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Willkommen, Tirolerherzen, die ihr so bieder schlagt,
Willkommen, Tirolergletscher, die ihr den Himmel tragt,
Ihr Wohnungen der Treue, ihr Thäler voller Dust,
Willkommen, Quellen und Triften, Freiheit und Bergesluft!

Wer ist der tecke Schüße im grünen Jagdgewand,
Den Gemsbart auf dem Hütlein, die Armbrust in der Hand,
Dess' Aug' so flammend glühet, wie hoher Königsblick,
Des' Herz so still sich freuet an kühnem Jägerglüc?

Das ist der Mar von Habsburg auf lust'ger Gemsenjagd; Seht ihn auf Felsen schweben, wo's kaum die Gemse wagt! Der schwingt sich auf und klettert in pfeilbeschwingtem Lauf, Hei, wie das geht so lustig durch Kluft und Wand hinauf!

* Lüben und Nade III, 483.

Jezt über Steingerölle, jezt über tiefe Gruft,

Jezt kriechend hart am Boden, jezt fliegend durch die Luft!
Und jezt? Halt ein, nicht weiter! jezt ist er festgebannt,
Kluft vor ihm, Kluft zur Seite, und oben jähe Wand!

Der Aar, der sich schwingt zur Sonne, hält hier die erste Rast,
Des Fittichs Kraft ist gebrochen, und Schwindel hat ihn erfaßt;
Wollt' einer von hier zum Thale hinab ein Stieglein bau'n,
Müßt', traun, ganz Tirol und Steier die Steine dazu behau'n.

Wohl hat die Amm' einst Maren erzählt von der Martinswand,
Daß schon beim leisen Gedanken das Aug' in Nebeln schwand,
Jezt kann er's seh'n, ob dem Bilde sie treue Farben geborgt?
Daß er's nicht weiter plaud're, dafür ist schon gesorgt.

Da steht der Kaisersprosse, Fels ist sein Throngezelt,
Sein Scepter Moosgeflechte, an das er schwindelnd sich hält;
Auch ist eine Aussicht droben, so weit und wunderschön,
Daß ihm vor lauter Schauen die Sinne fast vergeh'n.

Tief unten, ein grüner Teppich, das schöne Thal des Inn,
Wie Fäden durchs Gewebe, zieh'n Straß' und Strom dahin;
Die Bergkolosse liegen rings eingeschrumpft zu Hauf'
Und schau'n, wie Friedhofshügel, zu Maren mahnend auf.

Jett stößt er, Hülfe rufend, mit Macht hinein ins Horn,
Daß es in Lüften gellet, als dröhnte Gewitterzorn;
Ein Teufelchen, das kichert im nahen Felsenspalt:
Es dringt ja nicht zu Thale des Hülferufs Gewalt.

Ins Horn nun stößt er wieder, daß es fast playend bricht;
Ho, ho, nicht so gelärmet! da hilft das Schreien nicht!
Denn liebte ihn sein Volk nicht, was er auch bieten mag,
Herr Mar, er bliebe sizen bis an den jüngsten Tag!

Was nicht das Ohr vernommen, das hat das Aug' erkannt;
Die unten sah'n ihn schweben auf pfadlos steiler Wand,
Gebet und Glocken rufen für ihn zum Himmelsdom,
Von Kirche zu Kirche wallfährt der bange Menschenstrom.

Jezt an dem Fuß des Felsens erscheint ein bunter Chor,
Ein Priester inmitten, weisend das Sakrament empor.
Mar sieht nicht das bunte Wimmeln auf ferner Thalesflur,
Er sieht das blizende Glänzen der Goldmonstranze nur.

„Fahr' wohl nun, Welt und Leben! schwer fällt der Abschied mir, O unerforschlich Wesen, du winkst, ich folge dir!

Ich schien ein Baum voll Blüten, dein Blih hat ihn erschlagen, Ach gerne hätt' er früher noch füße Frucht getragen!

„Ich schien ein Bauherr, türmend den Dom zu deinem Ruhm. Nicht durst' er ganz vollenden der Liebe Heiligtum!

Ein Priester, plößlich stürzend tot an des Altars Stufen,
Er hätte gern erst Segen noch übers Volk gerufen!

„So mag dies Herz denn brechen, von Lieb' und Segen voll, So modre nun mein Busen der thatenschwanger schwoll, Verwelke, Hand, denn nimmer krönt deine Müh' Gedeih'n! Nur Gottes bester Engel kann hier mein Retter sein!"

Er spricht's und hebt zum Himmel nun Angesicht und Arm, Und in die Knie sinkt er und betet still und warm, Da klopft's auf seine Schulter, er fährt erschreckt empor, „Komm' heim, du bist gerettet!" so ruft es an sein Ohr.

