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Mit jener Ente tauchet sich
Mein froher Geist hinab,
Und wieget mit dem Vöglein sich
Am Schilfe auf und ab.

Gelöst vom Joche kommen nun
Die heißen Gäule dort;

Es scheucht der Hengst das Wasserhuhn
Aus schwanken Binsen fort.
Vom Blumenhügel kommen hier
Die Schafe zu der Flut,

Mit starrem Nacken kühlt der Stier
Im Wasser seine Glut.

Sieh', wie der edle, schöne Schwan
Mit hohlem Fittich prahlt!
Er schimmert wie der Silberkahn,
Der dort am Himmel strahlt.
Zwei graue Kinder folgen nach,
Die Mutter schließt das Heer,
Der Vater teilt die Flut gemach,
Stolz wie ein Schiff im Meer.

Frei, wie ihn Gott der Herr erschuf,
Weiß er von keinem Herrn,
Doch kennt er meiner Stimme Ruf
Und kommt zu mir von fern.
Die Ente flieget schnell herbei;
Es harren meiner Hand

Der Karpfen und die gold'ne Schlei'
Und drängen sich ans Land.

Es freut sich, was sich freuen kann,
Und alles kann sich freu'n;
Denn Gottes Atem weht uns an,
Wir sollen freudig sein.
Die alte morsche Weide nickt
Mit ihrem Silberhaar,

Und fühlet sich vom Tau erquickt
Und lockt der Mücken Schar.

Aus ihren hohlen Aesten kreucht
Die düstre Fledermaus,

Trinkt kühle Luft, und kreischend fleugt
Sie aus dem Loch heraus;

Sie senkt des Flügels Zacken, schweift
Mit wilder Scheu und saugt
Ertränkte Mücken ein und streift
Den See, in dem sie taucht.

Die Erlen atmen süßen Duft,
Besprengt mit kühlem Tau;

Es tränkt der grauen Dämm'rung Luft Den Hügel und die Au'.

*) Gude III, 246. Lüben und Nade II, 215.

Es sauget jedes Blümelein
Im Felde, klein und groß,
Ein perlenrundes Tröpfchen ein
In seinen reinen Schoß.

Und schließet dann sich klüglich zu Und schläft die kurze Nacht, Und hüllet sich in sanfte Ruh', Bis daß der Tag erwacht. Am hohen Himmel aber blüht Die schöne Sternenau', Wo Sonne neben Sonne glüht Auf dunklem Himmelsblau.

Vom hohen Himmel strahlen sie Empfindung mir in's Herz; Mit Flammenseilen ziehen sie Die Seele himmelwärts.

Noch jäugt die Erd' als Amme mich
Und lullt mich freundlich ein;
Einst führt ein sanfter Schlummer mich
Zum Vater selbst hinein.

Lied eines deutschen Knaben.*)

1774.

Mein Arm wird stark und groß mein Mut : Gieb, Vater, mir ein Schwert! Verachte nicht mein junges Blut : Ich bin der Väter wert

Ich finde fürder keine Ruh' Im weichen Knabenstand ; Ich stürb', o Vater, stolz wie du, Den Tod für's Vaterland!

Schon früh in meiner Kindheit war Mein täglich Spiel der Krieg; Im Bette träumt' ich nur Gefahr Und Wunden nur und Sieg.

Mein Feldgeschrei erweckte mich
Aus, mancher Türkenschlacht,
Noch jüngst ein Faustschlag, welchen ich
Dem Bassa zugedacht.

Da neulich uns'rer Krieger Schar
Auf dieser Straße zog,

Und, wie ein Vogel, der Husar
Das Haus vorüberflog,

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Der Bote ging in schlichtem Gewand,
Mit geschältem Stab' in der biedern Hand,
Ging forschend wohl auf und forschend wohl ab,
Von der Wiege des Menschen bis an sein Grab.
Er sprach bei den Frommen gar freundlich ein,
Bat freundlich die andern, auch fromm zu sein;
Und sah'n sie sein redliches, ernstes Gesicht,
So zürnten auch selbst die Thoren ihm nicht.
Doch wußten nur wen'ge, denen er hold,
Daß im hölzernen Stabe gediegenes Gold;
Daß heimliche Kraft in dem hölzernen Stab',
Zu erhellen mit Lichte des Himmels das Grab.
Nun ruhet er selbst in der kühligen Gruft,

Bis die Stimme des hehren Erweckers ihn ruft;

*) Lüben und Nade 11, 216.

