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Sonette aus dem „Lied vom neuen deutschen Reich“.

Umrauscht von nord'schem Hochwald ries'ger Eichen
Ward ich im alten Försterhaus geboren,

Von Kind auf schon vom Vater auserkoren,

An fern'ger Waidmannskraft ihm einst zu gleichen.

D'rum lehrt' er mich den Rehbock schon beschleichen,

Kaum ich die Kinderschuhe recht verloren ;
Flott ritt ich ohne Sattelzeug und Sporen,
Eh' ich gekonnt des Gaules Bug erreichen.

Am liebsten aber mocht' ich als ein Junge
Ins Gras gestreckt des Habichts Flug begleiten,
Und labte mich an seinem kühnen Schwunge.

So ward vom Vater ich gar frei erzogen.
Doch kam ich wieder heim von Jagd und Reiten,
Wie bin der Mutter ich an's Herz geflogen!

Und nicht nur sichern Schuß und mut'gen Ritt
Erlernt' ich, da die andern Märchen lasen;
Gar wundersam konnt' ich auch Histhorn blasen,
Bei allen Hochwildjagden blies ich mit.

Und wenn mein Vater dann den Hirsch zerschnitt,
Da sie zum Abendimbs um's Feuer saßen,
Dann gab ich mein Concert auf grünem Rasen,
Daß ringsum Staunen mit Gelächter stritt.

Mein Lehrer war ein alter Jagdgesell,
Ein selt'ner Virtuos, da ging's gar schnell;
Doch Noten wurden mir nie aufgeschrieben.

Gott! hat mein Himmel dort so licht geblaut,
Nur Frohsinn meiner Kindheit Baum betaut!
Owär' ich allzeit dort daheim geblieben!

Doch jählings starb mein Vater. O den Schrei, Den meine Mutter that, hör' ich noch heute, Da auf zwei Birkenstämmen Köhlersleute Jhn sterbend trugen in die Försterei.

Der prächt'ge Mann, als ob von Erz er sei, Zu dem jest winselnd aufsprang seine Meute; Dies Falkenauge, das Gefahr nie scheute Gebrochen waren sie nun alle zwei.

Ein Wilddieb hatte rücklings ihm gemeuchelt, Jhn, der so offen jeden angeblickt,

Und hinterm Rücken keinem je geheuchelt.

Und kaum mein Vater war zu Grab getragen, Ward ich zum Ohm, dem Pfarrherrn, weggeschickt. Ade nun Waldlust, Freiheit, Ritt und Jagen!

Nun sperrte mich der dumpfe Pfarrhof ein,
Nun schreckten mich des Ohms bedächt'ge Mienen.
Wie anders war mein Vater mir erschienen
Mit seines Förstersaug' treuherz'gem Schein !

Nun quälte stundenlang mich das Latein.
O diese zähen Brocken weg mit ihnen!
Und dies langweil'ge Sizen! Lieber dienen
Als Holzknecht, wie ein Stubenhocker sein!

Wenn Ohm und Muhme Feierzeit dann hatten,
So hieß es beten; und so gut ich's konnte,
Half ich mit ihnen danken und lobpreisen.

Doch bald durchritt ich singend Waldesschatten,
Bald heimwehkrank ich mich im Grase sonnte

Und sah voll Schmerz und Neid den Habicht kreisen.

Was wollt' ich endlich thun? Der Försterstand, Er blieb verwehrt mir durch der Mutter Willen. Doch galt es endlich, allen Groll zu stillen, Und auszulöschen meines Heimweh's Brand.

Zulegt ich's gar wie Stolz in mir empfand, Herzhaft zu schlucken die latein'schen Pillen; Und immer freundlicher lugt' aus den Brillen Des Pfarrherrn Aug' auf meine fleiß'ge Hand.

Dann nahm er abends zum besondern Lohne Mich manchmal in den Wald und gar genau Wußt' er der Pflanzen Namen mir zu sagen.

Wie grüßt ich da die erste Eichenkrone! Ich mußte weinen schier. O Waldesau, Da lehrtest du mich alles, alles tragen!

Dann kam der Winter ohne Wärm' und Licht.
Wie schon so lange war davor mir bang!
Doch wie ganz anders kam's! Mein Lebenlang
Vergess' ich dieses Pfarrhofs Winter nicht.

