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Ein schwefelgelber Wetterschein Umzieht hierauf des Waldes Laub. Angst rieselt ihm durch Mark und Bein; Ihm wird so schwül, so dumpf und taub. Entgegen weht ihm kaltes Grausen, Dem Nacken folgt Gewittersausen.

Das Grausen weht, das Wetter saust, Und aus der Erd' empor, huhu! Fährt eine schwarze Riesenfaust.. Sie spannt sich auf, sie krallt sich zu; Hui! will sie ihn beim Wirbel packen, Hui! steht sein Angesicht im Nacken.

Es flimmt und flammt rund um ihn her Mit grüner, blauer, roter Glut; Es wallt um ihn ein Feuermeer, Darinnen wimmelt Höllenbrut. Jach fahren tausend Höllenhunde, Laut angehezt, empor vom Schlunde.'

Er rafft sich auf durch Wald und Feld Und flieht laut heulend Weh und Ach; Doch durch die ganze weite Welt Rauscht bellend ihm die Hölle nach, Bei Tag tief durch der Erde Klüfte, Um Mitternacht hoch durch die Lüfte.

Im Nacken bleibt sein Antlig stehn; So rasch die Flucht ihn vorwärts reißt, Er muß die Ungeheuer sehn, Laut angehezt vom bösen Geist; Muß sehn das Knirschen und das Jappen Der Rachen, welche nach ihm schnappen.

Das ist des wilden Heeres Jagd, Die bis zum jüngsten Tage währt Und oft dem Wästling noch bei Nacht Zu Schreck und Graus vorüber fährt. Das könnte, müßt' er sonst nicht schweigen, Wohl manches Jägers Muud bezeugen.

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Dem Kaiser ward's sauer in Hiß und in

Kälte:

Oft schlief er bepanzert im Kriegesgezelte; Oft hatt' er kaum Wasser zu Schwarzbrot und Wurst;

Und öfter noch litt er gar Hunger und Durst. Das Pfäfflein, das wußte sich besser zu hegen Und weidlich am Tisch und im Bette zu pflegen.

Wie Vollmond glänzte sein feistes Gesicht. Drei Männer umspannten den Schmerbauch ihm nicht.

D'rob suchte der Kaiser am Pfäfflein oft

Hader. Einst ritt er mit reisigem Kriegesgeschwader In brennender Hize des Sommers vorbei. Das Pfäfflein spazierte vor seiner Abtei.

„Ha," dachte der Kaiser, zur glücklichen

Stunde!" Und grüßte das Pfäfflein mit höhnischem Munde:

,,Knecht Gottes", wie geht's dir? Mir deucht wohl ganz recht, Das Beten und Fasten bekomme nicht schlecht.. Doch deucht mir daneben, euch plage viel

Weile. Ihr dankt mir's wohl, wenn ich euch Arbeit erteile.

Man rühmet, ihr wäret der pfiffigste Mann, Ihr höret dasGräschenfast wachsen, sagt man. So geb' ich denn euern zwei tüchtigen.

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Göttinger I, 237 ff. Lüben und Nace II, 172 ff. — Pröhle, S. 115.

Leimbach I, 34 ff.

Zum dritten noch sollst du, o Preis der Prälaten,

Aufs Härchen mir meine Gedanken erraten. Die will ich dann treulich bekennen; allein Es soll auch kein Titelchen Wahres d'ran sein.

Und könnt ihr mir dir drei Fragen nicht Löjen,

So seid ihr die längste Zeit Abt hier gewesen;

So laß ich euch führen zu Esel durchs Land,

Verkehrt, statt des Zaumes den Schwanz in der Hand!"

D'rauf trabte der Kaiser mit Lachen von hinnen;

Das Pfäfflein zerriß und zerspliß sich mit Sinnen.

Kein armer Verbrecher fühlt mehr Schwulität,
Der vor hochnotpeinlichem Halsgericht steht.

Er schickte nach ein, zwei, drei, vier
Un’versitäten;

Er fragte bei ein, zwei, drei, vier Fakultäten,
Er zahlte Gebühren und Sporteln vollauf;
Doch löste kein Doktor die Fragen ihm auf.

Schnell wuchsen bei herzlichem Zagen und

Pochen

Die Stunden zu Tagen, die Tage zu Wochen, Die Wochen zu Monden; schon kam der Termin! Ihm ward's vor den Augen bald gelb und bald grün.

