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Friedrich von Schiller.*)

(Geschichte der deutschen National-Litteratur §§ 55-57.)

Die Größe der Welt.**)

1781.

Die der schaffende Geist einst aus dem Chaos schlug,
Durch die schwebende Welt flieg' ich des Windes Flug,
Bis am Strande

Ihrer Wogen ich lande,

Anker werf', wo kein Hauch mehr weht,
Und der Markstein der Schöpfung steht.

*) Heinrich Viehoff, Schillers Gedichte erläutert und auf ihre Quellen zurüdgeführt, 5 Aufl. 1876 3 Bde. Heinrich Dünger, Schillers lyrische Gedichte erläutert 2. Aufl. 1874-75.-Denzel und Kras. Schillers Gedichte (Schulausgabe) mit Anmerkungen, Stuttgart 1873. Andre Erläuterungsschriften siehe unter den einzelnen Gedichten.

**) Franz Karl Hartert, Auswahl aus Schillers Gedichten erläutert, 2 Bändchen, 2. Ausgabe 1867. (Die Größe der Welt erläutert I, 7.)

Sterne sah ich bereits jugendlich aufersteh'n,
Tausendjährigen Gangs durchs Firmament zu geh'n,
Sah sie spielen

Nach den lockenden Zielen;

Jrrend suchte mein Blick umber,

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Anzufeuern den Flug weiter zum Reich des Nichts,
Steur' ich mutiger fort, nehme den Flug des Lichts,
Neblig trüber

Himmel an mir vorüber,

Weltsysteme, Fluten im Bach,

Strudeln dem Sonnenwand'rer nach.

Sieh', den einsamen Pfad wandelt ein Pilger mir Rasch entgegen ,,Halt an! Waller, was suchst du hier?" "Zum Gestade

Seiner Welt meine Pfade!

Segle hin, wo kein Hauch mehr weht,
Und der Markstein der Schöpfung steht!""

„Steh'! du segelst umsonst

vor dir Unendlichkeit !"

"Steh'! du segelst umsonst Pilger, auch hinter mir!

Sente nieder,

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Feuern die vordern, viele stehen nicht mehr auf,

Lücken reißt die streifende Kartätsche,
Auf Vormanns Rumpf springt der Hinter-

mann,

Verwüstung rechts und links und um und um,
Bataillone niederwälzt der Tod.

Die Sonne löscht aus, heiß brennt die
Schlacht,

Schwarz brütet auf dem Heer die Nacht — Gott befohlen, Brüder!

In einer andern Welt wieder!
Hoch sprizt an den Nacken das Blut,
Lebende wechseln mit Toten, der Fuß
Strauchelt über den Leichnamen

„Und auch du, Franz ?“ ,,,,Grüße mein
Lottchen, Freund !""
Wilder immer wütet der Streit;
„Grüßen will ich“ – Gott! Kameraden, seht!
Hinter uns wie die Kartätsche springt!
,,Grüßen will ich dein Lottchen, Freund!
Schlumm're sanft! wo die Kugelsaat
Regnet, stürz' ich Verlass'ner hinein."

Hierher, dorthin schwankt die Schlacht,
Finstrer brütet auf dem Heer die Nacht -
Gott befohlen, Brüder!

In einer andern Welt wieder!

Horch! was strampft im Galopp vorbei?
Die Adjutanten fliegen,
Dragoner rasseln in den Feind,
Und seine Donner ruh'n.
Victoria, Brüder!

Schrecken reißt die feigen Glieder,
Und seine Fahne sinkt.

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Prahlt nur mit Karl und Eduard,
Mit Friedrich, Ludewig!
Karl, Friedrich, Ludwig, Eduard
Ist uns der Graf, der Eberhard,
Ein Wettersturm im Krieg.

Und auch sein Bub', der Ulerich,

War gern, wo's eisern klang; Des Grafen Bub, der Ulerich, Kein Fußbreit rückwärts zog er sich, Wenn's d'rauf und drunter sprang.

Die Reutlinger, auf unsern Glanz
Erbittert, kochten Gift,

Und buhlten um den Siegeskranz
Und wagten manchen Schwertertanz
Und gürteten die Hüft'.

Er griff sie an und siegte nicht

Und kam gepantscht nach Haus;
Der Vater schnitt ein fälsch Gesicht,
Der junge Kriegsmann floh das Licht,
Und Thränen drängén 'raus.

Das wurmt ihn — Ha! ihr Schurken, wart!
Und trug's in seinem Kopf.
Auswehen, bei des Vaters Bart!
Auswehen wollt' er diese Schart'
Mit manchem Städtlerschopf,

Und Fehd' entbrannte bald darauf,
Und zogen Roß und Mann
Bei Döffingen mit hellem Hauf,
Und heller ging's dem Junker auf,
Und hurra! heiß ging's an.

Und unsers Heeres Losungswort
War die verlor'ne Schlacht;
Das riß uns wie die Windsbraut fort
Und schmiß uns tief in Blut und Mord
Und in die Lanzennacht.

Der junge Graf, voll Löwengrimm,
Schwung seinen Heldenstab,
Wild vor ihm ging das Ungestüm,
Geheul und Winseln hinter ihm

Und um ihn her das Grab.

Doch weh! ach weh! ein Säbelbieb
Sant schwer auf sein Genick.
Schnell um ihn her der Helden Trieb,
Umsonst! umsonst! erstarret blieb

Und sterbend brach sein Blick.

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*) Gustav Hauff, Schillerstudien, Stuttgart (Abenheim) 1880. S. 114 ff.

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