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Reichlicher fließen

Bächlein zumal.
Sind es die Wiesen,
Ist es das Thal?

Blauliche Frische!

Himmel und Höh!

Goldene Fische

Wimmeln im See.

Buntes Gefieder

Rauschet im Hain;
Himmlische Lieder
Schallen darein.

Unter des Grünen
Blühender Kraft,
Naschen die Bienen
Summend am Saft.

Leise Bewegung
Bebt in der Luft,
Reizende Regung,
Schläfernder Duft.

Mächtiger rühret
Bald sich ein Hauch,

Doch er verlieret

Gleich sich im Strauch.

Aber zum Busen

Kehrt er zurück.

Helset, ihr Musen,

Tragen das Glück!

Saget seit gestern
Wie mir geschah?
Liebliche Schwestern,
Liebchen ist da!

Herbstgefühl.

Fetter grüne, du Laub',
Am Rebengeländer

Hier mein Fenster herauf!
Gedrängter quellet,
Zwillingsbeeren, und reifet
Schneller und glänzend voller!
Euch brütet der Mutter Sonne
Scheideblick, euch umfäuselt
Des Holden Himmels
Fruchtende Fülle;

Euch kühlet des Mondes
Freundlicher Zauberhauch,
Und euch bethauen, ach!
Aus diesen Augen

Der ewig belebenden Liebe

Vollschwellende Thränen.

Rastlose Liebe.

Dem Schnee, dem Regen,
Dem Wind entgegen,

Im Dampf der Klüfte,
Durch Nebeldüfte,

Immer zu! Immer zu!
Ohne Rast und Ruh!

Lieber durch Leiden
Möcht' ich mich schlagen,

Als so viel Freuden

Des Lebens ertragen;

Alle das Neigen

Von Herzen zu Herzer,

Ach wie so eigen

Schaffet das Schmerzen !

Wie soll ich fliehen?
Wälderwärts ziehen?
Alles vergebens!
Krone des Lebens,
Glück ohne Ruh,
Liebe, bist du!

Schäfers Klagelied.

Da droben auf jenem Berge

Da steh' ich tausendmal,

An meinem Stabe gebogen,

Und schaue hinab in das Thal.

Dann folg' ich der weidenden Heerde,

Mein Hündchen bewahret mir sie;

Ich bin herunter gekommen

Und weiß doch selber nicht wie.

Da stehet von schönen Blumen
Die ganze Wiese so voll;

Ich breche sie, ohne zu wissen
Wem ich sie geben soll.

Und Regen, Sturm und Gewitter
Verpass ich unter dem Baum.
Die Thüre dort bleibet verschlossen ;
Doch alles ist leider ein Traum.

Es stehet ein Regenbogen
Wohl über jenem Haus!
Sie aber ist weggezogen,
Und weit in das Land hinaus.

Hinaus in das Land und weiter,
Vielleicht gar über die See.
Vorüber, ihr Schafe, vorüber!
Dem Schäfer ist gar so weh.

Trost in Thränen.

Wie kommt's, daß du so traurig bist,

Da alles froh erscheint?

Man sieht dir's an den Augen an,

Gewiß du hast geweint.

"

‚Und hab' ich einsam auch geweint,

So ist's mein eigner Schmerz,

und Thränen fließen gar so süß, Erleichtern mir das Herz.“

Die frohen Freunde laden dich, komm an unsre Brust!

Und was du auch verloren hast,

Vertraue den Verlust.

,,Ihr lärmt und rauscht und ahnet nicht,

Was mich den Armen quält.

Ach nein, verloren hab' ich's nicht,

So sehr es mir auch fehlt.“

So raffe denn dich eilig auf,

Du bist ein junges Blut.

In deinen Jahren hat man Kraft

Und zum Erwerben Muth.

,,Ach nein, erwerben kann ich's nicht,

Es steht mir gar zu fern.

Es weilt so hoch, es blinkt so schön,
Wie droben jener Stern."

Die Sterne, die begehrt man nicht,

Man freut sich ihrer Pracht,

Und mit Entzücken blickt man auf
In jeder heitern Nacht.

,,Und mit Entzücken blick' ich auf
So manchen lieben Tag;
Verweinen laßt die Nächte mich,
So lang' ich weinen mag."

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