Ode an die preußische Armee.*)
Unüberwundenes Heer! mit dem Tod und Verderben In Legionen Feinde dringt,
Um das der frohe Sieg die gold'nen Flügel schwingt, Heer! bereit zum Siegen oder Sterben.
Sieh'! Feinde, deren Last die Hügel fast versinken,
Den Erdkreis beben macht,
Zieh'n gegen dich und droh'n mit Qual und ew'ger Nacht: Das Wasser fehlt, wo ihre Rosse trinken.
Der dürre scheele Neid treibt niederträcht'ge Scharen Aus West und Süd heraus,
Und Nordens Höhlen spei'n, so wie des Csts, Barbaren Und Ungeheuer, dich zu verschlingen aus.
Verdopp'le deinen Mut! Der Feinde wilde Fluten Hemmt Friedrich und dein starker Arm;
Und die Gerechtigkeit verjagt den tollen Schwarm. Sie blißt durch dich auf ihn, und seine Rücken bluten.
Die Nachwelt wird auf dich als auf ein Muster sehen; Die künft'gen Helden ehren dich,
Zieh'n dich den Römern vor, dem Cäsar Friederich), Und Böhmens Felsen sind dir ewige Trophäen.
Nur schone, wie bisher, im Lauf von großen Thaten
Den Landmann, der dein Feind nicht ist!
Hilf seiner Not, wenn du von Not entfernet bist! Das Rauben überlaß den Feigen und Kroaten.
Ich seh', ich sehe schon freut euch, o Preußens Freunde Die Tage deines Ruhms sich nah'n.
In Ungewittern zieh'n die Wilden stolz heran:
Doch Friedrich winket dir, wo sind sie nun, die Feinde?
Du eilest ihnen nach, und drückst mit schweren Eisen
Den Tod tief ihren Schädeln ein,
Und kehrst voll Ruhm zurück, die Deinen zu erfreu’n, Die jauchzend dich empfah'n und ihre Retter preisen.
Auch ich, ich werde noch,
Einher vor wenig Helden zieh'n.
· vergönn' es mir, o Himmel!
Ich seh' dich, stolzer Feind! den kleinen Haufen flieh'n Und find' Chr' oder Tod im rasenden Getümmel.
An einem schönen Abend fuhr Jrin mit seinem Sohn im Kahn Aufs Meer, um Reusen in das Schilf Zu legen, das ringsum den Strand Von nahen Eilanden umgab. Die Sonne tauchte sich bereits Ins Meer, und Flut und Himmel schien Im Feu'r zu glühen.
wie schön Ist ist die Gegend! sagt entzückt Der Knabe, den Grin gelehrt, Auf jede Schönheit der Natur
Zu merken. Sieh', sagt er, den Schwan, Umringt von seiner frohen Brut, Sich in den roten Wiederschein Des Himmels tauchen! Sieh', er schifft, Zieht rote Furchen in die Flut, Und spannt des Fittichs Segel auf. Wie lieblich flüstert dort im Hain
*) Gude I, 34. Lüben und Nace I, 389,
Der schlanken Espen furchtsam Laub Am Ufer, und wie reizend fließt Die Saat in grünen Wellen fort Und rauscht, vom Winde sanft bewegt!
was für Anmut haucht anizt Gestad und Meer und Himmel aus! Wie schön ist alles! und wie froh Und glücklich macht uns die Natur!
Ja, sagt Grin, sie macht uns froh Und glücklich, und du wirst durch sie Glückselig sein dein Lebelang, Wenn du dabei rechtschassen bist. Wenn wilde Leidenschaften nicht Von sanfter Schönheit das Gefühl Verhindern. O Geliebtester! Ich werde nun in kurzem dich Verlassen und die schöne Welt, Und noch in schönern Gegenden
Den Lohn der Redlichkeit empfah'n. O, bleib' der Tugend immer treu ! Und weine mit den Weinenden, Und gieb von deinem Vorrat gern Den Armen; hilf, so viel du kannst, Zum Wohl der Welt; sei arbeitsam ; Erheb' zum Herren der Natur, Dem Wind und Meer gehorsam ist, Der alles lenkt zum Wohl der Welt, Den Geist! Wähl' lieber Schand und Tod, Eh' du in Bosheit willigest.
