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Der Sänger im Palast.*)

Ein Sänger tritt, die Harf' im Arme, Durch das Gewühl des Volks hervor, Und drängt sich aus dem lauten Schwarme In des Palastes Säulenthor.

Gehöhlt und bleich sind seine Wangen, Sein Haar durchschlingt ein grüner Kranz, Sein grau Gewand mit schwarzen Spangen Paßt seltsam auf des Hauses Glanz.

Der Höfling wie der Edelknabe Mißt scheel die tlägliche Gestalt, Die wie ein Geist, entrückt dem Grabe, Durch die geschmückten Gänge wallt.

*) Leimbach I, 170 ff.

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Der Schaltsnarr ruft mit kind'scher Posse: „Ei seht, da kommt Gevatter Tod! Kein Herz schlägt morgen mehr im Schlosse, Und keine Wang' ist morgen rot!"

Den Sänger macht der Spott nicht wirre, Er lächelt nur ein einzig mal, Und schreitet fort, und wird nicht irre, Die Treppe aufwärts in den Saal.

Dort ist der König ernst im Throne, In dunkelpurpurnem Gewand, Auf stolzem Haupt die goldne Krone, Das blanke Schlachtschwert in der Hand.

Vor ihm, gebückt in schweren Banden, Ein Mann, dem Qual im Antlig liegt, Einst Herrscher von gewalt'gen Landen, Jezt von des Königs Arm besiegt.

Und ringsumher im weiten Kreise Der Rät' und Richter hohe Schar, Der Hofmann, Ritter und der Weise Im Goldwams, Panzer und Talar.

Da tritt mit sicherm, mut'gem Gange. Der schlichte Sänger vor den Thron: Herr, wollest horchen meinem Sange Und meiner guten Harfe Ton!"

Der König drauf mit finsterm Blicke, Der flammend schießt nach seinem Feind: „Ja, singe mir von Falsch und Tücke, Von allem, was das Herz versteint;

Denn eben will ich schwer mich rächen An dem, der mir mein Land zerstört, Ein hartes Urteil will ich sprechen, So hart, wie's nie die Welt gehört.“

Der Sänger zu dem König wieder: „Herr, gern erräng' ich deine Gunst; Doch kenn ich keine harten Lieder, Der Sang ist eine milde Kunst.

Auch sing' ich nicht vor dieser Menge, Mein Lied gehört für dich allein; Entfliehen laß aus dem Gedränge, Dann will ich gern dir willig sein.“

Da hebt der König sich vom Throne, Er öffnet leis' ein still. Gemach, Er winkt dem schlichten Liedersohne, Der folgt ihm rasch und freudig nach.

„Was gönnt der Herr so hohe Rechte Dem überkecen Liedermann, Der nie das Schwert hob im Gefechte, Der nie im ernsten Rate sann?

Gilt mehr ein Lied als ein Gerichte, Der Harfner mehr ihm als der Rat; Nun denn, so wähl' er solche Wichte Und bleibe ohne Rat und That!"

So murrt's die Reihen auf und nieder,
Der Saal erdröhnt von dem Gebraus;
Da öffnet sich die Thüre wieder,
Der König tritt bewegt heraus.

Zu seinem Feind mit nassen Blicken
Tritt er in stiller Heiterkeit
Und löst die Hände ihm vom Rücken,
Die von den Fesseln er befreit.

„Zieh' heim!" so ruft er, „zieh in Frieden
Und denk' an dieses Mannes Sang!
Und geht's dir einst noch wohl hienieden,
So denk' an dieser Harfe Klang!"

Dann bricht er aus der goldnen Krone Die größte Perle flugs heraus: „Nimm hin, o Sänger, dies zum Lohne Und kehr' einst wieder in mein Haus!

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Die Perle sei ein Bild der Thräne, Der Thräne, die mir heut' entfloß, Als sich der Wohllaut deiner Töne So lindernd mir ins Herz ergoß.“

Und zu des milden Königs Füßen Stürzt dankend der befreite Feind, Der Sänger neigt mit freud'gem Grüßen Sich vor dem König, geht und weint.

Und staunend seh'n ihn alle scheiden Und blicken ihm voll Ehrfurcht nach, Der Höfling selbst muß ihn beneiden, Der so den Sinn des Königs brach.

DerSchalksnarr kann nun nimmer scherzen, Er beugt sich vor der Gramgestalt, Er steht mit reuerfülltem Herzen Und ehrt des Liedes Hochgewalt.

Der Sänger aber eilt von hinnen, Schon steht er wieder vor dem Haus, Mit seiner Perl und frohen Sinnen Zieht er ins weite Land hinaus.

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Der Schwerting, Sachsenherzog, der saß bei Festesmahl, Da schäumten Weine perlend in eisernem Pokal,

Da rauchten Speisen köstlich in eisernem Geschirr,
Da war von Eisenpanzern ein wild und rauh Gellirr.

*) Leimbach I, 168.

Der Dänenkönig Frotho genüber Schwerting saß,

Mit staunender Geberde die Eisenketten maß,

So diesem niederhingen von Hals und Brust und Hand,
Und dann die Eisenspangen am schwarzen Trau'rgewand.

„Sagt an, was soll das deuten? Herr Bruder, gebt mir kund, Warum ihr mich geladen zu solcher Tafelrund'?

