herrn Director Schadow das Königl. Palais, also die eigentliche Wohnung des Königs, wo er seit Kronprinz gewohnt und nicht wieder herausgegangen ist. Das Ganze ist im neusten Geschmack eingerichtet und alles sehr zweckmäßig arrangirt, die Liberalität geht hier so weit, daß man uns sogar in das eigentliche Wohn- Ankleide- und Schlafzimmer führte. Mein Tagebuch enthält alle Details; also hier nur die Grundzüge meiner Wanderungen.

Da mir Staatsrath Schultz heute wieder erlaubt hatte die Sollysche Sammlung zu besehen, so stürzte ich mich abermals in dieses Gemälde Chaos, wo denn freylich wie meine früheren Meldungen sagen ein Leben, und nicht eine Stunde zur Erkenntniß gehört. Da noch einige Zeit bis zum Mittagsessen übrig, so führte mich Schultz zu dem Minister von Altenstein, welcher mich sehr freundlich empfing, besonders viel von Ihnen sprach und auch wie alle immer den Wunsch äußerte, daß Sie doch einmal hierher kommen möchten.

Montag den 24th May 19. Heute früh besuchte ich einige hiesige Fabriken unter andern die Werkstatt eines jungen Mannes Nahmens Freund, welcher jetzt hier die Dampfmaschinen und Gasbeleuchtungen einrichtet und viel Talent zu haben scheint.

Den Mittag waren wir zu Hause. Am Abend wurde von den Prinzen in Monbijou der Geburtstag der Fürstin Radziwil gefeyert und zu diesem Zweck 2 Scenen aus dem Faust auf einem sehr hübsch eingerichteten Theaterchen gegeben.

Es war die Scene wo der Faust den großen Monolog hält, der Erdgeist erscheint und endlich Wagner stört und mit dem Chor; Christ ist erstanden schließt, die Decoration von Fausts Zimmer war sehr gut gemalt, die Erscheinung des Erdgeistes, wozu man Ihr Bild, bester Vater, durchs Fenster collossal erscheinen ließ, machte einen großen Eindruck; überhaupt spielte Wolff den Faust herrlich.

Die zweite Scene war die, wo Faust den Pudel mitbringt, welcher sich endlich in den Mephistofoles verwandelt, der Herzog Carl von Mecklenburg spielte ihn ganz unübertrefflich.

Die Compositionen von Radziwil waren sehr gelungen und machten einen angenehmen Eindruck. Mündlich mehr davon.

Nach dem Schauspiel war großes Souper, wozu wir auch eingeladen waren, vor Beendigung desselben ging der König, Kronprinz so wie die übrigen Prinzen und Prinzessinen um die Tafel und waren sehr freundlich. Fürst Radziwil stellte mich dem König vor, so wie auch Ottilien, desgl. dem Kronprinzen, welche beide sehr freundlich waren. Dieß war eine große Auszeichnung, so wie die ganze Einladung der Prinzen zu diesem Feste, da wir uns nirgends hatten präsentiren lassen. Um 12 Uhr waren wir wieder zu Hause. Der ganze Garten von Monbijou war sehr schön illuminirt und alles machte einen herrlichen Eindruck.

Mittwoch den 26. May .... Den Mittag waren wir bei dem Gouverneur von Berlin General Grafen Gneisenau, welcher sehr freundlich gegen uns ist, zum Diner geladen, wo eine kleine aber auserlesene Gesellschaft von meistens Bekannten war.

Den Abend ging ich mit Zelter noch in den Thiergarten, wo wir bis nach 9 Uhr blieben und sodann nach Hause. gingen.

Donnerstag den 27stn May. Den Morgen blieb ich zu Hause, da eine Visite die andere drängte, worunter auch der Legationsrath Palmer war; um 2 Uhr ging ich zum Kronprinzen, welcher mich zum Diner eingeladen hatte. Es war eine kleine Gesellschaft, von der ich nur den General Gneisenau kannte, an der Tafel saß ich neben dem Geheimerath Ancillon.