Nun sucht er, ein bleicher, hohlwangiger Werther, In Wäldern und Feldern die einsamsten Derter,

Da traf ihn auf selten betret'ner Bahn HansBendix, seinSchäfer, am Felsenhang an.

,,Herr Abt, "sprach Hans Bendir,,,was mögt ihr euch grämen? Ihr schwindet ja wahrlich dahin wie ein Schemen.

Maria und Joseph! Wie hoyelt ihr ein! Mein Sirchen! es muß euch was angethan sein.“

„Ach, guter Hans Bendix, so muß sich's wohl schicken, Der Kaiser will gern mir am Zeuge was flicken Und hat mir drei Nüsse auf die Zähne gepackt, Die schwerlich Beelzebub selber wohl knackt.

Zum ersten: Wann hoch er, im fürstlichen Rate,

Zu Throne sich zeiget ihm Kaiser-Ornate, Dann soll ich ihm sagen, ein treuer Wardein, Wie viel er wohl wert bis zum Heller mag sein.

Zum zweiten soll ich ihm berechnen und jagen, Wie bald er zu Rosse die Welt mag umjagen, Um keine Minute zu wenig und viel! Er meint, der Bescheid darauf wäre nur Spiel.

Zum dritten, ich ärmster von allen Prälaten, Soll ich ihm gar seine Gedanken erraten; Die will er mir treulich bekennen; allein Es soll auch kein Titelchen Wahres dran sein.

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„Für dreißig Reichsgulden ward Christus verschachert;

D'rum gäb' ich, so sehr ihr auch pochet und prachert,

Für euch keinen Deut mehr als zwanzig und

neun, Denn Einen müßt ihr doch wohl minder wert sein."

„Hum!" sagte der Kaiser, „der Grund läßt sich hören Und mag den durchlauchtigsten Stolz wohl bekehren.

Nie hätt' ich, bei meiner hochfürstlichen Ehr', Geglaubet, daß so spottwohlfeil ich wär'.

Nun aber sollst du mir berechnen und
sagen,

Wie bald ich zu Rosse die Welt mag umjagen,
Um keine Minute zu wenig und viel!
Ist dir der Bescheid darauf auch nur ein
Spiel?"

,,Herr, wenn mit der Sonn' ihr früh sattelt
und reitet

Und stets sie in einerlei Tempo begleitet, So seh' ich mein Kreuz und mein Käppchen daran,

In zweimal zwölf Stunden ist alles ge=

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Verlust.

Wonnelohn getreuer Huldigungen, Dem ich mehr als hundert Monden lang, Tag und Nacht, wie gegen Sturm und Drang Der Pilot dem Hafen, nachgerungen!

Becher, allgenug für Götterzungen, Goldnes Kleinod, bis zum Ueberschwang Stündlich neu erfüllt mit Labetrank, Owie bald hat dich das Grab verschlungen!

Nektarkelch, du warest süß genug, Einen Strom des Lebens zu versüßen, Sollt' er auch durch Weltenalter fließen.

Wehe mir! Seitdem du schwandest, trug Bitterkeit mir jeder Tag im Munde; Honig trägt nur meine Todesstunde!

Liebe ohne Heimat.

Meine Liebe, lange wie die Taube Von dem Falken hin und her gescheucht, Wähnte froh, sie hab' ihr Nest erreicht In den Zweigen einer Götterlaube.

Armes Täubchen !Hart getäuschterGlaube! Herbes Schicksal, dem kein andres gleicht! Jore Heimat, kaum dem Blick gezeigt, Wurde schnell dem Wetterstrahl zum Raube.

Ach, nun irrt sie wieder hin und her! Zwischen Erd und Himmel schwebt die Arme, Sonder Ziel für ihres Flugs Beschwer.

Denn ein Herz, das ihrer sich erbarme, Wo sie noch einmal, wie einst, erwarme, Schlägt für sie auf Erden nirgends mehr. An das Herz.

Lange schon in manchem Sturm und Drange Wandeln meine Füße durch die Welt. Bald, den Lebensmüden beigesellt, Ruh' ich aus von meinem Pilgergange.

Leise sinkend faltet sich die Wange, Jede meiner Blüten welkt und fällt. Herz, ich muß dich fragen: Was erhält Dich in Kraft und Fülle noch so lange?

Troß der Zeit Despoten-Allgewalt Fährst du fort, wie in des Lenzes Tagen, Liebend wie die Nachtigall zu schlagen.

Aber ach! Aurora hört es kalt,
Was ihr Tithons Lippen Holdes 'sagen.
Herz, ich wollte, du auch würdest alt!

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