Als ich herabgezogen aus meinem Dänenland,

Da hofft ich euch zu finden in güldenem Gewand.“

"Herr König, Gold dem Freien, und Eisen für den Knecht!
Das ist der Sachsen Sitte und so allein ist's recht,
Ihr habt in Eisenbande der Sachsen Arm gezwängt,
Wär' eure Kette gülden, sie wäre längst zersprengt.'

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,,,,Doch, mein' ich, giebt's noch Mittel, zu lösen solches Erz, Ein biedrer Sinn und Glaube, ein hoch und mutig Herz, Das muß den Arm befreien, gefesselt hundertfach,

Das muß den Eidschwur löschen und tilgen niedre Schmach!““

Als so der Fürst gesprochen, da traten in den Saal
Zwölf schwarze Sachsenritter, mit Fackeln allzumal,
Die harrten stumm und ruhig auf Schwertings leisses Wort
Und sprangen dann in Eile, die Brände schwingend, fort.

Nicht lang', da scholl von unten zu Herrn und Gastes Ohr Ein Knistern und ein Prasseln von Feuerswut empor, Nicht lang', da ward's im Saale gar schwül und sommerheiß, Und: 's ist die Stund' gekommen," sprach dumpf der ganze Kreis.

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Der König will entfliehen, der Herzog hält ihn stark:
„Halt! steh' und laß erproben dein ritterliches Mark,
Hält es dem rauhen Gegner, der unten prasselt, Stand,
Dein sei die Sachsentrone, dein sei das Sachsenland!"

Und heißer, immer heißer wird's in der weiten Hall', Und lauter, immer lauter, erdröhnt der Balken Fall, Und heller, immer heller, wird rings der rote Schein, Die Thüre sinkt in Trümmer, die Lohe schießt herein.

Da knieen betend nieder die wadern Rittersleut':
„Herr, sei den Seelen gnädig, die selber sich befreit!"
Der Herzog doch sieht ruhig der Flamme Windeslauf,
Der König sinkt zu Boden, er reißt ihn wütend auf.

„Schau' hin, du stolzer Sieger, erzittre, feiges Herz: So löst man Eisenbande, so schmilzt dein mächtig Erz!“ Er ruft's und ihn erfasset der Flamme wild Gesaus, Und nieder stürzen alle, und nieder stürzt das Haus.

Frau Hitt. *)

Wo schroff die Straße und schwindlig jäh Hernieder leitet zum Inn, Dort jaß auf der mächtigen Bergeshöh' Am Weg eine Bettlerin.

Ein nacktes Kindlein lag ihr im Arm Und schlummert' in süßer Ruh', Die zärtliche Mutter hüllt' es warm Und wiegt' es und feufzte dazu:

Du freundlicher Knabe, du liebliches Kind, Dich zieh' ich gewiß nicht groß,

Bist ja der Sonne, dem Schnee und dem Wind Und allem Elend bloß."

„Zur Speise hast du ein hartes Brot, Das ein anderer nimmer mag, Und wenn dir jemand ein Aepflein bot, So war es dein bester Tag."

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Und blickt doch, du Armer, dein Auge hold,
Wie des Junkers Auge so klar,
Und ist doch dein Haar so reines Gold,
Wie des reichsten Knaben Haar."

So klagte sie bitter und weinte sehr,
Als Lärmen ans Ohr ihr schlug,
Mit Jauchzen trabte die Straße einher
Ein glänzender Reiterzug.

Voran auf falbem, schnaubendem Roß Die herrlichste aller Frau'n,

Im Mantel, der strahlend vom Nacken ihr floß, Wie ein schimmernder Stern zu schau'n.

Die strahlende Herrin war Frau Hitt, Die reichste im ganzen Land, Doch auch die ärmste an Tugend und Sitt', Die rings im Lande man fand.

Jhr Goldroß hielt die Stolze an Und hob sich mit leuchtendem Blick Und spähte hinunter, und spähte hinan, Und wandte sich dann zurück:

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,,,,Weib, bist du rasend?"" zürnt die Frau, ‚Wo nähm' ich Linnen her? Nur Seid' ist, was an mir ich schau', Von funkelndem Golde schwer.""

,,Gott hüte, daß ich begehren sollt', Was fremde mein Mund nur nennt, Oso gebt mir, gebet, was ihr wollt, Und was ihr entbehren könnt!"

Da zieht Frau Hitt ein hämisch Gesicht Und neigt sich zur Seite hin, Und bricht einen Stein aus der Felsenschicht Und reicht ihn der Bettlerin.

Da ergreift die Verachtete wütender Schmerz, Sie schreit, daß die. Felswand dröhnt: „O würdest du selber zu hartem Erz, Die den Jammer des Armen höhnt!"

Sie schreit's, und der Tag verkehrt sich in Nacht, Und heulende Stürme zieh'n, Und brüllender Donner rollt und kracht, Und zuckende Bliße glüh'n.

Den stußenden Falben spornt Frau Hitt „Ei, Wilder, was bist du so faul?" Sie treibt ihn durch Hieb und Stöße zum Ritt, Doch fühllos stehet der Gaul.

Und plöglich fühlt sie sich selbst so erschlafft, Und gebrochen den kecken Mut, In jeglicher Sehne stirbt die Kraft, In den Adern stockt das Blut.

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