Und einen Bergmann sieht er froh lächelnd vor sich steh'n, Der faßt ihn fest beim Arme und winkt ihm fürder zu geh'n, Mit Leitern, Stahl und Seilen wird kühn ein Pfad gebahnt, Wo Marens Fußtritt strauchelt, stüßt ihn des Retters Hand.

Der läd't ihn auf den Rücken, wo Klüfte schwindelnd droh'n, Wohl sind der Treue Schultern des Fürsten schönster Thron! Rasch geht's zu Thal, wo jauchzend Tirol empfängt die zwei, Kein Spötter kann belächeln die feltne Reiterei.

Wohl kündet uns die Sage aus grauer Ahnenzeit Von einem Himmelsboten, der schüßend ihn befreit, Ja, wohl ein Engel war es, ein Schußgeist stark und kühn, Des treuen Volkes Liebe, so nennt zu deutsch man ihn.

Ein Kreuz auf hohem Felsen blickt nieder auf das Land Und zeigt den Ort, wo bebend einst Habsburgs Sprosse stand, Noch lebt die edle Kunde und jubelt himmelwärts

Aus manchen Sängers Munde, aus aller Tiroler Herz!

Der Turm am Strande.

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Gebt mir ein Buch! Sie wollen keins mir gönnen!
So mag mein Aug' im Buch des Himmels blättern,
Das dem Gefangnen sie nicht rauben können,
Und lesen, Herr, in deinen ew'gen Lettern.

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Ich sah die Wetter, die nun ausgestritten,
Ich seh' den Regenbogen flammend schweben;
Des Himmels lichter Grund doch ist durchschnitten,
Ach, von des Kerkergitters schwarzen Stäben!

Da dünkt es mich, im Buch des Himmels wären Die schönsten Stellen, heiligsten Legenden,

Des Friedens und der Liebe Gotteslehren

Mit schwarzem Strich durchkreuzt von Menschenhänden.

Wie eine Rose aussieht, wüßt' ich gerne!

Wohl wußt' ich's einst, doch hab' ich's, traun, vergessen;
Denn zwischen mir und jenes Frühlings Ferne
Dehnt längst der Knechtschaft Nacht sich unermessen.

Ich sah die Rose einst in einem Garten, Durch den die Spiele meiner Kindheit flogen; Ich sah sie einst auf flatternden Standarten Der Heere, die zum blut'gen Kampfe zogen.

Ich sah sie einst im Dom vor'm Brautaltare
An einer Jungfrau Herz sich zärtlich schmiegen;
Ich sah sie einst in meines Vaters Haare,
Als Tod ihn auf den Schragen strecte, liegen.

Ich sah, wie an der Brust der Mutter einer
Sie mit zur Richtstatt führt' im Sünderwagen;
O daß ich säß' im Karren anstatt seiner,
Daß ich die Rose könnt' am Herzen tragen!

*

Ich zog aus meinem Strohbett eine Aehre
Und hielt sie lang' vor's Aug' in meinen Händen;
Als ob in ihr ein stiller Zauber wäre,

Konnt' ich die Blicke nimmer von ihr wenden.

Ein Feld voll Garben stieg vor meinen Blicken!
Ha, wie sie flüsternd durch einander gaukeln,
Geschäftig mit den goldnen Häuptern nicken
Und weithin ihres Meeres Wogen schaukeln!

Von blanken Sicheln, durch die Schwaden ringend,
Ist Silberfähnen gleich, dies Meer befahren,
Und Schnitermädchen, aus den Wogen springend,
Es sind der Meeresgöttin Dienerscharen.

Und blanke Dörfer rings und grüne Hügel,
Darüber hin der ew'ge Himmel blauend,
Und Lerchen drin, von Morgenrot die Flügel
Und vom Gesang die Kehlen übertauend!

Die Wälder fäuseln, und die Quellen flingen,
Dort um die Linde tönt's von Flöt und Geigen,
Daß Bursch' und Dirne sich im Reigen schwingen,
Und selbst die Blüten tanzen von den Zweigen.

Die Garben ruh'n den Jungfrau'n nun zu Füßen,
Und auf den Garben farb'ge Kränze liegen;
Ich fasse einen, um in eines süßen
Geliebten Hauptes Locken ihn zu schmiegen;

Da rasselt mir am Arm die Kett' entgegen,
Der Hand, der bebenden, entsinkt die Aehre!
Du dürrer Halm, wie hätt' ich's denken mögen,
Daß ich durch dich noch einst so elend wäre!

Es war ein Ries' einst, hochgewaltig, tüchtig,
Der sprach zum Mond: Dein Licht behagt mir eben;
Doch bist du mir zu wanderlustig, flüchtig,
Und solltest fein am festen Wohnsig kleben.

Nicht übel stündest du mir über'm Bette
Als Abendlamp' in meinem Schlafgemache!
Er spricht's und schmiedet eine goldne Kette,
Und hängt den Mond d'ran auf am Himmelsdache.

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