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Verkannt von der Menge,
Wie zich' ich ins Enge
Mich stille zurück!
O zärtliche Seele,

schweige, verhehle
Die ewigen Leiden,
Verhehle dein Glück!

Der Jäger.

Es lohnet mich heute

Mit doppelter Beute

Ein gutes Geschick:

Der redliche Diener

Bringt Hasen und Hühner
Beladen zurück;

Hier find' ich gefangen
Auch Vögel noch hangen!
Es lebe der Jäger,
Es lebe sein Glück!

Wer kauft Liebesgötter?

Bon allen schönen Waaren,

Zum Markte hergefahren,

Wird keine mehr behagen

Als die wir euch getragen
Aus fremden Ländern bringen.

höret was wir singen!

Und seht die schönen Vögel,
Sie stehen zum Verkauf.

Zuerst befeht den großen,
Den lustigen, den losen!
Er hüpfet leicht und munter
Von Baum und Busch herunter ;
Gleich ist er wieder droben.
Wir wollen ihn nicht loben.

seht den muntern Vogel! Er steht hier zum Verkauf.

Betrachtet nun den kleinen,
Er will bedächtig scheinen,
Und doch ist er der lose
So gut als wie der große.
Er zeiget meist im Stillen
Den allerbesten Willen.
Der lose kleine Vogel,
Er steht hier zum Verkauf.

seht das kleine Täubchen,
Das liebe Turtelweibchen!
Die Mädchen sind so zierlich,
Verständig und manierlich;
Sie mag sich gerne pußen
Und eure Liebe nußen.
Der kleine zarte Vogel,
Er steht hier zum Verkauf.

Wir wollen sie nicht loben,
Sie stehn zu allen Proben.
Sie lieben sich das Neue;
Doch über ihre Treue

Verlangt nicht Brief und Siegel;
Sie haben alle Flügel.

Wie artig sind die Vögel,
Wie reizend ist der Kauf!

Der Misanthrop.

Erst fißt er eine Weile
Die Stirn von Wolken frei;
Auf einmal kommt in Eile
Sein ganz Gesicht der Eule
Verzerrtem Ernste bei.
Ihr fraget, was das sei?
Lieb' oder Langeweile ?
Ach, sie sind's alle zwei!

Liebe wider Willen.

Ich weiß es wohl und spotte viel:
Ihr Mädchen seyd voll Wankelmuth!
Ihr liebet, wie im Kartenspiel,
Den David und den Alexander;
Sie sind ja Forcen miteinander,
Und die sind miteinander gut.

Doch bin ich elend wie zuvor,
Mit misanthropischem Gesicht,

Goethe, fåmmtl. Werke. I.

3

Der Liebe Sklav, ein armer Thor!
Wie gern wär' ich fie los die Schmerzen,
Allein es sigt zu tief im Herzen,
Und Spott vertreibt die Liebe nicht.

Wahrer Genuß.

Umsonst daß du, ein Herz zu lenken,
Des Mädchens Schooß mit Golde füllst;
Der Liebe Freuden laß dir schenken,
Wenn du sie wahr empfinden willst.
Gold kauft die Stimme großer Haufen,
Kein einzig Herz erwirbt es dir:
Doch willst du dir ein Mädchen kaufen,
So geh' und gieb dich selbst dafür.

Soll dich kein heilig Band umgeben,
Jüngling, schränke selbst dich ein!
Man kann in wahrer Freiheit leben
Und doch nicht ungebunden seyn.
Laß nur für Eine dich entzünden ;
Und ist ihr Herz von Liebe voll,
So laß die Zärtlichkeit dich binden,
Wenn dich die Pflicht nicht binden soll.

Empfinde, Jüngling! und dann wähle
Ein Mädchen dir, sie wähle dich,
Von Körper schön und schön von Seele,
Und dann bist du beglückt, wie ich.

Ich, der ich diese Kunst verstehe,
Ich habe mir ein Kind gewählt,
Daß uns zum Glück der schönsten Ehe
Allein des Priesters Segen fehlt.

Für nichts besorgt als meine Freude,
Für mich nur schön zu seyn bemüht,
Wollüstig nur an meiner Seite,
Und sittsam wenn die Welt sie steht;
Daß unsrer Gluth die Zeit nicht schade,
Räumt sie kein Recht aus Schwachheit ein,
Und ihre Gunst bleibt immer Gnade,
Und ich muß immer dankbar seyn.

Ich bin genügsam und genieße
Schon da, wenn sie mir zärtlich lacht,
Wenn sie bei Tisch des Liebsten Füße
Zum Schemel ihrer Füße macht,
Den Apfel den sie angebissen,

Das Glas woraus sie trank, mir reicht,
Und mir bei halb geraubten Küssen
Den sonst verdeckten Busen zeigt.

Und wenn in stillgefell'ger Stunde
Sie einst mit mir von Liebe spricht,
Wünsch' ich nur Worte von dem Munde,
Nur Worte, Küsse wünsch' ich nicht.
Welch ein Verstand der sie beseelet,
Mit immer neuem Reiz umgiebt!
Sie ist vollkommen, und sie fehlet
Darin allein daß sie mich liebt.

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