Hierauf machte ich Visite bey dem Herzog von Cumberland, konnte aber nicht vorkommen, da derselbe die Niederkunft der Herzogin jeden Augenblick erwartete, wirklich erfolgete sie auch denselben Abend mit einem gesunden Prinzen.

Nachdem ich mich zu Hause umgezogen und ein wenig ausgeruht hatte, ging ich noch ins Theater, wo die Dorfsängerinnen gegeben wurden, von denen ich aber nichts erfreuliches zu sagen wüßte.

Sonnabend den 29 May . . . . Den Mittag war ich allein beym Minister von Altenstein zum Diner, welcher alle meine hiesigen Bekannten und Freunde gebeten hatte, wodurch ein sehr angenehmer Mittag entstand.

Den Abend brachten wir von 8-12 Uhr bei Wolffs zu, wo manche alte Spässe aufs Tapet kamen und viel gelacht wurde, wir waren ganz allein mit Zelter da. Nur ist der Weg von Wolffs 4 Stunden von uns; wir kamen daher sehr ermüdet nach Hause, schliefen aber desto besser und wachten erst

Sonntag den 30st May am ersten Pfingsttage um 9 Uhr auf. Ottilie ist mit unserem Nicolovius in die Kirche um Schleiermacher zu hören, ich sitze zu Hause, schreibe am Tagebuch und diesem Briefe, ordne auch schon manches zum Einpacken u. s. w. Gegen Mittag besuchte mich mein Jugendfreund Carl von Egloffstein, welcher hier Militair ist.

Den Mittag aßen wir bey Nicoloviussens und um 1/25 fuhr Ottilie mit denselben nach Charlottenburg, ich fuhr aber nicht mit, weil ich den Ferdinand Cortez von Spontini gern sehen wollte, welcher heute Abend gegeben wurde.

Das Sujet ist matt, die Musik nicht besonders und sehr verwirrt, die Decorationen, Costüms und sonstige Aufführung ganz vortrefflich. Das Auffliegen der Flotte macht sich sehr gut, so wie alle andern Spectakeleien, auch fehlt es nicht an eingeflochtenen Tänzen, worinn sich besonders Delle. Lemiere sehr auszeichnete.

Den Abend nach dem Theater brachten wir zu Hause zu, Langermann war da und wir blieben bis 11 Uhr zusammen. Montag den 31st May 19. Der heutige Tag war zu Abschieds Besuchen bestimmt, welche Ottilie und ich sowohl des Morgens als des Nachmittags machten. Den Mittag waren wir zu Hause; Sie können sich leicht denken, daß nach so viel erwiesener Theilnahme und Freundschaft der Abschied nicht leicht wurde und besonders bey Ottilien. manche Thräne auspreßte. Unser ganzer Aufenthalt war seit unserer Ankunft von Seiten alter und neuer Freunde eine ununterbrochene Reihe von Aufmerksamkeiten und Wetteifer um den Aufenthalt in Berlin angenehm und unvergeßlich zu machen. Mündlich sage davon mehr jetzt zur Fortsetzung unseres Treibens.

Den Abend ging ich noch allein einige Acte ins Theater wo Don Carlos gegeben wurde, und ich kann nur wiederholen was ich schon oft gesagt habe, daß man oft über Decorationen und Costüms das eigentlich Geistige des Stücks zurücksetzt und dem Gefühl des Zuschauers entzieht, weil doch immer das Auge der Sinn ist, welcher am schnellsten auffaßt und ununterbrochen beschäftigt ist und daher manchmal das Gehör ableitet.

Als ich aus dem Theater kam, fand ich noch manche Freunde und Bekannte, welche auch von uns Abschied nehmen wollten und so wurde einem denn das Gefühl einer nahen Trennung recht vergegenwärtigt, auch wollte dießmal der Schlaf sich nicht recht einfinden.

Dienstag den 1sten Juny 19. Den ganzen Morgen von früh 6 Uhr brachte ich mit Packen zu, wozu noch häufige Besuche traurig einwirkten, sogar kam Graf Gneisenau noch um uns ein Lebewohl zu sagen. Zelter war die letzten Tage durch eine Verkältung unwohl und mußte das Bett hüten, doch geht es heute besser.

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