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Gott, ich erkenne dich!

So im herbstlichen Rauschen der Blätter,
Wie im Schlachtendonnerwetter,

Urquell der Gnade, erkenn' ich dich.
Vater du, segne mich!

Vater du, segne mich!

In deine Hand befehl' ich mein Leben,
Du kannst es nehmen, du hast es gegeben;
Zum Leben, zum Sterben segne mich!
Vater, ich preise dich!

Vater, ich preise dich!

's ist ja kein Kampf für die Güter der Erde;
Das Heiligste schüßen wir mit dem Schwerte;

Drum fallend und siegend preis' ich dich.
Gott, dir ergeb' ich mich!

Gott, dir ergeb' ich mich!

Wenn mich die Donner des Todes begrüßen,

Wenn meine Adern geöffnet fließen,

Dir, mein Gott, dir ergeb' ich mich!
Vater, ich rufe dich!

51. Reiters Morgengefang

(nach einem schwäbischen Volkslied)

Morgenrot,

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Körner.

Leuchtest mir zum frühen Tod?
Bald wird die Trompete blasen,
Dann muß ich mein Leben lassen,
Ich und mancher Kamerad!

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Kaum gedacht,

War der Lust ein End' gemacht.
Gestern noch auf stolzen Rossen,
Heute durch die Brust geschossen,
Morgen in das kühle Grab!

Ach, wie bald

Schwindet Schönheit und Gestalt!
Thust du stolz mit deinen Wangen,
Die mit Milch und Purpur prangen ?
Ach! die Rosen welken all'!

Darum still

Füg' ich mich, wie Gott es will.
Nun, so will ich wacker streiten,

Und sollt' ich den Tod erleiden,
Stirbt ein braver Reitersmann.

Hauff.

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52. Reiterlied

Die bange Nacht ist nun herum,
Wir reiten still, wir reiten stumm
Und reiten ins Verderben.

Wie weht so scharf der Morgenwind !
Frau Wirtin, noch ein Glas geschwind
Vorm Sterben, vorm Sterben.

Du junges Gras, was stehst so grün?
Mußt bald wie lauter Röslein blühn,
Mein Blut ja soll dich färben.

Den ersten Schluck, ans Schwert die Hand,
Den trink' ich, für das Vaterland

Zu sterben, zu sterben!

Und schnell den zweiten hinterdrein,

Und der soll für die Freiheit sein,
Der zweite Schluck vom Herben!

Dies Restchen nun, wem bring' ich's gleich?
Dies Restchen dir, o römisch Reich,

Zum Sterben, zum Sterben.

Dem Liebchen doch das Glas ist leer,
Die Kugel faust, es blißt der Speer;
Bringt meinem Kind die Scherben!
Auf! in den Feind wie Wetterschlag !
Reiterlust, am frühen Tag
Zu sterben, zu sterben!

Herwegh.

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53. Die Grenadiere

Nach Frankreich zogen zwei Grenadier',
Die waren in Rußland gefangen.
Und als sie kamen ins deutsche Quartier,
Sie ließen die Köpfe hangen.

Da hörten sie beide die traurige Mär,
Daß Frankreich verloren gegangen,
Besiegt und zerschlagen das große Heer,
Und der Kaiser, der Kaiser gefangen.

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Da weinten zusammen die Grenadier'
Wohl ob der kläglichen Kunde.

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Der eine sprach: Wie weh wird mir,
Wie brennt meine alte Wunde !"

Der andre sprach: „Das Lied ist aus,
Auch ich möcht' mit dir sterben,

Doch hab' ich Weib und Kind zu Haus,
Die ohne mich verderben."

„Was schert mich Weib, was schert mich Kind,
Ich trage weit beffres Verlangen;

Laß sie betteln gehn, wenn sie hungrig sind, —
Mein Kaiser, mein Kaiser gefangen!

Gewähr' mir, Bruder, eine Bitt':

Wenn ich jest sterben werde,

So nimm meine Leiche nach Frankreich mit,

Begrab' mich in Frankreichs Erde.

Das Ehrenkreuz am roten Band
Sollst du aufs Herz mir legen;
Die Flinte gieb mir in die Hand
Und gürt mir um den Degen.

So will ich liegen und horchen still,
Wie eine Schildwach', im Grabe,
Bis einst ich höre Kanonengebrüll
Und wiehernder Rosse Getrabe.

Dann reitet mein Kaiser wohl über mein Grab,
Viel Schwerter klirren und bligen;

Dann steig' ich gewaffnet hervor aus dem Grab, — 35
Den Kaiser, den Kaiser zu schüßen !"

Heine.

54. Der Mai ist gekommen

Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus,
Da bleibe, wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus;
Wie die Wolken wandern am himmlischen Zelt,
So steht auch mir der Sinn in die weite, weite Welt.

Herr Vater, Frau Mutter, daß Gott euch behüt'!
Wer weiß, wo in der Ferne mein Glück mir noch blüht?
Es giebt so manche Straße, da nimmer ich marschiert,
Es giebt so manchen Wein, den ich nimmer noch probiert.

Frisch auf drum, frisch auf im hellen Sonnenstrahl, Wohl über die Berge, wohl durch das tiefe Thal! Die Quellen erklingen, die Bäume rauschen all', Mein Herz ist wie 'ne Lerche, und stimmet ein mit Schall.

Und abends im Städtlein, da kehr' ich durstig ein:
„Herr Wirt, Herr Wirt, eine Kanne blanken Wein!
Ergreife die Fiedel, du lust'ger Spielmann du!
Von meinem Schaß das Liedel, das sing' ich dazu."

Und find' ich keine Herberg', so lieg' ich zu Nacht Wohl unter blauem Himmel, die Sterne halten Wacht:

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