So friedlich auch erschien des Ohms Gesicht,
Ha, gährte doch in ihm des Zornes Drang,
Wenn auf der welschen Knechtschaft Schmach und Zwang
Er oft herabrief Gottes Strafgericht!

Er hatte niemand, dem er mochte sagen,

Wie ihm um's Herz war - da vertraut' er's mir,
Verstand ich's auch nur halb in meinen Tagen.

Ich lauscht', als wär' in Märchen ich versunken.
Wild blies der Sturm am Ofen saßen wir.
Das waren meines Hasses erste Funken!

Es war im Jahre zwölf, als im August
Ich mich vom Pfarrhof schmerzlich losgerissen.
Noch lag das deutsche Volk in Finsternissen ;
Der Rettung Stern, kein Aug' hatt' ihn gewußt.

Still weinend lag ich an des Cheims Brust,
Der sich so väterlich um mich beflissen,
Mich ausgestattet mit solch' tücht’gem Wissen,
Dazu mit Gottesfurcht und Freiheitslust.

So dankt' ich meines Leibes Kernnatur
Dem Vater, der mich klug gleich wildem Pferde
Aufwachsen ließ auf freier Waldesflur.

Doch mehr noch that an mir des Cheims Hand.
Der lehrte mich das höchste Gut der Erde
Den heil'gen Opfermut für's Vaterland.

Und unter Lüßows Jäger trat ich ein.
Wer kennt sie nicht, die schwarze Reiterschar?
Hussah, welch' wildverweg'ne Jagd das war,
Gleich Sturmesbrausen und gleich Blizesschein !

Die Herrn Franzosen, gar so schlau und fein,
Sie hielten oftmal uns für Zaub'rer gar.
Wenn stundenweit sie wähnten Feind'sgefahr,
Da sprengten wir urplötzlich mittendrein.

War das ein unaufhörlich quälend Necken!
Heut' Kassen, morgen Vorrat weggenommen,
Bei Tag und Nacht all' der Kuriere Schrecken.

Wir ritten her durch bodenlose Schluchten, Durch's tiefste Wasser kamen wir geschwommen. Ha, wie sie uns „diables" oft verfluchten!

Doch nicht allein im kühnen Feinderjagen
War uns're schwarze Schar gar treu verbündet;
Der Freiheit Feuer hatt' uns all' entzündet,
So rein, wie's Mannesbrust kann in sich tragen.

Ein jeder durfte Freund zum andern sagen,
Vor jedes Auge lag das Herz ergründet;
Und allen war der hohe Spruch verkündet :
Uns nur mit makellosem Schwert zu schlagen.

Und auf der Beiwacht rastend hingesunken,
Wie oft ward dann der Freiheit zugetrunken,
Und unser Hoch gemischt zum Klang der Hörner!

Bei Gott! Wir waren wert des Vaterlandes,
Wie unsers blutgeweihten Freundschaftsbandes ;
Doch unser aller Stolz war unser Körner!

Gar hohe Weihe hatt' er uns gegeben.
O wann er uns in stiller Lagernacht
Vorlas ein Lied, erst kurz von ihm erdacht,
Wie horchten wir ihm zu mit heil'gem Beben!

Wie ging uns dann sein Sängerheldenleben
Wie Mondglanz auf in feierlicher Pracht!
Dann fühlten wir aus mancher alten Schlacht
Gar hehre Geister lauschend uns umschweben.

Und wie sein eig'nes Leben sonnenrein,
Wie seine Leier gottgeweiht geklungen,
So ward durch ihn das Herz uns allen reiner.

In seiner Lieder lichtem Sonnenschein Ward stets noch blanker unser Schwert geschwungen, so wie er sang uns ins Herz doch keiner!

In allen Tagen

Gott! welch' ein schwerer Schlag!
Hab' ich noch nie geklagt in solchem Leide.
Ganz Deutschland rüste dich zum Trauerkleide,
Um deinen besten Toten sollst du klagen!

Das reinste Herz hat aufgehört zu schlagen;

Das blankste Schwert, für immer birgt's die Scheide.
Die Leier hängt verstummt an düst'rer Weide
Wir haben Körner heut' zu Grab getragen!

Bei Gadebusch - wer hörte noch den Namen?
Da haucht' er aus sein leztes frommes Amen,
Er, dessen Namen seinem Volk so wert.

Bei Wöbbelin ruht seine Heldenleiche. Den Schatten wirft darüber eine Eiche,

Doch ew'ger Ruhm besonnt ihm Harf' und Schwert.

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