, gönnet ihm Ruh' in dem heiligen Schrein
Und sammelt die Ernten der Säemanns ein !
Er jä'te das Wort, und sein Leben war Frucht,
Er führte lächelnd zu heiliger Zucht;

O, spendet ihm Blumen aufs einsame Grab
Und schauet getrost in die Ruhstätt' hinab!
Und begrüßet mit Wünschen sein trauliches Weib,
Die zartere Seel' in dem zarteren Leib;
Die mit ihm in heiliger Liebe gepaart

In Thränen der großen Vereinigung harrt.

Moritz Graf Strachwih.")

(Geschichte der deutschen National-Litteratur § 65, Anm.)

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*) Strachwit' Gedichte mit einem Lebensbilde des Dichters von K. Weinhold, 7. Aufl. Breslau 1878.

Du bist Gesang im Stromgerolle Und Harfensausen in dem Baum, Du zogst zuerst ins Wundervolle Des ersten Dichters Maientraum.

Du warst Frau Venus dem Tannhäuser Und Loreley dem alten Rhein, Du schwirrst am Teich durch Zitterreiser Als Erlenkönigs Töchterlein.

Und seit das Volk, das kampfesblinde, Dich jüngst verstieß von seiner Seit', Trinkst du im Wald die Milch der Hinde, Die Genofeva unsrer Zeit.

Und doch, Verstoß'ne durch Verblendung, Wie bist du reich troß Zeit und Zorn! Du leerst in göttlicher Verschwendung Tagtäglich noch dein Wunderhorn. Ich grüße dich mit frommem Sinne, Wie ist dein Reich so grün und weit! Du Fürstin vielgetreuer Minne, Sei tausendmal gebenedeit!

Es schweigt die Welt, die Zweige nicken, Und leiser atmend pulst der See, Es fällt ein märchenhaft Entzücken Mir übers Herz wie Blütenschnee. Zur Andacht wird der Blätter Plaudern, Ehrfürchtig liegt die Woge da; Ha, frommes Ahnen, füßes Schaudern, Heil dir, Romantik, du bist nah!

Wie gerne dir zu Füßen.

Wie gerne dir zu Füßen Sing' ich mein tiefstes Lied, Indes das heil'ge Abendgold Durch's Bogensenster sieht.

Im Takte wogt dein schönes Haupt,
Dein Herz hört stille zu,

Ich aber falte die Hände
Und singe: wie schön bist du!

Wie gerne dir zu Füßen
Schau' ich in dein Gesicht!
Wie Mitleid bebt es drüber hin;
Dein Mitleid will ich nicht!
Ich weiß es wohl, du spielst mit mir,
Und dennoch sonder Ruh'

Lieg' ich vor dir und singe,
Singe: wie schön bist du!

Wie gerne dir zu Füßen
Stürb' ich in stummer Qual!
Doch lieber möcht ich springen empor
Und küssen dich tausendmal.
Möcht' küssen dich, ja küssen dich
Einen Tag lang immer zu
Und sinken hin und sterben
Und singen: wie schön bist du!

Ghafele.

Ich singe und sage, du hörst es nicht, Ich weine und klage, du hörst es nicht;

Ich singe im heiligen Grau'n der Nacht, Ich singe am Tage, du hörst es nicht;

Ich singe wohl mächtig wie Donnerhall Im Wetterschlage, du hörst es nicht.

Ich singe wohl leise wie Westeskuß Im Rosenhage, du hörst es nicht.

Und wenn ich zum Liede auch Blih und Sturm Zusammenschlage, du hörst es nicht.

Und was ich auch immer in Leid und Lust Und Liebe frage, du hörst es nicht.

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