Ehr', Ueberfluß und Pracht ist Tand; Ein ruhig Herz ist unser Teil. Durch diese Denkungsart, mein Sohn, Jst unter lauter Freuden mir Das Haar verbleichet. Und wiewohl Ich achtzigmal bereits den Wald Um unsre Hütte grünen sah: So ist mein langes Leben doch Gleich einem heitern Frühlingstag Vergangen, unter Freud' und Lust. Zwar hab' ich auch manch' Ungemach Erlitten. Als dein Bruder starb, Da flossen Thränen mir vom Aug', Und Sonn' und Himmel schien mir schwarz.
Oft auch ergriff mich auf dem Meer Im leichten Kahn der Sturm und warf Mich mit den Wellen in die Luft; Am Gipfel eines Wasserbergs Hing oft mein Kahn hoch in der Luft, Und donnernd fiel die Flut herab, Und ich mit ihr. Das Volk des Meers Erschrak, wenn über seinem Haupt Der Wellen Donner tobt', und fuhr Tief in den Abgrund. Und mich dünkt', Daß zwischen jeder Welle mir Ein feuchtes Grab sich öffnete. Der Sturmwind taucht' dabei ins Meer
Die Flügel, schüttelte davon Noch eine See auf mich herab. Allein bald legte sich der Zorn Des Windes, und die Luft ward hell, Und ich erblickt' in stiller Flut Des Himmels Bild. Der blaue Stör Mit roten Augen sahe bald Aus einer Höhl', im Kraut der See, Durch seines Hauses gläsern Dach; Und vieles Volk des weiten Meers Tanzt' auf der Flut im Sonnenschein ; Und Ruh' und Freude kam zurück In meine Brust. — — Jßt wartet schon Das Grab auf mich. Ich fürcht' es nicht. Der Abend meines Lebens wird So schön als Tag und Morgen sein. O Sohn, sei fromm und tugendhaft, So wirst du glücklich sein wie ich: So bleibt dir die Natur stets schön.
Der Knabe schmiegt' sich an den Arm Jrins, und sprach: Nein, Vater! nein, Du stirbst noch nicht! der Himmel wird Dich noch erhalten, mir zum Trost. Und viele Thränen flossen ihm Vom Aug'.
Indessen hatten sie Die Reusen ausgelegt. Die Nacht Stieg aus der See, sie ruderten Gemach der Heimat wieder zu.
Frin starb bald. Sein frommer Sohn Beweint' ihn lang', und niemals kam Ihm dieser Abend aus dem Sinn. Ein heil'ger Schauer überfiel Jhn, wenn ihm seines Vaters Bild Vor's Antlig trat. Er folgete Stets dessen Lehren. Segen kam Auf ihn. Sein langes Leben dünkt Ihm auch ein Frühlingstag zu sein.
Friedrich Gottlieb Klopstock.")
(Geschichte der deutschen National-Litteratur § 45.)
J. G. Gruber, Klopstods Oden mit erläuternden Anmerkungen, 2 Bände, Leipzig 1831. C. F. R. Betterlein, Klopstods Oben und Elegien mit erklärenden Anmerkungen, 2 Bände, Leipzig 1833. Bern= hard Wernete, Klopstods Oben und Elegien mit erklärenden Anmerkungen, Soest 1866. H. Dünger, Klopstocs Oden, Auswahl, mit Einleitung und Anmerkungen, Leipzig 3. Aufl. 1886. A. L. Bad, Klopstocks Oden in Auswahl mit Anmerkungen, Stuttgart 1874. - Andere Erläuterungsschriften siehe unter den einzelnen Oden! **) Götinger II, 78. Leimbach III, 115.
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